1663 der Beilagen zu den Stenographischen Protokollen des Nationalrates XXV. GP

 

Regierungsvorlage

Vereinbarung gemäß Art. 15a B-VG über die Erprobung des Bildungskompasses im Land Oberösterreich im Kindergartenjahr 2017/18

Der Bund – vertreten durch die Bundesministerin für Familien und Jugend –, und das Land Oberösterreich, vertreten durch den Landeshauptmann – im Folgenden Vertragspartner genannt – sind übereingekommen, gemäß Art. 15a des Bundes-Verfassungsgesetzes nachstehende Vereinbarung zu schließen:

Präambel

(1) Die elementarpädagogischen Kinderbildungs- und -betreuungseinrichtungen haben die Aufgabe, durch altersgemäße Erziehung und Bildung die körperliche, seelische, geistige, sprachliche, ethische und soziale Entwicklung im besonderen Maße zu fördern.

(2) Jedes Kind ist als eigene Persönlichkeit in seiner Ganzheit anzunehmen, zu stärken und auf die Schule vorzubereiten. Seine Rechte, Würde, Freude und Neugierde sind zu achten und zu fördern.

(3) Lernen hat unter Berücksichtigung der frühkindlichen Lernformen in einer für das Kind ganzheitlichen und spielerischen Form unter Vermeidung von starren Zeitstrukturen zu erfolgen. Das Kind wird dabei als aktiver und autonomer Akteur des Lernprozesses gesehen, das Recht auf seine individuelle Lernentwicklung hat.

(4) Um allen Kindern von Anfang an beste Bildungsmöglichkeiten und Chancen zu ermöglichen, sollen die Lerndispositionen von Kindern bereits in elementarpädagogischen Kinderbildungs- und -betreuungseinrichtungen strukturiert erfasst und dokumentiert werden (Bildungskompass).

Artikel 1

Zielsetzungen Pilotprojekt Bildungskompass

(1) Im Auftrag des BMFJwurde ein Konzept für die strukturierte Erfassung und Dokumentation von Lerndispositionen von vier- und fünfjährigen Kindern in elementarpädagogischen Kinderbildungs- und -betreuungseinrichtungen erstellt. Dieses bildet einen integrierenden Bestandteil der gegenständlichen Vereinbarung.

(2) Ziel des Pilotprojekts ist die praktische Erprobung des Konzepts gemäß Abs. 1 und des im Auftrag des BMFJ vom Charlotte-Bühler-Institut zu erstellenden Schulungskonzepts für elementarpädagogische Fachkräfte. Dabei ist der personelle Mehraufwand für Schulung, Beobachtung und Dokumentation zu erheben.

(3) Ziel des Pilotprojekts ist zu erheben, ob mit dem Bildungskompass und der damit zusammenhängenden Beobachtung der Kinder der Übergang zur Volksschule entsprechend stärken- und potentialorientiert begleitet wird.

Artikel 2

Aufgaben im Pilotprojekt Bildungskompass

(1) Das Land Oberösterreich übernimmt im Rahmen des Pilotprojekts folgende Aufgaben:

                a. Rekrutierung und Auswahl von 50 Pilotgruppen in elementarpädagogischen Kinderbildungs- und -be-treuungseinrichtungen nach den vom Charlotte-Bühler-Institut zur Verfügung gestellten Auswahlkriterien und Übergabe der Kontaktdaten an das Charlotte-Bühler-Institut,

                b. Information der öffentlichen und privaten Rechtsträger von elementarpädagogischen Kinderbildungs- und -betreuungseinrichtungen und relevanter Stakeholder (inkl. Eltern) über die fachlichen, organisatorischen und rechtlichen Rahmenbedingungen des Pilotprojekts,

                c. zeitliche und räumliche Organisation der Schulungs- und Begleitmaßnahmen für Elementarpädagoginnen und -pädagogen, die am Pilotprojekt beteiligt sind, wie Auftakt- und Abschlussveranstaltungen,

                d. zeitliche und räumliche Organisation der Gruppeninterviews von Fachkräften, die am Pilotprojekt beteiligt sind,

                e. Aufbereitung der Kontaktdaten der für die Kontrollgruppe des Pilotprojekts benötigten nicht einbezogenen öffentlichen und privaten Rechtsträger von institutionellen Kinderbildungs- und -betreuungseinrichtungen

(2) Die Fachkräfte der öffentlichen und privaten Rechtsträger von elementarpädagogischen Kinderbildungs- und -betreuungseinrichtungen, die am Pilotprojekt teilnehmen, übernehmen folgende Aufgaben:

                a. Teilnahme an den Schulungsmaßnahmen,

                b. Teilnahme an den Gruppeninterviews,

                c. Beobachtung und Dokumentation der Lerndispositionen der vier- und fünfjährigen Kinder,

                d. Übergabe der Beobachtungsergebnisse an die Eltern im Rahmen eines Entwicklungsgesprächs,

                e. Erfassung der Arbeitszeit, die für Beobachtung und Dokumentation der Lerndispositionen der vier- und fünfjährigen Kinder, für die Reflexion und für die Übergabe der Beobachtungsergebnisse an die Eltern im Entwicklungsgespräch aufgewendet wird.

