Vorblatt

Problem

Die Richtlinie 2011/83/EU des Europäischen Parlaments und des Rates vom 25. Oktober 2011 über die Rechte der Verbraucher, ABl. Nr. L 304 vom 22. November 2011, S. 64, muss in das österreichische Recht umgesetzt werden; sie gilt für Verträge, die ab dem 13. Juni 2014 geschlossen werden. Diese neue Richtlinie fasst den Regelungsbestand der Richtlinie 85/577/EWG betreffend den Verbraucherschutz im Falle von außerhalb von Geschäftsräumen geschlossenen Verträgen sowie der Richtlinie 97/7/EG über den Verbraucherschutz bei Vertragsabschlüssen im Fernabsatz zusammen, baut deren Schutzbestimmungen in vielerlei Hinsicht aus und transponiert sie in ein weitgehend vollharmonisiertes Schutzregime. Überdies sieht die neue Richtlinie auch allgemein geltende Informationspflichten des Unternehmers vor und statuiert zugunsten des Verbrauchers einige spezifische Regelungen im Bereich des allgemeinen Vertragsrechts sowie zur Eindämmung bestimmter Zahlungspflichten des Verbrauchers.

Bei der Umsetzung der neuen Richtlinie ist auf eine möglichst friktionsfreie Einfügung in das bestehende österreichische Konsumentenschutzrecht zu achten. Einerseits soll auch in Einzelfragen eine Verschlechterung des innerstaatlichen Standards an Verbraucherschutz vermieden werden; andererseits soll es auch nicht zu Wettbewerbsnachteilen für österreichische Unternehmen durch eine überschießende Richtlinienumsetzung kommen. Schließlich muss danach getrachtet werden, trotz dieser komplexen inhaltlichen Anforderungen ein Regelwerk zu schaffen, das auch im Zusammenspiel mit dem bereits geltenden Konsumentenschutzrecht für den Rechtsanwender noch einigermaßen überschaubar bleibt.

 

Ziele und Inhalte des Entwurfs

Die verschiedenen Regelungsinhalte der Verbraucherrechte-Richtlinie sollen modulartig an unterschiedlichen Regelungsorten umgesetzt werden. Die neuen allgemeinen Informationspflichten des Unternehmers, die Regelungen über zusätzliche Zahlungen und Kosten sowie die Richtlinienbestimmungen allgemein-vertragsrechtlichen Charakters, zu denen noch ein Umsetzungsbedarf besteht, sollen in den Allgemeinen Teil des Konsumentenschutzgesetzes eingebaut werden. Jene Kapitel der Richtlinie, die Verbraucherschutzrecht für Fernabsatzverträge und außerhalb von Geschäftsräumen geschlossene Verträge etablieren, sollen zusammengefasst durch eine neue Gesetzesvorschrift in das österreichische Recht übernommen werden, nämlich durch ein neues „Fern- und Auswärtsgeschäfte-Gesetz“. Schließlich gibt eine der allgemein-vertragsrechtlichen Richtlinienbestimmungen, nämlich jene über den Risikoübergang bei Versendung einer Ware (Artikel 20), einen Anstoß dazu, die für die Übersendung einer Sache in § 429 ABGB getroffene Regelung über die Übergabe (und damit über den Eigentumserwerb) einer klarstellenden Neufassung zuzuführen und eine damit korrespondierende Bestimmung über den Gefahrenübergang im allgemeinen Vertragsrecht zu schaffen.

Überdies soll aus Anlass der Richtlinienumsetzung das Verbraucher-Rücktrittsrecht „österreichischer Prägung“ in § 3 KSchG hinsichtlich seiner Ausübung und hinsichtlich der Rücktrittsfrist mit den Umsetzungsbestimmungen zum neu konzipierten Widerrufsrecht der Richtlinie bei Fernabsatzverträgen und außerhalb von Geschäftsräumen geschlossenen Verträgen harmonisiert werden.

 

Alternativen

Zur Umsetzung der Verbraucherrechte-Richtlinie gibt es keine Alternative.

 

Auswirkungen des Regelungsvorhabens

- Finanzielle Auswirkungen

Die öffentlichen Haushalte werden durch das Vorhaben nicht belastet. Auch ist daraus keine Mehrbelastung der Gerichte zu erwarten.

- Wirtschaftspolitische Auswirkungen

-- Auswirkungen auf die Beschäftigung und den Wirtschaftsstandort Österreich

Die vorgeschlagenen Regelungen werden keine unmittelbaren Auswirkungen auf die Beschäftigung und den Wirtschaftsstandort Österreich haben.

-- Auswirkungen auf die Verwaltungskosten für Bürgerinnen und Bürger sowie Unternehmen

Der Entwurf enthält im Vergleich zur bisherigen Rechtslage keine substantiellen neuen Informationspflichten für Unternehmen. Soweit er – in Umsetzung der zwingenden Anordnungen der Richtlinie – den Unternehmen solche Pflichten auferlegt, hatten bereits die frühere Haustürgeschäfte-Richtlinie sowie die frühere Fernabsatzrichtlinie gleichartige Informationspflichten vorgesehen. Soweit die Richtlinie und damit auch deren Umsetzung allgemeine Informationspflichten statuieren, gehen diese größtenteils nicht über die bislang schon aus der Natur der jeweiligen Absatzgeschäfte zu gebenden Informationen etwa über die angebotenen Leistungen und deren Preis hinaus; soweit dennoch weiterreichende Informationspflichten angeordnet werden, halten sie sich weit unter allen Wahrnehmbarkeits- und Geringfügigkeitsschwellen. Abgesehen von einem allfälligen einmaligen Aufwand für die Umstellung ergeben sich durch die Erfüllung der Informationspflichten demnach keine neuen Verwaltungslasten für Unternehmen.

Es sind keine Informationsverpflichtungen für Bürgerinnen und Bürger vorgesehen.

- Auswirkungen in umweltpolitischer Hinsicht, insbesondere Klimaverträglichkeit

Keine.

- Auswirkungen in konsumentenschutzpolitischer und sozialer Hinsicht

Durch die vorgeschlagenen Regelungen wird das Verbraucherschutzniveau im fraglichen Bereich insgesamt verbessert.

- Geschlechtsspezifische Auswirkungen

Keine.

 

Aspekte der Deregulierung

Keine.

 

Verhältnis zu den Rechtsvorschriften der Europäischen Union

Die vorgeschlagenen Regelungen dienen der innerstaatlichen Umsetzung der Verbraucherrechte-Richtlinie 2011/83/EU und sind somit unionskonform.

 

Besonderheiten des Normerzeugungsverfahrens

Keine.

 

Kompetenzgrundlage

Die Kompetenz des Bundes zur Erlassung dieses Bundesgesetzes gründet sich auf Art. 10 Abs. 1 Z 6 B-VG.


Allgemeiner Teil

 

A. Die Verbraucherrechte-Richtlinie 2011/83/EU

Die Richtlinie 2011/83/EU des Europäischen Parlaments und des Rates über die Rechte der Verbraucher, zur Abänderung der Richtlinie 93/13/EWG des Rates und der Richtlinie 1999/44/EG des Europäischen Parlaments und des Rates sowie zur Aufhebung der Richtlinie 85/577/EWG des Rates und der Richtlinie 97/7/EG des Europäischen Parlaments und des Rates (im Folgenden immer kurz als „Verbraucherrechte-Richtlinie“ oder auch einfach nur als „Richtlinie“ bezeichnet) wurde am 25. Oktober 2011 verabschiedet und am 22. November 2011 im Amtsblatt der Europäischen Union kundgemacht.

Die Richtlinie umfasst sechs Kapitel. Ihr Schwerpunkt liegt im Kapitel III, das für Fernabsatz- und außerhalb von Geschäftsräumen geschlossene Verträge detaillierte Informationspflichten und ein Widerrufsrecht vorsieht; diese Bestimmungen lösen jene der bisherigen Haustürgeschäfte-Richtlinie 85/577/EWG sowie der Fernabsatzrichtlinie 97/7/EG ab, weshalb die beiden genannten Richtlinien unter einem aufgehoben werden. Neu ist die Einführung allgemeiner Informationspflichten des Unternehmers grundsätzlich für sämtliche Verbrauchergeschäfte außerhalb des Fernabsatzes und des Haustürgeschäfte-Vertriebs, soweit es sich nicht um eine der in Artikel 3 Abs. 3 der Richtlinie ausgenommenen Vertragsarten handelt. Im Gegensatz zum seinerzeitigen Kommissionsentwurf enthält die verabschiedete Richtlinie keine neuen Bestimmungen für den Bereich der Gewährleistung mehr, doch werden im Kapitel IV einige singuläre Regelungen über die Lieferung, den Verzug und den Gefahrenübergang sowie über Nebenkosten und nicht bestellte Leistungen getroffen. Das ursprünglich ebenfalls intendierte Kapitel über Verbraucherrechte in Bezug auf Vertragsklauseln wurde im Verlauf der Beratungen zur Richtlinie gänzlich gestrichen.

Die Verbraucherrechte-Richtlinie verfolgt zwar grundsätzlich den Ansatz der Vollharmonisierung ihrer Regelungen, doch lässt sie im Einzelnen den Mitgliedstaaten bei der Umsetzung zahlreiche Optionen und Gestaltungsspielräume offen. Das betrifft zum einen bestimmte Ausnahmemöglichkeiten, zum anderen Regelungsoptionen etwa über so genannte „Handwerkerverträge“ oder für telefonisch geschlossene Fernabsatzverträge, schließlich aber auch die Befugnis der Mitgliedstaaten, die Umsetzungsbestimmungen zur Richtlinie auch für solche Bereiche und Verträge in Geltung zu setzen, die von der Richtlinie nicht erfasst sind (so genannte „Erstreckungsbefugnis“). Das Kapitel über allgemeine Informationspflichten folgt uneingeschränkt dem Prinzip der Mindestharmonisierung.

Siehe im Einzelnen zu den Regelungen der Richtlinie Stabentheiner/Cap, Die neue Verbraucherrechte-Richtlinie, ÖJZ 2011, 1045 und ÖJZ 2012, 53 sowie P. Bydlinski/Lurger (Hrsg), Die Richtlinie über die Rechte der Verbraucher (2012). Soweit für die Umsetzung von Interesse, wird auf die einzelnen Richtlinienregelungen auch im Besonderen Teil dieser Erläuterungen bei den jeweils korrespondierenden Umsetzungsbestimmungen eingegangen.

 

B. Grundüberlegungen zur Umsetzung der Verbraucherrechte-Richtlinie

1. Rechtspolitische Rahmenbedingungen der Umsetzung

Schon das Regierungsprogramm für die 24. Gesetzgebungsperiode nahm auf das damals bereits lancierte Projekt einer Richtlinie über den Schutz der Verbraucher Bezug; der Kommissionsvorschlag dazu war ja bereits Anfang Oktober 2008 vorgelegt worden. In der betreffenden Passage wurde als grundsätzliche Vorgabe festgelegt, dass bei der europäischen Neuregelung der Verbraucherverträge darauf hinzuwirken sei, dass der hohe österreichische Standard nicht im Zuge einer Vollharmonisierung verschlechtert wird. Im nunmehrigen Regierungsprogramm hat dies eine Entsprechung in den dort hervorgehobenen allgemeinen Zielen, das Leben der Menschen wieder leistbar zu machen (S 61 f.) und die Verbraucherrechte zu stärken (S. 86). Dieses Gebot einer möglichst weitgehenden Wahrung des in Österreich bestehenden Verbraucherschutzstandards bezieht sich nun nach Verabschiedung der Richtlinie auch auf deren innerstaatliche Umsetzung. Im Rahmen des nunmehrigen Umsetzungsprojekts wird also – soweit dies die Vorgaben der Richtlinie zulassen – darauf geachtet, dass eine Verminderung des Verbraucherschutzniveaus in einzelnen Bereichen vermieden wird. Auf der anderen Seite besteht in Österreich zwar kein Verbot des so genannten „Gold-Plating“, also der Schaffung von strengeren oder weitergehenden Regelungen durch Umsetzungsmaßnahmen, die über die Mindesterfordernisse des Unionsrechts hinausgehen. Dennoch bedürfen solche erstreckenden, erweiternden oder verschärfenden Maßnahmen einer spezifischen sachlichen Rechtfertigung. Bezogen auf die Umsetzung der Verbraucherrechte-Richtlinie bedeutet dies, dass über die Richtlinie hinausgehende Regelungen grundsätzlich nur dort getroffen werden sollen, (i) wo dies einen entsprechenden Ansatz im bereits bestehenden Verbraucherrecht oder anderen in diesem Kontext relevanten Regelungen des Zivilrechts findet, (ii) wenn dies zur Schaffung einer konsistenten und wertungskongruenten Rechtslage erforderlich ist oder (iii) soweit dies unter abwägender Berücksichtigung der jeweils berührten Interessen gerechtfertigt ist.

 

2. Die Wirkung dieser Vorgaben auf die inhaltliche Konfiguration der Umsetzung

Die Transposition der Richtlinienregelungen in das nationale Recht hat sich im Rahmen dieser beiden – tendenziell antagonistischen – rechtspolitischen Vorgaben zu bewegen. Dies wirkt sich zum einen auf die Frage aus, ob und inwieweit bei der Umsetzung von bestimmten Regelungsoptionen Gebrauch gemacht werden soll. Zum anderen bestimmt sich daraus auch der Spielraum für eine allfällige Erstreckung von Richtlinienregelungen. So wird beispielsweise die von der Richtlinie in ihrem Artikel 8 Abs. 6 für telefonisch geschlossene Fernabsatzverträge optional angebotene Regelung – zumindest für die diesbezüglich problematischen Dienstleistungsverträge – in innerstaatliches Recht umzugießen sein, zumal von der Tendenz sehr ähnlich gelagerte Bestimmungen durch das Konsumentenschutzrechts-Änderungsgesetz 2011, BGBl. I Nr. 22/2011, in das Konsumentenschutzgesetz aufgenommen worden waren. Diese genuin österreichischen Regelungen können nun aber im Licht der vollharmonisierten Verbraucherrechte-Richtlinie größtenteils nicht weiterhin im Regelungsbestand belassen werden. Würde nicht an deren Stelle eine Umsetzungsregelung zu Artikel 8 Abs. 6 der Richtlinie eingefügt, so käme es in diesem Bereich zu einer Verschlechterung des Verbraucherschutzstandards.

Umgekehrt wäre es im Hinblick auf das oben zum Gold-Plating Gesagte nicht ohne weiteres angebracht, die Bestimmungen der Richtlinie im Zuge der Umsetzung auch auf solche Vertragsarten anzuwenden, die vom Geltungsbereich der Richtlinie gemäß ihrem Artikel 3 Abs. 3 ausgenommen sind. In diesem Kontext gilt es eine spezifische Problematik zu bewältigen, die sich aus der mangelnden inhaltlichen Kompatibilität des bestehenden Rücktrittsrechts österreichischer Prägung für das Haustürgeschäft in §§ 3 und 4 KSchG mit dem in den Artikeln 9 ff der Richtlinie neu konzipierten Widerrufsrecht für Fernabsatz- und außerhalb von Geschäftsräumen geschlossene Verträge ergibt. Das Widerrufsrecht nach der Verbraucherrechte-Richtlinie geht nämlich in mehrerlei Hinsicht über das Rücktrittsrecht nach § 3 KSchG hinaus, wie insbesondere hinsichtlich der Dauer der Rücktrittsfrist, aber auch etwa hinsichtlich der Form der Rücktrittserklärung. Überhaupt unterscheiden sich die Konstruktionen der beiden Auflösungsrechte in zahlreichen Punkten, wie etwa beim Beginn der Rücktrittsfrist, bei Art und Umfang der Belehrung über das Rücktrittsrecht und bei den einzelnen Folgen der Vertragsauflösung. Unterschiedlich ist auch der Anwendungskreis der jeweiligen Regelungen, zumal § 3 KSchG einerseits die Ausnahme bestimmter Vertragsarten wie in der Richtlinie nicht kennt, andererseits aber ein Rücktrittsrecht unter anderem dann ausschließt, wenn der Verbraucher die geschäftliche Verbindung mit dem Unternehmer angebahnt hat. Bei dieser Ausgangskonstellation wäre es zur Herstellung einer für den Rechtsanwender möglichst transparenten Rechtslage grundsätzlich wünschenswert, die beiden Auflösungsmöglichkeiten entweder zu fusionieren oder zumindest möglichst weitgehend zu vereinheitlichen; Letzteres wäre wegen der obligatorischen Vorgaben der Richtlinie nur durch eine erstreckende Umsetzung ihrer Regelungen über das Widerrufsrecht möglich. Die Beratungen, die im Vorfeld der Erstellung dieses Ministerialentwurfs geführt wurden, haben nun zwar keinen Konsens über eine Zusammenführung der beiden Rechtsinstitute oder deren vollständige Harmonisierung ergeben, aber immerhin den Boden dafür bereitet, das Verbraucher-Rücktrittsrecht nach § 3 KSchG hinsichtlich der Dauer der Rücktrittsfrist und ihres Beginns, hinsichtlich der zeitlichen Obergrenze für die Ausübung des Rücktrittsrechts auch bei unterbliebener Information sowie hinsichtlich der Form der Rücktrittserklärung an die Umsetzungsbestimmungen zu den Artikeln 9 ff. der Richtlinie anzugleichen.

 

3. Die legistische Konstruktion der Umsetzung

Wie oben bereits ausgeführt, sieht die Richtlinie zum einen allgemeine Informationspflichten vor, die grundsätzlich bei Verbraucherverträgen über den Erwerb von Waren und die Erbringung von Dienstleistungen zum Tragen kommen sollen. Wegen des allgemeingültigen Charakters dieser Informationspflichten bietet es sich an, die innerstaatlichen Regelungen darüber in das Konsumentenschutzgesetz einzufügen. Zum anderen enthält die Richtlinie in ihrem Kapitel IV ebenfalls allgemein für Verbraucherverträge über Waren und Dienstleistungen geltende Bestimmungen, die inhaltlich in das allgemeine Vertragsrecht hineinreichen, sowie Regelungen über zusätzlich zum Entgelt für die Hauptleistung vereinbarte Extrazahlungen. Bei mehreren dieser Richtlinienbestimmungen bedarf es – worauf später noch näher einzugehen sein wird – aufgrund der geltenden österreichischen Rechtslage keiner Umsetzungsmaßnahme. Soweit dazu aber dennoch ein Umsetzungserfordernis gegeben ist, ist auch dafür das Konsumentenschutzgesetz der geeignete Regelungsort.

Das dritte Segment der Richtlinieninhalte ist das mit Abstand größte, nämlich das Kapitel III der Richtlinie über die Information der Verbraucher und das Widerrufsrecht bei Fernabsatz- und außerhalb von Geschäftsräumen geschlossenen Verträgen. Wegen der damit vom Richtliniengeber herbeigeführten Zusammenfassung und Vereinheitlichung der Regelungen über die Vertriebsarten des Fernabsatzes und des so genannten Haustürgeschäfts und wegen des dabei deutlich gestiegenen Regelungsumfangs gegenüber den jeweiligen Vorgängerregulativen wäre es nicht zweckmäßig, das zusammengefasste neue Regime in das ohnehin bereits komprimierte Konsumentenschutzgesetz einzufügen. Die legistisch elegantere Lösung liegt darin, für dieses vereinheitlichte und umfangreichere Regime ein eigenes Gesetz zu schaffen, in dem die unionsrechtlichen Vorgaben für solche Fernabsatz- und außerhalb von Geschäftsräumen geschlossene Verträge systematisch und mit ausreichendem Raum umgesetzt werden können. Terminologisch werden die Verträge in diesen beiden Vertriebsarten unter der Kurzbezeichnung „Fern- und Auswärtsgeschäfte“ zusammengefasst, weshalb die neue Vorschrift über die Verbraucherinformation und das Widerrufsrecht bei diesen Verträgen als „Fern- und Auswärtsgeschäfte-Gesetz“ bezeichnet wird.

Aus Anlass der Umsetzung der allgemein-vertragsrechtlichen Richtlinienbestimmungen im Konsumentenschutzgesetz sollen auch zwei korrespondierende Änderungen im ABGB vorgenommen werden. Die dafür maßgeblichen Erwägungen werden im Besonderen Teil dieser Erläuterungen dargestellt.

 

 

C. Übersicht über die Wahrnehmung der Regelungsoptionen der Richtlinie

Im Folgenden wird überblickweise aufgelistet, ob und bejahendenfalls in welcher Weise bei der Umsetzung von der Erstreckungsbefugnis, den Ausnahmemöglichkeiten und den sonstigen Regelungsoptionen der Richtlinie Gebrauch gemacht wird.

1. Von der Erstreckungsbefugnis laut Erwägungsgrund 13 der Richtlinie wird vor allem dadurch Gebrauch gemacht, dass für sämtliche Umsetzungsbestimmungen der gegenüber dem Unionsrecht umfassendere Verbraucherbegriff des § 1 KSchG zum Tragen kommt, der beispielsweise auch Gründungsgeschäfte erfasst und unter den – unter bestimmten Voraussetzungen – auch etwa Vereine oder Wohnungseigentümergemeinschaften subsumiert werden können. Dies gilt sowohl für die Neuerungen im Konsumentenschutzgesetz als auch für das neue Fern- und Auswärtsgeschäfte-Gesetz, das in seinem § 1 Abs. 1 auf den Verbraucherbegriff des KSchG verweist. Diese Erweiterung des Anwendungsbereichs ist angesichts der bereits bestehenden Verbraucherschutzvorschriften zur Herstellung einer konsistenten Rechtslage in Österreich erforderlich.

Eine geringfügige Erweiterung betrifft den Geltungsbereich des Fern- und Auswärtsgeschäfte-Gesetzes, aus dem unter anderem ja Verträge über Gesundheitsdienstleistungen gemäß Artikel 3 Buchstabe a der Richtlinie 2011/24/EU über die Ausübung der Patientenrechte in der grenzüberschreitenden Gesundheitsversorgung ausgenommen sind (§ 1 Abs. 2 Z 3 FAGG, entsprechend Artikel 3 Abs. 3 Buchstabe b der Verbraucherrechte-Richtlinie). Dazu wird jedoch eine Gegenausnahme für Verträge über den Vertrieb von Arzneimitteln und Medizinprodukten im Fernabsatz statuiert, weil bei diesen Verträgen – unabhängig von der Frage der gewerberechtlichen Zulässigkeit – ein für Verbraucher potenziell problematisches Geschäftsfeld zu erkennen ist, weshalb gerade hier kein Anlass dafür besteht, das Schutzregime der Richtlinie für den Fernabsatz auszublenden.

2. Die durch Artikel 3 Abs. 4 der Richtlinie vorgesehene Möglichkeit, die Umsetzungsbestimmungen für Verträge, die außerhalb von Geschäftsräumen geschlossen werden und bei denen das vom Verbraucher zu zahlende Entgelt den Betrag von 50 Euro nicht überschreitet, nicht zur Anwendung zu bringen, wird durch die Ausnahmeregelung in § 1 Abs. 2 Z 1 FAGG wahrgenommen. Die Einziehung einer solchen Bagatellgrenze scheint zweckmäßig, um den Geschäftsverkehr in diesem Segment mit bloß verhältnismäßig niedrigen Entgelten nicht durch Verbraucherschutzregelungen zu überfrachten, für die wegen der geringen ökonomischen Dimension des jeweiligen Geschäfts kein Bedürfnis nach forciertem Verbraucherschutz besteht.

3. Gleiches gilt für die Ausnahmemöglichkeit nach Artikel 5 Abs. 3 der Richtlinie hinsichtlich der Regelung über allgemeine Informationspflichten des Unternehmers bei Verträgen, die bloß Geschäfte des täglichen Lebens zum Gegenstand haben und zum Zeitpunkt des Vertragsabschlusses sofort erfüllt werden. Die Anwendung der doch sehr umfassenden Informationspflichten auf solche Alltagsgeschäfte wäre nicht sinnvoll, weshalb in § 5a Abs. 2 Z 1 KSchG eine entsprechende Ausnahmebestimmung vorgesehen wird.

4. Die optionale „Handwerkerregelung“ in Artikel 7 Abs. 4 der Richtlinie, die hinsichtlich der Informationspflichten des Unternehmers bei außerhalb von Geschäftsräumen geschlossenen Verträgen über Reparatur- oder Instandhaltungsarbeiten Besonderheiten vorsieht, die vom Richtliniengeber als Erleichterungen zugunsten der betroffenen Unternehmer gedacht waren, bringt zwar keine sehr markante Besserstellung dieses spezifischen Geschäftsbereichs mit sich. Deshalb könnte der Nutzen aus einer Wahrnehmung dieser Regelungsoption für die davon begünstigten Unternehmer bescheiden sein. Dennoch wird diese Sonderregelung in § 6 FAGG umgesetzt, weil dies einem Wunsch der Wirtschaft entspricht, dem der Gesetzgeber durchaus nachkommen kann.

5. Bei der optionalen Sonderregelung in Artikel 8 Abs. 6 der Richtlinie für Fernabsatzverträge, die telefonisch geschlossen werden, ist eine Vorentscheidung über die Inanspruchnahme dieser Option bereits durch die Einfügung der Regelungen über das so genannte „Cold Calling“ in das Konsumentenschutzgesetz (durch das Konsumentenschutzrechts-Änderungsgesetz 2011) gefallen. Schon in den Ausführungen zu Punkt B.2 wurde dargelegt, dass diese noch recht jungen Bestimmungen in der bisherigen Konfiguration angesichts der vollharmonisierten Verbraucherrechte-Richtlinie nicht aufrecht erhalten werden können und dass deshalb zur Vermeidung einer Verschlechterung des Verbraucherschutzstandards die von der Richtlinie optional angebotenen Regelungen über telefonisch geschlossene Fernabsatzverträge an deren Stelle gesetzt werden müssen.

Allerdings soll die Umsetzungsregelung zu Artikel 8 Abs. 6 – es ist dies § 9 FAGG – auf vom Unternehmer eingeleitete Ferngespräche eingeschränkt werden. Eine weitere Einschränkung liegt darin, dass § 9 FAGG nur für Fernabsatzverträge über Dienstleistungen gelten soll, weil für Warenkaufverträge bereits durch die zwingend umzusetzenden Vorgaben der Richtlinie über die vorvertraglichen Pflichten des Unternehmers und das Widerrufsrecht ausreichender Verbraucherschutz gewährleistet ist.

