383 der Beilagen zu den Stenographischen Protokollen des Nationalrates XXV. GP

 

Bericht

des Budgetausschusses

über die Regierungsvorlage (271 der Beilagen): Beschluss des Rates vom 26. Mai 2014 über das Eigenmittelsystem der Europäischen Union

Der Beschluss des Rates Nr. 2014/335/EU, Euratom über das Eigenmittelsystem der Europäischen Union (Eigenmittelbeschluss 2014), ABl. Nr. L 168 vom 07.06.2014, S. 105, ist ein Beschluss zur Festlegung von Bestimmungen über das System der Eigenmittel der Europäischen Union, der erst nach Zustimmung der Mitgliedstaaten im Einklang mit ihren jeweiligen verfassungsrechtlichen Vorschriften in Kraft tritt. Gemäß Art. 23i Abs. 3 zweiter Satz B-VG bedarf dieser Beschluss der Genehmigung des Nationalrats.

Die Eigenmittel werden aus dem Bundeshaushalt an den Gesamthaushalt der EU abgeführt und die daraus dem Bund erwachsenden Lasten im Sinne des § 9 Abs, 3 FAG 2008 durch die Länder und Gemeinden mitgetragen.

Die Grundsätze der Finanzierung des EU-Gesamthaushaltes

Art. 311 AEUV legt die Kernelemente des EU-Eigenmittelsystems fest, z. B. dass der Haushalt („Gesamthaushaltsplan der Europäischen Union“) unbeschadet der sonstigen Einnahmen vollständig aus Eigenmitteln finanziert wird. Die Union kann sich jedoch auch mit den erforderlichen Mitteln ausstatten, um ihre Ziele zu erreichen und ihre Politik durchführen zu können (Art. 311 Abs. 2). Art. 310 Abs. 1 UA 2 AEUV fordert, dass der EU-Haushalt ausgeglichen sein muss. Art. 17 der Haushaltsordnung (Verordnung (EU, Euratom) Nr. 966/2012 über die Haushaltsordnung für den Gesamthaushaltsplan der Union und zur Aufhebung der Verordnung (EG, Euratom) Nr. 1605/2002 des Rates, ABl. Nr. L 298 vom 26.10.2012 S. 1, zuletzt geändert durch die VO (EU, Euratom) Nr. 547/2014, ABl. Nr. L 163 vom 29.05.2014 S. 18) legt fest, dass die Union und die Einrichtungen im Sinne des Artikels 208 nicht befugt sind, im Rahmen des Haushalts Kredite aufzunehmen („Grundsatz des Haushaltsausgleichs“).

Mit dem Recht auf eigene Mittel wird die finanzielle Unabhängigkeit der EU gegenüber den Mitgliedstaaten begründet. Die Einnahmen der EU werden nicht durch Finanzbeiträge (etwa wie Beiträge zu internationalen Organisationen) aufgebracht; vielmehr soll die EU bei der Finanzierung ihres Haushaltes unmittelbar auf eigene Einnahmen zugreifen können. Dieser Zugriff auf nationale Mittel erfolgte bisher stets unter wesentlicher Einbindung der Mitgliedstaaten, insbesondere dadurch, dass die Einhebung bzw. Abfuhr der Mittel nur durch Organe der Mitgliedstaaten erfolgt.

Der Vollzug der Eigenmitteleinnahmen

Die Aufbringung und Abfuhr der Eigenmitteleinnahmen erfordert vielfältige Vollzugshandlungen; an diesen sind primär die Mitgliedstaaten, aber auch die Europäischen Kommission (EK) beteiligt: Das materielle Recht für die Erhebung der traditionellen Eigenmittel – Zölle und Zuckerabgaben – ist ausschließlich EU-Recht. (Die Ertragshoheit an diesen Abgaben ist abgestuft: Die Leistung der Abgaben erfolgt ausschließlich an den Mitgliedstaat; die Abfuhr der traditionellen Eigenmittel an die EU obliegt dem Mitgliedstaat und erfolgt – nach Abzug einer Einhebungsvergütung – teils auf Basis der festgestellten [d.h. vorgeschriebenen], teils der tatsächlich eingehobenen Abgaben. Die diesbezüglichen Durchführungsvorschriften der Mitgliedstaaten ergehen gemäß Art. 8 des Eigenmittelbeschlusses; vgl. die Erläuterungen zu Art. 8).

Das Mehrwertsteuerrecht und die Erfassung des Bruttonationaleinkommens sind Gegenstand von harmonisierten EU-Vorschriften.

