1714 der Beilagen zu den Stenographischen Protokollen des Nationalrates XXV. GP

 

Bericht

des Gesundheitsausschusses

über den Antrag 2255/A der Abgeordneten Erwin Spindelberger, Dr. Erwin Rasinger, Kolleginnen und Kollegen betreffend ein Bundesgesetz, mit dem ein Bundesgesetz über die Primärversorgung in Primärversorgungseinheiten (Primärversorgungsgesetz – PrimVG) erlassen und das Gesundheits-Zielsteuerungsgesetz, das Allgemeine Sozialversicherungsgesetz, das Gewerbliche Sozialversicherungsgesetz, das Bauern-Sozialversicherungsgesetz, das Beamten-Kranken- und Unfallversicherungsgesetz, das Unterbringungsgesetz, das Krankenanstalten- und Kuranstaltengesetz, das Gesundheitstelematikgesetz 2012, das Gesundheits- und Krankenpflegegesetz, das Hebammengesetz, das Medizinische Assistenzberufe-Gesetz und das Medizinischer Masseur- und Heilmasseurgesetz geändert werden (Gesundheitsreformumsetzungsgesetz 2017 – GRUG 2017)

Die Abgeordneten Erwin Spindelberger, Dr. Erwin Rasinger, Kolleginnen und Kollegen haben den gegenständlichen Initiativantrag am 19. Juni 2017 im Nationalrat eingebracht und wie folgt begründet:

„ I. Allgemeiner Teil

1. Erwartungen der Patientinnen und Patienten an die Primärversorgung:

In den Ordinationen von Ärztinnen und Ärzten und bei den diplomierten und hochspezialisierten nicht-ärztlichen Gesundheitsberufen findet tagtäglich ambulante Versorgung auf hohem Niveau und mit viel Engagement zur großen Zufriedenheit der Patientinnen und Patienten statt. Im Zuge der Diskussionen zur Einführung neuer Primärversorgungsstrukturen wurde von ärztlicher Seite deshalb wiederholt darauf hingewiesen, dass Primärversorgung in Österreich bereits derzeit stattfindet. Ein zentrales Anliegen der Vereinbarung nach Art. 15a B-VG Zielsteuerung-Gesundheit und des darauf basierenden Bundesgesetzes zur partnerschaftlichen Zielsteuerung-Gesundheit (Gesundheits-Zielsteuerungsgesetz - G-ZG), BGBl. I Nr. 26/2017, ist die Stärkung bzw. strukturelle Verankerung der Primärversorgung nach internationalem Vorbild.

Aus Sicht der Patientinnen und Patienten wird die Primärversorgung als die allgemeine und direkt zugängliche erste Kontaktstelle für alle Menschen mit gesundheitlichen Fragestellungen und Problemen im Sinne einer umfassenden Grundversorgung verstanden. Sie können sich erwarten, dass der Versorgungsprozess koordiniert erfolgt und eine ganzheitliche und kontinuierliche Betreuung gewährleistet wird. Dies entspricht auch dem Berufsverständnis vieler engagierter Ärztinnen und Ärzte und Vertreterinnen und Vertreter der anderen Gesundheitsberufe, die auf Grund der Fragmentierung des Gesundheitssystems oftmals an Grenzen stoßen, um eine Begleitung der Patientinnen und Patienten im Gesundheitssystem zu ihrer und zu deren Zufriedenheit leisten zu können.

Vielfach fehlen den an der Primärversorgung beteiligten Gesundheitsberufen die praktischen, die rechtlichen und vertraglichen Möglichkeiten, um eine koordinierte Versorgung sicher zu stellen. Damit kann jedoch die Kontinuität in der medizinischen und pflegerischen Versorgung nicht immer in vollem Umfang gewährleistet werden. Primärversorgung benötigt daher ein Mehr an verbindlicher Kommunikation und Kooperation zwischen den Versorgungsbereichen.

Ohne die bestehenden Einrichtungen in der ambulanten Versorgung in Frage zu stellen, sollen daher neue Primärversorgungseinheiten unter geeigneten organisatorischen und vertraglichen Rahmenbedingungen entstehen.

2. Aufwertung des Berufsbilds Allgemeinmedizin:

Viele Ärztinnen und Ärzte erwarten eine Stärkung des Berufs als Allgemeinmedizinerin/Allgemeinmediziner im Rahmen des Gesundheitssystems, was bereits im Regierungsprogramm zur XXV. Gesetzgebungsperiode seinen Niederschlag gefunden hat. Die Attraktiverung der beruflichen Rahmenbedingungen von Hausärztinnen und Hausärzten wird vielfach in der Möglichkeit zur verstärkten Zusammenarbeit im Team und einer gesamtheitlichen Behandlung der Patientinnen und Patienten gesehen. Neue Honorierungsmodelle sollen auch in Gebieten mit geringerer Frequenz die wirtschaftliche Sicherheit für eine selbständige Betätigung gewährleisten. Die Maßnahmen sollen in Summe dazu führen, dass es auch außerhalb der Ballungszentren für Allgemeinmedizinerinnen und Allgemeinmediziner attraktiv ist, sich niederzulassen. In diesem Zusammenhang ist auch die bereits rechtlich neu geregelte Ausbildung der Ärztinnen und Ärzte mit der Neugestaltung der Ausbildung in Lehrpraxen zu sehen.

3. Betrauung der Primärversorgungseinheiten mit zusätzlichen Aufgaben:

Die neuen Primärversorgungseinheiten sollen nicht nur sozialversicherungsrechtlich relevante Leistungen erbringen, sondern auch die Brücke zur Pflege, also zu dem in die Kompetenz der Länder fallenden Sozialbereich, bilden.

Darüber hinaus sollen die Primärversorgungseinheiten auch mit Aufgaben des öffentlichen Gesundheitsdienstes, wie Untersuchungen nach § 8 des Unterbringungsgesetzes, BGBl. Nr. 155/1990, und Totenbeschauen nach landesgesetzlichen Vorschriften, betraut werden können und dergestalt helfen, dem teilweise eklatanten Mangel an Ärztinnen und Ärzten im öffentlichen Sanitätsdienst entgegen zu wirken. Aus diesem Grund hat selbstverständlich die Honorierung der Leistungen der Primärversorgungseinheiten vom jeweils organisatorisch zuständigen Rechtsträger zu erfolgen.

4. Struktur des Gesundheitsreformumsetzungsgesetzes 2017:

Das vorliegende Gesundheitsreformumsetzungsgesetz 2017

-       implementiert in seinem Artikel 1 (Primärversorgungsgesetz – PrimVG) auf Grundlage des Konzeptes vom 30. Juni 2014 "Das Team rund um den Hausarzt" und des Bundesgesetzes zur partnerschaftlichen Zielsteuerung-Gesundheit (Gesundheits-Zielsteuerungsgesetz - G-ZG), BGBl. I Nr. 26/2017, die neuen Primärversorgungsstrukturen in Österreich,

-       adaptiert in seinen Artikeln 3 bis 6 insbesondere die Regelungen im Vertragsrecht in den Sozialversicherungsgesetzen.

5. Eckpunkte des Entwurfs:

Zum besseren Verständnis der nachfolgenden Ausführungen sollen eingangs einige Eckpunkte beschrieben werden, auf die jedoch in der Folge noch näher einzugehen sein wird:

-       Die Umstellung auf die neuen Primärversorgungsstrukturen soll langfristig erfolgen, so dass in bereits bestehende niedergelassene hausärztliche Strukturen oder in bestehende Vertragsverhältnisse nicht eingegriffen wird. Für die beteiligten Berufsgruppen gibt es Möglichkeiten, in das neue System umzusteigen.

-       Eine Primärversorgungseinheit nach diesem Bundesgesetz steht in einem Vertragsverhältnis zu den örtlich in Betracht kommenden Krankenversicherungsträgern und erbringt somit Sachleistungen.

-       Das Vertragswerk eines Primärversorgungsvertrags beinhaltet die einzelvertraglichen Regelungen auf gesamtvertraglicher Basis sowie allfällige weitere einzelvertragliche Reglungen für das Leistungsportfolio, das nicht durch gesamtvertragliche Bestimmungen abgedeckt ist.

-       Eine Primärversorgungseinheit kann als Netzwerk oder als Zentrum ausgebildet sein und in jeder organisatorisch möglichen und rechtlich erlaubten Form betrieben werden.

-       Primärversorgungseinheiten treten nach außen, also insbesondere gegenüber der Bevölkerung und der Sozialversicherung, als Einheit mit eigener Rechtspersönlichkeit auf.

-       Die in den Sozialversicherungsgesetzen verankerte „freie Arztwahl“ bleibt in der gegebenen Form bestehen.

-       Die allgemeinen berufsrechtlichen Bestimmungen der Angehörigen der beteiligten Gesundheitsberufe bleiben durch die rechtliche Umsetzung unberührt.

-       Die bestehende Kompetenzverteilung und die daraus abgeleitete Finanzierungszuständigkeit bleiben durch den Entwurf unverändert.

Für den bedarfsorientierten Aus- und Aufbau von Infrastrukturen für Primärversorgungseinheiten stehen zur Unterstützung auch finanzielle Mittel des „Programms für ländliche Entwicklung in Österreich 2014-2020“ (Förderung der ländlichen Entwicklung durch den Europäischen Landwirtschaftsfonds für die Entwicklung des ländlichen Raums (ELER)) zur Verfügung.

Kompetenzrechtliche Ausführungen:

In kompetenzrechtlicher Hinsicht stützt sich das im Entwurf vorliegende Bundesgesetz auf Art. 10 Abs. 1 Z 11 B-VG („Sozialversicherungswesen“), auf Art. 10 Abs. 1 Z 12 B-VG („Gesundheitswesen“) sowie auf Art. 12 Abs. 1 Z 1 B-VG („Heil- und Pflegeanstalten“).

Verhältnis zu den Rechtsvorschriften der Europäischen Union:

Die vorgesehenen Regelungen fallen nicht in den Anwendungsbereich des Rechts der Europäischen Union.

Besonderheiten des Normerzeugungsverfahrens:

Keine.

II. Besonderer Teil

Zu Art. 1 (Bundesgesetz über die Primärversorgung in Primärversorgungseinheiten – PrimVG)

Zu § 1 (Geltungsbereich):

Nach § 3 Z 9 des Bundesgesetzes zur partnerschaftlichen Zielsteuerung-Gesundheit (Gesundheits-Zielsteuerungsgesetz – G-ZG), BGBl. I Nr. 26/2017, erfolgt eine Legaldefinition des Begriffs Primärversorgung, wonach diese die allgemeine und direkt zugängliche erste Kontaktstelle für alle Menschen mit gesundheitlichen Problemen im Sinne einer umfassenden Gesundheitsversorgung ist. Sie soll den Versorgungprozess koordinieren und gewährleistet ganzheitliche und kontinuierliche Betreuung, sie berücksichtigt auch gesellschaftliche Bedingungen.

Das Primärversorgungsgesetz legt in seinem § 1 nun den Geltungsbereich dieses Bundesgesetzes fest, wonach die Primärversorgung im Sinne des § 3 Z 9 G-ZG, soweit diese durch multiprofessionelle und interdisziplinäre Primärversorgungseinheiten nach diesem Bundesgesetz erbracht wird, geregelt wird.

Art. 31 der Vereinbarung gemäß Art. 15a B-VG über die Organisation und Finanzierung des Gesundheitswesens sieht unter anderem vor, gemäß den im Art. 31 vereinbarten Bestimmungen finanzielle Mittel zur Finanzierung von sektorenübergreifenden Vorhaben zweckzuwidmen. Primärversorgungseinheiten nach dem Primärversorgungsgesetz sind solche sektorenübergreifende Vorhaben im Sinne des Art. 31.

Zu § 2 (Primärversorgungseinheit):

§ 2 Abs. 1 beinhaltet eine inhaltliche respektive narrative Beschreibung einer Primärversorgungseinheit nach dem PrimVG. Wesentlich hierfür ist die strukturierte Zusammenarbeit innerhalb der Primärversorgungseinheit auf Basis eines Versorgungskonzeptes (§ 6), der Auftritt nach außen als Einheit sowie das breite Angebot als Erstanlaufstelle, welches von der Förderung der Gesundheit bis zur Krankenversorgung und Koordinierung der erforderlichen Maßnahmen reicht.

Der einheitliche Auftritt nach außen soll die Wahrnehmung in der Bevölkerung, dass es sich bei der Primärversorgungseinheit vor Ort um ein Angebot handelt, das sich als echte Alternative zur Spitalsambulanz versteht und eine umfassende qualitativ hochstehende Versorgung und Betreuung anbietet, schärfen und zur Behandlungskontinuität und Verfügbarkeit der Versorgung beitragen.

Der einheitliche Außenauftritt lässt das Innenverhältnis der in der Primärversorgungseinheit zusammengeschlossenen Berufsgruppen noch offen. Eine Primärversorgungseinheit hat mit eigener Rechtspersönlichkeit ausgestattet zu sein. Damit wird sichergestellt, dass der Sozialversicherung jedenfalls bezüglich Leistungsportfolio und Honoraraufteilung ein Ansprechpartner gegenüber steht.