 

D. Richtlinienregelungen, die keiner gesonderten Umsetzung bedürfen

1. Übergabe der Waren

Artikel 18 Abs. 1 der Richtlinie befasst sich einerseits mit der Erfüllungszeit beim Warenkauf, widmet sich andererseits aber auch der Frage, auf welche Weise der Unternehmer die Lieferung zu bewerkstelligen hat. Der Unternehmer hat dem Verbraucher demnach den physischen Besitz an den Waren oder aber die „Kontrolle über die Waren“ zu übertragen. Die erstgenannte Alternative wirft keine besonderen Fragen auf; hier ist vor allem an die körperliche Übergabe oder an die Zusendung der Ware per Post oder durch einen Zustelldienst zu denken. Für die zweitgenannte Alternative werden in Erwägungsgrund 51 der Richtlinie nähere Darlegungen und zwei Beispiele gegeben: Von der Kontrolle über die Waren in diesem Sinn sei dann auszugehen, wenn der Verbraucher oder ein von ihm angegebener Dritter Zugang zu den Waren zum Zweck ihrer Nutzung als Eigentümer oder die Möglichkeit zu ihrer Weiterveräußerung habe. Dies sei beispielsweise der Fall, wenn der Verbraucher die Schlüssel erhalten habe oder im Besitz der Eigentumsdokumente sei. An diesen Beispielen zeigt sich, dass die Richtlinie mit der Übertragung der Kontrolle über die Waren nichts anderes meint, als § 427 ABGB unter der Überschrift „Übergabe durch Zeichen“ regelt. Diese Gesetzesbestimmung und der dazu entwickelte Meinungsstand decken also gemeinsam mit dem § 426 ABGB über die körperliche Übergabe beide Lieferungsmodalitäten des Artikel 18 Abs. 1 der Richtlinie ab, sodass dazu keine eigene Umsetzungsbestimmung geschaffen werden muss.

 

2. Rücktritt wegen Verzugs, bei Leistungsverweigerung und beim Fixgeschäft

a) Artikel 18 Abs. 2 Unterabs. 1 der Richtlinie regelt eine der Rechtsfolgen einer Verletzung der Unternehmerpflicht zur rechtzeitigen Warenlieferung: Danach hat der Verbraucher bei Verzug des Unternehmers diesen zur Lieferung innerhalb einer den Umständen angemessenen zusätzlichen Frist aufzufordern; wenn der Unternehmer die Waren innerhalb dieser zusätzlichen Frist immer noch nicht liefert, ist der Verbraucher zum Rücktritt vom Vertrag berechtigt. Diese Richtlinienregelung unterscheidet sich insofern von der im österreichischen Recht korrespondierenden Bestimmung des § 918 Abs. 1 ABGB, als der Richtliniengeber hier offenbar davon ausgeht, dass der Verbraucher zwei zeitlich aufeinanderfolgende Erklärungen abgibt, nämlich zunächst jene über die Aufforderung zur Lieferung unter Setzung einer Nachfrist und sodann bei Erfolglosigkeit dieser Aufforderung die Rücktrittserklärung. Nach § 918 Abs. 1 ABGB kann hingegen die Nachfristsetzung und die Rücktrittserklärung in einem einzigen Akt geschehen; im Regelfall reicht sogar die bloße Gewährung der Nachfrist aus. Die Unterschiedlichkeit in der Konstruktion erfordert aber keine Veränderung des österreichischen Rücktrittsrechts oder die Einführung einer Sonderregelung für das Rücktrittsrecht bei Fern- und Auswärtsgeschäften, denn auch der Wortlaut der Richtlinie schließt es nicht aus, die Aufforderung zur Lieferung innerhalb angemessener zusätzlicher Frist gleichzeitig mit der Erklärung zu verbinden, dass der Verbraucher bei Nichterfüllung auch über diese Zusatzfrist hinaus vom Vertrag zurücktrete (vgl. Stabentheiner/Cap, Die neue Verbraucherrechte-Richtlinie, ÖJZ 2012, 53 [55]).

b) Artikel 18 Abs. 2 Unterabs. 2 der Richtlinie führt drei Fälle an, in denen der Verbraucher berechtigt ist, sofort – also ohne Nachfristsetzung – vom Vertrag zurückzutreten, wenn der Unternehmer die Waren nicht fristgerecht liefert. Solches gilt, (i) wenn sich der Unternehmer geweigert hat, die Waren zu liefern, (ii) wenn die Einhaltung der vereinbarten Lieferfrist unter Berücksichtigung aller den Vertragsabschluss begleitenden Umstände „wesentlich“ ist oder (iii) wenn der Verbraucher dem Unternehmer vor Vertragsabschluss die „Wesentlichkeit“ der Lieferung bis zu einem bestimmten Datum oder an einem bestimmten Tag mitgeteilt hat. Für all diese Fallkonstellationen wäre auch nach österreichischem Recht eine Nachfristsetzung nicht zu verlangen: Für die Leistungsverweigerung ergibt sich das aus der Rechtsprechung zu § 918 ABGB (vgl. die Judikaturnachweise in Tades/Hopf/Kathrein/Stabentheiner, ABGB37 § 918 E 87, 89a), für das explizit vereinbarte oder sich aus der Natur des Vertrags ergebende Fixgeschäft aus § 919 ABGB und dem dazu herrschenden Meinungsstand. Daher bedarf es auch zu Artikel 18 Abs. 2 Unterabs. 2 der Richtlinie im österreichischen Recht keiner Umsetzungsmaßnahme.

c) Man mag gegen diese Überlegungen einwenden, dass einzelne Konstruktionselemente dieser Bestimmungen im Richtlinienrecht anders ausgestaltet seien als im jeweiligen Pendant im österreichischen Recht. Doch darf nicht übersehen werden, dass der europäische Gesetzgeber mit diesen allgemein-vertragsrechtlichen Regelungen der Richtlinie bewusst bloß punktuell gewisse Ansprüche des Verbrauchers und gewisse Standards vorgeben wollte. Der Unionsgesetzgeber hatte aber keineswegs die Absicht, das jeweilige Rechtsinstitut eingehender oder gar abschließend zu regeln. Er wollte keineswegs in das allgemeine Vertragsrecht der Mitgliedstaaten eingreifen oder die Mitgliedstaaten zu systematischen Änderungen in diesem Bereich zwingen. Das ergibt sich einerseits aus der Einzelregelung des Artikel 18 Abs. 4 der Richtlinie zum Rücktritt, wonach die Mitgliedstaaten „zusätzlich zum Rücktrittsrecht“ nach Artikel 18 Abs. 2 dem Verbraucher auch andere Rechtsbehelfe nach ihrem einzelstaatlichen Recht zur Verfügung stellen können. Vor allem zeigt sich das aber aus der Grundsatzregel des Artikel 3 Abs. 5 der Richtlinie, wonach die Verbraucherrechte-Richtlinie das allgemeine innerstaatliche Vertragsrecht wie die Bestimmungen über die Wirksamkeit, das Zustandekommen oder die Wirkungen eines Vertrags grundsätzlich unberührt lässt, soweit nicht unmittelbar Aspekte des allgemeinen Vertragsrechts in der Richtlinie geregelt werden. Daher darf man bei der Prüfung der Notwendigkeit von Umsetzungsmaßnahmen nicht allzu sehr am Wortlaut der einzelnen Richtlinienregelungen haften bleiben.

 

3. Entgelte für die Verwendung bestimmter Zahlungsmittel

Nach Artikel 19 der Richtlinie ist es Unternehmen untersagt, von Verbrauchern „für die Nutzung von Zahlungsmitteln“ Entgelte zu verlangen, die über die Kosten hinausgehen, die dem Unternehmer für die Nutzung solcher Zahlungsmittel entstehen. Demnach ist also nur die Überwälzung tatsächlich entstandener Kosten zulässig, nicht aber die Forderung darüber hinaus gehender, möglicherweise prohibitiv kalkulierter Entgelte. Erwägungsgrund 54 der Richtlinie verweist dazu auf Artikel 52 Abs. 3 der Zahlungsdienste-Richtlinie 2007/64/EG. Darin wird es den Mitgliedstaaten ermöglicht, im Hinblick auf das Bedürfnis, den Wettbewerb anzukurbeln und die Nutzung effizienter Zahlungsmittel zu fördern, dem Unternehmer zu verbieten bzw. dessen Recht einzuschränken, vom Verbraucher Entgelte zu verlangen. Während diese Regelung der Zahlungsdienste-Richtlinie also bloß die Möglichkeit schafft, die Einhebung von Entgelten zu verbieten oder einzuschränken, sieht Artikel 19 der Verbraucherrechte-Richtlinie für deren Anwendungsbereich eine bestimmte Mindesteinschränkung des Entgelts (auf die dem Unternehmer für die Nutzung eines bestimmten Zahlungsmittels entstehenden Kosten) verpflichtend vor.

Diese zusätzliche Anordnung erfordert keine Änderung im österreichischen Recht, weil bei der Umsetzung der Zahlungsdienste-Richtlinie in Österreich der von deren Artikel 52 Abs. 3 eingeräumte Spielraum bereits voll ausgeschöpft wurde. Nach § 27 Abs. 6 des Zahlungsdienstegesetzes ist die Erhebung von Entgelten durch den Zahlungsempfänger im Falle der Nutzung eines bestimmten Zahlungsinstruments (generell) unzulässig. Durch dieses generelle Verbot von Entgelten ist auch dem Artikel 19 der Verbraucherrechte-Richtlinie entsprochen, der nur eine bestimmte Mindestbeschränkung für das Entgelt vorsieht. Eine darüber hinausgehende Umsetzung ist nicht erforderlich.

 

4. Keine Entgeltpflicht für nicht bestellte Leistungen

Artikel 27 der Verbraucherrechte-Richtlinie knüpft an die Regelungen in Artikel 5 Abs. 5 und Anhang I Nr. 29 der Richtlinie 2005/29/EG über unlautere Geschäftspraktiken an. In diesen Bestimmungen der UGP-Richtlinie wird es einem Unternehmer untersagt, einem Verbraucher von diesem nicht bestellte Waren zuzusenden oder nicht bestellte Dienstleistungen zu erbringen. In Österreich ist diese Richtlinienregelung in § 1a Abs. 3 UWG in Verbindung mit Z 29 des Anhangs zum UWG umgesetzt. Ergänzend dazu wird nun in Artikel 27 der Verbraucherrechte-Richtlinie klargestellt, dass den Verbraucher für eine solche unbestellte Leistung keine Zahlungspflicht trifft, und weiters angeordnet, dass das Ausbleiben einer Antwort des Verbrauchers auf eine unbestellte Lieferung oder Dienstleistungserbringung nicht als Zustimmung gilt. Zu dieser nunmehrigen Richtlinienregelung ergibt sich im österreichischen Recht wegen der Bestimmung des § 864 Abs. 2 ABGB (die mit Artikel 9 der früheren Fernabsatzrichtlinie 97/7/EG korrespondiert) keine Umsetzungsnotwendigkeit mehr. § 864 Abs. 2 ABGB spricht zwar nur von übersandten Sachen, erfasst aber wegen des sehr weiten Sachbegriffs des österreichischen Rechts auch unverlangt erbrachte Dienstleistungen (vgl. RV zu BGBl. I Nr. 6/1997, 311 BlgNR 20. GP 15).

 

E. Bisheriger Werdegang des Gesetzesvorhabens

Das Bundesministerium für Justiz begann nach Verabschiedung der Richtlinie, nämlich noch im Dezember 2011, mit den Arbeiten zur Vorbereitung von deren Umsetzung. Nach internen Vorberatungen und Erstellung eines Rohentwurfs wurde das Projekt zunächst in einer Arbeitsgruppe mit Vertretern der mitbeteiligten Ressorts, der Sozialpartner, der sonst beteiligten Interessengruppen und der Rechtsberufe erörtert. Parallel dazu wurde eine aus Vertretern der rechtswissenschaftlichen Lehre bestehende Expertenrunde einberufen, die sich eingehend mit der Frage auseinandersetzte, ob und inwieweit die Artikel 18 und 20 der Richtlinie über die Lieferung und über den Risikoübergang Anlass dazu geben, korrespondierende Regelungen dazu nicht nur für das Unternehmer-Verbraucher-Verhältnis zu schaffen, sondern auch die davon angesprochenen Bestimmungen im ABGB zu überdenken und allenfalls neu zu gestalten. Auf die Ergebnisse der Beratungen mit dieser „Professorenrunde“ wird im Besonderen Teil bei den Ausführungen zur Änderung des ABGB inhaltlich einzugehen sein.

Fragen der Umsetzung der Verbraucherrechte-Richtlinie waren auch Gegenstand zweier rechtswissenschaftlicher Symposien an der Universität Bayreuth sowie an der Karl-Franzens-Universität Graz jeweils im späten Frühjahr 2012. Vor allem die zweiterwähnte Veranstaltung, über die auch ein von den Universitätsprofessoren Dr. Peter Bydlinski und Dr. Brigitta Lurger herausgegebener Tagungsband erschien, bot eine fundierte Aufarbeitung der für die Richtlinienumsetzung in Österreich zu lösenden Fragen und Probleme. Währenddessen wurden die Verhandlungen in der aus Ressort- und Interessenvertretern zusammengesetzten Arbeitsgruppe kontinuierlich fortgesetzt; in insgesamt sieben Arbeitsgruppensitzungen wurde der Vorentwurf des Bundesministeriums für Justiz Abschnitt für Abschnitt durchbesprochen. Im Zuge dessen erstatteten manche der beigezogenen Stellen auch schriftliche Stellungnahmen, die in die Überlegungen miteinbezogen werden konnten. Auf der Grundlage all dieser Äußerungen, wissenschaftlichen Beiträge und Beratungsresultate erarbeitete das Bundesministerium für Justiz den Ministerialentwurf für ein Verbraucherrechte-Richtlinie-Umsetzungsgesetz einschließlich umfassender Erläuterungen.

Dieser Entwurf wurde – nach weiteren Abstimmungen auf politischer Ebene – Ende Jänner 2014 zur allgemeinen Begutachtung versendet. Im Begutachtungsverfahren wurden zahlreiche Stellungnahmen mit etlichen Änderungs- und Ergänzungsanregungen erstattet. Aufgrund dieser Äußerungen wurde der Entwurf an mehreren Stellen noch überarbeitet. Unter anderem wurde auch ein neuer Artikel zur Änderung des Verbraucherbehörden-Kooperationsgesetzes eingefügt. Der modifizierte Gesetzentwurf wurde sodann neuerlich einer Diskussion in einer aus Regierungs- und Interessenvertretern zusammengesetzten Arbeitsgruppe unterzogen und auf Basis der dabei gewonnenen Erkenntnisse noch weiterentwickelt. Die nun erstellte Regierungsvorlage ist das Ergebnis dieses umfassenden Meinungsbildungsprozesses.

 

F. Alternativen

Dazu sei – zwecks Vermeidung von Wiederholungen – auf die Bemerkungen im Vorblatt verwiesen.

 

G. Rahmenbedingungen der Rechtsetzung und Auswirkungen des Vorhabens

Zu diesen Fragenkreisen sei – zwecks Vermeidung von Wiederholungen – auf die Bemerkungen im Vorblatt verwiesen.

 

H. Kompetenzgrundlage

Die Kompetenz des Bundes zur Erlassung dieses Bundesgesetzes gründet sich auf Artikel 10 Abs. 1 Z 6 B-VG (Zivilrechtswesen).


Besonderer Teil

 

Zu Artikel 1 (Änderung des ABGB)

 

Zu Z 1 (§ 429)

A. Grundsätzliche Überlegungen

1. Die Neufassung dieses Paragraphen ist im Zusammenhang mit der in das Konsumentenschutzgesetz neu eingefügten Regelung des § 7b leg. cit. über den Gefahrenübergang bei Übersendung der Ware zu sehen, die ihrerseits der Umsetzung von Artikel 20 der Verbraucherrechte-Richtlinie dient. Diese Richtlinienbestimmung widmet sich der Frage des Risikoübergangs bei Verträgen, bei denen der Unternehmer die Waren an den Verbraucher versendet, und ordnet dafür an, dass das Risiko für einen Verlust oder eine Beschädigung der Waren auf den Verbraucher übergeht, sobald dieser oder ein von ihm benannter Dritter, der nicht der Beförderer ist, die Waren in Besitz genommen hat. Wenn aber der Beförderer vom Verbraucher mit der Beförderung der Waren beauftragt wurde „und diese Option nicht vom Unternehmer angeboten wurde“, geht das Risiko bereits mit der Übergabe an den Beförderer auf den Verbraucher über, dies „unbeschadet der Rechte des Verbrauchers gegenüber dem Beförderer“. Diese Richtlinienregelungen werden nun – wie schon erwähnt – mit dem neuen § 7b KSchG in das österreichische Recht umgesetzt; dazu sei im Einzelnen auf die Erläuterungen zu dieser Bestimmung verwiesen.

2. Ursprünglich wurde erwogen, das in Artikel 20 der Richtlinie vorgegebene Lösungsmodell für die Frage des Risikoübergangs bei Warenversendung als Grundlage für eine im ABGB angesiedelte Neuregelung zu dieser Thematik heranzuziehen, die sowohl im allgemeinen Zivilrecht als auch für das Unternehmer-Verbraucher-Verhältnis Geltung haben sollte. Mit anderen Worten wurde zunächst also die Schaffung einer zwischen den genannten Rechtsschichten harmonisierten Neuregelung auf Basis des Richtlinienrechts angestrebt.

Im österreichischen Recht ist diese Frage bislang nicht etwa im allgemeinen oder besonderen Vertragsrecht geregelt, sondern es wird ihre Lösung aus der sachenrechtlichen Bestimmung des § 429 ABGB abgeleitet. Diese Bestimmung gehört zu den Regelungen über den Eigentumserwerb an beweglichen Sachen durch Übergabe und statuiert in ihrem ersten Halbsatz als Grundregel, dass überschickte Sachen erst dann für übergeben gehalten werden, wenn sie der Übernehmer erhält. Eine Ausnahme von dieser Grundregel soll nach dem zweiten Halbsatz dann gelten, wenn der Übernehmer die Überschickungsart selbst bestimmt oder genehmigt hätte; gemeint ist, dass diesfalls der Besitz- bzw. Eigentumsübergang bereits mit der Übergabe der Sache an den Transporteur eintritt (F. Bydlinski in Klang IV/2² 141; Spielbüchler in Rummel, ABGB³ § 429 Rz 1; Koziol/Welser, Bürgerliches Recht I13 269 f; Klicka in Schwimann, ABGB³ § 429 Rz 1; Mader in Kletečka/Schauer, ABGB-ON 1.00 § 429 Rz 1). Allerdings wird durch die Handhabung des § 429 ABGB in Judikatur und Doktrin dieses Regel-Ausnahme-Verhältnis in der Rechtspraxis auf den Kopf gestellt. Lehre und Rechtsprechung gehen nämlich davon aus, dass der Übernehmer (im Fall des Versendungskaufs: der Käufer) in aller Regel mit der Übersendungsart einverstanden ist, sofern der Übergeber nur eine verkehrsübliche Transportart – wie etwa Post oder Bahn – gewählt hat (8 Ob 703/88 SZ 62/138; RIS-Justiz RS0011197; weitere Judikaturnachweise bei Tades/Hopf/Kathrein/Stabentheiner, ABGB37 § 429 E 2a, 2b; F. Bydlinski in Klang IV/22 141; Spielbüchler aaO § 429 Rz 3; Koziol/Welser I 269 f; Klicka aaO § 429 Rz 2; Mader aaO § 429 Rz 1). Es wird also generell angenommen, dass der Übernehmer die Überschickung der Sache auf verkehrsübliche Weise im Sinn des zweiten Halbsatzes des § 429 genehmigt hätte, sodass sich der Gefahrenübergang so gut wie immer bereits mit der Übergabe der Ware an den Frachtführer vollzieht und die Sache daher gleichsam auf Gefahr des Käufers „reist“ (vgl. zu all dem auch Stabentheiner, Zur Umsetzung der Verbraucherrechte-Richtlinie in Österreich, in P. Bydlinski/Lurger [Hrsg], Die Richtlinie über die Rechte der Verbraucher [2012] 127 [137]).

Damit unterscheidet sich die Regelung des § 429 ABGB in ihrem Verständnis durch die Lehre und ihrer praktischen Anwendung durch die Judikatur markant von der durch Artikel 20 der Richtlinie für das Unternehmer-Verbraucher-Geschäft getroffenen Regelung über den Risikoübergang, weil nach dieser Richtlinienbestimmung die Gefahr nur dann bereits mit der Übergabe der Ware an den Beförderer übergeht, wenn der Beförderer vom Verbraucher beauftragt wurde und er überdies nicht vom Verkäufer als „Option“ für den Warentransport ins Spiel gebracht wurde. Eine solche Fallkonstellation kommt im praktischen Geschäftsleben wohl nur sehr selten vor, weshalb in aller Regel das Grundprinzip von Artikel 20 der Richtlinie zum Tragen kommen wird, wonach der Gefahrenübergang erst dann eintritt, wenn der Verbraucher die Waren in Besitz genommen hat.

3. In der ersten Phase der Arbeiten zur Umsetzung der Verbraucherrechte-Richtlinie wurde überlegt, ob das Regelungsmodell von Artikel 20 der Richtlinie, also der regelhafte Gefahrenübergang beim Versendungskauf erst mit Ablieferung der Ware an den Käufer, nicht auch im allgemeinen Privatrecht eine adäquate Lösung der Risikofrage wäre. Nach dem damaligen Stand der Überlegungen wurde ins Auge gefasst, auch außerhalb des Verbraucherschutzrechts ganz allgemein – abweichend vom bisherigen Meinungsstand zu § 429 ABGB – den Zeitpunkt des Risikoübergangs zugunsten des Übernehmers nach hinten zur Ablieferung der Sache an den Übernehmer zu verschieben. Dies hätte zudem den Vorzug gehabt, dass die Risikofrage im allgemeinen Zivilrecht genauso gelöst worden wäre wie – dort in Umsetzung von Artikel 20 der Richtlinie – im Konsumentenschutzrecht. Diese Überlegung wurde in einer eigens zu diesem Zweck einberufenen Gruppe von Rechtswissenschaftern zur Diskussion gestellt, die sich mit dem angesprochenen Fragenkreis bereits eingehender befasst hatten. Die skizzierte „Harmonisierungslösung“ (also die Statuierung einer für alle Rechtsbereiche gültigen Regelung nach dem Vorbild von Artikel 20 der Richtlinie) traf in dieser „Professorenrunde“ zunächst im Grundsätzlichen überwiegend auf Zustimmung; dennoch wurde eingehend über die konkrete Ausgestaltung einer solchen Regelung und über ihre Verortung im ABGB debattiert, dies jeweils anhand verschiedener Textfassungen zu den dabei möglichen Alternativen.

Im Weiteren erstellte die Karl-Franzens-Universität Graz eine rechtsvergleichende Analyse, aus der sich zeigte, dass sich der österreichische Gesetzgeber mit einer allgemeinen Übernahme des Risikoübergangskonzepts von Artikel 20 der Richtlinie in Widerspruch zu vielen wichtigen europäischen Rechtsordnungen, wie etwa zum deutschen oder zum französischen Recht, aber auch zu internationalen Instrumenten und Entwürfen, wie etwa dem UN-Kaufrecht oder dem DCFR, setzen würde. Wenn also die von der Richtlinie zwingend vorgegebene Ansiedelung des regelhaften Risikoübergangs erst mit der Ablieferung an den Übernehmer – zwecks innerstaatlicher Harmonisierung der einzelnen Rechtsbereiche – auch als allgemeines Lösungsmodell in Geltung gesetzt würde, so würde man sich damit von der internationalen Rechtsentwicklung merklich abkoppeln. Dieser Befund führte in der „Professorenrunde“ zu einem Meinungsumschwung dahin, dass man Artikel 20 der Richtlinie doch nur – entsprechend seinem eigentlichen Anwendungsbereich – eingeschränkt auf das Verbraucherrecht umsetzen sollte, dass man aber im allgemeinen Zivilrecht an der durch Judikatur und Doktrin gefundenen Lösung festhalten sollte, wonach in der Regel die Übergabe an den Beförderer für den Gefahrenübergang maßgeblich ist. Und auch das Bundesministerium für Justiz entschied sich im Licht dieses Meinungsbildes dafür, von der ursprünglich angepeilten Harmonisierungslösung Abstand zu nehmen. Demgemäß findet das Modell von Artikel 20 der Richtlinie nun doch nur im Verbraucherschutzrecht ein innerstaatliches Abbild; Näheres dazu bei den Erläuterungen zu § 7b KSchG.

An sich hätte man es aufgrund dieser Entscheidung im allgemeinen Zivilrecht bei der bisherigen Rechtslage belassen können. Wenn das Konsumentenschutzgesetz und das ABGB in der Frage des Risikoübergangs bei Übersendung unterschiedliche Wege gehen, wäre es auch vertretbar gewesen, im Gesetzesrecht des ABGB keine Änderung vorzunehmen und die durch Rechtsprechung und Lehre geprägte Rechtslage sowohl inhaltlich als auch formell unangetastet zu lassen. Doch sprach sich das einberufene Gremium ungeachtet der Aufrechterhaltung des bisher zu § 429 ABGB judizierten Lösungsmodells dafür aus, dieses Regelungskonzept auch im Gesetzesrecht an den jeweils zutreffenden Stellen eindeutig zu verankern (vgl. zu all dem Stabentheiner aaO 137 ff.).

4. Das führt zunächst zur Neufassung der sachenrechtlichen Regelung des § 429. Darin wird der Meinungsstand zu dieser Bestimmung in ihrer bisherigen Fassung positiviert, indem vor allem zwei Klarstellungen getroffen werden:

Zum einen wird das Regel-Ausnahme-Verhältnis gleichsam wieder auf die Beine gestellt, indem in § 429 nur noch der Regelfall der bereits vollzogenen Übergabe mit Aushändigung an den Transporteur behandelt und die dafür erforderliche Voraussetzung – nämlich Übereinstimmung der Übersendungsart mit Vereinbarung oder Verkehrsübung – festgelegt wird. Was zu gelten hat, wenn diese Voraussetzung nicht erfüllt ist, muss in § 429 nicht ausdrücklich ausgesprochen werden, weil dafür die allgemeinere Regelung des § 426 zum Tragen kommt, wonach die Übergabe erst als bewirkt gilt, wenn die übersendete Sache dem Übernehmer „ausgehändigt“, also bei diesem abgeliefert wird. Oder anders gesagt: Die vereinbarungsgemäße oder verkehrsübliche Übersendungsart führt wie bisher dazu, dass der Zeitpunkt der Übergabe (und damit auch des Gefahrenübergangs, siehe den neuen § 905 Abs. 3) bei der Überreichung der Sache an den Transporteur anzusiedeln ist, während bei einer anderen Übersendungsart Übergabe (und Gefahrenübergang) erst mit der Ablieferung an den Empfänger bewirkt sind.

