416 der Beilagen zu den Stenographischen Protokollen des Nationalrates XXV. GP

 

Bericht

des Ausschusses für Arbeit und Soziales

über den Antrag 775/A(E) der Abgeordneten Mag. Judith Schwentner, Kolleginnen und Kollegen betreffend Studie zur Situation pflegender Angehöriger

Die Abgeordneten Mag. Judith Schwentner, Kolleginnen und Kollegen haben den gegenständlichen Entschließungsantrag am 19. November 2014 im Nationalrat eingebracht und wie folgt begründet:

„Mehr als 80 Prozent der pflegebedürftigen Menschen werden in Österreich zu Hause durch Angehörige gepflegt. Rund 58% der pflegebedürftigen Menschen werden sogar ausschließlich von Angehörigen betreut und gepflegt (BMASK 2012). Geschätzte 500.000 Menschen pflegen ihre Angehörigen, darunter auch rund 42.700 Kinder und Jugendliche zwischen 5 und 18 Jahren (Nagl-Cupal et. al, 2012). Noch immer wird diese oft sehr belastende Aufgabe überwiegend von weiblichen Angehörigen übernommen.

Ohne das hohe Engagement pflegender Angehöriger wäre unser Pflegesystem weder finanzierbar noch organisierbar. Angehörige sind nach wie vor der größte Pflege- und Betreuungsdienst. Der materielle Wert der informellen und unbezahlten Pflege wird auf knapp 3 Mrd. € geschätzt (Schneider, Österle, 2003) und liegt damit in der Größenordnung der Ausgaben für das Bundespflegegeld (2013: 2,47 Milliarden). Der Staat erspart sich hier massive Kosten und sollte daher zumindest einen namhaften Teil dieses Geldes für die Unterstützung, fachliche Betreuung und Entlastung von pflegenden Angehörigen investieren. Angehörige sind eine Ressource deren Erhaltung absolute Priorität verlangt.

Die lange und intensive Betreuung von pflegebedürftigen Menschen bringt deren Angehörige oftmals an die Grenzen ihrer körperlichen und seelischen Belastbarkeit. Aus der Studie ‚Situation Pflegender Angehörige‘ (ÖBIG im Auftrag des BMSK) aus dem Jahr 2005 geht hervor, dass pflegende Angehörige häufiger krank sind als die Durchschnitts-bevölkerung. Mehr als zwei Drittel äußern eine gelegentliche sowie permanente Überbelastung bei ihrer Betreuungs- und Pflegearbeit. 70 Prozent macht die körperliche Belastung zu schaffen, die sich aus der Pflege ergibt. Als seelisch belastend wird vor allem das hohe Maß an Verantwortung und die Aussichtslosigkeit der Situation erlebt.

Mit der Studie ‚Kinder und Jugendliche als pflegende Angehörige‘ aus dem Jahr 2013 vom Institut für Pflegewissenschaft ist es gelungen die spezielle Situation von pflegenden Kindern zu beleuchten. Die Pflegesituation hat auf Kinder vor allem einen körperlichen Einfluss (z.B. Müdigkeit, Schlafprobleme, Rücken- und Kopfschmerzen), aber psychische und schulische Auswirkungen.

Seit der Durchführung der letzten umfassenden Studie zur Situation Pflegender Angehöriger im Jahr 2005 sind beinahe 10 Jahre vergangen. Seit dieser Untersuchung wurden neue Instrumente zur Unterstützung der Angehörigenpflege wie die Pflegekarenz sowie Pflegeteilzeit eingeführt. Es wurden jedoch auch Maßnahmen gesetzt, die den Interessen der Pflegebedürftigen sowie ihrer Angehörigen deutlich zu wider laufen. So wurde 2011 der Zugang zu den Pflegegeldstufen 1+2 deutlich erschwert und soll, so ein derzeitiger Entwurf, ab 1.1.2015 erneut hinaufgesetzt werden. Diese Maßnahme ist keine nachhaltige Sicherung der Finanzierung der Pflege, sondern verschlechtert die Situation pflegender Angehöriger enorm. Es wird für pflegebedürftige Menschen zunehmend schwieriger in den Pflegegeldbezug zu kommen. Der Druck auf Angehörige, diese Lücke füllen zu müssen, wird zunehmend steigen.

Im Lichte aktueller Entscheidungen ist es angebracht, die Situation pflegender Angehöriger nach 10­jähriger Pause erneut wissenschaftlich zu untersuchen und die Auswirkungen der zuletzt ergriffenen Maßnahmen für Angehörigenpflege zu eruieren.“

 

Der Ausschuss für Arbeit und Soziales hat den gegenständlichen Entschließungsantrag in seiner Sitzung am 3. Dezember 2014 in Verhandlung genommen. An der Debatte beteiligten sich außer der Berichterstatterin Abgeordneten Mag. Judith Schwentner die Abgeordneten Herbert Kickl, August Wöginger, Mag. Helene Jarmer, Johann Hechtl, Mag. Gerald Loacker, Ulrike Königsberger­Ludwig, Ing. Waltraud Dietrich und Ing. Norbert Hofer sowie der Bundesminister für Arbeit, Soziales und Konsumentenschutz Rudolf Hundstorfer.

Bei der Abstimmung fand der gegenständliche Entschließungsantrag keine Mehrheit (für den Antrag: F, G, T, N dagegen: S, V).

Zur Berichterstatterin für den Nationalrat wurde Abgeordnete Mag. Gertrude Aubauer gewählt.

Als Ergebnis seiner Beratungen stellt der Ausschuss für Arbeit und Soziales somit den Antrag, der Nationalrat wolle diesen Bericht zur Kenntnis nehmen.

Wien, 2014 12 03

                          Mag. Gertrude Aubauer                                                          Josef Muchitsch

                                 Berichterstatterin                                                                          Obmann