Abgesehen von dem Erfordernis, dass die Primärversorgungseinheit nach außen als Einheit auftreten muss und über eine eigene Rechtspersönlichkeit verfügen sowie im Innenverhältnis strukturiert und vertraglich verbindlich zusammenarbeiten muss, kann die Organisation einer Primärversorgungseinheit je nach regionalen Anforderungen an einem Standort konzentriert oder als Netzwerk organisiert sein. Für die Netzwerkstruktur werden sich die ländlichen Gebiete eher anbieten als der städtische Bereich und umgekehrt (§ 2 Abs. 5), doch schließt dies bei entsprechenden Gegebenheiten auch im urbanen Bereich ein Netzwerk nicht aus. Eine Primärversorgungseinheit kann aus natürlichen oder juristischen Personen, je nach Maßgabe der berufsrechtlichen und organisationsrechtlichen Möglichkeiten gebildet werden. Einschränkungen hinsichtlich der Beteiligung an einem Netzwerk bestehen dahingehend, als dieses nur aus freiberuflich tätigen Ärztinnen und Ärzten, Gruppenpraxen, anderen nichtärztlichen Angehörigen von Gesundheits- und Sozialberufen oder deren Trägerorganisationen gebildet werden können.

Durch das Konstrukt der Primärversorgungseinheit sollen keine neuen Organisations- oder Gesellschaftsformen geschaffen werden, sondern die bereits bestehenden Konstruktionen genützt werden. Als typische Organisationsformen für die Erbringung ärztlicher Hilfe kommen neben der Einzelordination, die Gruppenpraxis und das selbständige Ambulatorium in Betracht. Nach geltender Rechtslage bestehen für die Rechtsträgerschaft von Ambulatorien keine Beschränkungen, das heißt der Rechtsträger kann beispielsweise eine Einzelperson sein, eine Personengesellschaft oder eine GmbH. Für Gruppenpraxen sieht das Ärztegesetz 1998 eine Typenbeschränkung vor, nämlich die OG und die GmbH.

Bei der Zusammenarbeit mehrerer in Einzelordinationen tätiger Ärzte ist es für Zwecke des Vertragsabschlusses und der Ermöglichung einer Abrechnung mit der Sozialversicherung erforderlich, für den Zusammenschluss eine Rechtsform zu wählen, die selbst Rechtspersönlichkeit hat. Vorstellbar wäre durchaus auch die Gründung eines Vereins zum Zwecke der betrieblichen Organisation und Abwicklung der vertraglichen Beziehungen. Die gesetzlichen Bestimmungen lassen offen, ob vertraglich eine Abrechnung zB über die Primärversorgungseinheit im Wege einer gemeinsamen Abrechnungsstelle oder im Wege der Primärversorgungs-Einzelverträge erfolgt. Durch den Zusammenschluss von Gesundheitsdiensteanbietern bleiben die sich aus deren beruflichen Stellung ergebenden einschlägigen rechtlichen Bestimmungen (zB das Steuerrecht) unberührt. Auch in diesem Fall des „ärztlichen Netzwerks“ muss die Primärversorgungseinheit jedoch über einen Vertrag mit den Krankenversicherungsträgern verfügen und ist als Einheit für die gesamte Leistungserbringung gegenüber dem Vertragspartner Krankenversicherung verantwortlich.

Durch § 2 Abs. 2 und 3 PrimVG wird die Zusammensetzung einer Primärversorgungseinheit determiniert, wobei sich deren personelle Ausstattung an den Anforderungen des Leistungsspektrums der Primärversorgung orientiert. Die Zusammenarbeit dieser Personengruppen soll im Primärversorgungsteam erfolgen, das sich aus einem Kernteam und weiteren verbindlich und strukturiert eingebundenen Angehörigen der Gesundheits- und Sozialberufe zusammenzusetzen hat. Das Kernteam muss jedenfalls Leistungen der Allgemeinmedizin und des gehobenen Dienstes für Gesundheits- und Krankenpflege bereithalten. Orts- und bedarfsabhängig sollen Fachärztinnen bzw. Fachärzte für Kinder- und Jugendheilkunde ebenfalls Teil des Kernteams sein. Im RSG wäre die Versorgung mit Kinderärztinnen und –ärzten proaktiv in der Planung zu berücksichtigen.

Nach dem Primärversorgungskonzept „Das Team rund um den Hausarzt“ sollte das Kernteam überdies auch Ordinationsassistentinnen/-assistenten umfassen. Es ist im Sinne einer qualitätsreichen Primärversorgung, dass Ordinationsassistenten im Kernteam mitarbeiten, weil diese nicht nur administrative Tätigkeiten, sondern als medizinische Assistenz auch entsprechende medizinische Tätigkeiten im Rahmen ihrer Berufsberechtigung an den Patientinnen und Patienten verrichten dürfen.

Je nach Bedarf ist das Primärversorgungskernteam vorrangig um weitere primärversorgungsrelevante Berufsgruppen (deren Einsatz ohne fachärztliche Vor- und Begleitdiagnostik möglich ist) bzw. Einrichtungen zu erweitern, die durch verbindliche und strukturierte Zusammenarbeit in das Primärversorgungsteam eingebunden werden. Dies können in einer nicht abschließenden Aufzählung beispielsweise Physiotherapeutinnen/Physiotherapeuten, Ergotherapeutinnen/Ergotherapeuten, Sozialarbeiter oder Gesundheitsberufe mit einer anerkannten PSY-Kompetenz sein. Weiters kommen zB auch Hebammen oder Logopädinnen/Logopäden in Betracht. Verbindlich und strukturiert bedeutet, dass die Primärversorgungseinheit durch Vertrag mit der Krankenversicherung und durch das Versorgungskonzept die eingegangenen Verpflichtungen umsetzt.

Die Mitglieder des Primärversorgungskernteams und die strukturiert eingebundenen Angehörigen der Gesundheits- und Sozialberufe stehen in engem und regelmäßigem Kontakt (Teambesprechungen) und pflegen Austausch über die zu versorgenden Personen (Fallbesprechungen).

Das Primärversorgungskernteam steht überdies in regelmäßigem Kontakt mit verschiedenen Berufsgruppen (Disziplinen) und Einrichtungen, die nicht organisatorischer Teil der neuen Primärversorgungsstruktur sind.

Primärversorgungs-Partner können etwa (wiederum nicht abschließend) Apotheken, Bandagisten, weitere Fachärztinnen/Fachärzte, Gemeinden und Krankenanstalten, Pflegeeinrichtungen, Schulen, Sozialversicherungsträger oder weitere Organisationen wie zB Rettungs-, Bereitschafts- oder Notdienste sein.

Formale Voraussetzung für das Vorliegen einer Primärversorgungseinheit nach dem PrimVG ist deren Abbildung im jeweiligen Regionalen Strukturplan Gesundheit (RSG) und der Abschluss eines Primärversorgungsvertrags (§ 8) mit den in Betracht kommenden Krankenversicherungsträgern, wobei jedenfalls die örtlich zuständige Gebietskrankenkasse Vertragspartner der Primärversorgungseinheit sein muss (§ 2 Abs. 4 PrimVG). Primärversorgungseinheiten sind demnach ausschließlicher Teil der in der Krankenversicherung vorrangigen Sachleistungsversorgung.

Zu § 3 (Öffentliches Interesse):

Eine rechtspolitische Festlegung des öffentlichen Interesses an den neuen Formen der Primärversorgung trägt deren gesundheitspolitischen Bedeutung Rechnung, da hiermit ein wesentlicher Beitrag zur Sicherstellung des solidarischen Gesundheitssystems auf hohem Niveau geleistet werden soll. Die neuen Primärversorgungseinheiten sollen einen Wendepunkt in der traditionellen Struktur der österreichischen Versorgungslandschaft markieren und insbesondere bezüglich Planung von der eindimensionalen Sichtweise entweder auf den niedergelassenen Bereich oder auf den spitalsambulanten Bereich weg zu einer umfassenden Sichtweise führen.

Zu den §§ 4 und 5 (Anforderungen an die Primärversorgungseinheit und Leistungsumfang der Primärversorgungseinheit):

Die in § 4 PrimVG enthaltenen Anforderungen an die Primärversorgungseinheit stellen Mindestanforderungen dar. Sie definieren deren umfangreichen Versorgungsauftrag insbesondere im Hinblick auf die wohnortnahe Versorgung sowie bedarfsgerechte Öffnungszeiten mit ärztlicher Anwesenheit jedenfalls von Montag bis Freitag, einschließlich der Tagesrandzeiten, samt der Organisation der Erreichbarkeit für Akutfälle außerhalb der Öffnungszeiten. Darüber hinausgehende Angebote sind jedenfalls zulässig. Bei der vorgesehenen Einbindung von bzw. engen Kooperation mit vorhandenen telemedizinischen, telefon- und internetbasierten Diensten in das Erreichbarkeitskonzept ist unter anderem an die seit 7. April 2017 in Probebetrieb befindliche Gesundheitsnummer „1450 Ihre telefonische Gesundheitsberatung“ zu denken.

Der Leistungsumfang der Primärversorgungseinheiten (§ 5) soll eine breite diagnostische, therapeutische und pflegerische Kompetenz mit mehreren Zusatzkompetenzen im Rahmen der sich aus dem jeweiligen Berufsrecht ergebenden Befugnisse abdecken. Soweit dies aus medizinischer Sicht möglich und zweckmäßig ist, soll die Akutbehandlung abschließend in der Primärversorgungseinheit erfolgen. Der im § 5 Abs. 1 Z 5 PrimVG vorgesehene Begriff des Arzneimittelmanagements umfasst auch die Überwachung der Medikamentenverordnungen in Hinblick auf Wechselwirkungen, unerwünschte Wirkungen unter Berücksichtigung von Zweckmäßigkeit und therapeutischen Nutzen.

Zu § 6 (Versorgungskonzept):

Durch das Versorgungskonzept soll eine Konkretisierung der Versorgungsaufgaben der einzelnen Primärversorgungseinheit in Bezug auf die jeweilige Bevölkerung im Einzugsgebiet und deren allfälligen epidemiologischen Besonderheiten erfolgen. Das Konzept hat ebenso die Versorgungsziele des Primärversorgungsteams sowie das verbindlich zu erbringende Leistungsspektrum (im Fall eines Netzwerks auch differenziert nach den verschiedenen Standorten) zu beschreiben und Regelungen unter anderem zur Zusammenarbeit im Team und zur Zusammenarbeit mit anderen Versorgungsbereichen zu beinhalten.

Als Regelungen zur Aufbau- und Ablauforganisation kommen neben den im Gesetz bereits hervorgehobenen Bereichen der Arbeits- und Aufgabenverteilung im Primärversorgungsteam und der Regelungen zur aufeinander zeitlich abgestimmten Verfügbarkeit (Anwesenheit, Rufbereitschaft, Vertretungsregeln) und örtlichen Erreichbarkeit folgende Punkte in Frage:

a)     Regelungen zur wechselseitigen Übernahme von Patientinnen und Patienten,

b)     Regelungen über die Durchführung von betreuungsabhängigen Team- und Fallbesprechungen,

c)     Regelungen zur abgestimmten Fort- und Weiterbildung hinsichtlich der multiprofessionellen und interdisziplinären Zusammenarbeit im Team,

d)     Regelungen zur Führung eines gemeinsamen Qualitäts- und Fehlermanagementsystems,

e)     Regelungen zu integrierten IT-Systemen insbesondere für ein strukturiertes Management der zu versorgenden Personen,

f)      Regelungen über eine elektronische standardisierte und multiprofessionelle Patientendokumentation sowie

g)     Regelungen hinsichtlich der Zusammenarbeit mit Partnerinnen und Partnern außerhalb der Primärversorgungseinheit zur Optimierung des Diagnose- und Behandlungsprozesses.

Diese im Versorgungskonzept zu vereinbarenden Regelungen sollen ein abstraktes Gerüst für eine konkrete Festlegung in der Praxis bilden. Ebenso sollen sie eine Hilfestellung für die Aufbau- und Ablauforganisation in größeren Einrichtungen, die Primärversorgungseinheiten darstellen, geben. Insbesondere im Netzwerk sind aufeinander abgestimmte Öffnungszeiten mit ärztlicher Anwesenheit festzulegen.

Darauf hinzuweisen ist, dass der Primärversorgungsvertrag auf das Versorgungskonzept in seinen wesentlichen Inhalten Bezug zu nehmen hat (§ 8 Abs. 2). Durch eine Primärversorgungseinheit einseitig vorgenommene Änderungen im Versorgungskonzept, die dem Vertrag widersprechen, sind als Vertragsverletzung zu werten.

Im Hinblick auf den Umfang des Versorgungskonzepts ist es selbstredend, dass dies schriftlich festzuhalten ist

Zu § 7 (Begriffsbestimmungen zu den Verträgen einer Primärversorgungseinheit):

Zur leichteren Lesebarkeit der sich in den folgenden Bestimmungen des Primärversorgungsgesetzes und dem ASVG ergebenden Regelungen des Vertragsrechts soll eine Legaldefinition der neu eingeführten Begriffe erfolgen.