Zum anderen wird in der Neuformulierung des § 429 entsprechend dem bisherigen Meinungsstand explizit gesagt, dass es für die zeitliche Vorverlagerung von Übergabe (und Gefahrenübergang) schon ausreicht, wenn die Übersendungsart der Verkehrsübung entspricht, sofern nicht eine andere Art der Übersendung vereinbart wurde.

 

B. Zur Neufassung des § 429 im Einzelnen

1. Die Regelung knüpft daran an, dass die Sache „mit Willen des Übernehmers“ an einen anderen Ort als den Erfüllungsort übersendet wird. Damit wird zum einen die Schickschuld erfasst, deren Wesen ja darin liegt, dass zwar die Übersendung der Sache vereinbart ist, dessen ungeachtet aber Erfüllungsort der Sitz des Übergebers ist. Zum anderen wird mit dieser Anknüpfung aber auch jene Konstellation einbezogen, auf die sich die Wortfolge „auf Verlangen“ im ehemaligen Art. 8 Nr. 20 der 4. EVHGB bezog. Damit ist der Fall gemeint, dass beim Distanzgeschäft zwischen den Vertragsparteien zunächst entweder nichts darüber vereinbart wurde, wie der Übernehmer an die Sache kommt (weshalb es sich nach § 905 Abs. 1 ABGB um eine Holschuld handelt), oder sogar ausdrücklich Abholung verabredet wurde, dass aber dann der Übernehmer – ausdrücklich oder schlüssig – die Übersendung verlangt und der Übergeber diesem Wunsch nachkommt (obwohl er dazu eigentlich nicht verpflichtet wäre). Hingegen kommt § 429 für den Fall, dass der Übergeber eigenständig und ohne Verlangen des Übernehmers die Sache übersendet, nicht zum Tragen; hier wird die Übergabe erst mit der Ablieferung an den Übernehmer bewirkt.

Für die Bringschuld (bei der der Sitz des Übernehmers Erfüllungsort ist) bedarf es keiner gesonderten Regelung; für sie gelten die allgemeinen Bestimmungen der §§ 426 ff.

Der „andere Ort“, an den übersendet wird, wird zumeist die Wohnadresse oder der Sitz des Übernehmers sein. Erfasst ist aber auch der Fall einer Übersendung etwa an einen Dritten oder an eine vom Übernehmer genannte sonstige Anschrift. Immer muss allerdings der Übersendungsort mit dem diesbezüglichen Willen des Übernehmers übereinstimmen.

2. Die Wendung „mit der Übersendung betraute Person“ ist in einem weiten Sinn zu verstehen. Gemeint sind alle im ehemaligen Art. 8 Nr. 20 der 4. EVHGB genannten Rechtssubjekte, darüber hinaus aber auch etwa der Lagerhalter, der die Sache vor der tatsächlichen Übersendung noch aufzubewahren hat. Die „Betrauung“ kann in einem entsprechenden Werkvertrag bestehen, liegt aber etwa auch dann vor, wenn die Person den Transport der Sache aus Gefälligkeit übernimmt. Entgeltlichkeit der Beförderung ist also nicht erforderlich.

3. Die Regelung des § 429 gilt zum einen, wenn die vom Übergeber in die Wege geleitete Übersendung ihrer Art nach zwischen den Parteien vereinbart wurde. Dazu bedarf es nicht der Festlegung eines bestimmten, namentlich konkretisierten Transporteurs, sondern reicht die abstrakte Festlegung der Transportart aus. Zum anderen kommt die Bestimmung aber auch dann zum Tragen, wenn zwar keine Übersendungsart vereinbart wurde, aber die vom Übergeber gewählte Art verkehrsüblich ist. Für die Frage der Verkehrsüblichkeit kann auf den bisherigen Meinungsstand zu § 429 in seiner früheren Fassung zurückgegriffen werden, woraus sich ein breites Spektrum an Transportmodalitäten ergibt, die diesem Üblichkeitskriterium entsprechen. Wenn allerdings die Parteien eine bestimmte Übersendungsart vertraglich festgelegt haben, der Übergeber dann aber doch eine andere Übersendungsart wählt, greift die Regelung des § 429 nicht ein, auch wenn die tatsächlich gewählte Art der Übersendung der Verkehrsübung entspricht; dies wird durch die Wendung in der Parenthese „mangels einer solchen“ zum Ausdruck gebracht.

4. Wenn bei Übersendung einer Sache die Bestimmung des § 429 nicht zur Anwendung kommt, gelten für die Übergabe (und damit in der Regel auch für den Gefahrenübergang) die allgemeinen Regelungen zur Übergabe, also die §§ 426 ff. Das ist etwa bei der vereinbarten Bringschuld der Fall (siehe oben), ebenso bei einer nicht verkehrsüblichen und auch nicht vereinbarten Art der Übersendung und weiters auch dann, wenn der Übergeber eine andere als die vereinbarte Transportart wählt. In diesen Fällen wird die Übergabe – wenn nicht die Sonderregelungen nach §§ 427 und 428 eingreifen – erst mit Ablieferung der Sache an den Übernehmer bewirkt.

5. Abschließend sei nur zur Klarstellung darauf hingewiesen, dass es sich bei § 429 um dispositives Gesetzesrecht handelt, dem vertragliche Vereinbarungen über den Besitz- oder Eigentumsübergang vorgehen. Wenn etwa ein Eigentumsvorbehalt vereinbart ist, vollzieht sich zwar die Übergabe zu dem im § 429 genannten Zeitpunkt, nicht aber der Eigentumsübergang.

 

Zu Z 2 (§ 905)

1. Bei § 905 handelt es sich um die systematisch passende Stelle zur Regelung der Gefahrtragung bei Übersendung der geschuldeten Sache.

2. Mit § 905 Abs. 3 wird im allgemeinen Vertragsrecht eine mit der sachenrechtlichen Bestimmung des § 429 über die Übergabe korrelierende Regelung über den Gefahrenübergang geschaffen. Damit wird gewährleistet, dass bei der Übersendung einer Sache der Zeitpunkt der Übergabe mit jenem des Gefahrenübergangs identisch ist. Die Bestimmung übernimmt auch die Formulierung der Tatbestandsanknüpfung aus § 429 (nämlich: „mit Willen des Gläubigers [= Übernehmers] an einen anderen Ort als den Erfüllungsort zu übersendende Sache“); daher kann dazu auf die Erläuterungen zu § 429 verwiesen werden.

Dass in § 905 Abs. 3 von der „zu übersendenden Sache“ die Rede ist, ist nicht in dem Sinn imperativisch zu verstehen, dass nur die vereinbarte Schickschuld erfasst wäre; vielmehr bezieht sich die Regelung – ebenso wie jene des § 429 – auch auf die Konstellationen, in denen zunächst nichts über eine Übersendung vereinbart wurde (sodass es sich um eine Holschuld handelt), dann allerdings der Käufer die Übersendung wünscht und der Verkäufer diesem Wunsch nachkommt. Die Wendung „zu übersendende Sache“ wird hier deshalb gebraucht, weil es ja um eine Gefahrtragungsregel unter anderem auch für den Verlust der Sache geht. Die Formulierung „übersendete Sache“ wäre nun aber zumindest für die Konstellation des Verlustes während der Übersendung verfehlt, weil diese Formulierung auf die bereits vollendete Bewerkstelligung der Übersendung hindeuten würde, was aber bei einem Verlust der Sache gerade nicht der Fall ist. Mit anderen Worten: Die Verwendung des Participium perfectum würde auf einen bereits abgeschlossenen Vorgang hinweisen, was aber den Verlust der Sache während der Übersendung, von dem die Gefahrtragungsregelung ja auch handelt, gerade nicht einschlösse.

3. Mit der in § 905 Abs. 3 angesprochenen „Gefahr“ ist jene für den Verlust oder die Beschädigung der Sache gemeint. Vgl. dazu auch die korrespondierende Regelung des § 7b KSchG. Rechtsdogmatisch handelt es sich dabei um die Leistungsgefahr.

4. Wenn die Voraussetzungen des § 429 und damit des § 905 Abs. 3 nicht gegeben sind, tritt in der Regel auch der Gefahrenübergang – korrespondierend zu den §§ 426 ff. – erst mit der Ablieferung der Sache an den Gläubiger ein.

5. In der im Allgemeinen Teil dieser Erläuterungen erwähnten „Professorenrunde“ wurde auch erwogen, eine Regelung über die Zug-um-Zug-Erfüllung beim Distanzgeschäft vorzusehen, insbesondere zur Frage, wer in diesem Fall vorleistungspflichtig ist. Bei der Konzeption einer solchen Gesetzesbestimmung wäre allerdings eine beträchtliche Zahl von verschiedenen denkbaren Fallkonstellationen zu berücksichtigen. Dies würde letztlich zu einer vielgliedrigen, recht kasuistischen Regelung führen, die mit der großzügigen Regelungstradition des ABGB und seinem luftigen Regelungsdesign in einem Spannungsfeld stünde. Deshalb wird die Lösung von Einzelfragen zu dieser Thematik weiterhin der Lehre und vor allem der Rechtsprechung überlassen.

6. Abschließend ist der Vollständigkeit halber darauf hinzuweisen, dass es sich bei § 905 Abs. 3 um dispositives Gesetzesrecht handelt, dem vertragliche Vereinbarungen über den Gefahrenübergang vorgehen.

 

Zu Z 3 (§ 1420)

In dieser Bestimmung ist der in Klammer gesetzte Verweis auf § 905 auf die ersten beiden Absätze dieses Paragraphen einzuschränken, weil der neue Abs. 3 des § 905 keine Zweifelsregel über den Ort oder die Art der Leistung enthält. Der in dieser Klammer ebenfalls enthaltene Verweis auf § 907a Abs. 1 bleibt unberührt. Schließlich wird bei dieser Gelegenheit das Klammerzitat – entsprechend einer berücksichtigungswürdigen Anregung aus der Wissenschaft (Stabentheiner in Kletečka/Schauer, ABGB-ON 1.01 § 1420 Rz 1) – einerseits um § 906 und andererseits um § 907b ABGB ergänzt.

 

Zu Z 4 (§ 1503)

Die Regelungen über das Inkrafttreten von Änderungen des ABGB und zu übergangsrechtlichen Fragen dazu werden seit 1. Februar 2013 in den neuen § 1503 eingestellt. Dies gilt daher auch für die mit diesem Gesetz herbeigeführten Änderungen des ABGB. Sie sollen zum selben Zeitpunkt in Kraft treten wie die Umsetzungsbestimmungen zur Verbraucherrechte-Richtlinie im Konsumentenschutzgesetz und im Fern- und Auswärtsgeschäfte-Gesetz. Übergangsregelungen sind dazu nicht vonnöten, weil mit den Änderungen der §§ 429, 905 und 1420 keine inhaltliche Änderung der Rechtslage einhergeht.

 

 

Zu Artikel 2 (Änderung des Konsumentenschutzgesetzes)

 

Zu Z 1 (§ 3)

1. § 3 sieht – entsprechend der früheren Haustürgeschäfte-Richtlinie – ein Rücktrittsrecht für so genannte Haustürgeschäfte vor, das im österreichischen Rechtsleben schon seit langem etabliert ist und darin eine bedeutende Rolle spielt. Später kam dann im österreichischen Konsumentenschutzrecht das in Umsetzung der Fernabsatzrichtlinie geschaffene Rücktrittsrecht für Fernabsatzgeschäfte (§§ 5e ff. KSchG) hinzu, das sich in seiner Konzeption in mehrfacher Hinsicht vom Rücktrittsrecht in § 3 unterschied. Die Verbraucherrechte-Richtlinie hat nun auf europäischer Ebene die Regulative und damit auch die Rücktrittsrechte für außerhalb von Geschäftsräumen geschlossene Verträge (diese entsprechen den Haustürgeschäften) und Fernabsatzverträge vereinheitlicht und das Rechtsinstitut des Widerrufs gegenüber den Vorgängerrichtlinien in vielerlei Hinsicht modifiziert. Aus dem Blickwinkel des österreichischen Rechts treten nun diese neuen Richtlinienregelungen für Fernabsatzverträge (abgekürzt „FAV“) und Außer-Geschäftsraum-Verträge (abgekürzt „AGV“) bzw. die dafür in einem neuen Fern- und Auswärtsgeschäfte-Gesetz zu schaffenden Umsetzungsnormen zur Gänze an die Stelle der bisherigen §§ 5a ff. KSchG, durch die seinerzeit die Fernabsatzrichtlinie umgesetzt worden war.

Anders verhält es sich hingegen bei außerhalb von Geschäftsräumen geschlossenen Verträgen. Bei ihnen unterscheidet sich die neue europäische Rechtslage hinsichtlich des Widerrufsrechts grundlegend von der österreichischen, und zwar nicht nur in der Ausgestaltung des Rechtsinstituts, sondern auch und vor allem in seinem Anwendungskreis. Während nämlich das österreichische Rücktrittsrecht bei Haustürgeschäften grundsätzlich ohne wesentliche Einschränkungen gilt und im Kern nur bei einer Anbahnung durch den Verbraucher nicht zusteht, enthält die Verbraucherrechte-Richtlinie einen ganzen Katalog von ausgenommenen Vertragsarten, bei denen das Widerrufsrecht daher nicht gilt (vgl. dazu Lurger, Widerrufsrechte, in P. Bydlinski/Lurger [Hrsg], Die Richtlinie über die Rechte der Verbraucher [2012] 53 [63 ff.]). Zur Vermeidung beträchtlicher Lücken im Verbraucherschutz ist es daher erforderlich, das genuin österreichische Rücktrittsrecht für das Haustürgeschäft in § 3 KSchG neben den Umsetzungsnormen für das europäische, vereinheitlichte Widerrufsrecht für FAV und AGV aufrecht zu erhalten. Hätte man es nämlich sozusagen entsorgt, so wäre für den weiten Bereich der von der Verbraucherrechte-Richtlinie und ihrem Widerrufsrecht ausgenommenen Vertragsarten ein bisher in der österreichischen Rechtsordnung existenter Verbraucherschutzmechanismus (nämlich eben das Rücktrittsrecht) ohne adäquaten Ersatz beseitigt worden, was einen empfindlichen Einschnitt in den bisherigen Verbraucherschutzstandard bedeutet hätte.

2. Das Rücktrittsrecht nach § 3 KSchG bleibt also grundsätzlich in seiner bisherigen Ausgestaltung bestehen. Dabei wird es aber partiell mit den Umsetzungsbestimmungen zu den Artikeln 9 ff der Richtlinie im Fern- und Auswärtsgeschäfte-Gesetz harmonisiert. Denn die Koexistenz zweier völlig unterschiedlich konzipierter Rücktrittsrechte wäre sowohl für Unternehmer als auch für Verbraucher in hohem Maße verwirrend und undurchschaubar, zumal ja auch die Beurteilung, ob ein bestimmtes Rechtsgeschäft dem einen oder dem anderen Rücktrittsregime unterliegt, aufgrund der komplexen Anwendungsvorgaben der Richtlinie für den juristischen Laien recht schwierig sein kann. Deshalb wird nun eine gewisse Angleichung des § 3 KSchG an die Umsetzungsbestimmungen der §§ 11 bis 13 FAGG vorgenommen.

(i) Erstens wird die Rücktrittsfrist von einer Woche auf 14 Tage verlängert. (ii) Zweitens wird der Beginn des Laufs der Rücktrittsfrist zwar – wie bisher – an die Ausfolgung einer Informationsurkunde mit Rücktrittsbelehrung geknüpft, dafür aber zugleich – dem Ergebnis nach wie in § 11 Abs. 2 FAGG – ein frühestmöglicher Zeitpunkt vorgesehen, nämlich bei Kaufverträgen über Waren der Tag, an dem der Verbraucher den Besitz an der Ware erlangt (die feingliedrigen Differenzierungen in den verschiedenen Litterae des § 11 Abs. 2 Z 2 FAGG wurden hier zur Textentlastung nicht übernommen; die Rechtsanwendung wird die sich allenfalls stellenden Fragen auch ohne diese Detailregelungen im Gesetz zu lösen wissen), bei allen anderen Verträgen der Tag des Vertragsabschlusses. Wenn also etwa bei einem Dienstleistungsvertrag dem Verbraucher die Informationsurkunde schon vor dem Vertragsabschluss übergeben wird, beginnt die 14-tägige Rücktrittsfrist gleichwohl erst mit dem Zustandekommen des Vertrags zu laufen. Wird die Urkunde umgekehrt erst nach Vertragsabschluss ausgefolgt, so läuft die 14-Tages-Frist ab dieser Ausfolgung. Für die Unterscheidung zwischen einem Warenkaufvertrag und einem sonstigen Vertrag kommt es auf das Schwergewicht der dem Unternehmer obliegenden Hauptleistung an; so wird etwa ein Vertrag über Reparaturarbeiten in einer Wohnung nicht dadurch zu einem Warenkaufvertrag, dass der Unternehmer dafür notwendige Materialien (z.B. neue Schalter, Kabel und Sicherungen für die zu sanierende Elektroanlage) beistellt. (iii) Drittens wird eine dem § 12 FAGG entsprechende zeitliche Höchstgrenze für die Ausübung des Rücktrittsrechts eingezogen; nach Ablauf von zwölf Monaten und 14 Tagen ab Vertragsabschluss bzw. Warenerhalt kann der Verbraucher nicht mehr zurücktreten. Eine Ausnahme gilt für Versicherungsverträge; bei ihnen endet die Rücktrittsfrist – wie bisher – einen Monat nach Zustandekommen des Vertrags. (iv) Und viertens kann der Verbraucher den Rücktritt formfrei erklären; das bisherige Schriftformgebot entfällt.

3. Erweitert werden die in Abs. 3 geregelten Ausnahmen vom Rücktrittsrecht. (i) Zum einen sind diejenigen Verträge, die dem Kapitel III der Verbraucherrechte-Richtlinie und damit dem Fern- und Auswärtsgeschäfte-Gesetz als Umsetzungsnorm zu diesem Kapitel unterliegen, vom Anwendungsbereich des § 3 KSchG auszunehmen (Abs. 3 Z 4), weil für diese Verträge das vollharmonisierte Regime der Richtlinie zum Tragen kommt. (ii) Zum anderen werden die Mindestbeträge in der schon bisher geltenden Ausnahmeregelung in Abs. 3 Z 3 aufgrund der Geldwertenwicklung seit dem Jahr 1997 (vgl. das Bundesgesetz BGBl. I Nr. 6/1997) auf 25 und 50 Euro erhöht. (iii) Und schließlich wird mit der neuen Ausnahme in Abs. 3 Z 5 (für den Fall der Abgabe der Vertragserklärung des Verbrauchers in Abwesenheit des Unternehmers) für das Rücktrittsrecht nach dem KSchG eine Abgrenzung getroffen, die der Definition des AGV in Artikel 2 Z 8 der Richtlinie (vgl. § 3 Z 1 FAGG) entspricht; dort wird nämlich auf die gleichzeitige körperliche Anwesenheit des Unternehmers und des Verbrauchers abgestellt. Mit der Gegenausnahme (der Verbraucher wird vom Unternehmer zur Abgabe der Vertragserklärung gedrängt) wird der derzeitige Schutzbestand (vgl. OGH 7 Ob 78/04b) aufrecht erhalten; es soll also – trotz fehlender gleichzeitiger körperlicher Anwesenheit – ein Rücktritt möglich sein, wenn eine Überrumpelungs- oder sonstige Drucksituation gegeben ist; dies wird mit dem Ausdruck „gedrängt“ umschrieben.

Das Anbahnungselement des Abs. 3 Z 1 bleibt durch die Neufassung des § 3 unberührt. Mit dieser Neufassung soll nämlich am Verständnis von der Geschäftsanbahnung durch den Unternehmer als grundlegende Voraussetzung des Rücktrittsrechts österreichischer Prägung nichts geändert werden, auch wenn die Verbraucherrechte-Richtlinie und damit auch die Begriffsbestimmung des § 3 Z 1 FAGG dieses Anbahnungselement nur in Ansätzen enthalten.

4. Künftig wird es also – für den jeweiligen Anwendungsbereich – ein Rücktrittsrecht nach § 3 KSchG und ein Rücktrittsrecht nach §§ 11 ff. FAGG geben. Wenn ein Anwendungsfall des Letzteren vorliegt, kann wegen der abgrenzenden Ausnahme des § 3 Abs. 3 Z 4 KSchG Ersteres nicht zum Tragen kommen. Wenn eine bestimmte Konstellation aber deshalb vom Rücktrittsrecht nach §§ 11 ff. FAGG nicht erfasst wird, weil sie nicht unter die Definition des AGV in Artikel 2 Z 8 der Richtlinie bzw. des § 3 Z 1 FAGG fällt, ist nach dem bisherigen Meinungsstand zu § 3 KSchG zu prüfen, ob der Fall unter diese Bestimmung zu subsumieren ist. Dies könnte beispielsweise zu bejahen sein, wenn Verbraucher durch irreführende Angaben des Unternehmers dazu veranlasst wurden, dessen Geschäftslokal zu betreten (wenn etwa in einer Annonce eine Gratisleistung oder ein Nebenjob verheißen wird, die so angelockten Verbraucher dann im Geschäftsraum aber einen für sie entgeltpflichtigen Vertrag schließen).

5. Auch für das Rücktrittsrecht nach § 3 Abs. 5 KSchG ist eine klare Grenzziehung zum Rücktrittsrecht nach §§ 11 ff. FAGG vorzunehmen. Bei dieser Gelegenheit soll die etwas schwer verständliche Bestimmung durch eine textliche Aufgliederung ihrer drei Anknüpfungsmomente klarer gefasst werden.

 

Zu Z 2 (§ 5a)

1. Mit dieser Bestimmung wird das Kapitel II der Verbraucherrechte-Richtlinie umgesetzt, das nur aus Artikel 5 besteht, der als völliges Novum im Unionsrecht allgemeine Informationspflichten des Unternehmers im Zusammenhang mit Verbraucherverträgen außerhalb von Fernabsatz- und Haustürgeschäften statuiert.

2. Abs. 1 übernimmt die Anordnungen von Artikel 5 Abs. 1 der Richtlinie über die Informationspflicht und die einzelnen Informationselemente inhalts- und im Wesentlichen auch wortgleich. An manchen Stellen werden gewisse Modifikationen zur Adaptierung an die österreichische Rechtsterminologie vorgenommen, wie etwa in Z 2 („den Namen oder die Firma“ des Unternehmers anstelle von „Identität“ und „Handelsnamen“ wie in der Richtlinie). Die Regelung enthält keine Bestimmung darüber, in welcher Weise die Informationspflichten zu erfüllen sind; im Besonderen werden keine Formvorschriften statuiert. Deshalb können diese Pflichten etwa auch durch einen für die Kunden ohne weiteres einsehbaren Aushang, aber auch etwa mündlich erfüllt werden.

3. In Abs. 1 Z 3 wird grundsätzlich die Angabe des „Gesamtpreises“ der Ware oder Dienstleistung einschließlich aller Abgaben verlangt. Wenn der Gesamtpreis vernünftigerweise nicht im voraus berechnet werden kann, ist die Art der Preisberechnung bekannt zu geben. Ein solcher Fall wird etwa bei Verträgen über Dauerrechtsverhältnisse mit unbestimmter Laufzeit gegeben sein. Hier wird vom Unternehmer wohl nur zu verlangen sein, dass er die auf bestimmte Zeiträume – wie etwa Monate –bezogenen Gesamtkosten (allenfalls, wenn die Höhe des Entgelts von der Intensität der Inanspruchnahme durch den Verbraucher abhängt, auch nur das Mindestentgelt) nennt. Dieser Gedanke findet sich auch im Regulativ für Fern- und Auswärtsgeschäfte, nämlich in § 4 Abs. 1 Z 5 FAGG.

Wenn die Höhe der Abgaben im Vorhinein nicht exakt beziffert werden kann, wie zum Beispiel bei altersabhängigen Ortstaxen im Zusammenhang mit der Anbietung von Tourismusleistungen, muss allenfalls mit der gesonderten Ausweisung der solcherart differenziert anfallenden Abgaben das Auslangen gefunden werden.

4. Der in Abs. 1 Z 5 erwähnte „Hinweis auf das Bestehen eines gesetzlichen Gewährleistungsrechts“ bedeutet nicht etwa, dass das von Gesetzes wegen bestehende Gewährleistungsrecht im Einzelnen dargestellt werden müsste, dass also beispielsweise die einzelnen Gewährleistungsbehelfe angeführt werden müssten.

5. Mit den in Abs. 1 Z 7 angeführten „technischen Schutzmaßnahmen“ (Richtlinienvorbild dafür: Artikel 5 Abs. 1 Buchstabe g) sind vor allem solche zu verstehen, die der Verletzung von Urheberrechten oder ähnlichen Rechtspositionen entgegenwirken sollen, also etwa ein „Kopierschutz“. Erwägungsgrund 19 der Richtlinie spricht in diesem Zusammenhang vom „Schutz mittels digitaler Rechteverwaltung oder Regionalcodierung“. Unter der „Funktionsweise“ digitaler Inhalte ist demnach die Information darüber zu verstehen, wie digitale Inhalte verwendet werden können, „etwa für die Nachverfolgung des Verhaltens des Verbrauchers“.

6. Unter dem Begriff der „Interoperabilität“ digitaler Inhalte mit Hard- und Software im Sinn von Abs. 1 Z 8 (Richtlinienvorbild dazu: Artikel 5 Abs. 1 Buchstabe h) ist nach dem Erwägungsgrund 19 der Richtlinie „die Information in Bezug auf die standardmäßige Umgebung an Hard- und Software“ zu verstehen, „mit der die digitalen Inhalte kompatibel sind, etwa das Betriebssystem, die notwendige Version und bestimmte Eigenschaften der Hardware“.

