610 der Beilagen zu den Stenographischen Protokollen des Nationalrates XXV. GP

 

Bericht

des Ausschusses für innere Angelegenheiten

über die Regierungsvorlage (582 der Beilagen): Bundesgesetz, mit dem das BFA-Einrichtungsgesetz, das BFA-Verfahrensgesetz, das Asylgesetz 2005, das Fremdenpolizeigesetz 2005, das Niederlassungs- und Aufenthaltsgesetz und das Grundversorgungsgesetz – Bund 2005 geändert werden (Fremdenrechtsänderungsgesetz 2015 – FrÄG 2015)

Mit der Regierungsvorlage sollen die fremdenrechtlichen Materiengesetze vorrangig an die Vorgaben zweier EU-Richtlinien, einerseits der Richtlinie 2013/32/EU zu gemeinsamen Verfahren für die Zuerkennung und Aberkennung des internationalen Schutzes (Neufassung), ABl. Nr. L 180 vom 29.06.2013 S. 60 (im Folgenden: Neufassung der Verfahrensrichtlinie) und andererseits der Richtlinie 2013/33/EU zur Festlegung von Normen für die Aufnahme von Personen, die internationalen Schutz beantragen (Neufassung), ABl. Nr. L. 180 vom 29.06.2013 S. 96 (im Folgenden: Neufassung der Aufnahmerichtlinie) angepasst. Darüber hinaus werden die begleitenden legistischen Maßnahmen für die Umsetzung der Einigung des Bundes und der Länder betreffend die flexible Steuerung bei der Aufnahme und Betreuung von Asylwerbern entsprechend dem Beschluss der Landeshauptleute-Konferenz vom 18. November 2014 (im Folgenden: das gemeinsame Konzept des Bundes und der Länder) getroffen.

Das Hauptziel der Neufassung der Verfahrensrichtlinie ist die Schaffung von Regelungen für ein gemeinsames Verfahren über die Zuerkennung und die Aberkennung des internationalen Schutzes im Hinblick auf die Einführung eines gemeinsamen Asylverfahrens in der EU gemäß der Richtlinie 2011/95/EU über Normen für die Anerkennung von Drittstaatsangehörigen oder Staatenlosen als Personen mit Anspruch auf internationalen Schutz, für einen einheitlichen Status für Flüchtlinge oder für Personen mit Anrecht auf subsidiären Schutz und für den Inhalt des zu gewährenden Schutzes (Neufassung) (im Folgenden: Statusrichtlinie), ABl. Nr. L 348 vom 20.12.2008 S. 9. Diese Richtlinie stellt eine Neufassung der Richtlinie 2005/85/EG dar und erfordert vor allem Änderungen des Asylgesetzes 2005 (AsylG 2005) und des BFA-Verfahrensgesetzes (BFA-VG). Die Neufassung der Aufnahmerichtlinie bezweckt die Festlegung von Normen für die Aufnahme von Personen, die internationalen Schutz beantragen und stellt eine Neufassung der Richtlinie 2003/9/EG dar. Die Umsetzung dieser Richtlinie erfolgt durch Adaptierungen insbesondere des Fremdenpolizeigesetzes 2005 (FPG), des Grundversorgungsgesetzes – Bund 2005 (GVG–B 2005), des AsylG 2005 und des BFA-VG.

Das gemeinsame Konzept des Bundes und der Länder bedingt u.a. umfassende Änderungen im Zulassungsverfahren, nämlich einen Entfall der Einschränkung und der Konzentration des Zulassungsverfahrens auf die Erstaufnahmestellen, eine Neuregelung der Vorführungsbestimmungen sowie die Einführung der Anordnungsbefugnis des Bundesamtes betreffend die weitere Vorgangsweise nach Antragstellung auf internationalen Schutz. Für diese erforderlichen flankierenden legistischen Maßnahmen zur Umsetzung sind Anpassungen im BFA-VG, BFA-Einrichtungsgesetz (BFA-G), AsylG 2005 sowie GVG–B 2005 erforderlich.