Zu § 8 (Verträge mit der Primärversorgungseinheit):

Das System der vertraglichen Ausgestaltung der Beziehungen der Leistungsanbieterinnen und Leistungsanbieter zu den Versicherungsträgern auf privatrechtlicher Basis wird auch bezüglich der Primärversorgungsstrukturen beibehalten. Das Vertragswerk „Primärversorgungsvertrag“ wird daher die einzelvertraglichen Regelungen auf gesamtvertraglicher Basis (§§ 342b und 342c ASVG), wie etwa den kurativen Teil, die gesamtvertraglichen Regelungen über die Verwendung der e-card sowie allfällige weitere einzelvertragliche Reglungen für das zu erbringende Leistungsportfolio, das nicht durch gesamtvertragliche Bestimmungen abgedeckt ist, beinhalten. Je nach Struktur einer Primärversorgungseinheit wird die Regelungsdichte mehr oder weniger komplex sein. Dies ergibt sich aus den bestehenden unterschiedlichen Vertragssituationen der einzelnen Gesundheitsberufe, die entweder freiberuflich zusammenarbeiten können oder in einem Dienstverhältnis zu einem anderen Gesundheitsdiensteanbieter oder zur Primärversorgungseinheit stehen können.

Der Primärversorgungsvertrag regelt im Sinne des § 338 des Allgemeinen Sozialversicherungsgesetzes (ASVG), BGBl. Nr. 189/1955, die Beziehungen der Träger der Sozialversicherung zur Primärversorgungseinheit. Da die Primärversorgungseinheit auch Leistungen aus dem Sozialbereich und dem öffentlichen Gesundheitsdienst erbringen soll, wird unter Umständen auf diese Erfordernisse bei der Vertragsgestaltung Bedacht zu nehmen sein. Durch den Primärversorgungsvertrag ist das auf Kosten der Sozialversicherung zu erbringende Leistungsspektrum festzulegen, sodass der Primärversorgungsvertrag durch die Abbildung des ärztlichen Primärversorgungs-Gesamtvertrags die wesentlichen Eckpunkte, wie Öffnungszeiten, Leistungsangebot und konkrete Honorierung sowie der vertraglichen Regelungen mit anderen Gesundheitsberufen beinhaltet. Insoweit die durch Angehörige der nichtärztlichen Gesundheitsberufe zu erbringenden Leistungen nicht in einer Grundpauschale nach § 342b Abs. 3 und 4 ASVG enthalten oder in sonstiger Form von der im ärztlichen Primärversorgungs-Gesamtvertrag (bzw. in den Anhängen dazu) vereinbarten Honorierung mitumfasst sind, ist die Abgeltung dieser Leistungen im Primärversorgungsvertrag zu vereinbaren.

Wird die Primärversorgungseinheit nicht in der Betriebsform eines selbständigen Ambulatoriums oder einer Gruppenpraxis geführt (zu denken ist an die Betriebsform einer dislozierten Gruppenpraxis oder von vernetzten Einzelordinationen in der Rechtsform eines Vereins oder einer Genossenschaft), so muss auch nach § 8 Abs. 5 die Primärversorgungseinheit über einen Primärversorgungsvertrag verfügen, der die nach § 8 Abs. 1 bis 3 PrimVG vorgesehenen Regelungen beinhaltet. In Bezug auf die an dieser Primärversorgungseinheit teilnehmenden freiberuflich tätigen Ärztinnen und Ärzte wird festgehalten, dass diese hinsichtlich der ärztlichen Leistungen mit den Krankenversicherungsträgern jeweils dem Primärversorgungs-Gesamtvertrag nach § 342b ASVG entsprechende und aufeinander abgestimmte stehende Primärversorgungs-Einzelverträge abschließen können. Die Primärversorgungseinheit ist aber auch in einem solchen Fall gegenüber den Krankenversicherungsträgern für die Erbringung der vereinbarten Leistungen verantwortlich.

Des Weiteren soll die neue Primärversorgungsstruktur an der Erfüllung der Ziele und Aufgaben des öffentlichen Gesundheitsdienstes beteiligt werden können und bei Bedarf ausgewählte öffentliche Gesundheitsaufgaben im Sinne gemeindeärztlicher Aufgaben übernehmen (wie zB Totenbeschau, Untersuchungen nach dem Unterbringungs- und Heimaufenthaltsgesetz, Impfungen und Infektionsschutzmaßnahmen). Anzumerken ist, dass die Einbindung dieser öffentlichen Gesundheitsaufgaben in die Primärversorgung nicht die bestehenden Organisations- und Finanzierungszuständigkeiten ändert. Die Einbindung der Primärversorgungseinheit in notärztliche Dienste kann selbstverständlich nur dann erfolgen, wenn die entsprechende ärzterechtliche Qualifikation vorliegt.

Im Hinblick auf den verfassungsrechtlich gewährleisteten Schutz der persönlichen Freiheit (vgl. das BVG BGBl. Nr. 684/1988) ist vertraglich insbesondere vorzusehen, dass der Arzt/die Ärztin sich zum Ort des Patienten zu begeben hat und nicht etwa eine Verbringung des Patienten in die Primärversorgungseinheit erfolgt. Diesem Vorgang würde die verfassungsrechtlich für den Freiheitseingriff erforderliche Legitimation fehlen.

Zu § 9 (Primärversorgungseinheit in Form von Gruppenpraxen):

Zur Sicherstellung einer hochwertigen Versorgung im Bereich der Primärversorgung insbesondere auch im ländlichen Bereich ist § 52a Abs. 4 ÄrzteG 1998 hinsichtlich der Anzahl der möglichen Standorte einer Primärversorgungseinheit mit der Maßgabe anzuwenden, dass diese die Anzahl der an der Gruppenpraxis beteiligten Gesellschafterinnen und Gesellschafter überschreiten darf, sofern hiermit eine wesentliche Verbesserung des Versorgungsangebots im Einzugsgebiet im Sinne der Kriterien des § 52c Abs. 2 des Ärztegesetzes 1989 erreicht werden kann.

Nach geltender Rechtslage sind für zwei der möglichen Formen, in denen eine Primärversorgungseinheit betrieben werden kann, formale Zulassungs- bzw. Bewilligungsverfahren vorgesehen, in Zuge deren eine Bedarfsprüfung zu erfolgen hat. Es sind dies das Zulassungsverfahren nach § 52c des Ärztegesetzes 1998, BGBl. I Nr. 169/1989, für die Gründung einer Gruppenpraxis sowie das Bewilligungsverfahren für die Errichtung eines selbständigen Ambulatoriums nach § 3a des Kranken- und Kuranstaltengesetzes (KAKuG), BGBl. Nr. 1/1957.

Da Voraussetzung für eine Primärversorgungseinheit eine entsprechende Planung durch die Landeszielsteuerungskommission mit den entsprechenden formalen Beschlüssen und darüber hinaus die Durchführung eines Auswahlverfahrens nach § 14 PrimVG ist, ist eine Bedarfsprüfung, wie dies etwa in § 52c Abs. 3 ÄrzteG 1998 vorgesehen ist, nicht erforderlich.

Festgehalten wird, dass der Begriff Einzugsgebiet nicht gleichzuhalten mit Versorgungsgebiet ist und sich auch über Bundesländergrenzen hinweg erstrecken kann.

Die Nichtanwendbarkeit des § 52c ÄrzteG 1998 bedeutet, dass es kein Zulassungsverfahren und damit auch keinen Bescheid über die Zulassung gibt. In Folge des § 52b Abs. 1 Z 2 lit. a und lit. b ÄrzteG 1998 gibt es jetzt schon Fälle, in denen es keinen Bescheid gibt.

Wird eine Primärversorgungseinheit in der Form eines selbständigen Ambulatoriums geführt, so begründet dessen ärztliche Leitung einen Berufssitz gemäß § 45 ÄrzteG 1998. Es ist Materie des Berufsrechts zu regeln, ob ein Arzt einen Berufssitz begründet.

Zu § 10 (Primärversorgungseinheit in Form von selbständigen Ambulatorien):

Abweichend von den Bestimmungen des KAKuG soll eine Errichtungsbewilligung für eine Primärversorgungseinheit bereits in dem Fall erteilt werden können, dass eine solche im RSG abgebildet ist und darüber hinaus nach Durchführung eines Auswahlverfahrens nach § 14 PrimVG eine vorvertragliche Zusage der örtlich zuständigen Gebietskrankenkasse zum Abschluss eines Primärversorgungsvertrags vorliegt.

Um Mehrfachfunktionen als ärztliche Leiterin/ärztlichen Leiter zu verhindern soll im Sinne einer personenzentrierten Primärversorgung als abweichende Bestimmung zu § 7 Abs. 2 KAKuG normiert werden, dass die ärztliche Leitung in der jeweiligen Primärversorgungseinheit zur persönlichen Berufsausübung hauptberuflich verpflichtet ist.

Die Möglichkeit sich als Gesellschafterin/Gesellschafter an einer Primärversorgungseinheit in Form eines selbständigen Ambulatoriums zu beteiligen, soll auf gemeinnützige Anbieter (vgl. § 35 BAO) gesundheitlicher oder sozialer Dienste, gesetzliche Krankenversicherungsträger, Gebietskörperschaften (Darunter sind auf Gemeindeebene nicht nur einzelne Gemeinden, sondern auch Gemeindeverbände zu verstehen.) bzw. von Gebietskörperschaften eingerichtete Körperschaften und Fonds eingeschränkt werden. In diesem Zusammenhang ist darauf hinzuweisen, dass es zentrale Aufgabe eines modernen Wohlfahrtsstaates ist, eine soziale Absicherung für alle gesellschaftlichen Gruppen zu garantieren und Dienstleistungen, die durch marktmäßige Prozesse nicht für alle gleichermaßen zugänglich sind, öffentlich und leistbar bereitzustellen. Dieser Grundsatz der Daseinsvorsorge ist ein zentrales Element des österreichischen Gesundheitssystems. Auch anerkennt der EuGH, dass der Mitgliedstaat bestimmen kann, auf welchem Niveau er den Schutz der öffentlichen Gesundheit gewährleisten will. Der Schutz der Gesundheit der Bevölkerung gehört demnach zu den zwingenden Gründen des Allgemeininteresses, die auch Beschränkungen der Niederlassungsfreiheit rechtfertigen können. Dabei tritt zum Ziel der Aufrechterhaltung einer qualitativ hochwertigen, ausgewogenen und allgemein zugänglichen ärztlichen oder klinischen Versorgung auch das Ziel der Gefährdung des finanziellen Gleichgewichts des Systems der sozialen Sicherheit, sind doch die finanziellen Mittel, die für die Gesundheitsversorgung der Bevölkerung bereitgestellt werden können, unabhängig von der Art und Weise der Finanzierung nicht unbegrenzt (vgl. hiezu auch EuGH, Rs C-169/07 Hartlauer, insb.Rz 30, 47 und 49).

Die Sonderregelung für Primärversorgungseinheiten, die als selbständige Ambulatorien geführt werden, betreffend den Entfall der Notwendigkeit, sich eine Anstaltsordnung zu geben, liegt darin begründet, dass ohnedies ein Versorgungskonzept vorgesehen ist, das die den Bedürfnissen einer Primärversorgungseinheit entsprechende Regelungen zu enthalten hat. Es sollen jedenfalls überbordende und allenfalls zu Missverständnissen führende Parallelregelungen vermieden werden.

In diesem Zusammenhang wird auch angemerkt, dass die Ausführungsgesetzgebung der Länder auf die Möglichkeit, dass Primärversorgungseinheiten auch als selbständige Ambulatorien geführt werden können, Bedacht zu nehmen haben wird, auch wenn keine einschlägige normative Änderung des KAKuG erfolgt. Regelungen, etwa betreffend Krankenhaushygieniker/in oder Hygienebeauftragte/n (§ 8a KAKuG) und Technische/r Sicherheitsbeauftragte/r (§ 8b KAKuG) sind in den einzelnen Landesgesetzen allenfalls mit Fokus auf das intramurale Angebot einer Krankenanstalt und der dort stattfindenden Eingriffe und in Verwendung stehenden High-Tech-Gerätschaften gerechtfertigt; diese Regelungen stehen aber mit dem Angebot in der Primärversorgung und den damit gegebenen Erfordernissen nicht im Einklang, sodass eine diesbezügliche Anpassung der landesgesetzlichen Regelungen erwogen werden sollte.

Zu § 11 (Primärversorgungseinheit als Ausbildungsstätte):

Als weitere Aufgabe der Primärversorgungseinheit soll dieser auch die Funktion als Ausbildungseinrichtung für die praktische Ausbildung von Ärztinnen und Ärzten (Lehrpraxen) und der weiteren Gesundheitsberufe (für Pflichtpraktika während der schulischen/akademischen Ausbildung) zukommen. Ausbildungseinrichtungen können sämtliche Primärversorgungseinheiten unabhängig von der Organisationsform sein. Somit soll eine zeitgemäße Lern- und Lehrkultur bei den Gesundheits- und Sozialberufen auch im Hinblick auf ein berufsgruppenübergreifendes Training unterstützt werden.