7. Abs. 2 nimmt eine Reihe von Vertragsarten von der Informationsverpflichtung aus. Alle diese Ausnahmen haben ihren Ursprung in der Richtlinie.

8. Mit Z 1 wird von der Ausnahmeoption in Artikel 5 Abs. 3 der Richtlinie für sofort erfüllte Geschäfte des täglichen Lebens Gebrauch gemacht; zu den dafür maßgebenden Erwägungen sei auf die Ausführungen in Punkt C.3 des Allgemeinen Teils dieser Erläuterungen hingewiesen. Unter den Begriff der Geschäfte des täglichen Lebens fallen jedenfalls etwa Lebensmitteleinkäufe oder der Einkauf von anderen Waren des täglichen Bedarfs, wie etwa von Sanitärartikeln oder Zeitungen, allenfalls auch – dies wohl abhängig von der Höhe des Preises – der Kauf von Sport- oder Modeartikeln oder von Elektrogeräten (Stabentheiner/Cap, Die neue Verbraucherrechte-Richtlinie, ÖJZ 2011, 1045 [1055]; Schwarzenegger, Informationspflichten, in P. Bydlinski/Lurger, Die Richtlinie über die Rechte der Verbraucher, 25 [28 f.] mwN). Eine Abgrenzungsmöglichkeit könnte auch im Aspekt der regelmäßigen Wiederkehr eines solchen Geschäfts im üblichen Lebensvollzug gelegen sein, der ja dem Begriff des „täglichen Lebens“ wohl immanent ist.

9. In Z 2 werden weiters solche Verträge ausgenommen, die dem Fern- und Auswärtsgeschäfte-Gesetz unterliegen, weil diese von Artikel 5 der Richtlinie nicht umfasst sind (vgl. die Überschrift von Artikel 5 und den Einleitungssatz von dessen Abs. 1); für Fern- und Auswärtsgeschäfte sieht die Richtlinie in ihrem Artikel 6 ja eigene Informationspflichten vor, die über jene von Artikel 5 noch deutlich hinausgehen.

10. Schließlich werden in den Z 3 bis 15 des Abs. 2 jene Verträge von der Informationspflicht ausgenommen, die gemäß Artikel 3 Abs. 3 der Richtlinie nicht zu deren Geltungsbereich gehören, weil im Rahmen der innerstaatlichen Umsetzung kein Anlass dafür gesehen wird, die allgemeinen Informationspflichten der Richtlinie erstreckend auch auf solche Bereiche auszudehnen, die von der Richtlinie gar nicht erfasst sind.

11. Die Regelung in Artikel 5 Abs. 2 der Richtlinie über die Geltung der Informationspflichten auch für Bezugsverträge und nicht auf einem körperlichen Datenträger gelieferte digitale Inhalte bedarf keiner Umsetzung, weil § 5a Abs. 1 KSchG grundsätzlich – sofern keine der in Abs. 2 aufgelisteten Ausnahmen vorliegt – ohnehin für alle Verbraucherverträge gilt. Für die Geltung dieser Bestimmung kommt es somit nicht darauf an, ob ein Unternehmer-Verbraucher-Geschäft nach der Hauptleistungspflicht des Unternehmers nun als Kaufvertrag, als Dienstleistungsvertrag oder als Vertrag sui generis qualifiziert wird.

12. Der Norminhalt des bisherigen § 5a, der die in Umsetzung der Fernabsatzrichtlinie im Konsumentenschutzgesetz geschaffenen Regelungen einleitete, hat im Konsumentenschutzgesetz zu entfallen, weil die Regelungen zur Umsetzung der neuen Richtlinie im Fern- und Auswärtsgeschäfte-Gesetz zusammengefasst sind.

 

Zu Z 3 (§ 5b)

1. Die Regelungen in Abs. 1, 2, 3 und 5 des bisherigen § 5e haben zu entfallen. Es handelte sich dabei um Bestimmungen zum Rücktrittsrecht bei Fernabsatzverträgen, das allerdings nun durch die Verbraucherrechte-Richtlinie einem vollharmonisierten Regime unterworfen wurde. Die Umsetzungsregelungen dazu werden im Fern- und Auswärtsgeschäfte-Gesetz getroffen (§§ 11 ff. leg. cit.). Deshalb sind die eingangs aufgelisteten Absätze des bisherigen § 5e obsolet und aus dem Regelungsbestand des Konsumentenschutzgesetzes herauszunehmen. Das gilt auch für den erst mit dem Konsumentenschutzrechts-Änderungsgesetz 2011 angefügten Abs. 5, der eine österreichische Sonderregelung zur Rücktrittsfrist im Fall des so genannten „Cold Calling“ enthielt. An dieser Stelle ist darauf hinzuweisen, dass die Richtlinie in ihrem Artikel 8 Abs. 6 für telefonisch ausgehandelte Verträge eine Regelungsoption über Formgebote enthält, von der in § 9 Abs. 2 des Fern- und Auswärtsgeschäfte-Gesetzes Gebrauch gemacht wird. Die Aufrechterhaltung einer Sonderbestimmung über die Rücktrittsfrist bei Cold Calling wäre aber aufgrund der vollharmonisierten Anordnungen der Richtlinie zu diesem Thema unionsrechtswidrig.

2. Wohl aber kann der bisherige § 5e Abs. 4 aufrecht erhalten werden, wonach telefonisch geschlossene Verträge, die im Zusammenhang mit Gewinnzusagen oder Wett- und Lotteriedienstleistungen stehen, unter bestimmten Voraussetzungen nichtig sind. Eine solche Regelung ist auch im Lichte der Richtlinie weiterhin zulässig, weil zum einen die Richtlinie das allgemeine Vertragsrecht der Mitgliedstaaten und damit auch deren Bestimmungen über die Wirksamkeit von Verträgen unberührt lässt (vgl. Artikel 3 Abs. 5 der Richtlinie), zum anderen Verträge über Glücksspiele vom Anwendungsbereich der Richtlinie ausgenommen sind (Artikel 3 Abs. 3 Buchstabe c der Richtlinie) und drittens die Richtlinie Fragen zu Gewinnzusagen in keiner Facette anspricht. Um den in Österreich bereits existierenden Verbraucherschutzstandard im Zuge der Richtlinienumsetzung so weit wie möglich zu bewahren, wird der bisherige Abs. 4 als künftig einziger Norminhalt des (bisherigen) § 5e beibehalten. Dieser Absatz wird jedoch – um eine unnötige Leerstelle zu vermeiden – als neuer § 5b „vorverlegt“.

3. In ihrer bisherigen Fassung war diese Bestimmung auf Verträge eingeschränkt, die während eines gemäß § 107 Abs. 1 TKG 2003 unzulässigen Anrufs ausgehandelt wurden, also auf Verträge, die sich als Folge von Cold Calling darstellten. Schon während der kurzen Geltungsdauer dieser Bestimmung erwies sich dieser Regelungsansatz in der Praxis als zu eng. Oft werden nämlich solche Akquisitionsanrufe lange nach einer irgendwann einmal vom Verbraucher in einem ganz anderen Zusammenhang gegebenen Zustimmungserklärung getätigt, die dem Verbraucher möglicherweise gar nicht mehr erinnerlich ist; oft stellen sich in diesem Kontext für den Verbraucher auch erhebliche Beweisprobleme. Diese und andere Unzukömmlichkeiten spielen aber keine Rolle, wenn für die Anwendbarkeit von § 5b kein Trennstrich zwischen zulässigen und unzulässigen Anrufen gezogen wird. Aus diesen Gründen wird der Anwendungskreis der Bestimmung nun weiter gezogen und wird künftig alle Verträge im Zusammenhang mit Gewinnzusagen oder Wett- und Lotteriedienstleistungen umfassen, die während eines vom Unternehmer eingeleiteten Ferngesprächs ausgehandelt wurden, unabhängig davon, ob es sich dabei (erwiesenermaßen) um unzulässige Anrufe des Unternehmers handelt oder nicht (vgl. allerdings die weiterhin auf § 107 Abs. 1 TKG 2003 abstellende, inhaltlich konnexe Regelung des § 9 Abs. 2 FAGG).

 

Zu Z 4 (Aufhebung der §§ 5c bis 5i; Verschiebung des § 5j)

Diese Bestimmungen dienten der Umsetzung der früheren Fernabsatzrichtlinie. Da auf unionsrechtlicher Ebene das Fernabsatzregime in die Verbraucherrechte-Richtlinie aufgenommen wurde und die österreichischen Umsetzungsregelungen dazu im neuen Fern- und Auswärtsgeschäfte-Gesetz getroffen werden, haben die früheren Umsetzungsbestimmungen im Konsumentenschutzgesetz zu entfallen. Gleiches gilt für die nicht mehr zutreffende Überschrift „Vertragsabschlüsse im Fernabsatz“ vor den bisherigen §§ 5a bis 5j. Der inhaltlich aufrecht bleibende § 5j rückt gleichsam vor und erhält nun die neue Paragraphenüberschrift „§ 5c.“ sowie die neue Überschrift „Verbindlichkeit von Gewinnzusagen“.

 

Zu Z 5 (§§ 6b und 6c)

A. Zu § 6b

1. Diese Bestimmung dient der Umsetzung von Artikel 21 der Richtlinie, wonach der Verbraucher nicht verpflichtet ist, bei einer telefonischen Kontaktaufnahme mit dem Unternehmer „mehr als den Grundtarif“ zu zahlen, wenn der Unternehmer eine Telefonleitung eingerichtet hat, „um mit ihm im Zusammenhang mit dem geschlossenen Vertrag telefonisch Kontakt aufzunehmen“. Dieser Artikel kam über Initiative des Europäischen Parlaments in die Richtlinie (vgl. Stabentheiner/Cap, Die neue Verbraucherrechte-Richtlinie, ÖJZ 2012, 53 [57]) und war nicht Gegenstand näherer Erörterungen zwischen den Unionsorganen. Er wird auch in den Erwägungsgründen der Richtlinie nicht näher erläutert. Die Umsetzungsbestimmung des § 6b stellt zunächst im ersten Satz klar, dass der Unternehmer selbst für derartige Anrufe kein Entgelt verlangen darf. Im zweiten Satz wird dann auf das Verhältnis zwischen dem Verbraucher und dem Telekommunikationsdienstleister eingegangen und entsprechend dem Artikel 21 der Richtlinie klargestellt, dass das – auch außerhalb einer solchen Konstellation bestehende – Recht von Telekommunikationsdienstleistern, Entgelte für solche Anrufe zu verrechnen, unberührt bleibt. Im Verhältnis zwischen Verbraucher und Telekommunikationsdienstleister kommt nun die Beschränkung der Richtlinie auf den „Grundtarif“ ins Spiel. Da der in Artikel 21 verwendete Terminus „Grundtarif“ weder auf europäischer Ebene noch im österreichischen Recht definiert ist, musste im Rahmen der Umsetzung anstelle dieses unklaren Begriffs ein anderer Anknüpfungspunkt gefunden werden. § 6b zweiter Satz nimmt daher anstelle einer Verwendung dieses Begriffs auf die „Entgelte für die eigentliche Kommunikationsdienstleistung“ Bezug. Damit soll zum Ausdruck gebracht werden, dass dem Verbraucher zwar nicht etwa eine gebührenfreie Telefonverbindung bereitgestellt werden muss, dass es aber unzulässig wäre, vom Verbraucher – etwa in Gestalt einer Mehrwertnummer – ein Entgelt für den Anruf zu verlangen. Daher ist auch die Einschaltung eines Call-Centers unzulässig, wenn damit für den Verbraucher im Fall eines Anrufs höhere Kosten verbunden sind, als sie im Rahmen seines konkreten Telefonvertrags für die eigentliche Kommunikationsdienstleistung anfallen. Dabei macht es keinen Unterschied, ob das zusätzliche Entgelt nach der jeweiligen Konstruktion nur dem Kommunikationsdienstleister oder aufgrund einer entsprechenden Vereinbarung mit diesem ganz oder teilweise auch dem Unternehmer zufließen soll.

2. Im Rahmen der Umsetzung wurde auch die sprachlich etwas verunglückte Infinitivgruppe am Ende des ersten Unterabsatzes von Artikel 21 der Richtlinie umformuliert, um klarer herauszuarbeiten, was der Richtliniengeber damit gemeint hat: Es geht darum, dass der Unternehmer im Zusammenhang mit seinen Leistungen und den darüber mit seinen Kunden geschlossenen Verträgen einen Telefonanschluss einrichtet, der es den Kunden ermöglicht, sich mit Anfragen, Wünschen oder Beschwerden telefonisch an den Unternehmer zu wenden. Gemeint sind also „Servicetelefone“, „Kunden-Hotlines“ und ähnliche Einrichtungen, bei denen den Verbrauchern die Telefonnummer, unter der sie einen solchen Service in Anspruch nehmen können, häufig auch prominent zur Kenntnis gebracht wird. Aus Unternehmersicht liegt darin nicht nur eine Kundendienstleistung, sondern auch die Möglichkeit, die Inanspruchnahme durch solche Anfragen und Beschwerden von Verbrauchern gleichsam zu kanalisieren. Wenn dies geschieht, sollen die Verbraucher aber vor überhöhten Zahlungen dafür bewahrt werden. Zulässig ist also nur die Anlastung der Entgelte für die eigentliche Kommunikationsdienstleistung.

Nur am Rande sei erwähnt, dass in § 6b nicht – wie in der Richtlinie – von „Telefonleitung“, sondern von „Telefonanschluss“ die Rede ist, um damit deutlicher zum Ausdruck zu bringen, dass nicht bloß leitungsgebundene Festnetzanschlüsse, sondern auch Mobilfunkanschlüsse erfasst sind.

3. Telefonnummern, die den Vorgaben des § 6b jedenfalls entsprechen, wären derzeit beispielsweise geographische Rufnummern („Festnetznummern“) oder Nummern, die mit „05“ beginnen, umso mehr selbstverständlich die Gratisrufnummern, die mit „0800“ beginnen. Nicht in Einklang zu bringen mit dieser Bestimmung wäre derzeit die Verwendung von Rufnummern, die mit „09“ beginnen.

 

B. Zu § 6c

1. Diese Bestimmung dient der Umsetzung von Artikel 22 der Richtlinie über „zusätzliche Zahlungen“. Nach dieser Bestimmung bedarf jede Extrazahlung, die über das vereinbarte Entgelt für die Hauptleistungspflicht des Unternehmers hinausgeht, einer ausdrücklichen Zustimmung des Verbrauchers. Den Unternehmer trifft die Obliegenheit, diese ausdrückliche Zustimmung einzuholen, bevor der Verbraucher durch den Vertrag oder das Angebot gebunden ist (erster Satz von Artikel 22). Weiters ist vorgesehen, dass der Verbraucher Anspruch auf Erstattung der Extrazahlung hat, wenn der Unternehmer keine ausdrückliche Zustimmung eingeholt, sondern die Zustimmung dadurch herbeigeführt hat, dass er Voreinstellungen verwendet hat, die vom Verbraucher abgelehnt werden müssen, wenn er die zusätzliche Zahlung vermeiden will (zweiter Satz von Artikel 22).

In den Erwägungsgründen der Richtlinie werden diese Regelungen nicht näher erläutert.

2. Der zweite Satz von Artikel 22 der Richtlinie ist zwar seinem Wortlaut nach auf den Sonderfall der Verwendung von „Voreinstellungen“ eingeschränkt, doch wird aus dem Gesamtzusammenhang der Bestimmung deutlich, dass die darin angeordnete Rechtsfolge – dass nämlich der Verbraucher Anspruch auf Rückerstattung seiner Zahlung hat – auf alle Fälle des Fehlens einer ausdrücklichen Zustimmung des Verbrauchers zur zusätzlichen Zahlung anzuwenden ist. Auch ist aus der Richtlinienregelung zweifelsfrei abzuleiten, dass den Verbraucher bei Fehlen seiner ausdrücklichen Zustimmung auch keine Pflicht zur Leistung der zusätzlichen Zahlung trifft. Die Richtlinienregelung setzt ja bereits bei einer geschehenen Zahlung des Verbrauchers an; umso mehr ist eine Zahlungspflicht des Verbrauchers zu verneinen, wenn er die Extrazahlung noch nicht entrichtet hat (vgl. P. Bydlinski, Allgemeines Verbrauchervertragsrecht, in P. Bydlinski/Lurger, Die Richtlinie über die Rechte der Verbraucher, 99 [121 f.]; Stabentheiner, Zur Umsetzung der Verbraucherrechte-Richtlinie in Österreich, ebendort, 127 [148]).

3. Dieses Verständnis wird der Umsetzung der Richtliniennorm in § 6c zugrunde gelegt. In Abs. 1 wird klargestellt, dass die ausdrückliche Zustimmung des Verbrauchers ein essentielles Erfordernis für die Wirksamkeit jener Vereinbarung ist, mit der sich der Verbraucher zu weiteren Zahlungen verpflichtet. Das Fehlen einer solchen ausdrücklichen Zustimmung führt also zur Unwirksamkeit dieser Vereinbarung. Allerdings handelt es sich dabei um eine gleichsam „schwebende“ Unwirksamkeit (wie sie im österreichischen Recht im Zusammenhang mit mangelnder Geschäftsfähigkeit bekannt ist), zumal in Abs. 3 dem Verbraucher eine Sanierungsmöglichkeit durch nachträgliche Zustimmung an die Hand gegeben wird.

Gerade im Zusammenhang mit dem schon behandelten Sonderfall der „Voreinstellungen“, auf den der Richtliniengeber im zweiten Satz von Artikel 22 Bezug nimmt, stellt sich hier die Frage, was unter einer „ausdrücklichen Zustimmung“ des Verbrauchers zu verstehen ist, in einem besonderen Licht (vgl. dazu Stabentheiner/Cap, Die neue Verbraucherrechte-Richtlinie, ÖJZ 2012, 53 [57]). Nach allgemeinem Verständnis (§ 863 ABGB) wäre die ausdrückliche Zustimmung bloß als Gegensatz zur stillschweigenden Einwilligung zu sehen; und demnach wäre auch die Einwilligung zu einer vom Unternehmer bereits vorformulierten Erklärung von diesem Begriffsverständnis erfasst. Sogar ein Weiterklicken einer Internetseite des Unternehmers, auf der eine „Voreinstellung“ (zum Beispiel das bereits angekreuzte „Ja“ bei der Zustimmung zu einer kostenpflichtigen Zusatzleistung) eingerichtet ist, wäre demnach wohl als ausdrückliche Zustimmung zu qualifizieren. Der zweite Satz von Artikel 22 der Richtlinie zeigt aber deutlich, dass der Richtliniengeber derartige Vorgänge vom Terminus „ausdrückliche Zustimmung“ nicht erfasst sehen wollte.

Mit dem Begriff „Ausdrücklichkeit“ in § 6c Abs. 1 ist also anderes gemeint als nach herkömmlichem nationalen Verständnis. Dies wird bei Umsetzung der Richtlinie dadurch zum Ausdruck gebracht, dass in § 6c Abs. 1 zweiter Satz entsprechend der Vorgabe der Richtlinie beispielhaft klargestellt wird, dass die bloße Nichtablehnung von Voreinstellungen für das Ausdrücklichkeitserfordernis nicht ausreicht.

Zur Klarstellung sei erwähnt, dass unter den Begriff der „Zusatzleistung“ im Sinn des Abs. 1 nicht etwa solche Nebenkosten fallen, die notwendigerweise mit der Erfüllung des Vertrags verbunden sind, wie zum Beispiel die Versandkosten bei Lieferung einer Ware an die Anschrift des Verbrauchers. Nicht anders wäre etwa der Fall zu beurteilen, dass zunächst ein Vertrag mit einer bestimmt umschriebenen Vertragsleistung abgeschlossen wird und der Verbraucher in der Folge während des laufenden Vertragsverhältnisses zusätzliche Leistungen bestellt; auch ein solcher Ablauf wäre nicht dem § 6c zu unterstellen. Nur zur Klarstellung zu einer im Begutachtungsverfahren aufgeworfenen Frage sei erwähnt, dass – selbstverständlich – solche Zahlungen, die der Verbraucher wegen Nichterfüllung seiner Vertragspflichten zu leisten hat (wie zum Beispiel Verzugszinsen bei Zahlungssäumnis), ebenfalls kein Anwendungsfall des § 6c KSchG sind.

4. In Abs. 2 wird entsprechend dem letzten Halbsatz von Artikel 22 der Richtlinie angeordnet, dass der Unternehmer dem Verbraucher bei Fehlen der erforderlichen Zustimmung geleistete zusätzliche Zahlungen zu erstatten hat. Dies bezieht sich also auf den Fall, dass der Verbraucher bereits eine Zusatzzahlung entrichtet hat (sei es aufgrund aktiver Tätigung der Zahlung, sei es etwa durch Belastung seiner Kreditkarte); hier kann der Verbraucher den entsprechenden Betrag zurückfordern. Ist es noch zu keiner Zusatzzahlung gekommen, braucht der Verbraucher – das ergibt sich aus dem zuvor dargelegten Verständnis von Artikel 22 zweiter Satz der Richtlinie – auch keine zusätzliche Zahlung zu leisten. Die fehlende Zahlungspflicht ist die Folge der Unwirksamkeit der Zusatzvereinbarung.

5. Die Richtlinie lässt das Schicksal der unwirksamen Vereinbarung über die Zusatzleistung offen. Im Besonderen enthält sie keine Regelung darüber, ob und in welcher Weise die Unwirksamkeit der Vereinbarung saniert werden kann. In Abs. 3 wird diese Frage einer Regelung zugeführt, indem dem Verbraucher die Möglichkeit eingeräumt wird, eine nach Abs. 1 unwirksame Vereinbarung durch nachträgliche Zustimmung zu heilen. Es mag ja durchaus sein, dass der Verbraucher tatsächlich Interesse an dieser Zusatzleistung hat und sie in Anspruch nehmen möchte. In diesem Fall sollte man ihm das nicht verwehren, zumal auch kein dagegen sprechendes Rechtsschutzbedürfnis des Verbrauchers zu erkennen ist. Der Verbraucher kann deshalb die Wirksamkeit der Vereinbarung im Nachhinein durch seine Zustimmung herbeiführen und die Zusatzleistung in Anspruch nehmen. Dazu ist es freilich notwendig, dass die nachträgliche Zustimmung den Kriterien des Abs. 1 entspricht; der Verbraucher muss also eine „ausdrückliche Zustimmung“ im Sinn des letzten Absatzes von Punkt 2 oben erteilen.

 

Zu Z 6

A. Zu § 7a

1. Diese Bestimmung dient der Umsetzung von Artikel 18 Abs. 1 der Richtlinie. Darin wird – anwendbar nur für Kaufverträge im Sinn der Richtlinie (Artikel 17 Abs. 1) – angeordnet, dass mangels anderer Vereinbarung hinsichtlich des Zeitpunkts der Unternehmer dem Verbraucher die Waren unverzüglich, jedoch nicht später als 30 Tage nach Vertragsabschluss zu liefern hat, indem er dem Verbraucher den physischen Besitz an den Waren oder die Kontrolle über die Waren überträgt. Diese Richtlinienbestimmung enthält also sowohl eine Regelung über die Leistungsfrist als auch eine solche über die Art der Erfüllung bzw. der Übergabe. Zum zweitgenannten Regelungselement ist eine Umsetzung in die österreichische Rechtsordnung nicht erforderlich, weil diese Anordnung (Besitz oder „Kontrolle“) inhaltlich mit den Regelungen der §§ 426 ff. ABGB übereinstimmt (vgl. dazu auch die Ausführungen in Punkt D.1 des Allgemeinen Teils dieser Erläuterungen).

2. Ein Umsetzungserfordernis verbleibt daher nur noch zum zeitlichen Aspekt der Lieferung. Deshalb ordnet § 7a in Umsetzung der Richtlinie an, dass die Ware ohne unnötigen Aufschub, jedenfalls aber nicht später als 30 Tage nach Vertragsabschluss bereitzustellen oder abzuliefern ist. Der erstgenannte Fall – nämlich die Bereitstellung der Ware – bezieht sich auf die Holschuld, der zweitgenannte – Ablieferung beim Verbraucher – auf die Schickschuld und die Bringschuld. Die Bedachtnahme auf diese unterschiedlichen Arten der Schulderfüllung und damit zusammenhängend auf die verschiedenen denkbaren Erfüllungsorte spiegelt sich im Übrigen auch in der Paragraphenüberschrift wider: Darin wird nämlich nicht der in der deutschen Richtlinienfassung aufscheinende Terminus „Lieferung“ verwendet, weil dieser Begriff eher an den Fall der Warenübersendung denken lässt. Nach dem Wortlaut von Artikel 18 der Richtlinie ist diese Bestimmung aber keineswegs auf den Fall der Übersendung der Ware eingeschränkt, sondern kommt auch dann zum Tragen, wenn beispielsweise Selbstabholung durch den Verbraucher vereinbart ist. Die Bestimmung erfasst im Übrigen etwa auch Werkverträge und Werklieferungsverträge (zumal darin ja nicht etwa einschränkend auf einen bestimmten Vertragstypus – wie etwa bloß auf Kaufverträge – Bezug genommen wird). Um diesen potentiell sehr weiten Anwendungskreis der Regelung bereits in der Überschrift besser abzubilden, wird bei der Umsetzung dafür die sehr viel allgemeinere Wendung „Leistungsfrist bei Verträgen über Waren“ verwendet.