Artikel 3

Finanzierung durch den Bund

(1) Das BMFJ wird zur Abdeckung des Aufwandes des Landes Oberösterreich für die Erprobung des Bildungskompasses im Kindergartenjahr 2017/18 Zuschüsse in der Höhe 164.000 Euro zur Verfügung stellen.

Artikel 4

Widmung des Bundeszuschusses

(1) Der Bundeszuschuss gemäß Artikel 3 dient zur Abdeckung jenes Aufwandes, der dem Land durch die Übernahme der Aufgaben gemäß Artikel 2 durch Bedienstete des Landes und die Gewährung von projektbezogenen finanziellen Leistungen an öffentliche und private Rechtsträger von elementarpädagogischen Kinderbildungs- und -betreuungseinrichtungen entsteht.

(2) Können ausgewählte öffentliche und private Rechtsträger einer elementarpädagogischen Kinderbildungs- und -betreuungseinrichtung das Pilotprojekt nicht bis zum Projektende oder nicht im vereinbarten Umfang durchführen, ist der Zuschuss entsprechend dem durchgeführten Projektteil zu verwenden.

Artikel 5

Nachweis der widmungsgemäßen Verwendung

(1) Zum Nachweis der widmungsgemäßen Verwendung des Bundeszuschusses hat das Land Oberösterreich die Höhe der finanziellen Leistungen nach dieser Vereinbarung, die öffentlichen und privaten Rechtsträgern einer elementarpädagogischen Kinderbildungs- und -betreuungseinrichtung gewährt wurden, sowie die Personalkosten für die Eigenleistungen des Landes darzustellen.

(2) Das Land Oberösterreich hat den Bundeszuschuss soweit rückzuerstatten, als die widmungsgemäße Verwendung des Zuschusses nicht nachgewiesen werden konnte.

(3) Den Nachweis gemäß Abs. 1 hat das Land Oberösterreich dem Bundesministerium für Familien und Jugend bis 31.12.2018 vorzulegen.

Artikel 6

Zahlungen des Bundes

(1) Der Bundeszuschuss gemäß Art. 3 wird im August 2017 in der Höhe von insgesamt 39.500 Euro und im April 2018 in der Höhe von 124.500 Euro auf das vom Land Oberösterreich bekannt gegebene Konto bevorschusst.

(2) Die Auszahlung erfolgt durch das Bundesministerium für Familien und Jugend.

Artikel 7

Evaluierung und Controlling

(1) Die Erprobung des Bildungskompasses wird im Auftrag und auf Kosten des BMFJ vom Charlotte- Bühler- Institut evaluiert.

(2) Das Land Oberösterreich ist verpflichtet, die widmungsgemäße Verwendung der Zweckzuschussmittel durch die am Pilotprojekt beteiligten Rechtsträger von elementarpädagogischen Kinderbildungs- und -betreuungseinrichtungen zu überprüfen.

 

Artikel 8

Inkrafttreten

(1) Sind die nach der Bundesverfassung erforderlichen Voraussetzungen für das Inkrafttreten seitens des Bundes und die nach der Oberösterreichischen Landesverfassung erforderlichen Voraussetzungen bis zum Ablauf des 31. Juli 2017 erfüllt, so tritt diese Vereinbarung rückwirkend mit 1. April 2017 in Kraft.

(2) Das Land Oberösterreich hat die Erfüllung dieser Voraussetzungen bis zum Ablauf des 31. Juli 2017 dem Bundeskanzleramt schriftlich mitzuteilen.

(3) Das Bundeskanzleramt wird den Vertragspartnern die Erfüllung der Voraussetzungen nach Abs. 1 mitteilen.

Artikel 9

Geltungsdauer

Diese Vereinbarung tritt mit dem gemäß Art. 5 erfolgten Nachweis der widmungsgemäßen Verwendung des Bundeszuschusses durch das Land Oberösterreich außer Kraft.

Artikel 10

Urschrift

Diese Vereinbarung wird in einer Urschrift ausgefertigt. Die Urschrift wird beim Bundeskanzleramt hinterlegt. Dieses hat allen Vertragsparteien beglaubigte Abschriften der Vereinbarung zu übermitteln.

 


 

Für den Bund gemäß Beschluss der Bundesregierung:

Die Bundesministerin:

KARMASIN

Wien, am 7.6.2017

vorbehaltlich der Erfüllung der bundesverfassungsrechtlichen Erfordernisse

 

 

 

 

 

 

 

Für das Land Oberösterreich

STELZER

Linz, am 29.5.2017

vorbehaltlich der Erfüllung der landesverfassungsrechtlichen Erfordernisse