Zu § 12 (Bezeichnungsschutz und Informationspflicht):

§ 12 Abs. 1 PrimVG regelt zunächst, dass die Bezeichnung „Primärversorgungseinheit“ ausschließlich von Primärversorgungseinheiten geführt werden darf, die nach diesem Bundesgesetz eingerichtet werden. Wenngleich es nicht ausgeschlossen werden kann, dass – ohne dass die Voraussetzung für die Bildung einer Primärvoraussetzung nach § 2 Abs. 2 erfüllt sind – Ärztinnen und Ärzte Vergleichbares anbieten, soll die Bezeichnung „Primärversorgungseinheit“ auf solche Einheiten beschränkt bleiben, die auch die formalen Voraussetzungen nach diesem Bundesgesetz erfüllen. Damit soll die Erfüllung der Planungsvorgaben sicher gestellt werden und die Möglichkeit bestehen, einheitliche Qualitätsstandards und sonstige Weiterentwicklungen für die Patientinnen und Patienten gewährleisten zu können. Die Patientinnen und Patienten sollen die Sicherheit haben, dass sie, wenn sie Leistungen in einer Primärversorgungseinheit in Anspruch nehmen, auf gleichbleibend hohem Niveau versorgt werden.

Um das Prinzip der freien Wahl der Hausärztin/Hausarztes durch die Patientinnen und Patienten zu unterstützen und – sofern dies gewünscht wird – die Kontinuität in der Behandlung zu gewährleisten, ist jedenfalls auf der Website der jeweiligen Primärversorgungseinheit sichtbar zu machen, wann welche Ärztin bzw. welcher Arzt anwesend ist.

Der Patientensicherheit dient auch die Vorschrift über die geforderte Transparenz bezüglich des Leistungsangebots. Im Übrigen bringt sie Klarheit darüber, ob die Patientin oder der Patient den Behandlungsvertrag mit der Primärversorgungseinheit oder im Falle eines Netzwerks, sofern es sich nicht um eine dislozierte Gruppenpraxis handelt, mit der einzelnen Leistungsanbieterin/dem einzelnen Leistungsanbieter abschließt. Nach § 52a Abs. 1 Ärztegesetz 1998 ist eine (dislozierte) Gruppenpraxis selbständig berufsbefugt. Eine solche Regelung gibt es für eine Primärversorgungseinheit im Sinne des § 2 Abs. 5 Z 2 (zB in Form eines Vereins) nicht, weshalb mangels Berufsberechtigung der Behandlungsvertrag mit den einzelnen Ärztinnen und Ärzten zu Stande kommt.

Schließlich soll erkennbar sein, dass eine Weitergabe der für den jeweiligen Behandlungsfall erforderlichen Gesundheitsdaten an die in den konkreten Fall eingebundenen Behandlerinnen und Behandler innerhalb der Primärversorgungseinheit erfolgt.

Darüber hinaus sollen Patientinnen und Patienten in Primärversorgungseinheiten auch die Möglichkeit haben der Verwendung von Gesundheitsdaten entsprechend § 24a GTelG 2012 zu widersprechen.

Zu § 13 (Haftpflichtversicherung):

§ 13 Abs. 1 normiert die Verpflichtung zum Abschluss einer Haftpflichtversicherung. Die mit eigener Rechtspersönlichkeit ausgestatteten Primärversorgungseinheiten müssen somit eine solche vor Aufnahme der Geschäftstätigkeit abschließen. § 13 kommt allerdings nur zur Anwendung, sofern nicht bereits berufs- bzw. krankenanstaltenrechtliche Verpflichtungen zum Abschluss einer Haftpflichtversicherung bestehen.

So sieht beispielsweise § 52d Ärztegesetz 1998, BGBl. I Nr. 169/1998, vor, dass Gruppenpraxen gemäß § 52a f Ärztegesetz 1998 über eine Haftpflichtversicherung verfügen müssen.

Die weiteren Vorgaben des § 13 Abs. 2 bis 5 des Entwurfs orientieren sich an den Erfordernissen des § 52d Ärztegesetz 1998, insbesondere an der angemessenen Höhe der Mindestversicherungssumme von zwei Millionen Euro. Vorgesehen ist analog zu § 52d Abs. 3 Ärztegesetz 1998 auch ein Haftungsdurchgriff auf die Gesellschafterinnen/Gesellschafter, wenn die abgeschlossene Versicherung nicht den gesetzlichen Bedingungen entspricht.

Zu § 14 (Auswahlverfahren für Primärversorgungseinheiten):

Der Ablauf des Auswahlverfahrens richtet sich danach, inwieweit die RSG-Planung in den Stellenplan transferiert werden konnte.

Bei der Ausgestaltung des jeweiligen Auswahlverfahrens zur Invertragnahme sind insbesondere die tragenden unionsrechtlichen Grundsätze der Transparenz, Objektivität und der Nicht-Diskriminierung zu beachten.

Voraussetzung für die Einleitung des Auswahlverfahrens nach § 14 Abs. 2 ist die Konkretisierung der Planungsvorgaben des RSG durch die Gesamtvertragsparteien im Stellenplan nach § 342 Abs. 1a ASVG.

Das konkrete Auswahlverfahren für die Invertragnahme der Primärversorgungseinheit soll bei Einigung im Verhandlungsweg zweistufig erfolgen, wobei der örtlich zuständigen Gebietskrankenkasse eine Schlüsselrolle zukommt. Die Gebietskrankenkasse hat ihre derzeitigen Vertragspartnerinnen und Vertragspartner, deren Planstellen für die konkrete Primärversorgungseinheit vorgesehen sind, zur Bewerbung um einen Primärversorgungsvertrag einzuladen. Die Bewerbung von Vertragsärztinnen und -ärzten kann auch abhängig von den Planungsvorgaben des RSG erforderlichenfalls gemeinsam mit anderen berufsberechtigten Ärztinnen und Ärzten und gegebenenfalls Fachärztinnen und Fachärzten für Kinder- und Jugendheilkunde erfolgen, um die Voraussetzungen der RSG-Planung erfüllen zu können. Die berufsberechtigten Ärztinnen und Ärzte können sich unionsrechtskonform im Sinne der Judikatur des EuGH in der Rechtssache „Hartlauer“ unabhängig davon bewerben, ob sie unselbständig (etwa in einer Krankenanstalt oder einem selbständigen Ambulatorium) oder freiberuflich (auch im Rahmen einer Gruppenpraxis) tätig sind. Die Gebietskrankenkasse hat sich im Auswahlverfahren mit den anderen Krankenversicherungsträgern abzustimmen. Die Vertragsautonomie der Krankenversicherungsträger bleibt jedenfalls unberührt.

Unter Versorgungsregionen sind jedenfalls nicht die Klassifikationen des Österreichischen Strukturplans Gesundheit, sondern kleinflächigere Gebiete zu verstehen, anhand deren Planung eine wohnortnahe Versorgung im Bereich der Primärversorgung sichergestellt werden soll. Bleibt das Auswahlverfahren erfolglos, so kann dieses innerhalb der nachstehenden vorgesehenen Frist wiederholt werden. Erst wenn in der Folge nach einem Zeitraum von sechs Monaten keine geeignete Bewerbung vorliegt, ist die Einladung zur Bewerbung über diesen Personenkreis hinaus zu erweitern.

Erfolgt innerhalb einer Frist von sechs Monaten nach Abbildung im RSG keine Einigung im Verhandlungsweg über die Umsetzung der Planungsvorgaben im Stellenplan, so regelt § 14 Abs. 3 in Abweichung von Abs. 2, dass in der ersten Stufe des Auswahlverfahrens zunächst die Vertragsärztinnen und -ärzte und Gruppenpraxen für Allgemeinmedizin in der jeweiligen Versorgungsregion einzuladen sind. Hinsichtlich des weiteren Ablaufs des Verfahrens besteht jedoch kein Unterschied zur Regelung nach Abs. 2. Hingewiesen wird darauf, dass – unbeschadet des aufrecht bleibenden Umstandes, dass der Stellenplan als Teil des ärztlichen Gesamtvertrags für die Gebietskrankenkasse weiterhin der Abschlusskompetenz des Hauptverbandes der österreichischen Sozialversicherungsträger unterliegt – für die Einhaltung der Frist nach Abs. 3 von einem halben Jahr eine fristgerechte Einigung zwischen der örtlich zuständigen Gebietskrankenkasse und der jeweiligen Landesärztekammer ausreichend ist.

Aus dem Erfordernis das finanzielle Gleichgewicht des Systems der sozialen Krankenversicherung aufrechtzuerhalten und die damit verbundene umfassende (Sachleistungs-)Versorgung der Bevölkerung sicherzustellen, kann die vorgesehene Zweistufigkeit des Auswahlverfahrens gerechtfertigt werden. Um den übermäßigen Aufbau von Doppelstrukturen hintanzuhalten, soll den bestehenden Vertragspartnerinnen und Vertragspartnern – auch im Hinblick auf das bereits durch die bisherigen Verträge erworbene Vertrauen in die Qualität der ärztlichen Leistungen und die bereits erworbene Kenntnis der lokalen Gegebenheiten – bei der Bildung von Primärversorgungseinheiten eine Schlüsselrolle zukommen, in dem diese vorrangig zur Bewerbung um einen Primärversorgungsvertrag eingeladen werden.

Der Wortlaut der jeweiligen Einladung hat den Vorgaben des RSG, insbesondere im Hinblick auf den Planungszeitraum und die in den §§ 4 bis 6 an die Primärversorgungseinheit gestellten Anforderungen zu folgen. Die Einladung hat jedenfalls hinreichend konkret und unabhängig von der Stufe des Auswahlverfahrens in den wesentlichen Parametern mit gleichem Inhalt zu erfolgen, sodass für die Interessentinnen und Interessenten die Bedingungen, unter denen ein Vertragsabschluss erfolgen kann, hinreichend klar sind. Die Einladungen sind ebenso öffentlich kundzumachen, wobei die Kundmachung der Einladung jedenfalls auf der Website der jeweiligen Gebietskrankenkasse zu erfolgen hat. Durch den Ausdruck „jedenfalls“ ist im Gesetz deutlich zum Ausdruck gebracht, dass die Kundmachung in anderer Form zusätzlich zur Kundmachung auf der Website der Gebietskrankenkasse möglich ist. So kann beispielsweise in den Fällen, in denen sich die anderen bundesweiten Krankenversicherungsträger am Auswahlverfahren der Gebietskrankenkasse beteiligen, auch auf deren Websites eine Kundmachung erfolgen. Der Gesetzestext verhindert nicht, dass die Einladungen in beiden Stufen des Auswahlverfahrens ident sein können.

In der Folge hat die örtlich zuständige Gebietskrankenkasse in Abstimmung mit den anderen Krankenversicherungsträgern, sofern diese sich dem Auswahlverfahren anschließen, die Bewertung der eingelangten Bewerbungen vorzunehmen. Für den Fall, dass eine fristgerechte Einigung über die Konkretisierung der Planungsvorgaben des RSG im Stellenplan erfolgt, ist im ersten Verfahrensschritt (§ 14 Abs. 2 Z 1) die Bewertung im Einvernehmen mit der jeweils zuständigen Landesärztekammer durchzuführen.

Die Auswahl hat an Hand der auf Basis der Planungsfeststellungen der Landes-Zielsteuerungskommission erstellten Einladung zu erfolgen. Bewertungsmaßstab sind das Versorgungskonzept nach § 6, die in der Reihungskriterien-Verordnung bzw. in den darauf beruhenden Reihungs-Richtlinien festgelegten Kriterien sowie im Fall des § 14 Abs. 2 Z 2 die verpflichtend einzuholenden Stellungnahmen der jeweiligen Landesärztekammer und der örtlich zuständigen gesetzlichen Vertretung der Privatkrankenanstalten. Die Gewichtung der unterschiedlichen Kriterien für die Gesamtbeurteilung ist aus Gründen der Nachvollziehbarkeit des Verfahrens bereits in der Einladung darzustellen. Das Regime der Reihungskriterien-Verordnung ist bei der Nachbesetzung einer frei gewordenen Stelle allerdings wieder anzuwenden.

Durch die Gebietskrankenkassen ist bei der Auswahl jeweils sicherzustellen, dass durch den Vertragsabschluss im Bereich der Anbieterinnen und Anbieter eine gewisse Vielfalt bestehen bleibt, womit Eigentümerstrukturen vermieden werden sollen, die die Versorgungssituation beherrschen. Diese Regelung soll sicherstellen, dass monopolartige oder -ähnliche Anbieterstrukturen eine versorgungspolitisch unerwünschte bestimmende Einflussnahme erlangen oder bei entsprechenden kaufmännischen Entscheidungen einer Reduzierung des Leistungsangebots die Versorgung in der Region nachhaltig gefährden können. Gegebenenfalls ist mit solchen Anbieterinnen/Anbieter in der Folge kein Primärversorgungsvertrag abzuschließen.

Am Ende des Verfahrens sind alle Bewerberinnen und Bewerber über das Ergebnis (die Reihung der Bewerbungen) nachweislich in Kenntnis zu setzen.

Zu § 16 (Vollziehung):

Die Bestimmung regelt die Vollziehung des Bundesgesetzes, wonach damit die Bundesministerin für Gesundheit und Frauen betraut ist.

Zu § 17 (In-Kraft-Treten):

Gruppenpraxen, die auf Basis des in der Bundes-Zielsteuerungskommission am 30. Juni 2014 beschlossenen Konzepts „Das Team rund um den Hausarzt“ zur multiprofessionellen und interdisziplinären Primärversorgung in Österreich bereits vor Schaffung eines eigenen rechtlichen Rahmens, längstens jedoch bis zum 31. Dezember 2017, dieses Konzept bereits faktisch hinsichtlich der in den §§ 2 bis 6 PrimVG vorgesehenen Regelungen umsetzen und somit die Tragfähigkeit des Konzepts unter Beweis stellen, sollen jedenfalls im System behalten werden und in das neue Regime bevorzugt übergeleitet werden.