3. § 7a kombiniert also das Unverzüglichkeitsgebot mit einer zeitlichen Obergrenze für die Erfüllung der Sachschuld. Dieses Unverzüglichkeitsgebot wird – wie in § 904 und § 1334 ABGB – mit der Wendung „ohne unnötigen Aufschub“ zum Ausdruck gebracht. Es hängt jeweils von den Umständen des Geschäftsfalls, im Besonderen von der Art der Ware ab, welcher Zeitraum dem Unternehmer demnach zur Bewirkung seiner Leistungshandlung zur Verfügung steht. Im Fall des Versendungskaufs wird man vom Unternehmer in der Regel wohl die Absendung der bestellten Ware innerhalb einiger weniger Tage nach Eingang der Bestellung verlangen können, sofern nicht etwa die Ware beispielsweise erst zusammengebaut oder endgefertigt werden muss (vgl. Stabentheiner/Cap, ÖJZ 2012, 53 [54]). Die 30-tägige Obergrenze für die Bereitstellung oder Ablieferung der Ware ist als absolute Höchstfrist zu verstehen, die der Unternehmer – wenn nicht vertraglich anderes vereinbart wurde – keinesfalls überschreiten darf, also auch dann nicht, wenn sich der Einhaltung dieser Frist Schwierigkeiten etwa bei der Beschaffung oder der Herstellung der Ware entgegenstellen. Die Versäumung der Höchstfrist ist also jedenfalls eine Vertragsverletzung. Wenn der Unternehmer aufgrund der konkreten Gegebenheiten befürchten muss, seine Leistungspflicht nicht innerhalb dieser 30-tägigen Frist erfüllen zu können, so empfiehlt es sich, vertraglich eine längere Leistungsfrist vorzusehen. Dies ist durchaus zulässig, zumal es sich bei dieser Regelung – was im Verbraucherschutzrecht nur ganz ausnahmsweise der Fall ist – um dispositives Gesetzesrecht handelt. Umgekehrt wirkt die zeitliche Höchstgrenze aber nicht auf die Interpretation des Unverzüglichkeitsgebots zurück. Es wäre ein Missverständnis, die Dualität der beiden zeitlichen Elemente dahin zu interpretieren, dass dem Unternehmer jedenfalls 30 Tage zur Erbringung seiner Vertragsleistung zur Verfügung stünden. Das ist nicht der Fall: Wenn man nach den konkreten Umständen des Einzelfalls zur Auffassung kommt, dass eine Leistung ohne unnötigen Aufschub beispielsweise eine Vertragserfüllung innerhalb von einer Woche bedeutet, so ändert sich daran durch die Höchstfrist nichts; der Unternehmer würde diesfalls ungeachtet der Höchstfrist bereits nach einer Woche in Verzug geraten.

4. Nach dem zweiten Satz des Artikel 17 Abs. 1 der Richtlinie gilt die unionsrechtliche Regelung des Artikel 18 über die Lieferung nicht für Verträge über die Lieferung von Wasser, Gas oder Strom, wenn sie nicht in einem begrenzten Volumen oder in einer bestimmten Menge zum Verkauf angeboten werden, von Fernwärme oder von digitalen Inhalten, die nicht auf einem körperlichen Datenträger geliefert werden. Diese Ausnahmebestimmung ist eigentlich überflüssig, weil Artikel 18 sich nur auf die Lieferung von Waren bezieht und die oben genannten Gegenstände einer Lieferung ohnedies nicht unter den Warenbegriff der Richtlinie in deren Artikel 2 Z 3 fallen. Auch nach österreichischem Verständnis handelt es sich bei solchen Vertragsobjekten nicht um „Waren“. Daher wird etwa ein Strombezugsvertrag von § 7a KSchG nicht erfasst, ohne dass es dafür einer besonderen Ausnahmeregelung bedürfte.

5. Die weiteren Absätze von Artikel 18 der Richtlinie, die sich mit dem Verzug des Unternehmers befassen, bedürfen im österreichischen Recht keiner Umsetzung. Dazu sei auf die Ausführungen in Punkt D.2 des Allgemeinen Teils dieser Erläuterungen verwiesen.

 

B. Zu § 7b

1. Mit den ersten beiden Sätzen dieser Bestimmung werden die Anordnungen von Artikel 20 der Richtlinie über den Gefahrenübergang bei Übersendung der Ware umgesetzt. Korrespondierend dazu werden im ABGB die sachenrechtliche Regelung des § 429 neu gefasst und der allgemein-vertragsrechtlichen Regelung des § 905 ein neuer Abs. 3 angefügt. Welche Erwägungen dafür maßgebend waren, im ABGB doch eine andere inhaltliche Lösung vorzusehen, als sie die Richtlinie zwingend für das Unternehmer-Verbraucher-Verhältnis vorgibt, wird in Punkt A der Erläuterungen zu § 429 ABGB dargelegt; zur Vermeidung von Wiederholungen sei darauf verwiesen.

2. § 7b knüpft – ebenso wie Artikel 20 der Richtlinie – lediglich daran an, dass der Unternehmer die Ware an den Verbraucher übersendet. Dies umfasst zum einen die zwischen den Vertragsparteien von vornherein vereinbarte Übersendung, also den Versendungskauf. Zum anderen kommt die Regelung aber auch dann zum Tragen, wenn zwischen den Vertragsparteien erst nach Vertragsabschluss Einvernehmen über die Übersendung hergestellt wurde, indem der Verbraucher im Nachhinein – entweder ausdrücklich oder schlüssig – das Verlangen nach Übersendung der Ware stellt und der Unternehmer diesem Wunsch nachkommt (obwohl er dazu eigentlich nicht verpflichtet wäre).

3. Als maßgeblicher Zeitpunkt für den Gefahrenübergang wird im ersten Satz die Ablieferung der Ware an den Verbraucher vorgesehen; dies entspricht der Inbesitznahme in Artikel 20 der Richtlinie. Bei der Umsetzung dieser Richtlinienbestimmung wird aber zwecks terminologischer Abgrenzung vom sachenrechtlichen Institut des Besitzes nicht dieser Begriff verwendet, sondern an den faktischen Vorgang der Ablieferung angeknüpft.

Die gleiche Wirkung auf die Gefahrtragung hat es, wenn die Ware an einen vom Verbraucher bestimmten Dritten abgeliefert wird, sofern dieser Dritte nicht die mit der Beförderung der Ware betraute Person ist. Diese zweite Alternative hat ihren Ursprung ebenfalls in Artikel 20 der Richtlinie. Die Übergabe der Ware an den Beförderer führt also noch nicht zum Gefahrenübergang; die Ware „reist“ daher auf Gefahr des unternehmerischen Verkäufers.

4. Anderes gilt allerdings nach dem zweiten Satz des § 7b dann, wenn der Verbraucher selbst den Beförderungsvertrag geschlossen hat, sofern er dabei nicht etwa eine vom Unternehmer vorgeschlagene Auswahlmöglichkeit hinsichtlich des Beförderers wahrgenommen hat; diese letztgenannte Einschränkung entspricht der Richtlinienregelung über die vom Unternehmer angebotene „Option“. Die Regelung des zweiten Satzes setzt also voraus, dass der Verbraucher bei Abschluss des Werkvertrags mit dem Beförderer unabhängig von entsprechenden Vorschlägen des Unternehmers handelt. Wenn etwa der Unternehmer dem Verbraucher einige Beförderungsunternehmen zur Auswahl stellt, die für den Transport der Ware in Betracht kommen, und der Verbraucher einem dieser Beförderungsunternehmen den Auftrag erteilt, kommt die Gefahrtragungsregelung des zweiten Satzes nicht zum Tragen. Gleiches gilt auch dann, wenn der Unternehmer dem Verbraucher nur ein einziges Beförderungsunternehmen für die Durchführung des Transports nahelegt. Liegen aber die Voraussetzungen des zweiten Satzes vor, so geht die Gefahr für den Verlust oder die Beschädigung der Ware – ebenso wie nach § 429 im Zusammenhang mit § 905 Abs. 3 ABGB – bereits mit der Aushändigung der Ware an den Beförderer über. Hier „reist“ die Ware also auf Risiko des Verbrauchers. Auch bei dieser Anordnung wird im Übrigen nicht der von der Richtlinie verwendete Terminus der „Übergabe“ herangezogen, um – auch hier – einen Trennstrich zu Kategorien des österreichischen Sachenrechts (vgl. §§ 426 ff. ABGB) zu ziehen.

Wenn der Verbraucher hingegen lediglich eine bestimmte Lieferart (und nicht etwa den konkreten Beförderer) ausgewählt hat und der Transport in der Folge vom Unternehmer organisiert wird, hat dies nicht die zeitliche Vorverlagerung des Risikoübergangs zur Konsequenz (vgl. dazu Erwägungsgrund 55 zur Richtlinie; vgl. auch die Überlegungen von P. Bydlinski, Allgemeines Verbrauchervertragsrecht, in P. Bydlinski/Lurger [Hrsg], Die Richtlinie über die Rechte der Verbraucher [2012] 99 [116 f.]).

Wenn die Ware im Fall des zweiten Satzes während des Transports beschädigt wird oder verloren geht, hat der Verbraucher bei Vorliegen der gesetzlichen Voraussetzungen einen vertraglichen Schadenersatzanspruch gegen den Beförderer; dies ergibt sich schon aus dem allgemeinen Schadenersatzrecht und braucht hier nicht gesondert angeordnet zu werden; auch ein Hinweis wie zu Beginn des zweiten Satzes von Artikel 20 der Richtlinie („Unbeschadet der Rechte des Verbrauchers gegenüber dem Beförderer …“) ist entbehrlich.

5. Selbstverständlich regelt die Gefahrtragungsbestimmung des ersten Satzes gleichsam bloß den „Normalfall“. Nach sonstigen bürgerlich-rechtlichen Vorschriften kann sich auch ein davon abweichender Zeitpunkt des Gefahrenübergangs ergeben, wie etwa im Fall des Annahmeverzugs: Wenn beispielsweise dem Verbraucher die Sache vertragsgemäß geliefert, von diesem jedoch nicht übernommen wird, geht die Gefahr ungeachtet der dadurch gescheiterten Ablieferung schon mit dieser Übernahmeverweigerung auf den Verbraucher über. Zur Vermeidung von Missverständnissen sei freilich erwähnt, dass von einer Übernahmeverweigerung im Sinn des § 1419 ABGB nicht schon dann gesprochen werden kann, wenn ohne vorherige Terminvereinbarung der Beförderer den Verbraucher nicht an der Lieferanschrift antrifft.

6. Der dritte Satz des § 7b ist nicht durch die Richtlinie vorgegeben. Darin wird angeordnet, dass der Verbraucher zugleich mit dem Gefahrenübergang auch das Eigentum an der Ware erhält, sofern nichts anderes vereinbart ist. Damit wird dem rechtsdogmatischen Bedürfnis nach Synchronität von Gefahren- und Eigentumsübergang Rechnung getragen. Allerdings kann hinsichtlich des Eigentumsübergangs wirksam auch anderes vereinbart werden, wie etwa im Fall eines Eigentumsvorbehalts. Die Regelung des dritten Satzes bezieht sich auf beide vorangegangenen Sätze, also sowohl auf die Ablieferung an den Verbraucher als maßgeblichen Zeitpunkt im ersten Satz als auch auf die Aushändigung an den Beförderer im Fall des zweiten Satzes.

7. Nach dem zweiten Satz des Artikel 17 Abs. 1 der Richtlinie gilt die unionsrechtliche Regelung des Artikel 20 über den Risikoübergang nicht für Verträge über die Lieferung von Wasser, Gas oder Strom, wenn sie nicht in einem begrenzten Volumen oder in einer bestimmten Menge zum Verkauf angeboten werden, von Fernwärme oder von digitalen Inhalten, die nicht auf einem körperlichen Datenträger geliefert werden. Diese Ausnahmebestimmung ist eigentlich überflüssig, weil Artikel 20 sich nur auf die Versendung von Waren bezieht und die oben genannten Gegenstände einer Lieferung ohnedies nicht unter den Warenbegriff der Richtlinie in deren Artikel 2 Z 3 fallen. Auch nach österreichischem Verständnis handelt es sich bei solchen Vertragsobjekten nicht um „Waren“. Daher wird etwa ein Strombezugsvertrag von § 7b KSchG nicht erfasst, ohne dass es dafür einer besonderen Ausnahmeregelung bedürfte.

 

Zu Z 7 (Aufhebung der §§ 26 bis 26b)

§§ 26 bis 26b KSchG treffen Regelungen über die Form und die Vertragsurkunde für Verträge im Handel mit Druckwerken, die in einer Haustürgeschäft-Situation im Sinn des § 3 KSchG geschlossen werden. Solche Verträge werden aber nun vom Richtlinienregime für FAV und AGV erfasst und unterliegen daher künftig dem FAGG. Es mag aufgrund der nicht völlig deckungsgleichen Begriffe des Haustürgeschäfts nach § 3 KSchG einerseits und des AGV nach § 3 Z 1 FAGG andererseits Konstellationen geben, die nicht als AGV gelten, auf die aber bisher die Bestimmungen der §§ 26 bis 26b KSchG anzuwenden waren. Doch betrifft das bei praxisnaher Betrachtung ein derart schmales Band denkbarer Abläufe, dass es nicht gerechtfertigt scheint, dessetwegen die §§ 26 bis 26b KSchG neben den §§ 4 und 5 FAGG aufrecht zu erhalten.

 

Zu Z 8 (§ 26d)

§ 26d KSchG trifft Regelungen über die Form und die Vertragsurkunde für Verträge über Leistungen zur Sanierung von Wohnräumen, die in einer Haustürgeschäft-Situation im Sinn des § 3 KSchG geschlossen werden. Auch für diese Bestimmung ist zur Herstellung einer richtlinienkonformen Rechtslage eine klare Grenzziehung zum Fern- und Auswärtsgeschäfte-Gesetz vorzunehmen. Diejenigen Wohnungsverbesserungsverträge, die dem Kapitel III der Verbraucherrechte-Richtlinie und damit dem Fern- und Auswärtsgeschäfte-Gesetz als Umsetzungsnorm zu diesem Kapitel unterliegen, sind von den Regelungen des § 26d KSchG auszunehmen (Abs. 5), weil für diese Verträge das vollharmonisierte Regime der Richtlinie zum Tragen kommt. Zur Lösung der Frage, ob solche Verträge vom Richtlinienregime für FAV und AGV erfasst werden, ist Artikel 3 Abs. 3 Buchstabe f der Richtlinie (umgesetzt in § 1 Abs. 2 Z 7 FAGG) heranzuziehen. Demnach sind „erhebliche Umbaumaßnahmen an bestehenden Gebäuden“ aus dem Anwendungsbereich der Richtlinie ausgenommen, während „unerhebliche“ Umbaumaßnahmen der Richtlinie unterliegen. Daher sind zumindest für solche Wohnraumsanierungen, die „unerheblich“ sind, die Umsetzungsbestimmungen zur Richtlinie im FAGG anzuwenden. Für Verträge über Sanierungen unerheblichen Ausmaßes gilt somit das FAGG, für Verträge über Sanierungen erheblichen Ausmaßes hingegen § 26d KSchG.

 

Zu Z 9 (§ 28a)

Die Änderung des § 28a dient der Umsetzung von Artikel 23 der Richtlinie. Dieser sieht nämlich in seinem Abs. 2 vor, dass bestimmte Einrichtungen – wie etwa Verbraucher- oder Berufsverbände – die Gerichte oder die zuständigen Verwaltungsbehörden anrufen können, um die Anwendung der innerstaatlichen Vorschriften zur Umsetzung der Richtlinie sicherzustellen. Zur Umsetzung dieser Anordnung wird § 28a erweitert. Neu aufgenommen werden Verstöße gegen §§ 5a, 6b, 6c, 7a und 7b. Überdies werden Verstöße gegen die Anordnungen des Fern- und Auswärtsgeschäfte-Gesetzes durch die Anführung der „außerhalb von Geschäftsräumen geschlossenen Verträge“ im Zusammenhalt mit den schon bisher genannten „Abschlüssen im Fernabsatz“ erfasst. Da sich der Begriff der „außerhalb von Geschäftsräumen geschlossenen Verträge“ im Sinn der Verbraucherrechte-Richtlinie durch verschiedene Definitionsmerkmale durchaus von jenem der „Haustürgeschäfte“ im Sinn des § 3 KSchG unterscheidet, war es zur Vermeidung einer Einschränkung des Anwendungskreises der Verbandsklage notwendig, in dieser Bestimmung die Außer-Geschäftsraum-Verträge neben den (traditionellen) Haustürgeschäften anzuführen.

 

Zu Z 10 (§ 30a)

§ 30a KSchG enthält spezifische Regelungen über den Rücktritt von bestimmten Immobiliengeschäften sowie von diese Geschäfte betreffenden Maklerverträgen. Das Rücktrittsrecht ist hier nicht an eine bestimmte Art der Vertragsanbahnung bzw. an die Örtlichkeit des Vertragsabschlusses geknüpft, sondern an den zeitlichen Zusammenhang zwischen erstmaliger Besichtigung des Vertragsobjekts und der Vertragserklärung des Verbrauchers. Da sich ein Rücktritt nach § 30a KSchG bei Rücktrittserklärung an den Makler auch auf den Maklervertrag erstreckt, andererseits aber im Fernabsatz oder als AGV geschlossene Maklerverträge dem FAGG unterliegen, wurde gemeinsam mit der betroffenen Berufsgruppe erörtert, ob eine Angleichung oder sonstige Anpassung des § 30a KSchG und der §§ 11 ff. FAGG aneinander indiziert ist. Dies wurde allerdings verneint, weil die beiden Regelungskreise ganz unterschiedliche Anknüpfungsmomente haben und daher durchaus sinnvoll nebeneinander bestehen können. Zur Klarstellung über diese mögliche Parallelität wird dem § 30a Abs. 3 KSchG ein abgrenzender Hinweis auf das Rücktrittsrecht nach dem FAGG angefügt.

Zu Z 11 (§ 32)

Die Richtlinie verpflichtet die Mitgliedstaaten in ihrem Artikel 24 Abs. 1, für Verstöße gegen die Vorschriften zur Umsetzung der Richtlinie Sanktionen vorzusehen, die wirksam, angemessen und abschreckend sind. Soweit Verstöße gegen das umgesetzte Richtlinienrecht entweder bereits nach bestehenden Rechtsinstituten des österreichischen Zivilrechts oder aufgrund von umgesetzten Rechtsfolgenanordnungen der Richtlinie unmittelbare rechtliche Konsequenzen nach sich ziehen, die einen sanktionsartigen Charakter haben, ist die Schaffung zusätzlicher Sanktionen entweder entbehrlich oder höchstens flankierend angebracht. Doch gibt es etliche Richtlinienregelungen, deren Missachtung keine in diesem Sinn unmittelbaren zivilrechtlichen Folgen auslösen. Um hier dem Sanktionierungsgebot von Artikel 24 der Richtlinie zu entsprechen, werden in § 32 entsprechende Verwaltungsstrafbestimmungen vorgesehen. Dies betrifft einerseits die Informationspflichten des Unternehmers und andererseits dessen Pflicht zur Einhaltung der Leistungsfrist bei Kauf- und gleichgelagerten Verträgen. Hinzuweisen ist darauf, dass auch das neu geschaffene Fern- und Auswärtsgeschäfte-Gesetz eine solche Verwaltungsstrafbestimmung enthält. Diese Regelung im FAGG umfasst auch den derzeit in § 32 Abs. 1 Z 7 sanktionierten Fall, sodass diese Bestimmung entfallen kann.

 

Zu Z 12 (§ 41a)

Wie in Artikel 28 der Richtlinie vorgegeben, sollen die zur Richtlinienumsetzung vorgenommenen Änderungen im Konsumentenschutzgesetz am 13. Juni 2014 in Kraft treten. Soweit die Bestimmung des § 6c auf Pauschalreiseverträge erstreckt wird (die ja nicht der Richtlinie unterliegen), sollen diese Regelungen erst ab der Jahresmitte 2015 anzuwenden sein. Diese Erstreckung wurde nämlich erst nach dem Begutachtungsverfahren in das Gesetz aufgenommen, weshalb den davon nun erfassten Unternehmen mehr Zeit eingeräumt werden soll, um sich auf die Neuerungen des § 6c vorzubereiten.

 

 

Zu Artikel 3 (Änderung des Verbraucherbehörden-Kooperationsgesetzes)

Gemeinsam mit der Erlassung der Richtlinie 2011/83/EU über die Rechte der Verbraucher wurden die Richtlinien 85/577/EWG und 97/7/EG mit Wirkung vom 13. Juni 2014 aufgehoben. Verweise auf die aufgehobenen Richtlinien gelten aufgrund ausdrücklicher Anordnung (Artikel 31) als Verweise auf die Richtlinie 2011/83/EU, wobei in einer Entsprechungstabelle der Anhang der Verordnung (EG) Nr. 2006/2004 vom 27. Oktober 2004 über die Zusammenarbeit zwischen den für die Durchsetzung der Verbraucherschutzgesetze zuständigen nationalen Behörden genannt ist. Dort sind die aufgehobenen Richtlinien in Z 2 und 11 erwähnt; diese Verweise werden somit als Verweise auf die Richtlinie 2011/83/EU gelten. Diese Änderung ist im Anhang zum Verbraucherbehörden-Kooperationsgesetz nachzuvollziehen, indem auch dort die Richtlinie 85/577/EWG (bisher Z 1 lit. a) und die Richtlinie 97/7/EG (bisher Z 1 lit. f) durch die Richtlinie 2011/83/EU (Z 1 lit. a neu) ersetzt werden.

Zu Artikel 4 (Fern- und Auswärtsgeschäfte-Gesetz)

Dieses Gesetz dient der Umsetzung von Kapitel III der Verbraucherrechte-Richtlinie. Welche Überlegungen dafür ausschlaggebend waren, diese Umsetzungsregelungen nicht in das Konsumentenschutzgesetz einzubauen, sondern dafür eine neue gesetzliche Vorschrift zu konzipieren, wurde in Punkt B.3 des Allgemeinen Teils dieser Erläuterungen dargelegt.

 

Zu § 1

1. § 1 umschreibt den Geltungsbereich des Fern- und Auswärtsgeschäfte-Gesetzes. Der erste Absatz dieser Bestimmung enthält die grundsätzliche Geltungsanordnung, der zweite Absatz listet die vom Geltungsbereich ausgenommenen Verträge auf, der dritte Absatz sieht für Personenbeförderungsverträge einen sachlich sehr eingeschränkten Geltungsumfang vor. Dabei werden weitestgehend die Richtlinienregelungen von Artikel 3 Abs. 1 und 3 über den Geltungsbereich der Verbraucherrechte-Richtlinie insgesamt (also nicht nur über den Geltungskreis von Kapitel III der Richtlinie) abgebildet. Überdies wird von der Ausnahmeoption in Artikel 3 Abs. 4 der Richtlinie Gebrauch gemacht. Die Geltungsumrisse des Fern- und Auswärtsgeschäfte-Gesetzes decken sich nahezu vollständig mit jenen der Richtlinie, weil über eine substantiell erweiternde Umsetzung von Kapitel III kein Konsens erzielt werden konnte.

2. Nach Abs. 1 gilt das FAGG grundsätzlich für Fernabsatz- und außerhalb von Geschäftsräumen geschlossene Verträge zwischen Unternehmern und Verbrauchern. Durch den in Klammern angefügten Verweis auf § 1 KSchG wird klargestellt, dass dabei auf den Verbraucherbegriff des Konsumentenschutzgesetzes abgestellt wird (vgl. dazu Punkt C.1 des Allgemeinen Teils dieser Erläuterungen). Für die Dualität von Fernabsatzverträgen und Außer-Geschäftsraum-Verträgen wird im ersten Klammerausdruck von Abs. 1 der zusammenfassende Kurzbegriff der „Fern- und Auswärtsgeschäfte“ eingeführt, der auch der Bezeichnung des neuen Gesetzes zugrunde gelegt wurde. Die Regelung in Artikel 3 Abs. 1 zweiter Satz der Richtlinie bedarf im österreichischen Recht keiner ausdrücklichen Entsprechung, zumal es nach österreichischem Verständnis keinen Zweifel daran geben kann, dass ein „auf vertraglicher Basis“ begründetes Rechtsverhältnis über den Bezug etwa von Energie auch dann den dafür in Betracht kommenden verbraucherschutzrechtlichen Vorschriften unterliegt, wenn es sich beim Lieferanten um einen „öffentlichen Anbieter“ handelt.

Aus den – allerdings nicht in das österreichische Recht zu übernehmenden (vgl. die später folgenden Ausführungen in Punkt 1 zu § 3) – Definitionen der Richtlinie zu den Begriffen „Kaufvertrag“ und „Dienstleistungsvertrag“ (Artikel 2 Z 5 und 6) zeigt sich, dass das Richtlinienregime zu AGV und FAV grundsätzlich nur für entgeltliche Verträge gilt. In der österreichischen Umsetzung ergibt sich das – jedenfalls für AGV – eindeutig aus einem Größenschluss aus § 1 Abs. 2 Z 1 FAGG.

3. Abs. 2 nimmt zahlreiche Arten von Verträgen vom Geltungsbereich des Gesetzes aus. Diese Ausnahmen entsprechen im Wesentlichen jenen in § 5a Abs. 2 Z 3 bis 15 KSchG. Dennoch wird regelungstechnisch nicht einfach auf die dortigen Bestimmungen verwiesen, sondern werden die Ausnahmen – der besseren Übersichtlichkeit wegen – hier nochmals im Wortlaut aufgelistet. Zusätzlich werden in Z 1 – in Wahrnehmung der in Artikel 3 Abs. 4 der Richtlinie vorgesehenen Option – solche Verträge ausgenommen, bei denen die vom Verbraucher zu zahlende Gegenleistung 50 Euro nicht überschreitet; vgl. dazu die Ausführungen in Punkt C.2 des Allgemeinen Teils dieser Erläuterungen.

4. In Z 3 wird die Ausnahme von Verträgen über Gesundheitsdienstleistungen in Artikel 3 Abs. 3 Buchstabe b der Richtlinie umgesetzt. Von dieser Ausnahme sind zum einen ärztliche Dienstleistungen oder etwa solche von Hebammen umfasst. Zum anderen fallen darunter aber auch gewerbliche Tätigkeiten, wie beispielsweise jene eines Bandagisten, eines Orthopädieschuhmachers oder eines Hörgeräteakustikers. Allerdings ist die österreichische Ausnahmeregelung insofern enger als jene der Richtlinie, als darin in Entsprechung eines von Konsumentenschutzseite vorgebrachten Anliegens eine Gegenausnahme für den Vertrieb von Arzneimitteln und Medizinprodukten im Fernabsatz zur Diskussion gestellt ist; vgl. dazu die Ausführungen in Punkt C.1 des Allgemeinen Teils dieser Erläuterungen.

5. Ansonsten wurde – wenn man von dem unten noch zu erläuternden § 8 Abs. 4 einmal absieht – inhaltlich von den Ausnahmen der Richtlinie nicht abgewichen, weil eine erstreckende Richtlinienumsetzung hier nicht konsensfähig gewesen wäre. In manchen Bereichen, die von der Richtlinie nicht erfasst sind, bestehen innerstaatlich Sonderregelungen, die einen besonderen Schutz für Verbraucher vorsehen, wie etwa das Bauträgervertragsgesetz.