 

BFA-Einrichtungsgesetz

Im BFA-G werden nur geringfügige terminologische Anpassungen vorgenommen.

BFA-Verfahrensgesetz

In Umsetzung europarechtlicher Vorgaben der Neufassungen der Verfahrens- und Aufnahmerichtlinie wird der Katalog an Tatbeständen betreffend die Aberkennung der aufschiebenden Wirkung einer Beschwerde entsprechend adaptiert und die Rechtsberatung vor dem Bundesverwaltungsgericht um die Beratung betreffend Entscheidungen nach dem GVG-B 2005 sowie um die Teilnahme an der Verhandlung erweitert. Überdies werden die Regelungen zur Rückkehrberatung überarbeitet und aus systematischen Gründen aus dem AsylG 2005 herausgelöst und in das BFA-VG übernommen.

Im Hinblick auf das gemeinsame Konzept des Bundes und der Länder werden vor allem die Bestimmungen der §§ 42 – 44 überarbeitet, wodurch insbesondere die „automatische“ Vorführung vor die Erstaufnahmestelle nach Antragstellung vor einem Organ des öffentlichen Sicherheitsdienstes oder einer Sicherheitsbehörde entfällt und eine Anordnungsbefugnis des Bundesamtes betreffend die weitere Vorgangsweise nach Antragstellung auf internationalen Schutz aufgenommen wird.

Die Regelungen zum Beschwerdeverfahrensrechts bei Festnahme, Anhaltung und Schubhaft werden entsprechend dem VfGH Erkenntnis, G 151/2014, adaptiert und damit das seit Anfang der 90er-Jahre geltende Rechtsschutzsystem der Schubhaftbeschwerde im Wesentlichen fortgeführt..

Asylgesetz 2005

Den Vorgaben der Neufassung der Verfahrensrichtlinie entsprechend wird für bestimmte Sachverhaltskonstellationen die Möglichkeit der Führung eines beschleunigten Verfahrens (§ 27a) eingeräumt sowie die Eigenschaft einer Person als Opfer von Gewalt und damit die Zugehörigkeit zum von § 30 erfassten Personenkreis präzisiert.

Entsprechend den unionsrechtlichen Regelungen wird die Gewährung von internationalem Schutz von Amts wegen um die Möglichkeit der amtswegigen Erteilung des Status des subsidiär Schutzberechtigten erweitert.

Des Weiteren werden zur Umsetzung des gemeinsamen Konzeptes des Bundes und der Länder die Bestimmungen zum Zulassungsverfahren geändert, insbesondere entfällt die Einschränkung und Konzentration des Zulassungsverfahrens auf die Erstaufnahmestelle (Zulassungsverfahren werden künftig gleichermaßen auch in den Regionaldirektionen des Bundesamtes geführt) und die Regelungen zur Antragstellung und Einbringung sowie zur Ausstellung einer Verfahrenskarte werden adaptiert.

Fremdenpolizeigesetz 2005

Im FPG werden entsprechend der Neufassung der Aufnahmerichtlinie, den Vorgaben der Richtlinie 2008/115/EG über gemeinsame Normen und Verfahren in den Mitgliedstaaten zur Rückführung illegal aufhältiger Drittstaatsangehöriger, ABl. L 348 vom 24.12.2008, S. 98 (im Folgenden: Rückführungsrichtlinie), der Dublin-Verordnung sowie der Judikatur der Höchstgerichte die Bestimmungen zur Schubhaft gänzlich neu gefasst. Aufgrund jüngster Judikatur des Europäischen Gerichtshofes (EuGH) besteht zudem ein Änderungsbedarf bei den Regelungen zum Vollzug der Schubhaft. Daneben erfolgt eine weitere Harmonisierung der Begrifflichkeiten und Bestimmungen für „nationale“ Visa D und Schengenvisa (Visa C), wie beispielsweise betreffend die Erteilung von Visa D an der Außengrenze (§ 24b). Im Sinne der Judikatur des EuGH wird klargestellt, dass Drittstaatsangehörige, die im Besitz eines gültigen Aufenthaltstitels eines anderen Schengen-Mitgliedstaates sind, kein zusätzliches Visum für die Erbringung der vorübergehenden Arbeitsleistung in Österreich benötigen.