Zu Art. 2 (Änderung des Gesundheits-Zielsteuerungsgesetzes):

Zu Art. 2 Z 1 (§§ 21 Abs. 3 Z 3 und 41 Abs. 4 G-ZG):

Wenngleich bereits durch die Vorgabe, dass die Versorgung wohnortnah zu sein hat und dass in der Umsetzung vor allem bestehende Vertragspartner berücksichtigt werden, es ausgeschlossen sein sollte, dass nur mehr Zentren geplant werden, so soll nunmehr durch die Ergänzung klargestellt werden, dass die neuen Primärversorgungseinheiten – als Teil der Primärversorgung – eine sinnvolle und nachhaltige Ergänzung des Versorgungsangebotes darstellen und eine Entlastung der Spitalsambulanzen bewirken sollen, was nicht gelingen wird, wenn die Versorgung überwiegend zentral ausgebaut werden würde. Selbstredend gilt dies für den ruralen Bereich, aber auch in Ballungszentren wie der Bundeshauptstadt wird nur eine gelungene Mischung der Angebote vor allem in den Flächenbezirken für den gewünschten Erfolg maßgeblich sein. Wenngleich auch in Primärversorgungseinheiten durch organisatorische Vorkehrungen die freie Arztwahl für die Patientinnen und Patienten gesichert ist – wie dies ja auch schon bei herkömmlichen Gruppenpraxen möglich ist – wird von manchen Patientinnen und Patienten der Betreuung in ihrer vertrauten Ordination der Vorzug gegeben werden. In der Primärversorgung wird nach Art. 31 Abs. 1 letzter Satz der Vereinbarung gemäß Art. 15a B-VG über die Organisation und Finanzierung des Gesundheitswesens von einem Zielwert von 75 Primärversorgungseinheiten bis zum Ende der Laufzeit dieser Vereinbarung, das ist der 31. Dezember 2021, ausgegangen. Vor Abschluss einer neuen Vereinbarung sind nicht nur das Erreichen dieses Zielwertes zu überprüfen, sondern auch die räumliche Verteilung der Primärversorgungseinheiten sowie deren Ausgestaltung als Netzwerk oder Zentrum (Primärversorgungstypus) in den einzelnen Bundesländern.

Durch die Vereinbarung gemäß Art. 15a B-VG über die Organisation und Finanzierung im Gesundheitswesen ist der Ausbau der Primärversorgungseinheiten im Sinne des Primärversorgungsgesetzes vorgesehen. Im Bundeszielsteuerungsvertrag, der am 24. April 2017 von der Bundes-Zielsteuerungskommission für die Jahre 2017 bis 2021 einstimmig zur Beschlussfassung empfohlen wurde, ist der Auf- und Ausbau von österreichweit zumindest 75 Primärversorgungseinheiten vorgesehen.

Bundesländerweise gliedert sich der geplante Zielwert 2021 im Bundeszielsteuerungsvertrag wie folgt:

Burgenland 3, Kärnten 5, Niederösterreich 14, Oberösterreich 13, Salzburg 5, Steiermark 11, Tirol 6, Vorarlberg 3, Wien 16.

Durch die Übergangsbestimmung soll vorgesehen werden, dass bis 31. Dezember 2021 nur dann mehr als 75 Primärversorgungseinheiten errichtet werden können, wenn darüber Einvernehmen zwischen Landeszielsteuerungs-Kommission und der jeweiligen Landesärztekammer erzielt wurde. Für den Zeitraum ab 1. Jänner 2022 bis 31. Dezember 2025 werden neue Festlegungen auf der Ebene einer neuen Vereinbarung gemäß Art. 15a B-VG und den dazu ergehenden Ausführungsgesetzen zu treffen und gesetzlich umzusetzen sein.

Durch die Änderung des § 21 Abs. 3 Z 3 in Verbindung mit § 41 Abs. 4 soll sichergestellt werden, dass einerseits das Verhältnis zwischen Primärversorgungseinheiten als Zentren oder als Netzwerke im jeweiligen Bundesland ausgewogen ist und andererseits ein moderater Übergang der Strukturen entsprechend abzusehenden Pensionierungswelle der niedergelassenen Hausärzte und Hausärztinnen erfolgt.

Zu Art. 2 Z 2 (§ 21 Abs. 8 bis 10 G-ZG):

Ziel der vorgeschlagenen Regelungen des § 21 Abs. 8 bis 10 G-ZG ist es, einen niederschwelligen Zugang der Ärztinnen und Ärzte für einen Einstieg in die neuen Primärversorgungsstrukturen zu gewährleisten.

Voraussetzung für den Abschluss eines Primärversorgungsvertrags mit einer Primärversorgungseinheit ist die Abbildung von Primärversorgungseinheiten im RSG. § 21 Abs. 8 G-ZG sieht zur Beschleunigung der Etablierung von Primärversorgungseinheiten vor, dass – zusätzlich zu der tatsächlichen Abbildung einer Primärversorgungseinheit im RSG – eine Primärversorgungseinheit auch dann als im RSG abgebildet gilt, wenn der Bedarf nach § 20 Abs. 1 Z 8 G-ZG für die Errichtung einer solchen durch Beschluss der Landes-Zielsteuerungskommission festgestellt wurde.

Zur Beteiligungsmöglichkeit nach § 21 Abs. 9:

Wenngleich es Ziel ist, dass die Planung der Kapazitäten und allenfalls groben Strukturen der erforderlichen oder gewünschten Primärversorgungseinheiten letztendlich flächendeckend in den jeweiligen RSG abgebildet sein soll, so wird man sich diesem Ziel nur in kontinuierlich und in prozesshafter Weise annähern können. Veränderungen, wie die Errichtung neuer Stadtteile, die Redimensionierung von spitalsambulanten Versorgungsstrukturen, Veränderungen im niedergelassenen ärztlichen Bereich, Bevölkerungszuwächse oder Abwanderungen oder einfach die Erfahrungen in der täglichen Versorgung der Bevölkerung lassen eine Mitwirkung der für das Gesundheitssystem im weiteren Sinn verantwortlichen Stellen an der Planung der Primärversorgung angezeigt erscheinen. So soll den in Frage kommenden gesetzlichen Interessenvertretungen der Gesundheitsdiensteanbieterinnen und -anbieter die Möglichkeit eingeräumt werden, ihre Interessen bzw. ihr Anliegen im Zusammenhang mit der Primärversorgung mittels eines Vorschlages auf Planung beim jeweiligen Land oder einem Sozialversicherungsträger einzubringen. Hingewiesen wird in diesem Zusammenhang darauf, dass die Planung von Primärversorgungseinheiten in der jeweiligen Landes-Zielsteuerungskommission nicht im Rahmen eines hoheitlichen Verwaltungsverfahrens, sondern im Rahmen der Privatwirtschaftsverwaltung des Bundes und der Länder stattfindet, die Landes-Zielsteuerungskommission somit nicht als Behörde agiert. Daraus abgeleitet ergibt sich, dass durch diese Anregungen zur Planung von außen auch keine Parteistellung nach § 8 AVG, BGBl. I Nr. 51/1991, begründet werden kann.

Dieses Ansuchen ist an die jeweilige Landes-Zielsteuerungskommission weiterzuleiten, die einen entsprechenden Prüfvorgang durchzuführen hat. Auf Grund der kompetenzrechtlichen Zuständigkeiten der Bundesverfassung soll – unbeschadet allfälliger landesrechtlicher Regelungen – durch § 21 Abs. 9 den Vertreterinnen und Vertretern der Sozialversicherung eine besondere Verantwortung zur Überprüfung der Planung in Folge eines solchen Vorschlags zukommen.

§ 21 Abs. 10 G-ZG sieht vor, dass die darin den gesetzlichen Interessenvertretungen eingeräumte Möglichkeit zur Stellungnahme nicht nur vor Beschlussfassung des RSG an sich, sondern auch bei Beschlussfassung einer den RSG betreffenden Angelegenheit besteht.

Zu Artikel 3 bis 6 (Änderung des Allgemeinen Sozialversicherungsgesetzes, des Gewerblichen Sozialversicherungsgesetzes, des Bauern-Sozialversicherungsgesetzes und des Beamten- Kranken- und Unfallversicherungsgesetzes):

Zu Art. 3 Z 1 bis 6 und 18, Art. 4 Z 1, Art. 5 Z 1 und 2 und Art. 6 Z 1 (§§ 131 Abs. 3 erster Satz, 131a samt Überschrift, 135 Abs. 1 erster Satz und Abs. 3 erster Satz, Überschrift des Sechsten Teils, 338 und 350 Abs. 1 Z 2 lit. a ASVG, § 193 GSVG, §§ 80 Abs. 2, 88 Abs. 3 und 181 BSVG sowie § 128 B-KUVG):

In den gegenständlichen Bestimmungen sollen jeweils sprachliche Anpassungen im Zusammenhang mit der Einführung von Primärversorgungseinheiten nach dem Primärversorgungsgesetz vorgenommen werden. Unter dem beispielsweise in § 135 Abs. 1 ASVG verwendeten Begriff „Vertragseinrichtungen der Krankenversicherungsträger“, in denen ärztliche Hilfe erbracht werden kann, lassen sich Primärversorgungseinheiten begrifflich einordnen, sodass an solcher Stelle kein Ergänzungsbedarf gesehen wird.

Zu Art. 3 Z 7 und Art. 8 Z 2 und 3 (§ 339 Abs. 1 ASVG und § 3a Abs. 9 und 10 KAKuG):

Für den Fall, dass das Auswahlverfahren nach § 14 des Primärversorgungsgesetzes tatsächlich ergebnislos bleibt, es dessen ungeachtet aber das festgestellte regionale Verorgungsdefizit zu beseitigen gilt, soll es den Trägern der Krankenversicherung zu Sicherstellung der Versorgung beschleunigt ermöglicht werden, eigene Einrichtungen in Form von selbständigen Ambulatorien zu errichten. Die Prüfung der wesentlichen Versorgung im Einzugsgebiet im Rahmen des Verfahrens zur Errichtungsbewilligung wird durch das bereits zweistufig durchgeführte, aber erfolglos gebliebene Auswahlverfahren substituiert.

Zu Art. 3 Z 8 (§ 342 Abs. 1 Z 9 ASVG):

§ 342 Abs. 1 ASVG bestimmt, was in Gesamtverträgen insbesondere zu regeln ist. Abs. 1 Z 9 greift den barrierefreien Zugang auf und verweist diesbezüglich auf die ÖNORM B 1600 und ÖNORM B 1601, allerdings beschränkt auf Gruppenpraxen. Künftig soll diese Beschränkung aber auch der explizite Verweis auf die ÖNORMen wegfallen.

Zu Art. 3 Z 9 (§ 342 Abs. 1a ASVG):

Die Umsetzung der Planungsvorgaben des RSG betreffend Primärversorgungseinheiten hat grundsätzlich im jeweiligen Stellenplan, der Teil des kurativen Gesamtvertrags nach § 342 ASVG ist, zu erfolgen, wobei diesbezüglich eine Bindung der Gesamtvertragspartner an die Planungsvorgaben besteht. Im Stellenplan ist innerhalb dieses Rahmens der konkrete regionale Standort der Einheiten, sofern diese nach § 2 Abs. 5 Z 1 lit. a und Z 2 PrimVG geführt werden und deren Primärversorgungstypus zu konkretisieren bzw. festzulegen. Des Weiteren sind jene ärztlichen Stellen festzulegen, die in die Primärversorgungseinheit übergeführt werden sollen sowie innerhalb des Rahmens des Planungszeitraumes des RSG auch der konkrete Zeitpunkt zur vollständigen Umsetzung des Vertragsabschlusses. Ist beispielsweise ein Zentrum geplant, so kann für einen Übergangszeitraum eine Konstruktion als Netzwerk zweckmäßig sein, bis die räumlichen oder organisatorischen Voraussetzungen für ein Zentrum gegeben sind.

Zu Art. 3 Z 10 (§ 342 Abs. 3 ASVG):

Bereits derzeit hat der nach § 342 Abs. 1 Z 1 ASVG zu vereinbarende Stellenplan auf die regionalen Strukturpläne Gesundheit Bedacht zu nehmen. Die Planung der Primärversorgungseinheiten wird durch Beschluss der Landes-Zielsteuerungskommission zum RSG auf Basis der im ÖSG festgelegten Parameter erfolgen.

Um die beiden Planungsinstrumente RSG und Stellenplan nachhaltig zu verschränken, ist es erforderlich, dass die Umsetzung der Planung von Primärversorgungseinheiten im RSG im Stellenplan ihren Niederschlag findet, in dem bei Abschluss von Verträgen mit Primärversorgungseinheiten die darin vorgesehenen ärztlichen Vollzeitäquivalente im Stellenplan entsprechend berücksichtigt werden.