6. Zur Ausnahmebestimmung in Z 4 sei angemerkt, dass der Begriff „Verträge über Glücksspiele“ wohl nicht auch Verträge über die Teilnahme an Tipp- oder Spielgemeinschaften umfasst (vgl. dazu Hammerl in Kosesnik-Wehrle, KSchG3 § 5f Rz 7 mwN).

7. Der Bereich der Personenbeförderung ist grundsätzlich vom Anwendungsbereich der Richtlinie ausgenommen, doch sieht Artikel 4 Abs. 3 Buchstabe k dafür – neben den allgemein-vertragsrechtlichen Bestimmungen der Artikel 19 und 22 – die Geltung der Regelung von Artikel 8 Abs. 2 über elektronisch geschlossene Verträge vor. In Abs. 3 wird diese eingeschränkte Anwendungsanordnung durch die Bezugnahme auf § 8 FAGG umgesetzt.

8. Abs. 4 enthält eine dem Artikel 3 Abs. 2 der Richtlinie entsprechende Kollisionsregel. Dort wird für den Kollisionsfall der Vorrang der sektorspezifischen Unionsrechtsakte angeordnet. „Kollision“ im Sinn dieser Richtlinienbestimmung bedeutet „Widerspruch“, nicht bloße Parallelität. Ein Anwendungsfall dieser Richtlinienregelung ist daher nur gegeben, wenn eine Bestimmung der Verbraucherrechte-Richtlinie wegen eines normativ nicht lösbaren Widerspruchs zu einer Bestimmung in einem sektorenspezifischen Unionsrechtsakt neben dieser nicht bestehen kann. Ein – fiktives – Beispiel läge etwa darin, dass eine Bestimmung für eine bestimmte Erklärung Formfreiheit verlangt, die andere hingegen die Abgabe der Erklärung auf einem dauerhaften Datenträger vorsieht. Hingegen bedeutet eine bloße Kumulation von Regelungen – zum Beispiel hier allgemeine Informationspflichten, dort spezifische Informationspflichten – keine Kollision im erwähnten Sinn. Bei der Umsetzung von Artikel 3 Abs. 2 ist dieses Verständnis zugrunde zu legen; überdies ist die Anordnung gleichsam auf die innerstaatliche Normebene herunterzubrechen. Siehe auch die Erläuterungen zu Artikel 5 des VRUG.

Im österreichischen Recht ist – dies freilich abhängig von der Auslegung des Artikel 6 Abs. 5 der Richtlinie – ein solcher Kollisionsfall im Widerspruch zwischen § 4 Abs. 4 zweiter Satz FAGG und der den Betreibern von Versorgungs- und Kommunikationseinrichtungen durch besondere, auf Unionsrechtsakten beruhende Gesetzesvorschriften – nämlich § 25 TKG 2003, § 125 GWG oder § 80 ElWOG – eingeräumten Möglichkeit erkennbar, während des laufenden Vertragsverhältnisses Änderungen ihrer Vertragsbestimmungen nur durch Mitteilung an den Vertragspartner herbeizuführen. Für derartige Fälle wird in Abs. 4 Vorsorge getroffen.

 

Zu § 2

Diese Bestimmung stellt klar, dass von den in diesem Gesetz verankerten Schutzbestimmungen für Verbraucher auch durch Vereinbarung nicht zum Nachteil des Verbrauchers abgewichen werden darf. Es handelt sich beim Fern- und Auswärtsgeschäfte-Gesetz also um relativ zwingendes Recht. Die Richtlinie lässt in ihrem Artikel 3 Abs. 6 allerdings vertragliche Vereinbarungen zu, mit denen zugunsten des Verbrauchers über den Standard der Richtlinie hinausgegangen wird. Dies korreliert mit dem Wortlaut des § 2.

 

Zu § 3

1. Die Richtlinie enthält in ihrem Artikel 2 eine Vielzahl von Begriffsbestimmungen, die für das Verständnis der einzelnen Richtlinienregelungen gewiss von Bedeutung sind. Dennoch ist es nicht erforderlich, alle diese Definitionen im Rahmen der Richtlinienumsetzung explizit ins österreichische Recht zu übernehmen, weil sie sich zum Teil ohnehin uneingeschränkt damit decken, was man auch nach österreichischer Rechtsauffassung unter dem jeweiligen Begriff verstehen würde. Dies gilt etwa für den Warenbegriff der Richtlinie oder für die in der Richtlinie definierte Wendung „nach Verbraucherspezifikation angefertigte Waren“, für den Begriff der „Finanzdienstleistung“ (vgl. § 3 Z 2 FernFinG) oder jenen der „gewerblichen Garantie“.

Andere Definitionen der Richtlinie werden deshalb nicht unmittelbar in das österreichische Recht übernommen, weil sie in einem gravierenden Spannungsverhältnis mit klassischen Begriffsverständnissen stünden; bei ihnen muss auf andere Weise als durch identische Abbildung der Begriffsumschreibung in der Richtlinie für Richtlinienkonformität der österreichischen Rechtslage gesorgt werden. Dies betrifft die Begriffe des „Kaufvertrags“ und des „Dienstleistungsvertrags“ in Artikel 2 Z 5 und 6 der Richtlinie. Die Richtlinie versteht nämlich unter „Kaufvertrag“ auch einen solchen Vertrag, der sowohl Waren als auch Dienstleistungen zum Gegenstand hat, ohne dies auf solche Fälle einzuschränken, in denen das zumindest überwiegende Gewicht beim Erwerb der Ware liegt. Als Dienstleistungsvertrag gilt nach der Richtlinie wiederum jeder Vertrag, der kein Kaufvertrag ist und der eine Dienstleistungserbringung durch den Unternehmer zum Gegenstand hat. Diese Unterscheidung stimmt mit dem traditionellen österreichischen Verständnis der beiden Begriffe nicht überein, wonach man einen gemischten Vertrag mit eindeutigem Überwiegen eines dienst- oder werkvertraglichen Elements wohl nicht als „Kaufvertrag“ bezeichnen würde. Sie hat aber etwa für den Beginn der Rücktrittsfrist oder bei den besonderen Regelungen der Richtlinie für Dienstleistungsverträge Bedeutung; wenn etwa eine Dienstleistung im Rahmen eines „Kaufvertrags“ (im Sinn der Richtlinie, also im Rahmen eines kombinierten Vertrags) erbracht wird, gelten die Richtlinienregelungen für Dienstleistungen auch dann nicht, wenn die Bedeutung der Dienstleistung gegenüber dem Warenerwerb überwiegt. Das gegenüber der österreichischen Auffassung etwas verschobene Begriffsverständnis der Richtlinie wird aus rechtssystematischen Gründen nicht hier bei den Definitionen berücksichtigt, sondern dort, wo entsprechend der Richtlinie unterschiedliche Rechtsfolgen einerseits an Kaufverträge und kombinierte Verträge und andererseits an bloße Dienstleistungsverträge geknüpft werden.

Nicht übernommen werden auch die Definitionen von „Verbraucher“ und „Unternehmer“ in Artikel 2 Z 1 und 2 der Richtlinie. Stattdessen wird in § 1 FAGG – wie dort bereits erwähnt – an den Verbraucherbegriff des Konsumentenschutzgesetzes angeknüpft. Damit kommt es – was unionsrechtlich durchaus zulässig ist (vgl. Erwägungsgrund 13 der Richtlinie) – zu einer erstreckenden Richtlinienumsetzung (vgl. Punkt C.1 des Allgemeinen Teils dieser Erläuterungen). Hinsichtlich des Unternehmerbegriffs ist es freilich zur Herstellung einer richtlinienkonformen Rechtslage erforderlich, bei manchen Umsetzungsbestimmungen auch auf die „andere Person“, die im Namen oder Auftrag des Unternehmers handelt (Artikel 2 Z 2 der Richtlinie), Bedacht zu nehmen; dies geschieht jeweils durch den Begriff des „Beauftragten“ des Unternehmers.

2. Die Definition des „außerhalb von Geschäftsräumen geschlossenen Vertrags“ in Z 1 (dafür wird auch häufig die Kurzbezeichnung „Außer-Geschäftsraum-Vertrag“ bzw. die Abkürzung „AGV“ verwendet) wurde nahezu wortgleich aus dem Richtlinientext übernommen. Die Ergänzung durch Bezugnahme auch auf den „Beauftragten“ in lit. c und d ist – wie soeben bereits dargelegt – durch das weitere Begriffsfeld von Artikel 2 Z 2 der Richtlinie geboten. Der Begriff des „Beauftragten“ knüpft verkürzend an den Richtlinienwortlaut („andere Person, die in ihrem [gemeint: des Unternehmers] Namen oder Auftrag handelt“) an und ist im österreichischen Verbraucherschutzrecht bereits durch § 3 Abs. 3 und 4 KSchG eingeführt. Dieser Begriff deckt sich auch wohl mit dem in § 3 Abs. 2 KSchG gebrauchten Begriff des „zusammenwirkenden Dritten“.

Ein wesentlicher Unterschied zwischen dem neuen AGV und dem „Haustürgeschäft“ im Sinn des § 3 KSchG besteht darin, dass es nach der Richtlinie nicht mehr darauf ankommt, ob die geschäftliche Verbindung vom Unternehmer oder vom Verbraucher angebahnt wurde (vgl. Erwägungsgrund 21 der Richtlinie). Im Zuge der Vorbereitung der Richtlinie wurde das damit begründet, dass der Verbraucher bei einem AGV jedenfalls einem Überraschungsmoment ausgesetzt sei, und zwar unabhängig davon, ob er selbst mit der Intention eines Vertragsabschlusses an den Unternehmer herangetreten sei oder umgekehrt. Österreich wandte sich zwar gegen diese Argumentation, blieb damit aber in der Minderheit.

Nach Erwägungsgrund 21 der Richtlinie umfasst die Begriffsbestimmung aber nicht solche Situationen, in denen der Unternehmer zunächst in die Wohnung des Verbrauchers kommt, um ohne jede Verpflichtung des Verbrauchers lediglich Maße aufzunehmen oder eine Schätzung vorzunehmen, und der Vertrag erst danach zu einem späteren Zeitpunkt in den Geschäftsräumen des Unternehmers oder via Fernkommunikation abgeschlossen wird.

Die auf Artikel 2 Z 8 Buchstabe d der Richtlinie basierende lit. d der Z 1 entspricht inhaltlich § 3 Abs. 2 KSchG. Dadurch werden – einem Vorschlag von Österreich folgend – Werbefahrten in die Regelung miteinbezogen.

3. Die Definition des Fernabsatzvertrags (für den häufig auch die Abkürzung „FAV“ verwendet wird) in Z 2 entspricht im Wesentlichen der bisherigen Begriffsumschreibung in § 5a Abs. 1 KSchG. Das nun zusätzlich genannte Erfordernis des Vertragsabschlusses „ohne gleichzeitige körperliche Anwesenheit des Unternehmers und des Verbrauchers“ hat bei praxisnaher Betrachtung keine zusätzlich einschränkende Wirkung auf das Begriffsverständnis. Erwägungsgrund 20 der Richtlinie gibt näheren Aufschluss darüber, welche Rechtsgeschäfte von der Definition erfasst sein sollen und für welche Gegenteiliges gilt. So soll die bloße Tatsache, dass der Verbraucher die Geschäftsräume des Unternehmers betritt, um sich dort über die Waren oder Dienstleistungen zu informieren, bei einer späteren Aushandlung und Schließung des Vertrags „aus der Ferne“ die Qualifikation des Vertrags als FAV nicht ausschließen. Wenn der Vertrag hingegen in den Geschäftsräumen des Unternehmers verhandelt und letztlich über ein Fernkommunikationsmittel geschlossen wird, soll er nicht als FAV gelten. Auch sollten bloße „Reservierungen über ein Fernkommunikationsmittel“, wie etwa die telefonische Terminvereinbarung mit einem Friseur, nicht vom Begriff des FAV erfasst sein; hier wird es allerdings in der Regel ohnehin am organisierten Vertriebs- oder Dienstleistungssystem mangeln. Fernkommunikationsmittel sind etwa Briefe (also zum Beispiel postalische Bestellungen), Internet, Telefon oder Fax.

4. Unter „Geschäftsräumen“ sind nach Z 3 auch bewegliche Gewerberäume zu verstehen, in denen der Unternehmer seine Tätigkeit für gewöhnlich ausübt, wie etwa fahrbare Verkaufsstände. Unter dieser Voraussetzung werden nach Erwägungsgrund 22 auch Markt- und Messestände als Geschäftsräume behandelt, ebenso Verkaufsstätten, in denen der Unternehmer seine Tätigkeit saisonal ausübt (wie etwa während der Fremdenverkehrssaison in einem Schiort). Demnach wird etwa der Verkauf von Waren bei einer alljährlich stattfindenden Messe dann nicht unter den Begriff des AGV fallen, wenn der Unternehmer dort „für gewöhnlich“ – hier wohl bezogen auf die Dauer der jeweiligen Messe – einen Messestand betreibt und dort seine unternehmerische Tätigkeit entfaltet. Hingegen gelten öffentlich zugängliche Orte, wie Straßen, Einkaufszentren, Strände, Sportanlagen oder öffentliche Verkehrsmittel, an denen der Unternehmer nur ausnahmsweise zu Geschäftszwecken tätig wird, nicht als dessen Geschäftsräume.

In Erwägungsgrund 22 wird überdies auch ausgeführt, dass als Geschäftsräume im Sinn der Richtlinie auch die Geschäftsräume „einer Person, die im Namen oder für Rechnung des Unternehmers“ handelt, gelten sollten. Damit sind also die Geschäftsräume des „Beauftragten“ des Unternehmers bzw. seines Erfüllungsgehilfen oder auch eines Vermittlers gemeint.

5. Die Definition der „öffentlichen Versteigerung“ in Z 4 wurde wörtlich aus Artikel 2 Z 13 der Richtlinie übernommen. Ein wesentliches Merkmal dieser Definition liegt darin, dass bei der Versteigerung Verbraucher entweder persönlich anwesend sind oder dazu zumindest die Möglichkeit haben. Daher gelten Online-Versteigerungen nicht als öffentliche Versteigerungen in diesem Sinn (vgl. Erwägungsgrund 24 der Richtlinie).

6. Die in Z 5 gegebene Definition des „dauerhaften Datenträgers“ wurde aus Artikel 2 Z 10 der Richtlinie übernommen; sie entspricht jener in zahlreichen anderen unionsrechtlichen Instrumenten. Eine Besonderheit liegt allerdings darin, dass in Erwägungsgrund 23 der Richtlinie nun ausdrücklich klargestellt wird, dass neben Papier, USB-Sticks, CD-ROMs, DVDs, Speicherkarten und Computerfestplatten auch E-Mails zu den dauerhaften Datenträgern zählen (dies freilich unter der Voraussetzung der in § 3 Z 5 genannten spezifischen Anforderungen der Speicherbarkeit und Wiedergabemöglichkeit).

7. Die aus Artikel 2 Z 11 der Richtlinie wörtlich übernommene Definition der „digitalen Inhalte“ in Z 6 ist für sich genommen nicht sehr vielsagend: Demnach sind darunter Daten zu verstehen, die in digitaler Form hergestellt oder bereitgestellt werden. Nähere Aufschlüsse ergeben sich allerdings aus Erwägungsgrund 19 der Richtlinie. Demnach sind digitale Inhalte dann als Ware zu qualifizieren, wenn sie auf einem körperlichen Datenträger, etwa einer CD oder einer DVD, bereitgestellt werden; unter dieser Voraussetzung sind für digitale Inhalte also die Bestimmungen über Kaufverträge anzuwenden. Andere Verträge über digitale Inhalte, wie etwa das Herunterladen von Computerprogrammen, Spielen, Musikstücken oder Texten aus dem Internet, sollen demgegenüber weder als Kauf- noch als Dienstleistungsverträge im Sinn der Richtlinie einzustufen sein. Für sie hält die Richtlinie eigene Regelungen bereit, die im Fern- und Auswärtsgeschäfte-Gesetz umgesetzt werden.

8. Die Definition des „akzessorischen Vertrags“ in Z 7 wurde nahezu wortgleich aus Artikel 2 Z 15 der Richtlinie übernommen; das Wesensmerkmal dieser Rechtsfigur liegt darin, dass die Leistungserbringung durch den „verbundenen Unternehmer“ auf einer Vereinbarung zwischen diesem und dem Unternehmer eines Fern- oder Auswärtsgeschäfts beruht.

 

Zu § 4

1. Diese Bestimmung dient der Umsetzung von Artikel 6 der Richtlinie und übernimmt die darin vorgesehenen Informationspflichten für Fernabsatzverträge und außerhalb von Geschäftsräumen geschlossene Verträge. Auch die Formulierungen sind weitgehend identisch. Allerdings wurden einige Begriffe an die österreichische Rechtsterminologie angepasst. So wurde beispielsweise das Informationserfordernis der Richtlinie über die „Identität“ und den „Handelsnamen“ des Unternehmers (in Artikel 6 Abs. 1 Buchstabe b) in Abs. 1 Z 2 mit dem Namen oder der Firma des Unternehmers „übersetzt“. Manche Modifikationen dienen der besseren Übersichtlichkeit, wie etwa die Zusammenfassung der in Artikel 6 Abs. 1 Buchstaben c und d der Richtlinie geforderten Informationen in der Z 3 des Abs. 1 (wobei zugleich die Informationselemente systematischer, nämlich in drei Literae, angeordnet wurden) oder die Aufgliederung der in Artikel 6 Abs. 1 Buchstabe e geforderten Informationselemente in die Z 4 und 5 des Abs. 1.

Die Informationselemente nach Artikel 6 Abs. 1 Buchstaben l und m der Richtlinie werden in Abs. 1 Z 12 zusammengefasst, und zwar nach dem Vorbild der damit korrespondierenden Informationspflicht der Richtlinie für andere Verträge als AGV und FAV in Artikel 5 Abs. 1 Buchstabe e.

2. Die in Abs. 1 Z 4 geforderte Information über zusätzliche „Fracht-, Liefer-, Versand- oder sonstige Kosten“ (Richtlinienvorbild: Artikel 6 Abs. 1 Buchstabe e) muss – und kann – noch nicht auf den konkreten Versandvorgang abstellen, zumal dafür ja schon beispielsweise die Versandadresse sowie Umfang und Gewicht der Sendung bekannt sein müssten. Dafür wird also eine tabellarische Übersicht über die Versandkosten (etwa nach Gewicht und Zielort) ausreichen. Die Regelung in Abs. 1 Z 6 (Richtlinienvorbild: Artikel 6 Abs. 1 Buchstabe f) ist dahin zu verstehen, dass der Unternehmer nur über solche Kosten zu informieren hat, die über die Kosten der eigentlichen Kommunikationsdienstleistung hinausgehen (vgl. § 6b KSchG). Diese Informationspflicht bestand bereits nach bisher geltendem Recht, nämlich gemäß § 5c Abs. 1 Z 7 KSchG.

3. In Artikel 6 Abs. 1 Buchstabe h fordert die Richtlinie wörtlich eine Information einerseits über das Widerrufsrecht und andererseits über das Muster-Widerrufsformular. Diese Formulierung ist freilich missverständlich. Gemeint ist erkennbar nicht, dass der Unternehmer über das Formular informieren soll, sondern dass er anlässlich der Information über das Widerrufs-(bzw. Rücktritts-)recht dem Verbraucher zur Erleichterung einer allfälligen Rücktrittserklärung auch das Musterformular zur Verfügung stellen soll. In diesem Sinn wird der Wortlaut in Abs. 1 Z 8 korrigiert.

4. Die in Abs. 1 Z 13 angeordnete Informationspflicht über Verhaltenskodizes beruht auf der Richtlinienregelung von Artikel 6 Abs. 1 Buchstabe n. „Einschlägig“ im Sinn dieser Bestimmungen sind nur solche Verhaltenskodizes, denen sich der Unternehmer konkret unterworfen hat.

5. Mit den in Abs. 1 Z 17 angeführten „technischen Schutzmaßnahmen“ (Richtlinienvorbild dafür: Artikel 6 Abs. 1 Buchstabe r) sind vor allem solche zu verstehen, die der Verletzung von Urheberrechten oder ähnlichen Rechtspositionen entgegenwirken sollen, also etwa ein „Kopierschutz“. Erwägungsgrund 19 der Richtlinie spricht in diesem Zusammenhang vom „Schutz mittels digitaler Rechteverwaltung oder Regionalcodierung“. Unter der „Funktionsweise“ digitaler Inhalte ist demnach die Information darüber zu verstehen, wie digitale Inhalte verwendet werden können, „etwa für die Nachverfolgung des Verhaltens des Verbrauchers“.

6. Unter dem Begriff der „Interoperabilität“ digitaler Inhalte mit Hard- und Software im Sinn von Abs. 1 Z 18 (Richtlinienvorbild dazu: Artikel 6 Abs. 1 Buchstabe s) ist nach dem Erwägungsgrund 19 der Richtlinie „die Information in Bezug auf die standardmäßige Umgebung an Hard- und Software“ zu verstehen, „mit der die digitalen Inhalte kompatibel sind, etwa das Betriebssystem, die notwendige Version und bestimmte Eigenschaften der Hardware“.

7. Durch Abs. 2 wird die Sonderregelung von Artikel 6 Abs. 3 der Richtlinie über die Informationspflicht bei öffentlichen Versteigerungen umgesetzt.

8. Durch Abs. 3 wird die Regelung in Artikel 6 Abs. 4 der Richtlinie über die Informationserteilung mit Hilfe der Muster-Widerrufsbelehrung umgesetzt. Wenn der Unternehmer von dieser Möglichkeit Gebrauch macht, das Formular zutreffend ausfüllt und dem Verbraucher übermittelt, hat er hinsichtlich der davon erfassten Informationselemente die Vermutung einer richtigen Belehrung für sich. Zur Klarstellung sei allerdings darauf hingewiesen, dass diese Bestimmung nicht etwa als Verpflichtung dahin zu verstehen ist, diese Informationselemente jedenfalls mit Hilfe des Formulars zu erteilen. Dem Unternehmer steht es vielmehr frei, auch seinen diesbezüglichen Informationspflichten auf anderem Weg nachzukommen. Abs. 3 ist also als bloße Option für den Unternehmer zu verstehen.

9. Mit Abs. 4 wird der Zusammenhang zwischen vorvertraglicher Informationserteilung und den Vertragsinhalten klargestellt und geregelt, inwieweit im Vertrag noch Änderungen gegenüber den zuvor gegebenen Informationen möglich sind. Mit dieser Bestimmung wird Artikel 6 Abs. 5 der Richtlinie umgesetzt.

10. Abs. 5 statuiert eine zivilrechtliche Sanktion für die Verletzung von Informationspflichten über zusätzliche oder sonstige Kosten; damit wird Artikel 6 Abs. 6 der Richtlinie umgesetzt.

11. Abs. 6 regelt das Verhältnis der Informationspflichten nach dem FAGG zu anderen Informationspflichten nach gesetzlichen Vorschriften, die entweder – wie etwa das Dienstleistungsgesetz – auf der Dienstleistungsrichtlinie 2006/123/EG oder – wie etwa das E-Commerce-Gesetz – auf der Richtlinie 2000/31/EG über den elektronischen Geschäftsverkehr („E-Commerce-Richtlinie“) beruhen. Damit wird Artikel 6 Abs. 8 erster Unterabsatz der Richtlinie umgesetzt. Mit dem Verb „beruhen“ in Abs. 6 werden nicht nur jene Gesetzesbestimmungen erfasst, die unmittelbar in Umsetzung der beiden genannten Richtlinien geschaffen wurden, sondern auch jene innerstaatlichen Vorschriften, deren unionsrechtliche Zulässigkeit sich aus einer dieser Richtlinien ergibt (vgl. etwa Artikel 22 Abs. 5 der Dienstleistungsrichtlinie).

Eine Umsetzung auch der Kollisionsregelung im zweiten Unterabsatz der genannten Richtlinienbestimmung ist entbehrlich, weil die österreichischen Umsetzungsvorschriften zur Dienstleistungsrichtlinie und zur E-Commerce-Richtlinie mit den im FAGG nun statuierten Informationspflichten nicht konfligieren.

12. Zu Artikel 6 Abs. 2 der Richtlinie besteht kein Umsetzungsbedarf, weil die Informationspflichten nach § 4 Abs. 1 FAGG gemäß § 1 Abs. 1 leg. cit. ohnehin für alle Fern- und Auswärtsgeschäfte zwischen Unternehmern und Verbrauchern gelten. Für die Geltung der Regelungen des FAGG kommt es somit nicht darauf an, ob ein im Fernabsatz oder außerhalb von Geschäftsräumen geschlossenes Unternehmer-Verbraucher-Geschäft nach der Hauptleistungspflicht des Unternehmers nun als Kaufvertrag, als Dienstleistungsvertrag oder als Vertrag sui generis qualifiziert wird.

13. Die Beweislastregel in Artikel 6 Abs. 9 der Richtlinie bedarf in Österreich keiner Umsetzung, weil sie sich hier bereits aus dem allgemeinen Verständnis über die Beweislastverteilung ergibt. Auch ohne ausdrückliche gesetzliche Anordnung ist nicht zu bezweifeln, dass der Unternehmer die Beweislast für die Erfüllung der ihm obliegenden Informationspflichten trägt und nicht etwa der Verbraucher eine allfällige Nichterfüllung zu beweisen hat.

14. Von der Regelungsoption in Artikel 6 Abs. 7 der Richtlinie über sprachliche Anforderungen an die Informationserteilung wird zumindest im Zivilrecht nicht explizit Gebrauch gemacht.

 

Zu § 5

1. Diese Bestimmung dient der Umsetzung der Richtlinienregelungen in Artikel 7 Abs. 1 und 2 über formale Anforderungen für die Informationserteilung bei außerhalb von Geschäftsräumen geschlossenen Verträgen. Die Wendung „außerhalb von Geschäftsräumen geschlossenen Verträgen“ ist als feststehender Terminus für Verträge zu verstehen, die vom Unternehmer in dieser Vertriebsart lanciert werden. Dieser Terminus wird für diese Vertragsart immer gleichbleibend verwendet, unabhängig davon, von welcher Phase des Vertragsabschluss- und -abwicklungsgeschehens in der jeweiligen Norm gerade die Rede ist. Das Partizip Perfekt „geschlossen“ würde rein grammatikalisch zwar auf einen bereits geschehenen Vertragsabschluss hindeuten; in § 5 geht es hingegen um die vorvertragliche Informationserteilung. Da aber für den „Außer-Geschäftsraum-Vertrag“ – wie gesagt – immer dieselbe feststehende Wendung gebraucht wird, wird sie auch hier herangezogen und ist deshalb nicht etwa von erst „zu schließenden Verträgen“ die Rede.