In Bezug auf die Vollziehung des Eigenmittelrechtes kommen der EK und dem Rat weitgehende Informations- und Kontrollrechte zu.

Die Erzeugung der Rechtsgrundlagen für die Eigenmittel wird in Art. 311 Abs. 3 AEUV geregelt: Der Rat erlässt gemäß einem besonderen Gesetzgebungsverfahren einstimmig und nach Anhörung des Europäischen Parlaments einen Beschluss, mit dem die Bestimmungen über das System der Eigenmittel der Union festgelegt werden.

Die Eigenmittelvorschriften der EU unterliegen einer kontinuierlichen Weiterentwicklung. Die erste Regelung stammt aus dem Jahr 1970 und sah Agrarabschöpfungen, Zölle und eine an der Mehrwertsteuer orientierte Finanzierungsquelle vor. Dieses System gelangte erst ab 1980 zur vollständigen Anwendung, sodass das Finanzierungsgebot gemäß Art. 269 Abs. 2 EG-Vertrag erst relativ spät erfüllt wurde. Eine Weiterentwicklung dieses Systems erfolgte mit 1985, 1988 und 1994 gefassten Beschlüssen des Rates.

Der Vertrag über die Arbeitsweise der Europäischen Union (Art. 311 AEUV) ermöglicht die Schaffung neuer Kategorien von Eigenmitteln bzw. Abschaffung bestehender. Darüberhinaus sieht er die Möglichkeit von Durchführungsmaßnahmen zum Eigenmittelsystem vor, soferne dies im EMB so geregelt ist (vgl. Art. 9 EMB 2014). Die Annahme einer derartigen Durchführungsverordnung des Rates erfordert gemäß Art. 311 Abs. 4 AEUV die Zustimmung des Europäischen Parlamentes.

Der derzeit noch geltende EMB aus dem Jahr 2007 soll durch den EMB 2014 abgelöst werden.

Derzeit geltende Rechtslage

Der derzeit geltende Eigenmittelbeschluss Nr. 2007/436/EG, Euratom, ABl. Nr. L 163 vom 23.06.2007 S. 17 sowie BGBl. III Nr. 40/2009 (EMB 2007), beruht auf den Schlussfolgerungen des Europäischen Rates von Brüssel (15./16. Dezember 2005) und sah gegenüber dem Beschluss aus 2000 insbesondere folgende Neuerungen vor:

Festsetzung eines fixen Abrufsatzes für die Mehrwertsteuer-Eigenmittel iHv 0,30% der begrenzten MwSt-Bemessungsgrundlagen der Mitgliedstaaten aus Gründen der Transparenz und Vereinfachung;

Reduktion des MwSt-Abrufsatzes für Niederlande und Schweden auf 0,10%, Deutschland auf 0,15% und Österreich auf 0,225% für 2007-2013;

Reduktion der jährlichen BNE-Beiträge für Niederlande um 605 Mio. € und Schweden um 150 Mio. € für 2007-2013;

Reduktion der VK-Korrektur durch Beteiligung des VK an den Erweiterungskosten. In der Periode 2007-2013 soll diese Reduktion maximal 10,5 Mrd. € betragen.

Der neue Eigenmittelbeschluss

Die Beschlüsse des Europäischen Rates vom 7./8.Februar 2013

In seiner politischen Einigung über den Finanzrahmen 2014-2020 (Verordnung (EU, Euratom) Nr. 1311/2013 zur Festlegung des mehrjährigen Finanzrahmens für die Jahre 2014–2020, ABl. Nr. L 347vom 20.12.2013, S. 884) beschloss der Europäische Rat folgende einnahmenseitigen Änderungen:

vorübergehende (2014-2020) Reduktion des MwSt-Abrufsatzes auf 0,15% für Niederlande, Schweden und Deutschland;

vorübergehende (2014-2020) Reduktion der jährlichen BNE-Beiträge für Niederlande um 695 Mio. €, Schweden um 185 Mio. € und Dänemark um 130 Mio.€;

Reduktion des BNE-Beitrags für Österreich im Jahr 2014 um 30 Mio.€, im Jahr 2015 um 20 Mio. € und im Jahr 2016 um 10 Mio. €;

Reduktion der Einhebungsvergütung bei den traditionellen Eigenmitteln von 25% auf 20%.