Das Auswahlverfahren nach § 14 des Primärversorgungsgesetzes sieht ein 2-stufiges Vorgehen vor. In einem 1. Schritt sollen bestehende Vertragspartnerinnen und -partner, deren Stellen in eine Primärversorgungseinheit übergeführt werden sollen, eingeladen werden. Die Bewerbung von Vertragsärztinnen und -ärzten kann auch erforderlichenfalls gemeinsam mit anderen berufsberechtigten Ärztinnen, Ärzten und Gruppenpraxen für Allgemeinmedizin und gegebenenfalls Fachärztinnen/Fachärzten für Kinder- und Jugendheilkunde erfolgen, um die Voraussetzungen der RSG-Planung erfüllen zu können. Wird die Primärversorgungseinheit nach einem Auswahlverfahren nach § 14 Abs. 2 des Primärversorgungsgesetzes, somit bei grundsätzlicher Umsetzung der Planungen im Stellenplan, dennoch als selbständiges Ambulatorium unter Vertrag genommen, so erfolgt eine Reduktion des Stellenplans um die im selbständigen Ambulatorium gebundenen ärztlichen Vollzeitäquivalente jeweils bei Freiwerden einer geeigneten Planstelle.

Bei Nichteinigkeit darüber, welche Planstelle dafür geeignet ist, besteht die Möglichkeit eine Klärung im Schiedsverfahren herbeizuführen.

Regelt der Stellenplan die Umsetzung der Planungsvorgaben vor Durchführung eines Auswahlverfahrens nach § 14 Abs. 3 des Primärversorgungsgesetzes hingegen nicht, so erfolgt eine Reduktion des Stellenplans wie folgt:

a)     Erfolgt der Vertragsabschluss mit einem selbständigen Ambulatorium, so ist der Stellenplan in halbem Ausmaß der im selbständigen Ambulatorium gebundenen ärztlichen Vollzeitäquivalente zu reduzieren.

b)     Erfolgt der Vertragsabschluss hingegen mit einem Vertragspartner nach dem Sechsten Teil 1. Unterabschnitt des ASVG (und zwar unabhängig davon, ob es sich um einen bereits bestehenden Vertragspartner oder um einen bisherigen Nicht-Vertragspartner handelt), so ist der Stellenplan in vollem Ausmaß der ärztlichen Vollzeitäquivalente zu reduzieren.

Keine Reduktion des Stellenplans erfolgt selbstverständlich dann, wenn das Auswahlverfahren keine Ergebnis gebracht hat und die Kasse zur Sicherstellung der Versorgung eine eigene Einrichtung errichtet oder ausbaut.

Zu Art. 3 Z 11 (Überschrift zu § 342a ASVG):

Es muss eine Anpassung der Überschrift betreffend Sonderregelungen für Gruppenpraxen vorgenommen werden, weil die Regelung betreffend Primärversorgungseinheiten in Form von Gruppenpraxen im ASVG (§§ 342b und 342c) gesondert erfolgt.

Zu Art. 3 Z 12 und 19 (§§ 342b samt Überschrift und 708 Abs. 3 ASVG):

Die Beziehungen der Träger der Krankenversicherung zu Primärversorgungseinheiten nach § 2 des Primärversorgungsgesetzes sind im Rahmen des bewährten Gesamtvertragsregimes hinsichtlich der ärztlichen Hilfe durch einen neuen, bundesweit einheitlichen und eigenständigen Primärversorgungs-Gesamtvertrag zu regeln. Dieser Primärversorgungs-Gesamtvertrag ist auf Seiten der Krankenversicherungsträger durch den Hauptverband und auf Seiten der Ärzteschaft durch die Österreichische Ärztekammer (unbefristet) abzuschließen. Für Primärversorgungseinheiten sind ausschließlich die Bestimmungen dieses neuen Primärversorgungs-Gesamtvertrags maßgeblich.

Hinzuweisen ist darauf, dass der Primärversorgungs-Gesamtvertrag allerdings nicht für jene Primärversorgungseinheiten gilt, die als selbständige Ambulatorien nach § 2 Abs. 1 Z 5 KAKuG betrieben werden, da den Ärztekammern aufgrund der Wirtschaftskammerzugehörigkeit der Ambulatorien keine Vertretungsbefugnis zukommt.

Die wesentlichen Eckpunkte der im Primärversorgungs-Gesamtvertrag zu regelnden Gegenstände werden durch § 342b Abs. 2 ASVG festgelegt und umfassen:

1.      das aus den §§ 4 bis 6 des Primärversorgungsgesetzes abgeleitete Mindestleistungsspektrum;

2.      die Rechte und Pflichten der Vertragspartner sowie die Überprüfung der Identität der/des Patientin/Patienten und die rechtmäßige Verwendung der e-card;

3.      Regelungen über die Grundsätze der Vergütung;

4.      Regelungen über die Ausgestaltung der Honorarvereinbarungen;

5.      die Vorsorge zur Sicherstellung einer wirtschaftlichen Behandlung und Verschreibweise einschließlich Steuerungsmaßnahmen bei Heilmitteln sowie hinsichtlich der ärztlich veranlassten Kosten, zB in den Bereichen Zuweisung und Überweisung zu niedergelassenen Ärztinnen und Ärzten (Gruppenpraxen), Heilbehelfe, Hilfsmittel und Transporte (Ökonomieprinzip);

6.      die Ausstellung von Bescheinigungen, die für die Durchführung der Krankenversicherung erforderlich sind;

7.      die Zusammenarbeit mit dem chef- und kontrollärztlichen Dienst der Sozialversicherungsträger unter Zugrundelegung des Erstattungskodex (§ 31 Abs. 3 Z 12) und der Richtlinien nach § 31 Abs. 5 Z 10 und 13 sowie

8.      die Verlautbarung des Primärversorgungs-Gesamtvertrags und seiner Abänderungen;

9.      die Festlegung einer Altersgrenze für die für die Beendigung der Primärversorgungsverträge bzw. die Beendigung der Primärversorgungs-Einzelverträge von Ärztinnen und Ärzten sowie möglicher Ausnahmen davon. Kommt keine Einigung über eine Altersgrenze zustande, so gilt das vollendete 70. Lebensjahr als Altersgrenze.

Gemäß § 342 Abs. 1 Z 10 ASVG ist im Gesamtvertrag betreffend die niedergelassenen Ärztinnen/Ärzte eine Altersgrenze für die Beendigung ihrer Einzelverträge festzulegen. Diese Altersgrenze darf nicht über dem vollendeten 70. Lebensjahr liegen. Die nunmehr vorgeschlagene Bestimmung betreffend den Inhalt des Gesamtvertrags für Primärversorgungseinheiten sehen eine solche 70-Jahres-Grenze für die an einer Primärversorgungseinheit teilnehmenden freiberuflichen Ärztinnen und Ärzte nicht vor, es sei denn es kommt keine Einigung zu Stande. Sowohl der vorgeschlagene § 342b Abs. 2 Z 9 ASVG ebenso wie § 342 Abs. 1 Z 10 ASVG lassen Abweichungen von der gesamtvertraglich geregelten Altersgrenze zu, die geltende Rechtlage allerdings nur bei drohender Unterversorgung.

Eine solche unterschiedliche Regelung der gesetzlichen Rahmenbedingungen für den Abschluss von Gesamtverträgen bedarf einer sachlichen Rechtfertigung:

Ausweislich der Erläuterungen zu § 342 Abs. 1 Z 10 ASVG dient die 70-Jahres-Grenze dem Zweck, „nachrückenden Generationen an ausgebildeten Ärztinnen und Ärzten die Möglichkeit zu sichern, als Vertragsarzt/-ärztin tätig zu werden“ (476 BlgNR 24. GP 6).

Das neue System der Primärversorgung baut auf bestehende über die Jahre gewachsene vertragsärztliche Strukturen auf, die sukzessive in die aufzubauenden Primärversorgungseinheiten übergeführt werden sollen. Im Hinblick auf die bekannte Altersverteilung der niedergelassenen Ärztinnen und Ärzte und dem Ziel Primärversorgungseinheiten zügig zu errichten, ist es einerseits erforderlich Anreize für den Umstieg in das neue Konzept zu setzen und andererseits für den Einstieg jüngerer Berufsangehöriger in das Vertragsarztsystem die Erfahrung älterer Berufskolleginnen und –kollegen länger zu erhalten.

Die unterschiedliche Regelung des vorgeschlagenen § 342b Abs. 2 Z 9 ASVG stellt somit eine sinnvolle Ergänzung zum § 342 Abs. 1 Z 10 ASVG dar.

Die Vergütung der Leistungen von Primärversorgungseinheiten ist basierend auf einer Kombination von Elementen von Grund- und Fallpauschalen, Verrechnungspositionen für Einzelleistungen und gegebenenfalls für Ergebnisziele zu vereinbaren (§ 342b Abs. 3 ASVG). Die Honorierung der Leistungen hat dabei die dem Primärversorgungsgesetz zu Grunde liegenden Zielsetzungen und die sich daraus ergebenden Anforderungen an diese Versorgungsform zu unterstützen. Die Honorierung ist in ihren Grundzügen im Primärversorgungs-Gesamtvertrag zu vereinbaren. Dem Ergebnis der Honorarverhandlungen entsprechend werden die in die Leistungspflicht der Krankenversicherung fallenden an Stelle der durch die Ärztin/den Arzt von Angehörigen anderer Gesundheitsberufe erbrachten Leistungen in der Grund- oder Fallpauschale enthalten sein.

Durch den Hauptverband sind für die Träger der Krankenversicherung mit deren Zustimmung mit der jeweiligen örtlich zuständigen Ärztekammer für das jeweiligen Bundesland bzw. Versorgungsgebiet Honorare sowie Bandbreiten samt Zu- und Abschlägen in regionalen Musterhonorarordnungen vereinbaren, wobei jeweils das Gebot der Objektivität, Transparenz und Nichtdiskriminierung zu beachten ist. Dabei werden auch Richtwerte für den Mindestanteil der Grundpauschale am jeweils durchschnittlich zu erwartenden Gesamthonorar festzusetzen sein, die innerhalb eines Bundeslandes abhängig vom regionalen Umfeld verschieden sein können. Des Weiteren soll darin auch eine Konkretisierung bestimmter Regelungsgegenstände des Primärversorgungs-Gesamtvertrags erfolgen können soweit sich dieser auf die Regelung von bloßen Grundzügen beschränkt. Diese Honorarordnungen sind Teil des Primärversorgungs-Gesamtvertrags nach § 342b Abs. 1 ASVG, sind als gesonderte Teile aber separat vom Hauptverband bzw. der jeweiligen Landesärztekammer zu kündigen ohne dass der rechtliche Bestand des Primärversorgungs-Gesamtvertrags gefährdet wäre.

Im Primärversorgungs-Gesamtvertrag nach § 342b ASVG soll als Übergangsmodell bis zur Implementierung eines gesamtvertraglichen Honorierungssystems im Sinne des § 342b Abs. 3 und 4 ASVG zunächst die Honorierung der ärztlichen Leistungen der Primärversorgungseinheit über ein ausschließliches Pauschalsystem zulässig sein. Damit sollen mögliche betriebswirtschaftliche Risiken oder Unabwägbarkeiten beim Umstieg in neue Versorgungsstrukturen abgedeckt werden. Bei der Festlegung des Pauschalsystems sind für unterschiedliche regionale Gegebenheiten auf nicht-diskriminierender Basis differenzierte Pauschalen vorzusehen. Der Hauptverband hat über den Fortschritt der Verhandlungen für ein Honorierungssystem im Sinne des § 342b Abs. 3 und 4 ASVG dem Bundesministerium für Gesundheit und Frauen halbjährlich zu berichten.

Zu Art. 3 Z 12 bis 14 (§§ 342c ASVG samt Überschrift, 343 Abs. 1b und 1c sowie 708 Abs. 2 ASVG):

§ 342c ASVG legt Regelungen für Primärversorgungseinheiten aufgrund eines Primärversorgungs-Gesamtvertrags nach § 342b ASVG, somit für solche Einheiten, die nicht in Form eines selbständigen Ambulatoriums betrieben werden, fest:

Die künftige Auswahl der Primärversorgungseinheiten soll ausschließlich nach dem in § 14 des Primärversorgungsgesetzes festgelegten Auswahlverfahren erfolgen, weshalb die Verordnung über die Reihungskriterien nach § 343 Abs. 1 und 1a ASVG nicht anzuwenden ist. Der Abschluss des Einzelvertrags obliegt der örtlich in Betracht kommenden Gebietskrankenkasse. Die Sonderversicherungsträger haben gegebenenfalls eigene Verträge abzuschließen.

§ 342c Abs. 4 ASVG enthält jene Gründe, in denen das Vertragsverhältnis ohne Kündigung automatisch erlischt. Liegt ein Grund für das Erlöschen des Vertrags nach den Z 4 bis 7 vor, so kann die Primärversorgungseinheit das Erlöschen verhindern, wenn sie die betreffende Person ausschließt oder binnen 4 Wochen kündigt.