2. Durch den Verweis des Abs. 1 auf § 4 Abs. 1 wird klargestellt, dass sich § 5 auf die Informationserteilung vor der bindenden Vertragserklärung des Verbrauchers bezieht. Demnach sind die vorvertraglichen Informationen auf Papier bereitzustellen; ein anderer dauerhafter Datenträger darf nur verwendet werden, wenn der Verbraucher dem zustimmt.

3. Abs. 2 regelt hingegen eine Verpflichtung des Unternehmers nach Abschluss des Vertrags. Der Unternehmer hat demnach dem Verbraucher das unterzeichnete Vertragsdokument oder eine Vertragsbestätigung in Papierform oder – bei Zustimmung durch den Verbraucher – auf einem anderen dauerhaften Datenträger bereitzustellen. Welcher Zeitraum dem Unternehmer für die Erfüllung dieser Verpflichtung zur Verfügung steht, wird in der Richtlinie nicht geregelt; deshalb findet sich darüber auch in der Umsetzungsnorm des § 5 Abs. 2 keine Regelung darüber. Aus der Gesamtsystematik der Richtlinie und aus dem erkennbaren Zweck der Regelung ist abzuleiten, dass der Unternehmer dem Verbraucher das Vertragsdokument oder die Vertragsbestätigung bald nach dem Vertragsabschluss, also in dessen zeitlicher Nähe, zur Verfügung zu stellen hat. Es handelt sich dabei um eine vertragliche Nebenpflicht des Unternehmers, die der Verbraucher notfalls auch klagsweise durchsetzen kann.

4. Wenn Gegenstand des Vertrags die Lieferung von nicht auf einem körperlichen Datenträger gespeicherten digitalen Inhalten ist und die Vertragserfüllung noch vor Ablauf der Rücktrittsfrist beginnen soll, soll dieser insofern vorzeitigen Lieferung – wie sich aus Artikel 14 Abs. 4 Buchstabe b und Artikel 16 Buchstabe m der Richtlinie ableiten lässt – eine ausdrückliche Erklärung des Verbrauchers vorausgehen, mit der er dieser vorzeitigen Leistungserbringung zustimmt und zur Kenntnis nimmt, dass er dadurch sein Widerrufsrecht verliert; Näheres dazu bei den Erläuterungen zu § 16. Gibt der Verbraucher nun eine solche Erklärung ab, so hat die Vertragsbestätigung über den AGV gemäß Artikel 7 Abs. 2 der Richtlinie auch eine Bestätigung über diese Verbrauchererklärung zu enthalten. Diese Richtlinienanordnung findet in der Umsetzungsvorschrift ihre Entsprechung in § 5 Abs. 2 zweiter Satz FAGG.

 

Zu § 6

Mit dieser Bestimmung wird von der Regelungsoption in Artikel 7 Abs. 4 der Richtlinie Gebrauch gemacht; dazu sei zunächst auf die Ausführungen in Punkt C.4 des Allgemeinen Teils dieser Erläuterungen hingewiesen. Die Voraussetzungen für diese „Handwerkerregelung“ werden in Abs. 1 umschrieben, die Art der hier zum Tragen kommenden Erleichterungen ist in Abs. 2 geregelt. Die Bestimmung setzt unter anderem voraus, dass der Verbraucher die Dienste des Unternehmers „ausdrücklich angefordert“ hat; dieses Tatbestandsmerkmal ist eine Facette des aus § 3 Abs. 3 KSchG bekannten Elements der Anbahnung durch den Verbraucher, das hier allerdings nicht zu einem Rechtsverlust des Verbrauchers führt, sondern nur zu einer inhaltlich und formal reduzierten vorvertraglichen Informationspflicht des Unternehmers.

Bei Vorliegen auch der übrigen Voraussetzungen für die Erleichterung hat nämlich der Unternehmer nur einige wenige Informationen auf Papier oder allenfalls – bei Zustimmung des Verbrauchers – auch auf einem anderen dauerhaften Datenträger bereitzustellen (Abs. 2 erster Satz). Manche andere Informationen können mit ausdrücklicher Zustimmung des Verbrauchers auch mündlich erteilt werden (Abs. 2 zweiter Satz); und einige der ansonsten obligatorisch vorgesehenen Informationselemente – wie etwa die Zahlungsbedingungen oder Gewährleistung und allfällige Garantie – entfallen hier zur Gänze. Allerdings muss dann die dem Verbraucher nach Vertragsabschluss zur Verfügung zu stellende Vertragsausfertigung oder -bestätigung alle auch ansonsten geforderten Informationen enthalten (Abs. 2 dritter Satz).

 

Zu § 7

1. Mit dieser Bestimmung wird ein wesentlicher Teil der in Artikel 8 der Richtlinie getroffenen Anordnungen über „formale Anforderungen“ für die Informationserteilung und den Vertragsabschluss bei Fernabsatzverträgen umgesetzt. Wie schon Artikel 7 Abs. 1 für AGV, verlangt auch Artikel 8 Abs. 1 der Richtlinie für FAV, dass der Unternehmer die vorvertraglichen Informationen „in klarer und verständlicher Sprache“ erteilt. Was aber die äußere Gestalt der Informationsdarbietung betrifft, verlangt Artikel 8 Abs. 1, dass die Informationen dem Verbraucher „in einer den benutzten Fernkommunikationsmitteln angepassten Weise“ erteilt bzw. zur Verfügung gestellt werden. Das bedeutet, dass etwa bei telefonisch geschlossenen Verträgen die Informationserteilung auch mündlich geschehen kann. Für den Fall, dass der Unternehmer bei einem FAV (dennoch) Informationen auf einem dauerhaften Datenträger bereitstellt, enthält der zweite Satz von Artikel 8 Abs. 1 eine Anordnung, die eigentlich als Selbstverständlichkeit betrachtet werden könnte, nämlich das Erfordernis der Lesbarkeit der so zur Verfügung gestellten Informationen. Die Regelungen von Artikel 8 Abs. 1 der Richtlinie werden weitgehend wortgleich in § 7 Abs. 1 FAGG umgesetzt.

2. In eine ähnliche Richtung zielen die Anordnungen von Artikel 8 Abs. 4 der Richtlinie: Auch darin geht es darum, hinsichtlich der Informationserteilung auf die Spezifika des für die Vertragsaushandlung und den Vertragsabschluss verwendeten Fernkommunikationsmittels Bedacht zu nehmen. Konkret betrifft das die Frage, wie der Unternehmer seiner Informationspflicht dann nachkommen soll, wenn das verwendete Fernkommunikationsmittel für eine vollständige Informationserteilung entweder zu wenig Raum bietet oder einer solchen Vollständigkeit zeitliche Grenzen gesetzt sind. Erwägungsgrund 36 der Richtlinie nennt als Beispiele die beschränkte Anzahl der Zeichen auf bestimmten Displays von Mobiltelefonen oder den Zeitrahmen für Werbespots im Fernsehen. Für solche Fälle listet Artikel 8 Abs. 4 der Richtlinie einige zentrale Informationselemente auf, die der Unternehmer jedenfalls über das gewählte Fernkommunikationsmittel an den Verbraucher heranzutragen hat. Bei den anderen, nicht aufgelisteten Informationselementen reicht es hingegen aus, wenn sie der Unternehmer dem Verbraucher „in geeigneter Weise“ zukommen lässt. In Erwägungsgrund 36 der Richtlinie wird dazu erläuternd ausgeführt, dass der Unternehmer den Verbraucher diesbezüglich „an eine andere Informationsquelle verweisen“ sollte, wie etwa durch Angabe einer gebührenfreien Telefonnummer oder eines Hypertext-Links zu einer Website des Unternehmers, auf der die einschlägigen Informationen unmittelbar abrufbar und leicht zugänglich sind. Andere Möglichkeiten zur Erteilung dieser ergänzenden Informationen wären etwa die Übermittlung eines Merkblatts, die Angabe einer Teletext-Seite oder die Zusendung einer entsprechenden E-Mail (Schwarzenegger, Informationspflichten, in P. Bydlinski/Lurger (Hrsg), Die Richtlinie über die Rechte der Verbraucher (2012) 25 [41] mwN). Auch diese anderen, eher peripheren Informationen sind dem Verbraucher freilich vor dessen Vertragserklärung zu erteilen. Dies ergibt sich einerseits aus Artikel 6 Abs. 1 der Richtlinie, auf den Artikel 8 Abs. 4 ja verweist, andererseits aus der Abgrenzung gegenüber der nach Artikel 8 Abs. 7 nach Vertragsabschluss zur Verfügung zu stellenden Vertragsbestätigung und letztlich auch aus dem Zweck der Informationserteilung, nämlich dem Verbraucher eine umfassende Information als Grundlage für seine Entscheidungsfindung über den Vertragsabschluss an die Hand zu geben. Die Regelungen von Artikel 8 Abs. 4 der Richtlinie werden weitgehend wortgleich in § 7 Abs. 2 FAGG umgesetzt.

Zur Klarstellung sei erwähnt, dass ein Fall „begrenzten Raums“ nicht nur bei elektronischen Medien gegeben sein kann. So ist es zum Beispiel auch bei einem Versandhandelskatalog denkbar, dass er nicht sinnvollerweise Raum für sämtliche Informationselemente für alle darin aufgelisteten Produkte bietet. Wenn hier beispielsweise bei jedem Produkt alle Garantiebedingungen im Detail angeführt werden müssten, würde dies den Rahmen eines solchen Katalogs wohl sprengen.

3. Ähnlich wie Artikel 7 Abs. 2 für den AGV sieht Artikel 8 Abs. 7 der Richtlinie für den FAV vor, dass der Unternehmer dem Verbraucher eine Vertragsbestätigung zur Verfügung zu stellen hat. Anders als in Artikel 7 Abs. 2 der Richtlinie ist hier nicht auch von einer Kopie des unterzeichneten Vertragsdokuments die Rede; dies ist aufgrund der Spezifika des Fernabsatzes naheliegend, weil es hier ja nicht zu einem persönlichen Kontakt zwischen den Vertragsparteien und daher in der Regel auch nicht zur Unterzeichnung einer Vertragsurkunde kommt. Hier wird auch etwas zur zeitlichen Dimension dieser Verpflichtung gesagt: Die Bestätigung muss „innerhalb einer angemessenen Frist nach dem Abschluss des Fernabsatzvertrags“, spätestens aber „bei der Lieferung der Waren oder bevor die Ausführung der Dienstleistung beginnt“, zur Verfügung gestellt werden, und zwar auf einem dauerhaften Datenträger. Diese Bestätigung hat jedenfalls auch alle diejenigen Informationen zu enthalten, die die Richtlinie in ihrem Artikel 6 Abs. 1 für alle AGV und FAV fordert, die der Unternehmer dem Verbraucher aber aufgrund der Erleichterungsregelungen zur Berücksichtigung der Besonderheit von Fernkommunikationsmitteln noch nicht vor Vertragsabschluss auf einem dauerhaften Datenträger übermittelt hat. Die Regelungen von Artikel 8 Abs. 7 der Richtlinie werden weitgehend wortgleich in § 7 Abs. 3 FAGG umgesetzt.

4. Wenn Gegenstand des Vertrags die Lieferung von nicht auf einem körperlichen Datenträger gespeicherten digitalen Inhalten ist und die Vertragserfüllung noch vor Ablauf der Rücktrittsfrist beginnen soll, so soll dieser insofern vorzeitigen Lieferung – wie sich aus Artikel 14 Abs. 4 Buchstabe b und Artikel 16 Buchstabe m der Richtlinie ableiten lässt – eine ausdrückliche Erklärung des Verbrauchers vorausgehen, mit der er dieser vorzeitigen Leistungserbringung zustimmt und zur Kenntnis nimmt, dass er dadurch sein Widerrufsrecht verliert; Näheres dazu bei den Erläuterungen zu § 16. Gibt der Verbraucher nun eine solche Erklärung ab, so hat die Vertragsbestätigung über den FAV gemäß Artikel 8 Abs. 7 Buchstabe b der Richtlinie auch eine Bestätigung über diese Verbrauchererklärung zu enthalten. Diese Richtlinienanordnung findet in der Umsetzungsvorschrift ihre Entsprechung in § 7 Abs. 3 zweiter Satz FAGG.

5. Ein Umsetzungserfordernis zu Artikel 8 Abs. 9 der Richtlinie (über das Verhältnis zu den Bestimmungen der E-Commerce-Richtlinie über den Vertragsabschluss und Bestellungen) besteht nicht, weil es sich dabei nur um eine Klarstellung handelt, die keiner normativen Abbildung im österreichischen Recht bedarf, zumal die insofern einschlägigen §§ 10 und 12 ECG mit den hier entworfenen Umsetzungsbestimmungen nicht kollidieren, diesen im Übrigen aber selbst im Fall einer Kollision als leges speciales ohnehin vorgingen.

Die übrigen Absätze von Artikel 8 werden durch die §§ 8 bis 10 FAGG umgesetzt; dazu sei im Einzelnen auf die nachfolgenden Erläuterungen verwiesen.

 

Zu § 8

1. Artikel 8 Abs. 2 der Richtlinie trifft besondere Anordnungen für Fernabsatzverträge, die „auf elektronischem Wege“ geschlossen werden. Diese Formulierung ist insofern missverständlich, als sie auf den ersten Blick einen sehr weiten sachlichen Anwendungsumfang der Regelung vermuten ließe. Demnach wäre etwa auch ein Vertrag von der Regelung erfasst, der dadurch zustande kommt, dass ein Verbraucher aus einem postalisch übermittelten Prospekt oder einer Website ein Produkt auswählt, in der Folge mit individuellem E-Mail an den Unternehmer das Produkt bestellt und sodann beispielsweise ein Antwort-E-Mail des Unternehmers über die Annahme der Bestellung erhält. Gleiches würde auch für den Fall gelten, dass dem geschilderten E-Mail-Verkehr zwischen den Vertragsteilen kein Werbeangebot des Unternehmers vorausgeht, sondern der Verbraucher sich gänzlich aus eigenem Antrieb beim Unternehmer nach einem bestimmten Produkt oder einer bestimmten Dienstleistung erkundigt und dieses oder diese in der Folge per E-Mail bestellt. All das war jedoch vom Richtliniengeber nicht gemeint. Aus Erwägungsgrund 39 der Richtlinie geht vielmehr hervor, dass der Richtliniengeber mit Artikel 8 Abs. 2 nur solche Fernabsatzverträge erfassen wollte, „die über Webseiten abgeschlossen werden“. Im Besonderen ging es dabei um die Zurückdrängung des Phänomens der so genannten „Internetabzocke“ (vgl. Stabentheiner/Cap, Die neue Verbraucherrechte-Richtlinie, ÖJZ 2011, 1045 [1057, insb. FN 75]; Schwarzenegger aaO 41). Der Anwendungskreis von Artikel 8 Abs. 2 der Richtlinie ist also dahin einschränkend zu verstehen, dass ein auf individuellem (wenngleich elektronischem) Kommunikationsweg ausgehandelter Vertragsabschluss nicht erfasst sein soll.

In der Umsetzungsbestimmung des § 8 wird dies in Abs. 1 durch die aus § 10 Abs. 3 ECG (ähnlich auch § 9 Abs. 3 ECG) bekannte Wendung „ausschließlich im Weg der elektronischen Post oder eines damit vergleichbaren individuellen elektronischen Kommunikationsmittels“ zum Ausdruck gebracht. Der bloße Austausch von E-Mails oder von SMS führt also noch nicht zur Anwendung dieser Bestimmung. Wenn allerdings der Verbraucher zur Herstellung des vorvertraglichen Kontakts ein Medium genützt hat, das nicht auf individuelle Kommunikation ausgerichtet ist, wie vor allem eine Bestellmaske auf der Website des Unternehmers, kommt die Regelung sehr wohl zum Tragen. Das ist auch dann der Fall, wenn über die vom Verbraucher aufgesuchte Website eine an den Unternehmer gerichtete Bestellungs- oder Buchungs-E-Mail generiert wird; auch dieser Fall ist von § 8 erfasst.

2. Für solche Bestellvorgänge verlangt die Richtlinie erstens eine hervorgehobene Information des Verbrauchers über die wichtigsten Fragen betreffend das künftige Vertragsverhältnis, wie etwa über Preis und wesentliche Merkmale der Leistung oder die Vertragsdauer, und zwar im elektronischen Ablauf zeitlich unmittelbar vor der Bestellung des Verbrauchers angesiedelt (erster Unterabsatz von Artikel 8 Abs. 2), und zweitens die ausdrückliche Bestätigung des Verbrauchers darüber, dass die Bestellung mit einer Zahlungsverpflichtung verbunden ist (zweiter Unterabsatz von Artikel 8 Abs. 2), dies verbunden mit einer spezifischen Regelung für den Fall der Bestellung durch „Aktivierung einer Schaltfläche“ (in den Diskussionen um die Richtlinie wurde diese Regelung als „Blue Button“-Regelung bezeichnet). Wenn der Unternehmer die im zweiten Unterabsatz normierten Pflichten nicht einhält, ist der Verbraucher durch den Vertrag oder die Bestellung nicht gebunden. Diese Richtlinienregelungen werden durch § 8 Abs. 1 und 2 weitgehend wortgleich umgesetzt.

Zur Klarstellung sei erwähnt, dass diese Bestimmung keinesfalls eine umfassende Darstellung aller Eigenschaften der Ware oder der Dienstleistung erfordert. Dies wäre im Gegenteil geradezu kontraproduktiv, weil die Regelung ja darauf abzielt, dem Verbraucher unmittelbar vor seiner Vertragserklärung die für seinen Entschluss bedeutsamen Wesensmerkmale des Vertragsobjekts vor Augen zu führen.

Unter „Aktivierung einer Schaltfläche“ ist das Anklicken eines Feldes auf der Website zu verstehen, mit dem die Vertragserklärung definitiv abgegeben wird. Eine der Formulierung „zahlungspflichtig bestellen“ gleichartige Formulierung wäre beispielsweise die Wendung „zahlungspflichtig buchen“.

3. Die im dritten Satz von Abs. 2 aus der Richtlinie übernommene Anordnung der „Nichtbindung“ des Verbrauchers bedeutet, dass ein Verstoß des Unternehmers gegen die besondere Hinweispflicht nach Abs. 2 nicht etwa die Nichtigkeit des Vertrags zur Folge hat, sondern – ähnlich wie etwa im Recht der Geschäftsunfähigen – die schwebende Unwirksamkeit des Vertrags. Es steht nämlich diesfalls im Belieben des Verbrauchers, ob er am Vertrag festhält und vom Unternehmer Erfüllung verlangt (dann selbstverständlich verbunden mit der Verpflichtung zur Zahlung des Entgelts) oder ob er das Zustandekommen des Vertrags ablehnt.

4. Artikel 8 Abs. 3 der Richtlinie ordnet an, dass auf Websites, die auf den elektronischen Geschäftsverkehr ausgerichtet sind, spätestens bei Beginn des Bestellvorgangs eindeutig anzugeben ist, ob Lieferbeschränkungen bestehen und welche Zahlungsmittel akzeptiert werden. Diese Richtlinienregelung wird praktisch wortgleich in Abs. 3 umgesetzt.

5. In Abs. 4 werden die Regelungen des § 8 auf die von der Richtlinie 90/314/EWG über Pauschalreisen erfassten Verträge – die von der Verbraucherrechte-Richtlinie und daher grundsätzlich auch vom Anwendungsbereich des FAGG ausgenommen sind – erstreckt, und zwar ohne irgendwelche Einschränkungen.

Darüber hinaus wird in Abs. 4 eine partielle und eingeschränkte Gegenausnahme zur allgemeinen Ausnahmeregelung des § 1 Abs. 2 statuiert. Sie betrifft nur die in § 1 Abs. 2 Z 2 und 3 angeführten Verträge über soziale Dienstleistungen und über Gesundheitsdienstleistungen, die nach der genannten Bestimmung an sich vom Geltungsbereich des FAGG ausgenommen sind. Auf diese Verträge wird die so genannte „Buttonlösung“ des § 8 Abs. 2 zweiter und dritter Satz („zahlungspflichtig bestellen“) erstreckt. Dies gilt freilich nicht für alle Verträge über soziale Dienstleistungen und Gesundheitsdienstleistungen, sondern nur für Fernabsatzverträge über diese Gegenstände und hier wiederum nur für solche, die elektronisch, jedoch nicht ausschließlich im Weg der elektronischen Post oder eines damit vergleichbaren individuellen elektronischen Kommunikationsmittels geschlossen werden (siehe § 8 Abs. 1). Da für diese Verträge nicht auch die allgemeinere Regelung des Abs. 2 erster Satz übernommen wird, kommt Abs. 4 nur zum Tragen, wenn der Bestellvorgang die Aktivierung einer Schaltfläche oder die Betätigung einer ähnlichen Funktion erfordert. Zu beachten ist hier auch die Sonderregelung über das Inkrafttreten dieser Bestimmung in § 20 Abs. 1.

 

Zu § 9

1. Artikel 8 Abs. 5 der Richtlinie enthält eine inhaltlich aus der früheren Fernabsatzrichtlinie (dort Artikel 4 Abs. 3) übernommene Verpflichtung des Unternehmers, bei auf Geschäftsabschlüsse abzielenden Anrufen bei Verbrauchern zu Beginn des Gesprächs seine Identität und den geschäftlichen Zweck des Anrufs offenzulegen. Im österreichischen Recht wurde die korrespondierende Vorgängerregelung der Fernabsatzrichtlinie in § 5c Abs. 3 KSchG umgesetzt. Nunmehr findet sich die Umsetzungsbestimmung in § 9 Abs. 1 FAGG.

2. Artikel 8 Abs. 6 der Richtlinie enthält eine optionale Regelung für telefonisch geschlossene Verträge, die eine Angebotsbestätigung durch den Unternehmer und eine schriftliche Erklärung des Verbrauchers vorsieht. Die für die Wahrnehmung dieser Regelungsoption der Richtlinie maßgebenden Erwägungen wurden bereits in Punkt C.5 des Allgemeinen Teils dieser Erläuterungen dargelegt. Eine andere Frage ist, ob die Richtlinienoption in ihrer gesamten Anwendungsbreite wahrgenommen werden soll. Artikel 8 Abs. 6 der Richtlinie unterscheidet ja nicht dahin, ob es sich um einen nach dem Telekommunikationsrecht unzulässigen oder um einen erlaubten Anruf handelt. Es wird darin nicht einmal danach differenziert, ob der Anruf aktiv vom Unternehmer oder vom Verbraucher getätigt wurde. Auch wenn es der Verbraucher war, der aus Eigeninitiative beim Unternehmer anruft, kommt diese Richtlinienregelung zum Tragen, zumal ihr Wortlaut keine Einschränkung auf telefonische Anbahnungen durch den Unternehmer vorsieht. Aufgrund der Ergebnisse des Begutachtungsverfahrens und der politischen Kompromissfindung zu dieser Thematik wird nun bei Wahrnehmung dieser Regelungsoption die Umsetzungsbestimmung auf genau jene Fallkonstellationen eingeschränkt, an die bereits in § 5b KSchG angeknüpft wurde, nämlich auf die vom Unternehmer eingeleiteten Ferngespräche. Überdies wird die Umsetzungsregelung aus den dort ebenfalls festgehaltenen Erwägungen auf Dienstleistungsverträge eingeschränkt.

3. Um den Verbraucher an den telefonisch ausgehandelten Vertrag zu binden, ist nach Abs. 2 zusätzlich zu den telefonisch getroffenen Festlegungen das Hinzutreten zweier formalisierter Komponenten notwendig: Erstens muss der Unternehmer dem Verbraucher eine Bestätigung seines Vertragsanbots auf einem dauerhaften Datenträger zur Verfügung stellen. Zweitens muss der Verbraucher dem Unternehmer hierauf eine schriftliche Erklärung über die Annahme dieses Anbots auf einem dauerhaften Datenträger übermitteln. Bei diesem zweiten Element spricht die Richtlinie davon, dass der Verbraucher entweder „das Angebot unterzeichnet oder sein schriftliches Einverständnis übermittelt hat“ (Artikel 8 Abs. 6 erster Satz). Nach diesem Wortlaut müsste man – jedenfalls bei Anlegung österreichischen Rechtsverständnisses – an das Erfordernis von Unterschriftlichkeit im Sinn des § 886 ABGB denken. Bei näherer Überlegung zeigt sich aber, dass das nicht so gemeint sein kann. Der Normzweck dieser Richtlinienbestimmung liegt ja erkennbar nicht in der Nachweisbarkeit der Identität des Erklärenden, sondern bloß in der Warnfunktion, die eine solche schriftliche Einverständniserklärung für den Verbraucher haben soll. Diese Warnfunktion ist aber bereits dann gewährleistet, wenn für die Einverständniserklärung des Verbrauchers bloß die Textform gefordert wird; das ist die bereits aus dem Versicherungsvertragsrecht bekannte „geschriebene Form“ (vgl. § 1b Abs. 1 VersVG). In § 9 Abs. 2 FAGG wird dies durch das Abstellen auf eine schriftliche Annahmerklärung auf einem dauerhaften Datenträger zum Ausdruck gebracht. Würde man demgegenüber für diese Annahmeerklärung Unterschriftlichkeit verlangen, so würde dies die Regelung unnötig überfrachten, weil dann ein einfaches E-Mail für die wirksame Annahme des Anbots nicht ausreichen würde, sondern zusätzlich eine elektronische Signatur vonnöten wäre. Die Vorgabe einer derart strengen Formvorschrift kann aber dem Richtliniengeber nicht unterstellt werden und ist auch vom Umsetzungsgesetzgeber nicht gewollt (vgl. dazu Stabentheiner aaO 153).