Darüber hinaus wird der Rat aufgefordert, die Arbeit an dem EK-Vorschlag für eine neue Eigenmittelkategorie auf der Grundlage der Mehrwertsteuer fortzusetzen. Des Weiteren werden die an der verstärkten Zusammenarbeit im Bereich der Finanztransaktionssteuer teilnehmenden Mitgliedstaaten ersucht zu prüfen, ob diese die Grundlage für eine neue Eigenmittelkategorie für den EU-Haushalt werden könnte.

Die formalen Vorschläge für einen neuen Eigenmittelbeschluss

Zur Umsetzung der politischen Beschlüsse des Europäischen Rates vom 7./8. Februar 2013 legte die Ratspräsidentschaft in Abänderung des EK-Vorschlages KOM (2011) 739 vom 9. November 2011 mehrere weitere Vorschläge vor. Darüber hinaus erhielt der Rat von den Dienststellen der EK im November 2013 das Arbeitsdokument „Berechnung, Finanzierung, Zahlung und Einstellung der Korrektur der Haushaltsungleichgewichte in den Haushaltsplan gemäß den Art. 4 und 5 des Beschlusses des Rates über das System der Eigenmittel der Europäischen Union“ über die Korrektur der Haushaltsungleichgewichte, welches das entsprechende Arbeitspapier aus dem Jahr 2007 ersetzen sollte.

Ratsberatungen; Europäisches Parlament

Zum Vorschlag der EK nahmen der Europäische Rechnungshof (ABl. Nr. C 112 vom 18.04.2012 S. 1); der Wirtschafts- und Sozialausschuss (ABl. Nr. C 181 vom 21.06.2012 S. 45) sowie das Europäische Parlament Stellung (Entschließung P7-TA-Prov(2014)0432 vom 16. April 2014).

Nach mehr als einjähriger Beratung auf Ratsebene konnte im Juni 2013 eine politische Einigung zum Rechtstext sowie dem Arbeitsdokument gefunden werden. Förmlich angenommen hat der Rat den Eigenmittelbeschluss auf seiner Tagung am 26. Mai 2014.

Finanzielle Auswirkungen

Verglichen mit der letzten Finanzperiode 2007-2013 wird der jährliche österreichische EU-Beitrag gemessen am Bruttonationaleinkommen (BNE) in der neuen Finanzperiode 2014-2020 voraussichtlich durchschnittlich von rd. 0,83% auf rd. 0,85% anwachsen. Dies kann sich jedoch aufgrund der für 2016 vorgesehenen Überprüfung des mehrjährigen Finanzrahmens ändern. Zurückzuführen ist der erwartete Anstieg sowohl auf die einnahmenseitigen Veränderungen im neuen Eigenmittelbeschluss als auch die geplante Entwicklung der Ausgaben gemäß Finanzrahmen 2014-2020 (siehe Verordnung (EU, Euratom) Nr. 1311/2013 zur Festlegung des mehrjährigen Finanzrahmens für die Jahre 2014-2020).

Vergleich alter und neuer Finanzrahmen (in laufenden Preisen)

 

 

Jahresdurchschnitt

Periode

2007-2013

Jahresdurchschnitt

Periode

2014-2020

 

 

 

Beitrag (MwSt&BNE) p.a. in Mio. €

2.400

3.100

Beitrag in % des BNE

0,83%

0,85%

Quelle: Schätzungen BMF

 

 

Der Budgetausschuss hat die gegenständliche Regierungsvorlage in seiner Sitzung am 26. November 2014 in Verhandlung genommen. An der Debatte beteiligten sich im Anschluss an die Ausführungen des Berichterstatters Abgeordneten Ing. Mag. Hubert Kuzdas der Abgeordnete Mag. Bruno Rossmann sowie der Bundesminister für Finanzen Dr. Johann Georg Schelling.

Bei der Abstimmung wurde mit Stimmenmehrheit (dafür: S, V dagegen: F, G, T, N) beschlossen, dem Nationalrat die Genehmigung des gegenständlichen Beschlusses des Rates gemäß Art. 23i Abs. 3, 2. Satz B­VG zu empfehlen.

Als Ergebnis seiner Beratungen stellt der Budgetausschuss somit den Antrag, der Nationalrat wolle beschließen:

Der Beschluss des Rates vom 26. Mai 2014 über das Eigenmittelsystem der Europäischen Union (271 der Beilagen) wird gemäß Art. 23i Abs. 3, 2. Satz B­VG genehmigt.

Wien, 2014 11 26

                         Ing. Mag. Hubert Kuzdas                                                        Gabriele Tamandl

                                   Berichterstatter                                                                            Obfrau