Hinsichtlich der Möglichkeiten der Kündigung des Primärversorgungsvertrags wird Folgendes vorgesehen:

Der Kündigung hat verpflichtend ein Schlichtungsversuch unter Beiziehung der zuständigen Ärztekammer voranzugehen. Der Krankenversicherungsträger kann aus folgenden Gründen kündigen (taxative Aufzählung):

1.      wiederholte nicht unerhebliche oder schwerwiegende Vertrags- oder Berufspflichtverletzungen;

2.      Nichterfüllung der im Primärversorgungsvertrag vereinbarten auf Kosten der Krankenversicherung zu erbringenden Leistungen;

3.      Änderung der Organisation der Primärversorgungseinheit oder des Organisationskonzepts, wenn dies im Widerspruch zu den vereinbarten Planungsvorgaben steht;

4.      Wegfall der dem Auswahlverfahren nach § 14 des Primärversorgungsgesetzes zu Grunde gelegten Voraussetzungen oder wesentliche Änderung derselben, im zweiten Fall dann, wenn innerhalb eines Jahres keine Vertragsänderung zustande kommt.

Das Vertragsverhältnis kann von beiden Teilen unter Einhaltung einer dreimonatigen Kündigungsfrist, zum Ende eines Kalendervierteljahres unter Angabe der Gründe schriftlich gekündigt werden. Im Falle einer Kündigung nach Z 4 aufgrund angepasster Planungsvorgaben im RSG sind die von der Primärversorgungseinheit im Vertrauen auf die Treffsicherheit der Planung eingegangenen Verpflichtungen zu berücksichtigen, indem angemessene finanzielle Abgeltungen geleistet werden oder die Kündigungsfrist in entsprechender Dauer, zumindest im Ausmaß von drei Jahren, einzuhalten ist.

Eine erweiterte Kündigungsmöglichkeit des Primärversorgungsvertrags wird in § 342c Abs. 1 Z 3 ASVG bei grundlegenden Änderungen des Organisationskonzepts vorgesehen, wenn sich diese Änderung als im Widerspruch zu den vereinbarten Planungsvorgaben stehend darstellt.

Wird die Primärversorgungseinheit nicht in der Betriebsform einer Gruppenpraxis oder eines selbständigen Ambulatoriums geführt, so muss nach § 8 Abs. 5 des Primärversorgungsgesetzes auch in diesem Fall die Primärversorgungseinheit über einen Primärversorgungsvertrag verfügen. Die gegebenenfalls von den an der Primärversorgungseinheit teilnehmenden freiberuflich tätigen Ärztinnen und Ärzte abgeschlossenen, aufeinander abgestimmten Primärversorgungs-Einzelverträge, die dem Inhalt des Primärversorgungs-Gesamtvertrags nach § 342b einschließlich der jeweiligen gesamtvertraglichen Honorarvereinbarungen nach § 342b Abs. 4 ASVG zu entsprechen haben, sind integrativer Bestandteil des Primärversorgungsvertrags und vom Bestehen des Primärversorgungsvertrags abhängig. Ein Ende des Primärversorgungsvertrags bewirkt somit auch ein Ende der diesbezüglichen Primärversorgungs-Einzelverträge, nicht aber das Ende eines Primärversorgungs-Einzelvertrags das Ende eines Primärversorgungsvertrags. Der Krankenversicherungsträger kann aber – etwa wenn nur eine Ärztin bzw. ein Arzt einen Kündigungsgrund verwirklicht hat – auch unmittelbar den Primärversorgungs-Einzelvertrag aus den in Abs. 8 Z 1, 2 und 4 genannten Gründen kündigen.

Künftig sollen Einzelverträge nach § 343 ASVG mit Ärztinnen und Ärzten für Allgemeinmedizin für den Fall, dass bei Vertragsabschluss bei Ausschreibung bereits die Planung einer Primärversorgungseinheit im selben Versorgungsgebiet im Regionalen Strukturplan Gesundheit abgebildet ist, unter Einhaltung der Kündigungsfrist nach § 343 Abs. 4 ASVG – unbeschadet der bisherigen Kündigungsgründe – auch dann gekündigt werden dürfen, wenn in weiterer Folge die Ärztin oder Arzt die Beteiligung an einer Primärversorgungseinheit entgegen einer vorvertragliche Zusage – ablehnt (§ 343c Abs. 11 ASVG). Auf das Erfordernis eine solche vorvertragliche Zusage für den Erhalt des Einzelvertrags abgeben zu müssen, ist bereits in der Ausschreibung hinzuweisen. Die Vergabe des Einzelvertrags steht damit bereits vor dem Hintergrund, dass die im RSG vorgesehene Planung die (zukünftige) Bildung einer Primärversorgungseinheit vorsieht, zum Zeitpunkt des Vertragsabschlusses dies jedoch noch nicht möglich ist. Eine derartige Zusage zum Einstieg in eine Primärversorgungseinheit bindet für fünf Jahre, wobei in der Ausschreibung auch abweichende Fristen vereinbart werden können.

Durch § 342c Abs. 12 ASVG wird klargestellt, dass die bisherigen Einzelverträge der Vertragsärztinnen und Vertragsärzte bzw. Vertrags-Gruppenpraxen bei Zusammenschluss zu einer Primärversorgungseinheit erlöschen. Im Fall des Ausscheidens einer/eines freiberuflich tätigen Ärztin oder Arztes aus der Primärversorgungseinheit oder der Auflösung derselben kommt es zu einem Wiederaufleben der vorherigen Einzelverträge. Die Regelung soll allerdings nur unter bestimmten Voraussetzungen (siehe dazu die Übergangsbestimmung des § 706 Abs. 2 ASVG) zeitlich befristet bzw. in weiterer Folge mit Zustimmung der jeweiligen Gebietskrankenkasse und Landesärztekammer zur Anwendung kommen. Im Fall der Kündigung nach § 342c Abs. 8 Z 4 ASVG aus dem Grund des Wegfalls der Voraussetzungen bzw. einer wesentlichen Änderung derselben leben die bisherigen (Gruppenpraxis)Einzelverträge ohne die zuvor genannten Voraussetzungen jedenfalls wieder auf. Auf die wiederaufgelebte Gruppenpraxis sind bei Ausscheiden eines Gesellschafters sodann die Regelungen des § 342a Abs. 3 ASVG anzuwenden. In allen Fällen des Ausscheidens ist allerdings Voraussetzung für das Wiederaufleben des bisherigen Vertrags, das die jeweils vereinbarte Altersgrenze, höchstens das 70. Lebensjahr, noch nicht erreicht wurde.

Im jeweiligen Gesellschaftsvertrag werden Vorkehrungen zu treffen sein, um den fristgerechten Ausschluss einer Gesellschafterin/eines Gesellschafters aus der Primärversorgungseinheit bei Verwirklichung eines Erlöschens- bzw. Kündigungsgrundes nach § 342c Abs. 4 und 8 ASVG zu ermöglichen.

Kommt bis 31. Dezember 2018 für die ärztlichen Leistungen ein Primärversorgungs-Gesamtvertrag nach § 342b Abs. 1 mit Wirksamkeit 1. Juli 2019 nicht zustande oder tritt danach ein vertragsloser Zustand ein, so kann der Hauptverband unter Bedachtnahme auf die Regionalen Strukturpläne Gesundheit (RSG) für die Träger der Krankenversicherung den Primärversorgungs-Gesamtvertrag ersetzende Primärversorgungs-Sondereinzelverträge mit Primärversorgungseinheiten nach § 8 Abs. 4 und 5 des Primärversorgungsgesetzes nach einheitlichen Grundsätzen abzuschließen. Der Primärversorgungs-Sondervertrag ist in einem solchen Fall Teil des Primärversorgungsvertrags. Ein solcher Primärversorgungs-Sondervertrag bedarf der Zustimmung der örtlich in Betracht kommenden Gebietskrankenkasse und der zuständigen Ärztekammer.

In Abweichung von der bisherigen Regelung des § 343 Abs. 1c ASVG, wonach eine stillgelegte Planstelle innerhalb von fünf Jahren ab Freiwerden der Stelle durch eine andere Vertragspartnerin/einen anderen Vertragspartner nicht besetzt werden darf, kann diese Planstelle jedoch in einer Primärversorgungseinheit weitergeführt werden.

Bei der Entscheidung der Landesschiedskommission über den Bedarf der Nachbesetzung einer ärztlichen Planstelle soll künftig auch berücksichtigt werden, ob im jeweiligen RSG für das Versorgungsgebiet eine Primärversorgungseinheit geplant wurde und die Versorgung somit umfassend gewährleistet wird (§ 343 Abs. 1b ASVG).

Zu Art. 7 (§ 8 UbG):

Es kommt zu einer notwendigen Ergänzung im Zusammenhang mit § 8 Abs. 7 PrimVG.

Zu Art. 8 Z 1 (§ 3a Abs. 2 KAKuG):

Es soll klargestellt werden, dass die dreimonatige Frist für die Einleitung eines Vertragsvergabeverfahrens der Sozialversicherung mit der Zustellung der Entscheidung in erster Instanz zu laufen beginnt.

Zu Art. 9 Z 1 (§ 9 Abs. 2 GTelG 2012 – „Organisation des eHealth-Verzeichnisdienstes (eHVD)“):

Primärversorgungseinheiten können in den Formen des § 2 Abs. 5, somit als Gruppenpraxis, selbständiges Ambulatorium oder Netzwerk, eingerichtet werden. Mit dieser Änderung wird klargestellt, dass auch Primärversorgungseinheiten gemäß § 2 Abs. 5 Primärversorgungsgesetz, in den eHealth-Verzeichnisdienst (eHVD) einzutragen sind. Unabhängig davon, ob die einzelnen Gesundheitsdiensteanbieter bereits im eHVD eingetragen wurden. Damit soll auch dem Ziel, dass Primärversorgungseinheiten nach außen einheitlich auftreten sollen, entsprochen werden.

Zu Art. 9 Z 2 (5. Abschnitt GTelG 2012 – „eHealth-Anwendungen“):

Mit dem neu einzufügenden 5. Abschnitt soll eine legistische Grundlage für eHealth-Anwendungen geschaffen werden. Durch die Regelung in einem neuen Abschnitt, getrennt von den anderen Abschnitten dieses Bundesgesetzes, wird klar zum Ausdruck gebracht, dass es sich beispielsweise nicht um ELGA-Anwendungen handelt.

Die erste eHealth-Anwendung, die im Rahmen des neuen 5. Abschnittes geregelt werden soll, ist die eHealth-Anwendung „Primärversorgung“ gemäß § 24a des vorliegenden Entwurfes. Mit Blick auf ELGA unterscheidet sich diese eHealth-Anwendung vor allem hinsichtlich des Adressatenkreises („Gesundheitsdiensteanbieter statt ELGA-Gesundheitsdiensteanbieter“) und hinsichtlich der Datenarten („alle Daten, die im Rahmen der Primärversorgung anfallen statt ELGA-Gesundheitsdaten“). Für alle eHealth-Anwendungen sind die Abschnitte 1 bis 3 sowie 5 aufgrund ihrer allgemeinen (zum Teil datenschutzrechtlichen) Natur und – soweit in der Folge nicht anderes bestimmt ist – anwendbar.

Zu Art. 9 Z 2 (§ 24a GTelG 2012 – „Primärversorgung“):

Mit der vorgeschlagenen Bestimmung sollen insbesondere die datenschutzrechtlichen Aspekte von Primärversorgungseinheiten gemäß PrimVG klargestellt werden. Vorweg ist anzumerken, dass Primärversorgungseinheiten gemäß § 2 Abs. 5 Z 2 PrimVG – im Gegensatz zu jenen nach § 2 Abs. 5 Z 1 PrimVG – keine Auftraggeber iSd § 4 Z 4 DSG 2000 sind. Vielmehr bleiben die einzelnen Gesundheitsdiensteanbieter, die in einem solchen Netzwerk eingebunden sind, datenschutzrechtlicher Auftraggeber während der Betreiber der technischen Infrastruktur als Dienstleister zu qualifizieren ist. Der Grund für diese Regelung liegt in der heterogenen Zusammensetzung von Primärversorgungseinheiten, deren Organisation im Rahmen von Primärversorgungseinheiten gemäß § 2 Abs. 5 Z 2 PrimVG durch die Verwendung von Einzelordinationen einen geringeren Integrationsgrad aufweist. Aufgrund der unterschiedlichen technischen und (berufs)rechtlichen Voraussetzungen der einzelnen Gesundheitsdiensteanbietern in einem solchen Netzwerk, soll die Verpflichtung zur Einhaltung datenschutzrechtlicher Standards sowie die Haftung hierfür beim einzelnen Gesundheitsdiensteanbieter bleiben und – trotz eigener Rechtspersönlichkeit – nicht auf das Netzwerk übergehen.

Ungeachtet dessen sind, im Hinblick auf die Datensicherheit, die im 2. Abschnitt (§§ 3 bis 8) formulierten Maßnahmen verpflichtend umzusetzen (z.B. Verschlüsselung bei der Übermittlung von Daten, eindeutige Identifikation, IT-Sicherheitskonzepte).

Mit Abs. 1 sollen die Berechtigungen, die Gesundheitsdiensteanbieter (§ 2 Z 2 GTelG 2012) aufgrund ihrer Einbindung in eine Primärversorgungseinheit gemäß PrimVG genießen, ausdrücklich festgelegt werden.

So dürfen gemäß Z 1 Gesundheitsdiensteanbieter, die in eine Primärversorgungseinheit gemäß PrimVG eingebunden sind, etwa zur Überprüfung der Identität ihrer Patientinnen und Patienten den Patientenindex (§ 18) verwenden.