Des Weiteren wird für die Organe des öffentlichen Sicherheitsdienstes die Möglichkeit eingeführt, für bestimmte Verwaltungsübertretungen ein Organstrafmandat einzuheben. Zusätzlich wird eine explizite Bestimmung zur Ausübung von Befehls- und Zwangsgewalt bei Abschiebungen an Bord von Luftfahrzeugen aufgenommen.

Niederlassungs- und Aufenthaltsgesetz

Im NAG erfolgen Anpassungen an unionsrechtliche Vorgaben und an die Judikatur des Verwaltungsgerichtshofes sowie Anpassungen im Zusammenhang mit der Verwaltungsgerichtsbarkeit (z.B. Klarstellung bei der örtlichen Zuständigkeit im Beschwerdeverfahren; Aussetzung des Verfahrens).

Grundversorgungsgesetz – Bund 2005

Entsprechend den Vorgaben der Neufassung der Aufnahmerichtlinie wird bei der Aufnahme in die Bundesbetreuung ein allfälliger besonderer Schutzbedarf der Asylwerber erhoben und der Betreuungsbedarf danach ausgerichtet. Auch werden die Tatbestände betreffend den Ausschluss von der Grundversorgung an das Unionsrecht angepasst. Hinsichtlich des gemeinsamen Konzepts des Bundes und der Länder werden für eine entsprechende Umsetzung auch in Bezug auf die Grundversorgung erforderliche Adaptierungen vorgenommen.

 

Der Ausschuss für innere Angelegenheiten hat die gegenständliche Regierungsvorlage in seiner Sitzung am 7. Mai 2015 in Verhandlung genommen.

Im Zuge der Verhandlungen fand ein Expertenhearing statt bei dem folgende Experten vom Ausschuss gehört wurden: Mag. Georg Bürstmayr, Dr. Gerhard Hesse, Mag. Christoph Riedl und Mag. Wolfgang Taucher.

An der Debatte beteiligten sich im Anschluss an die Ausführungen des Berichterstatters Abgeordneten Nikolaus Prinz die Abgeordneten Rudolf Plessl, Mag. Johannes Rauch, Mag. Michaela Steinacker, Dr. Walter Rosenkranz, Mag. Alev Korun, Christoph Hagen, Dr. Nikolaus Scherak, Ulrike Königsberger-Ludwig, Mag. Michael Hammer, Dr. Dagmar Belakowitsch-Jenewein sowie die Bundesministerin für Inneres Mag. Johanna Mikl-Leitner.

 

Ein Vertagungsantrag der Abgeordneten Mag. Alev Korun wurde abgelehnt (dafür: G, dagegen: S, V, F, T, N).

 

Bei der Abstimmung wurde der in der Regierungsvorlage enthaltene Gesetzentwurf mit Stimmenmehrheit

(dafür: S, V, T, dagegen: F, G, N) beschlossen.

 

Weitere vier im Zuge der Debatte von dem Abgeordneten Dr. Nikolaus Scherak eingebrachte Abänderungsanträge fanden keine Mehrheit (dafür: G, N, dagegen: S, V, F, T).

Als Ergebnis seiner Beratungen stellt der Ausschuss für innere Angelegenheiten somit den Antrag, der Nationalrat wolle dem von der Bundesregierung vorgelegten Gesetzentwurf (582 der Beilagen) die verfassungs­mäßige Zustimmung erteilen.

Wien, 2015 05 07

                                 Nikolaus Prinz                                                                       Otto Pendl

                                   Berichterstatter                                                                           Obmann