Die Weitergabe von Daten (Z 2) im Rahmen von Primärversorgungseinheiten soll als ungerichtete Kommunikation erfolgen. Somit sind – wie bereits oben ausgeführt – u.a. auch die Bestimmungen über ungerichtete Kommunikation, wie insbesondere das Erfordernis der eindeutigen Identifikation gemäß § 4 Abs. 2, anwendbar.

Die Verwendungsbefugnis (Z 3) orientiert sich – vor dem Hintergrund des verfassungsrechtlichen Verhältnismäßigkeitsprinzips – an der bewährten ELGA-Bestimmung des § 14 Abs. 2.

Die Identifikation darf gemäß Z 4 entweder unter sinngemäßer Anwendung des § 18 Abs. 4 oder durch Abfrage des Zentralen Patientenindexes vorgenommen werden.

Vor dem Hintergrund der eigenen Rechtspersönlichkeit von Primärversorgungseinheiten gemäß § 2 Abs. 4 PrimVG, erscheint eine klare Unterscheidung von Verantwortung und Pflichten der Primärversorgungseinheit gemäß § 2 Abs. 5 Z 2 PrimVG sowie der in ihr eingebundenen Gesundheitsdiensteanbieter erforderlich. Diese Klarstellung soll durch Abs. 2 erfolgen.

Die in Z 1 enthaltene, nicht abschließende Aufzählung (arg: „jedenfalls“), legt fest, dass bei Gesundheitsdiensteanbietern, die in eine Primärversorgungseinheit gemäß § 2 Abs. 5 Z 2 PrimVG eingebunden sind, die berufsrechtliche und insbesondere datenschutzrechtliche Verantwortung weiterhin bei den einzelnen Gesundheitsdiensteanbietern liegt. Damit ist nicht nur eine haftungsrechtliche Klarstellung getroffen, sondern u.a. klargestellt, dass Dokumentationsverpflichtungen individuell einzuhalten sind. Als datenschutzrechtliche Pflichten im Sinne dieser Bestimmung sind nicht nur die Bestimmungen des 2. Abschnitts, sondern auch die Bestimmungen des Datenschutzgesetzes 2000 und – soweit anwendbar – zukünftig auch der DSGVO, anzusehen. Diese Regelung betrifft nicht Primärversorgungseinheiten gemäß § 2 Abs. 5 Z 1, da nicht in bereits existierende haftungsrechtliche Regeln zu Gruppenpraxen und selbständigen Ambulatorien eingegriffen werden soll.

Die Löschung von Daten soll nach mindestens zehn Jahren erfolgen (Abs. 2 Z 2). Die Dauer richtet sich nach der Aufbewahrungspflicht gemäß § 51 Abs. 3 ÄrzteG 1998.

Da bei der technischen Umsetzung der eHealth-Anwendung „Primärversorgung“ auf die bestehende IT-Infrastruktur von ELGA zurückgegriffen werden soll, wird in Abs. 3 klargestellt, dass ELGA-Komponenten unter den Voraussetzungen der Z 1 und 2 auch dann für Zweck der eHealth-Anwendung „Primärversorgung“ verwendet dürfen, wenn die Gesundheitsdiensteanbieter keine ELGA-Gesundheitsdiensteanbieter sind.

So ist u.a. faktisch sicherzustellen (Z 1), dass nach dem Austritt von Gesundheitsdiensteanbietern aus einer Primärversorgungseinheit gemäß PrimVG, die Berechtigungen gemäß Abs. 1 nicht mehr ausgeübt werden können, d.h. insbesondere keine Daten mehr zur Verfügung gestellt (Abs. 1 Z 2) bzw. verwendet (Abs. 1 Z 3) werden.

Außerdem wird mit Z 2 klargestellt, dass Gesundheitsdiensteanbieter durch die Einbindung in eine Primärversorgungseinheit gemäß PrimVG diese weder zu ELGA-Gesundheitsdiensteanbietern werden noch auf andere Weise Zugriff auf ELGA im Sinne des 4. Abschnittes erhalten.

Zu Art. 9 Z 4 (§ 28 Abs. 2a GTelG 2012 – „Verordnungsermächtigungen und Weisungsrechte“):

Die Verordnungsermächtigung des Abs. 2a hat den Zweck, kurzfristige Anpassungen und rasche Aktualisierungen zu ermöglichen, wie sie bei technischen Angelegenheiten voraussichtlich notwendig sein werden (vgl. § 28 GTelG 2012). Die organisatorisch-technischen Spezifikationen der Umsetzung haben durch Verordnung der Bundesministerin für Gesundheit und Frauen zu erfolgen, wobei die Kundmachung gemäß § 31d Abs. 3 letzter Satz des Allgemeinen Sozialversicherungsgesetzes, BGBl. Nr. 189/1955, rechtswirksam auch im Internet erfolgen darf.

Wie bereits oben ausgeführt ist die Heranziehung von bereits bestehenden Strukturen und Standards von ELGA naheliegend (Z 1). Um Interoperabilität verschiedener Systeme und eine Mindestqualität der Daten zu gewährleisten, ist in der Verordnung auch die Struktur der standardisierten CDA-Dokumente festzulegen.

Auch die von ELGA bewährte Möglichkeit zur zeitlichen Koordinierung der Anwendung der technisch-organisatorischen Spezifikationen soll mit Z 2 für die eHealth-Anwendung „Primärversorgung“ übernommen werden.

Zu Art. 10 (Änderung des Gesundheits- und Krankenpflegegesetzes)

Die Berufsausübungsregelungen der Pflegeassistenz und Pflegefachassistenz werden an das Primärversorgungsgesetz angepasst.

Zu Art. 11 (Änderung des Hebammengesetzes)

Die Berufsausübungsregelungen für Hebammen müssen auf Grund des Primärversorgungsgesetzes geändert werden. Sie werden an die bereits geltenden Berufsausübungsregelungen für Angehörige der gehobenen medizinisch-technischen Dienste und den gehobenen Dienst für Gesundheits- und Krankenpflege angepasst.

Zu Art. 12 (Änderung des Medizinische Assistenzberufe-Gesetzes)

Die Berufsausübungsregelungen der Medizinischen Assistenzberufe und der Trainingstherapeuten/-innen sowie die Ausbildungsregelungen für die Ordinationsassistenz im Dienstverhältnis werden an das Primärversorgungsgesetz angepasst.

Zu Art. 13 (Änderung des Medizinischer Masseur- und Heilmasseurgesetzes)

Die Berufsausübungsregelungen der Medizinischen Masseure/-innen und Heilmasseure/-innen werden an das Primärversorgungsgesetz angepasst.“

 

Der Gesundheitsausschuss hat den gegenständlichen Initiativantrag in seiner Sitzung am 21. Juni 2017 in Verhandlung genommen. Gemäß § 37 Abs. 2 GOG-NR beschloss der Ausschuss einstimmig Abgeordneten Dr. Marcus Franz zur Teilnahme an der Sitzung mit beratender Stimme beizuziehen. An der Debatte beteiligten sich außer der Berichterstatterin Abgeordneten Ulrike Königsberger-Ludwig die Abgeordneten Dr. Marcus Franz, Dr. Andreas F. Karlsböck, Johann Hechtl, Dr. Eva Mückstein, Mag. Gerald Loacker, Dr. Erwin Rasinger, Gabriele Heinisch-Hosek, Ulrike Weigerstorfer, Mag. Helene Jarmer, Karl Öllinger, Ing. Markus Vogl und Dr. Franz-Joseph Huainigg sowie die Bundesministerin für Gesundheit und Frauen Dr. Pamela Rendi-Wagner, MSc und die Ausschussobfrau Abgeordnete Dr. Dagmar Belakowitsch-Jenewein.

Im Zuge der Debatte haben die Abgeordneten Ulrike Königsberger-Ludwig und Dr. Erwin Rasinger einen Abänderungsantrag eingebracht, der wie folgt begründet war:

„Zu Art. 1, Art. 2 lit. a) bis e) und g) bis i) und Art. 9:

Es werden redaktionelle Bereinigungen vorgenommen.

Zu lit. f):

Es wird klargestellt, dass der Hauptverband einen Primärversorgungs-Sondervertrag nur mit Zustimmung des Krankenversicherungsträgers, für den er abgeschlossen wird, abschließen kann, wobei nach der Grundkonzeption des Primärversorgungsgesetzes die jeweilige Gebietskrankenkasse jedenfalls Vertragspartner der Primärversorgungseinheit sein muss.“

Bei der Abstimmung wurde der Gesetzentwurf unter Berücksichtigung des oben erwähnten Abänderungsantrages der Abgeordneten Ulrike Königsberger-Ludwig und Dr. Erwin Rasinger mit Stimmenmehrheit (dafür: S, V dagegen: F, G, N, T) beschlossen.

Ferner beschloss der Gesundheitsausschuss mit Stimmenmehrheit (dafür: S, V dagegen: F, G, N, T) folgende Feststellung:

Der Gesundheitsausschuss geht davon aus, dass es neben neuen Rahmenbedingungen durch ein Primärversorgungsgesetz auch weiterer Maßnahmen bedarf, um die flächendeckende wohnortnahe hausärztliche Versorgung auch künftig zu sichern.

Ein solches Paket soll Maßnahmen vom Studium bis zu den versorgungspolitischen Rahmenbedingungen umfassen und die Aufwertung der Allgemeinmedizin zum Ziel haben:

-       Bessere Verankerung von Allgemeinmedizin im Studium der Humanmedizin, durch Einrichtung eines Lehrstuhls für Allgemeinmedizin an jeder Medizinischen Universität und durch bessere Integration der Allgemeinmedizin in die Studienpläne sowie verpflichtende Praktika in Hausarztordinationen im Klinisch Praktischen Jahr.

-       Evaluierung der Ausbildung von Ärztinnen und Ärzten, im Hinblick die nachhaltige Sicherstellung der Attraktivität der Allgemeinmedizin. Das betrifft insbesondere

             - Verschränkungen zwischen Klinisch Praktischem Jahr, Basisausbildung („Common Trunk“) sowie der weiteren Ausbildung zum/zur Allgemeinmediziner/Allgemeinmedizinerin

             - die Inhalte sowie die Dauer der Ausbildung oder einzelner ihrer Bestandteile

-       Monitoring der Ausbildungsplätze im Hinblick auf den künftig zu erwartenden Ärztebedarf. Durch Landesgesetze soll sichergestellt werden, dass Turnusplätze für Allgemeinmedizin an allen öffentlichen Krankenanstalten entsprechend dem zu erwartenden Ersatzbedarf an Allgemeinmedizinern und Allgemeinmedizinerinnen zur Verfügung stehen. Hiebei ist auch zu berücksichtigen, dass nur ein Teil der ausgebildeten AllgemeinmedizinierInnen dem öffentlichen Gesundheitswesen zur Verfügung stehen wird.

-       Sicherstellen der Finanzierung von Lehrpraxen und Prüfung der Möglichkeit, dass die Lehrpraxis auch parallel zu Spitals-Turnusausbildung absolviert werden kann, bis spätestens Anfang des Jahres 2018

-       Umsetzung einer wohnortnahen Planung von allgemeinmedizinischen Kassenplanstellen und Primärversorgungsstrukturen mit dem Ziel, eine flächendeckende Versorgung unter Berücksichtigung von Demographie und Erreichbarkeit auch in Zukunft zu sichern.

-       Entlastung von Bürokratie, effektive Unterstützung durch Informations- und Kommunikationstechnologien (Einsatz von ELGA und eMedikation)

-       Umsetzung von flexibleren Vertragsmodellen im Rahmen der Gesamtverträge (z.B. Übergangspraxen vor Pensionierung, Jobsharing-Praxen)

-       Entwicklung von Honorierungsmodellen in der Allgemeinmedizin, die Ergebnis- und Servicequalität fördern und attraktive Rahmenbedingungen für besondere Betreuungsbedarfe bieten (z.B. Disease Management Programme)

-       Bedarfsgerechte Ordinations- und Öffnungszeiten, inklusive Tagesrandzeiten bzw. Wochenende (mindestens fünf Tage, 20 Stunden pro Woche).

Weiters geht der Gesundheitsausschuss davon aus, dass zusätzlich zu den mit dem GRUG 2017 beschlossenen Rahmenbedingungen weitere Maßnahmen gesetzt werden, um die betroffenen Berufsgruppen (AllgemeinmedizinerInnen und andere Gesundheitsberufe) beim Etablieren neuer Formen der Zusammenarbeit zu unterstützen. Dazu zählen insbesondere

-       die Schaffung einer Gründerinitiative für Primärversorgungseinheiten

-       die Ermöglichung von rechtlich abgesicherten multiprofessionellen Kooperationsformen der Gesundheitsberufe, unabhängig von der Organisations- oder Betriebsform

-       die Prüfung der Möglichkeit der Anstellung von ÄrztInnen bei ÄrztInnen in Primärversorgungseinheiten einschließlich der dafür erforderlichen rechtlichen Rahmenbedingungen.

Als Ergebnis seiner Beratungen stellt der Gesundheitsausschuss somit den Antrag, der Nationalrat wolle dem angeschlossenen Gesetzentwurf die verfassungsmäßige Zustimmung erteilen.

Wien, 2017 06 21

                     Ulrike Königsberger-Ludwig                                   Dr. Dagmar Belakowitsch-Jenewein

                                 Berichterstatterin                                                                           Obfrau