4. Ein Verstoß gegen die soeben behandelten Formerfordernisse hat auch hier – ebenso wie bei § 8 Abs. 2 – nicht etwa die Nichtigkeit des Vertrags zur Folge, sondern lediglich die fehlende Bindung des Verbrauchers im Sinn einer schwebenden Unwirksamkeit. Der Verbraucher hat also sehr wohl die Möglichkeit, auf dem abgeschlossenen Vertrag zu beharren und die Abwicklung des Vertrags zu verlangen; dazu kann auf die Ausführungen zu der insofern korrespondierenden Bestimmung des § 8 Abs. 2 verwiesen werden.

5. Wenn es hingegen bei der Unwirksamkeit des Vertrags bleibt, kann der Unternehmer für die von ihm allenfalls dennoch erbrachten Leistungen gegenüber dem Verbraucher auch keine bereicherungsrechtlichen Ansprüche geltend machen; er kann also weder ein Entgelt noch eine Wertminderung fordern. Korrespondierend dazu kann der Verbraucher diesfalls vom Unternehmer alle von diesem angenommenen Leistungen wieder zurückverlangen.

 

Zu § 10

Diese Bestimmung dient der Umsetzung der Richtlinienregelungen in Artikel 7 Abs. 3 und in Artikel 8 Abs. 8. Diese beiden Richtlinienbestimmungen befassen sich mit der Frage, welche Vorgangsweise bei Dienstleistungen sowie bei Bezugsverträgen über Wasser, Gas, Strom oder Fernwärme für den Fall einzuhalten ist, dass der Verbraucher die Vertragserfüllung noch vor Ablauf der Widerrufsfrist wünscht. Dazu sehen die genannten Bestimmungen gewisse Handlungsobliegenheiten des Unternehmers vor, bei deren Verletzung der Unternehmer seinen Entgeltanspruch für erbrachte Leistungen im Fall des Vertragswiderrufs durch den Verbraucher verliert. Wenn der Verbraucher den Wunsch nach insofern vorzeitiger Vertragserfüllung äußert, muss ihn der Unternehmer dazu veranlassen, „ein entsprechendes ausdrückliches Verlangen zu erklären“. Für AGV wird in Artikel 7 Abs. 3 der Richtlinie überdies gefordert, dass dieses ausdrückliche Verlangen auf einem dauerhaften Datenträger erklärt wird. Diese Richtlinienregelungen werden mit gewissen Adaptierungen in der Formulierung in § 10 umgesetzt. Welche Rechtsfolgen es hat, wenn sich eine vorzeitige Vertragserfüllung auf ein solches ausdrückliches Verlangen gründet oder wenn ein solches Verlangen fehlt, ist in § 16 Abs. 1 und 2 geregelt.

 

Zu § 11

1. Mit dieser Bestimmung wird Artikel 9 der Richtlinie umgesetzt. Dabei handelt es sich gleichsam um die Grundsatzbestimmung zum Widerrufsrecht des Verbrauchers bei Fern- und Auswärtsgeschäften, in der zugleich auch die Dauer der Widerrufsfrist sowie die Frage geregelt wird, wann diese Frist bei den unterschiedlichen Vertragsarten endet. Bei der Umsetzung dieser Richtlinienregelung wurden einige sprachliche und konzeptionelle Modifikationen vorgenommen, die nur der Adaptierung an die Gegebenheiten des österreichischen Rechts dienen und die Regelung inhaltlich nicht verändern.

2. Eine wichtige terminologische Modifikation betrifft die Bezeichnung des Rechts. Wie auch bei anderen Verbraucherschutzrichtlinien wird hier das durch die Richtlinie eingeräumte Recht zum Widerruf des Vertrags als „Rücktrittsrecht“ des Verbrauchers bezeichnet. Bei isolierter Betrachtung nur der Verbraucherrechte-Richtlinie und ihrer Umsetzung wäre es zwar durchaus diskutabel, auch in der österreichischen Umsetzung von einem „Widerrufsrecht“ zu sprechen, weil sich diese durch die Richtlinie eingeräumte Gestaltungsmöglichkeit sowohl rechtsdogmatisch als auch konzeptionell durchaus von dem Rücktrittsrecht unterscheidet, das einem Vertragsteil als Behelf etwa bei Verzug des Vertragspartners zu Gebote steht. Bei den an keine Leistungsstörung im Bereich des Vertragspartners und auch an keine sonstigen Voraussetzungen geknüpften Widerrufsrechten des europäischen Verbraucherschutzrechts handelt es sich ja um eine Vertragsauflösungsoption, die dem Verbraucher vor allem deshalb an die Hand gegeben wird, um ein Informationsgefälle bei Vertragsabschluss auszugleichen und dem Verbraucher eine Korrektur von Fehlentscheidungen aufgrund eines Überraschungsmoments oder aufgrund sonstiger „Verdünnungen“ seiner Willensfreiheit zu ermöglichen. Es wäre überlegenswert, dieses spezifisch verbraucherschutzrechtliche Gestaltungsrecht anders zu bezeichnen als die Rücktrittsrechte, die einem Kontrahenten nach allgemeinem Vertragsrecht unabhängig von seiner Eigenschaft als Verbraucher, aber jeweils angeknüpft an bestimmte Voraussetzungen eingeräumt werden. Dies hätte zudem auch den Vorteil, dass es einen terminologischen Gleichklang zwischen der Bezeichnung des Rechts einerseits und den vom Richtlinienrecht vorgegebenen Formularien zur erleichterten Ausübung dieses Rechts andererseits gäbe. Wenn der österreichische Gesetzgeber einen solchen Schritt zur Änderung dieser Bezeichnung unternähme, dürfte freilich richtigerweise nicht vom „Widerruf des Vertrags“ die Rede sein, sondern dogmatisch sauberer vom „Widerruf der Vertragserklärung des Verbrauchers“. Allerdings muss bei der letztlich gewählten Konzeption der nunmehrigen Richtlinienumsetzung von einem solchen terminologischen Änderungsvorhaben Abstand genommen werden, weil dieses dazu führen würde, dass zwar im Fern- und Auswärtsgeschäfte-Gesetz das Gestaltungsrecht des Verbrauchers als „Widerrufsrecht“ bezeichnet würde, in allen anderen verbraucherschutzrechtlichen Vorschriften – wie vor allem im Konsumentenschutzgesetz, aber auch etwa im Teilzeitnutzungsgesetz 2011, im Verbraucherkreditgesetz, im Fern-Finanzdienstleistungsgesetz, im Bauträgervertragsgesetz usw. – aber weiterhin vom „Rücktrittsrecht“ die Rede wäre.

Freilich führt dies zumindest insofern zu einer Parallelität der Begriffe, als ja die von der Richtlinie vorgegebenen Formulare in der deutschsprachigen Fassung von „Widerruf“ und nicht von „Rücktritt“ sprechen. Es ist – bedauerlicherweise – nicht auszuschließen, dass diese Parallelität bei den Rechtsanwendern zu Verwechslungen führt, dass also etwa ein Unternehmer über das „Widerrufsrecht“ belehrt oder ein Verbraucher den „Widerruf“ erklärt. Dazu sei klargestellt, dass solche terminologischen Fehlgriffe demjenigen, dem sie unterlaufen, nicht schaden. Das bedeutet etwa in den vorgenannten Beispielen, dass die Wirksamkeit der Belehrung bzw. die Wirksamkeit der Vertragsauflösungserklärung durch die Verwendung von „Widerruf“ nicht gehindert wird.

3. Anders als sonstige verbraucherschutzrechtliche Richtlinien (vgl. etwa Artikel 6 Abs. 1 der Richtlinie 2002/65/EG über den Fernabsatz von Finanzdienstleistungen, Artikel 14 Abs. 1 der Verbraucherkreditrichtlinie 2008/48/EG oder Artikel 6 Abs. 2 der Timeshare-Richtlinie 2008/122/EG) regelt die Verbraucherrechte-Richtlinie die Dauer der Rücktrittsfrist in Artikel 9 Abs. 2, indem dort jeweils das Ende der Frist umschrieben wird. In der Umsetzungsbestimmung wird jedoch entsprechend den sonstigen Vorschriften über verbraucherrechtliche Rücktrittsmöglichkeiten der Beginn der Rücktrittsfrist geregelt (Abs. 2); eine inhaltliche Änderung ist damit nicht verbunden.

4. In Abs. 2 Z 2 wird der Fristbeginn nicht nur für Kaufverträge, sondern in gleicher Weise auch für „sonstige auf den entgeltlichen Erwerb einer Ware gerichtete Verträge“ geregelt. Das erklärt sich daraus, dass – wie bereits zu § 3 ausgeführt (Punkt 1 der Erläuterungen dazu) – die mit dem österreichischen Verständnis nicht übereinstimmende Richtliniendefinition des Begriffs „Kaufvertrag“ nicht in die Umsetzungsnorm übernommen wird. Die Richtlinie versteht unter einem Kaufvertrag auch einen Vertrag, der sowohl den Erwerb einer Ware als auch eine Dienstleistung zum Gegenstand hat, dies selbst dann, wenn das Schwergewicht der vom Unternehmer zu erbringenden Gesamtleistung bei der Dienstleistung liegt. Auf diese gemischten Verträge wird in Abs. 2 Z 2 durch die erwähnte Wendung Bezug genommen: Wenn ein Vertrag – neben möglicherweise auch prominenten anderen Leistungsinhalten – auch auf den entgeltlichen Erwerb einer Ware gerichtet ist und nach österreichischem Verständnis nur deshalb nicht als Kaufvertrag bezeichnet wird, weil diese anderen Elemente überwiegen, wird für ihn entsprechend der Richtlinie das selbe Fristenregime für den Rücktritt vorgesehen wie für einen Kauf.

5. Im Übrigen werden die Regelungen in Artikel 9 Abs. 2 der Richtlinie über den Lauf der Widerrufsfrist – mit einigen sprachlichen Adaptierungen – in Abs. 2 inhaltsgleich übernommen. Zur Berechnung der Widerrufsfrist wird in Erwägungsgrund 41 der Richtlinie ausgeführt, dass dafür die Verordnung (EWG, Euratom) Nr. 1182/71 des Rates vom 3. Juni 1971 (ABl. Nr. L 124 vom 8. Juni 1971, S. 1) anzuwenden sei. Deshalb seien alle Fristen als in Kalendertagen ausgedrückt zu verstehen. Wenn für den Anfang einer nach Tagen bemessenen Frist der Zeitpunkt maßgebend sei, zu dem ein Ereignis eintritt oder eine Handlung vorgenommen wird, sollte bei der Berechnung dieser Frist der Tag nicht mitgerechnet werden, auf den das Ereignis oder die Handlung fällt. All dies stimmt auch mit den österreichischen Regelungen über die Zivilkomputation in § 902 ABGB überein.

6. Der Verbraucher kann den Rücktritt auch bereits zu einem Zeitpunkt erklären, in dem der Unternehmer das Vertragsanbot des Verbrauchers noch gar nicht angenommen hat, der Vertrag somit noch gar nicht zustande gekommen ist. Der Verbraucher muss also nicht etwa zuwarten, bis durch die Vertragserklärung des Unternehmers der Vertragsabschluss perfekt ist, um erst danach den Rücktritt zu erklären; vielmehr steht dem Verbraucher die Rücktrittsmöglichkeit bereits ab Abgabe seiner eigenen Vertragserklärung offen (vgl. dazu die korrespondierende Regelung in § 3 Abs. 1 KSchG). In Übereinstimmung damit wird in Erwägungsgrund 40 der Richtlinie für den Kaufvertrag auch dargelegt, dass der Verbraucher das Widerrufsrecht bereits ausüben kann, bevor er die Waren physisch in Empfang genommen hat.

7. Das Rücktrittsrecht des § 11 ist nicht auf den erstmaligen Vertragsabschluss zwischen Unternehmer und Verbraucher beschränkt. Auch die Verlängerung eines bestehenden, aber befristeten Vertragsverhältnisses oder die inhaltliche Änderung eines bestehenden Vertragsverhältnisses können, wenn sie im Fernabsatz oder außerhalb von Geschäftsräumen vereinbart werden, dem Fern- und Auswärtsgeschäfte-Gesetz unterliegen und damit zu einem Rücktrittsrecht des Verbrauchers hinsichtlich der vereinbarten Vertragsverlängerung oder Vertragsänderung führen.

8. Neben dem neuen, vereinheitlichten Rücktrittsrecht der §§ 11 ff. FAGG bleibt außerhalb des Anwendungsbereichs des Fern- und Auswärtsgeschäfte-Gesetzes – praktisch relevant vor allem bei den durch § 1 Abs. 2 ausgenommenen Vertragsarten – gleichsam in Restbeständen das bisherige Haustürgeschäfte-Rücktrittsrecht des § 3 KSchG weiterhin bestehen. Allerdings wird dieses Rücktrittsrecht österreichischer Prägung nun in vielerlei Hinsicht an die §§ 11 ff. FAGG angeglichen, nämlich hinsichtlich der Dauer der Regelrücktrittsfrist und ihres Beginns, hinsichtlich des Einflusses eines Unterbleibens der jeweils vorgesehenen Information und Belehrung des Verbrauchers auf die Dauer des Rücktrittsrechts und in diesem Kontext hinsichtlich der Existenz einer jedenfalls gesetzten Höchstfrist sowie schließlich hinsichtlich der Form der Rücktrittserklärung. Unterschiedlich sind allerdings die Bestimmungen über Art und Umfang der vom Unternehmer zu erteilenden Information sowie über die Rechtsfolgen des Rücktritts, insbesondere hinsichtlich der Rücksendekosten, des Benützungsentgelts, des Wertersatzes und der vorzeitigen Leistungserbringung.

 

Zu § 12

1. Diese Bestimmung dient der Umsetzung der Richtlinienregelung von Artikel 10 über die Widerrufsfristverlängerung bei verabsäumter Belehrung des Verbrauchers über sein Widerrufsrecht. Die Anordnung über die Fristverlängerung wird dabei anders konstruiert als in der Richtlinie, um den Gleichklang mit im österreichischen Recht bereits bestehenden Regelungen über solche Fristverlängerungen zu wahren; inhaltliche Änderungen sind damit nicht verbunden.

2. Anders als noch nach Artikel 6 Abs. 1 der Fernabsatzrichtlinie 97/7/EG und dem bisherigen § 5e Abs. 3 KSchG als deren Umsetzungsnorm führt nun nur noch eine Verletzung der Informationspflicht hinsichtlich des Rücktrittsrechts zur Verlängerung der Rücktrittsfrist. Andere Informationspflichtverletzungen haben keine fristverlängernde Wirkung. Und bei den meisten sonstigen Informationselementen sind für den Fall einer unterbleibenden Informationserteilung auch keine spezifisch verbraucherschutzrechtlichen Rechtsfolgen zivilrechtlicher Art vorgesehen (eine Ausnahme besteht allerdings hinsichtlich der Belehrung über die Rücksendekosten sowie über andere zusätzliche Kosten), doch sind diese Informationspflichtverletzungen einerseits durch die Verwaltungsstrafbestimmung des § 19 sanktioniert und können im Übrigen auch Rechtsfolgen allgemein-zivilrechtlicher Art nach sich ziehen (vgl. dazu Schwarzenegger aaO 37 f).

3. Schon nach der Richtlinie (Artikel 10 Abs. 1) ist unklar, ob bei Fernabsatzverträgen die die Verlängerung der Rücktrittsfrist vermeidende Belehrung schon dann als gegeben anzunehmen ist, wenn die Belehrung des Unternehmers nur die Inhaltselemente des Artikel 6 Abs. 1 Buchstabe h erfüllt, oder ob dazu auch die Ausstellung der in Artikel 8 Abs. 7 vorgesehenen Bestätigung auf einem dauerhaften Datenträger mit – unter anderem – eben dieser Belehrung vonnöten ist. Mit anderen Worten: Bleibt es bei der 14-tägigen Regelrücktrittsfrist schon dann, wenn der Unternehmer den Verbraucher nur irgendwie – allenfalls telefonisch oder durch einen Hyperlink – über das Rücktrittsrecht aufgeklärt hat, oder bedarf es dazu auch der Bestätigung nach § 7 Abs. 3 FAGG? Argumente des Verbraucherschutzes sprechen eher für die zweite Lösung, doch kann der österreichische Umsetzungsgesetzgeber diese aus der Richtlinie herrührende Frage nicht lösen. Klar ist allerdings, dass die Verlängerung der Rücktrittsfrist nur durch eine Belehrung ausgeschlossen wird, die mit der Zurverfügungstellung des Muster-Widerrufsformulars einhergeht.

3. Wenn der Unternehmer innerhalb von 12 Monaten ab dem die Regelrücktrittsfrist auslösenden Ereignis die Belehrung über das Rücktrittsrecht nachholt, so endet die verlängerte Rücktrittsfrist 14 Tage nach dem Zeitpunkt, zu dem der Verbraucher diese Belehrung (verspätet) erhalten hat.

 

Zu § 13

1. Durch Abs. 1 werden die Richtlinienregelungen von Artikel 11 Abs. 1 und 2 über die Ausübung des Widerrufsrechts umgesetzt. Abs. 2 dient der Umsetzung der Sonderregelung in Artikel 11 Abs. 3 der Richtlinie über die Ausfüllung der Widerrufserklärung auf der Website des Unternehmers.

2. Die Rücktrittserklärung ist formfrei. So ist etwa auch eine Rücktrittserklärung via SMS wirksam. Sie kann auch mündlich geschehen, auch durch einen Telefonanruf. Aus Sicht des Verbrauchers kann eine bloß mündliche Erklärung freilich problematisch sein, weil ihn für die Ausübung des Rücktrittsrechts die Beweislast trifft. Letzteres gilt bereits nach allgemeinen Beweislastregeln, weshalb Artikel 11 Abs. 4 der Richtlinie keiner Umsetzung bedarf.

3. Auch die Anordnung in Artikel 11 Abs. 1 Buchstabe b der Richtlinie, wonach der Entschluss zum Widerruf des Vertrags aus der Widerrufserklärung eindeutig hervorgehen muss, löst in Österreich keinen Umsetzungsbedarf aus. Nach der in Österreich herrschenden Vertrauenstheorie ist eine rechtsgeschäftliche Erklärung danach zu beurteilen, wie sie der Empfänger bei objektiver Betrachtung der Sachlage verstehen musste; maßgeblich ist also der objektiv erkennbare Gehalt einer Erklärung (vgl. die Judikaturnachweise in Tades/Hopf/Kathrein/Stabentheiner, ABGB37 § 914 E 51 ff.). Diese Anforderungen an eine rechtsgeschäftliche Erklärung stimmen inhaltlich mit der von der Richtlinie geforderten Eindeutigkeit bzw. Unmissverständlichkeit (vgl. Erwägungsgrund 44 der Richtlinie) überein. Auch die Rücksendung der Ware an den Unternehmer kann für die Ausübung des Rücktrittsrechts ausreichen, wenn sie von einer – beispielsweise beigelegten oder auch auf der Verpackung aufgebrachten – Notiz begleitet ist, aus der der Unternehmer den Rücktritt des Verbrauchers entnehmen kann. Die bloße Zurücksendung der Waren ohne weiteren Kommentar reicht hingegen nicht aus (vgl. Lurger, Widerrufsrechte, in P. Bydlinski/Lurger, Die Richtlinie über die Rechte der Verbraucher, 53 [74] mwN]).

 

Zu § 14

1. Diese Bestimmung dient der Umsetzung von Artikel 13 der Richtlinie über die Pflichten des Unternehmers im Widerrufsfall. Bevor allerdings auf die Regelungen des § 14 im Einzelnen eingegangen wird, sei zunächst die mit den Artikeln 13 und 14 der Richtlinie im Zusammenhang stehende Richtlinienregelung von Artikel 12 erwähnt. Darin wird angeordnet, dass im Widerrufsfall die Pflichten der Vertragsparteien zur Erfüllung des FAV oder des AGV beziehungsweise – bei Widerruf noch im Angebotsstadium – zum Abschluss des FAV oder des AGV enden. Das ist nach österreichischem Verständnis eine dem Rücktritt vom Vertrag immanente Rechtsfolge, weshalb Artikel 12 im österreichischen Recht keiner Umsetzung bedarf.

2. In Abs. 1 werden die Regelungen von Artikel 13 Abs. 1 über die Pflicht des Unternehmers zur Rückerstattung aller erhaltenen Zahlungen umgesetzt, und zwar sowohl die Regelung zur Rückzahlungsfrist (erster Unterabsatz) als auch jene zu dem zu verwendenden Zahlungsmittel (zweiter Unterabsatz). Auch hier wird – wie in Artikel 18 der Richtlinie für die Leistungsfrist bei Waren (vgl. dazu die Erläuterungen zu § 7a KSchG) – das Gebot unverzüglicher Erstattung mit einer zeitlichen Obergrenze kombiniert, nämlich mit einer vierzehntägigen Frist. Auch hier bedeutet das allerdings nicht, dass dem Unternehmer für die Rückerstattung jedenfalls diese 14 Tage zur Verfügung stünden. Primär maßgeblich ist vielmehr die Anordnung unverzüglicher Rückerstattung. Die Ausschöpfung der vierzehntägigen Höchstfrist ist hingegen nur rechtskonform, wenn sie durch besondere Umstände gerechtfertigt ist.

Die Höchstfrist beginnt nach der Richtlinie mit dem Zeitpunkt zu laufen, zu dem dem Unternehmer die Rücktrittserklärung des Verbrauchers zukommt. Dies ergibt sich zum einen – wenngleich nicht mit letzter Deutlichkeit – aus dem Wortlaut von Artikel 13 Abs. 1, wonach jener Tag für den Fristenlauf maßgeblich ist, an dem der Unternehmer über den Widerruf des Verbrauchers informiert wird; davon kann aber erst die Rede sein, sobald der Unternehmer die Rücktrittserklärung erhält. Zum anderen ergibt sich das auch aus dem Charakter des Rücktritts als empfangsbedürftige Willenserklärung.

3. Die Regelung über die Rückzahlung mit demselben Zahlungsmittel, das auch der Verbraucher für seine Zahlung verwendete, zielt vor allem darauf ab, der Erstattung der geleisteten Zahlungen in Form von Gutscheinen einen Riegel vorzuschieben. Diese ist nach der Regelung nur dann zulässig, wenn der Verbraucher entweder bereits für seine Transaktion Gutscheine verwendet hat oder die Entgegennahme von Gutscheinen als Art der Erstattung ausdrücklich akzeptiert (vgl. Erwägungsgrund 46 der Richtlinie).

4. Die Rückzahlungspflicht betrifft auch allfällige vom Verbraucher bereits an den Unternehmer bezahlte Lieferkosten. Nach Abs. 2 (durch den Artikel 13 Abs. 2 der Richtlinie umgesetzt wird) gilt das aber dann nur eingeschränkt, wenn sich der Verbraucher ausdrücklich für eine andere, kostenintensivere Art der Lieferung als die vom Unternehmer angebotene günstigste Standardlieferung entschieden hat. Man denke etwa an die Kosten einer Expresslieferung innerhalb von 24 Stunden (vgl. Erwägungsgrund 46 der Richtlinie). In diesem Fall muss der Unternehmer dem Verbraucher nur die Lieferkosten für die günstigste Standardlieferung erstatten, nicht aber die vom Verbraucher entrichteten Mehrkosten der teureren Lieferart. Voraussetzung dieser Einschränkung ist allerdings, dass die vom Unternehmer angebotene Standardlieferung eine „normale und allgemein akzeptable Art der Lieferung“ war (vgl. neuerlich Erwägungsgrund 46 der Richtlinie).

5. In Abs. 3 wird Artikel 13 Abs. 3 der Richtlinie inhalts- und weitgehend auch wortgleich umgesetzt. Mit dieser Bestimmung wird dem Unternehmer das Recht auf Zurückhaltung der ihm obliegenden Erstattungsleistungen bis zum Eintreffen der vom Verbraucher zurückzusendenden Ware bzw. bis zum Nachweis der Aufgabe der Ware zur Rückversendung durch den Verbraucher eingeräumt. Nach der Richtlinie gilt dies nur für Kaufverträge; wegen der Divergenzen zwischen der Kaufvertragsdefinition der Richtlinie und dem österreichischen Begriffsverständnis müssen auch hier – ebenso wie in § 11 Abs. 2 Z 2 – sonstige auf den entgeltlichen Erwerb einer Ware gerichtete Verträge den Kaufverträgen gleichgehalten werden. Dass es zwischen den beiden möglichen Endzeitpunkten für das Recht auf Zurückhaltung (Eintreffen der Ware beim Unternehmer oder Rücksendungsnachweis) auf jenen ankommt, der früher eintritt (vgl. Artikel 13 Abs. 3 der Richtlinie), bedarf im Gesetzestext keiner ausdrücklichen Erwähnung, weil dieses Verständnis aufgrund der Alternativkonstruktion ohnehin auf der Hand liegt.

 

Zu § 15

1. Diese Bestimmung dient der Umsetzung von Artikel 14 Abs. 1, 2 und 5 der Richtlinie über die Pflichten des Verbrauchers im Widerrufsfall. Auch hier werden die Regelungen weitgehend wortgleich übernommen. Auch hier ist – ebenso wie in § 11 Abs. 2 Z 2 und in § 14 Abs. 3 – neben den Kaufverträgen auch auf sonstige auf den entgeltlichen Erwerb einer Ware gerichtete Verträge abzustellen.

2. Abs. 1 statuiert die den Verbraucher aufgrund des Widerrufs treffende Pflicht zur Zurückstellung der Ware. Auch dafür ist eine Kombination von Unverzüglichkeitsgebot und vierzehntägiger Höchstfrist vorgesehen. Und auch in diesem Zusammenhang bedeutet das nicht, dass der Verbraucher diese Höchstfrist jedenfalls ausschöpfen könnte. Vorrangig ist die Verpflichtung, die Ware unverzüglich, also ohne unnötigen Aufschub, zurückzusenden. Die jedenfalls einzuhaltende Höchstfrist ist gewahrt, wenn der Verbraucher die Ware innerhalb der Frist an den Unternehmer absendet.

In diesem Kontext beginnt die vierzehntägige Höchstfrist – anders als bei der Regelung des § 14 – bereits mit der Abgabe der Rücktrittserklärung und nicht erst mit dem möglicherweise um einige Tage später eintretenden Zugang der Rücktrittserklärung an den Unternehmer. So kommt es etwa bei einer postalisch übermittelten Rücktrittserklärung nicht auf den Eingang des Schreibens beim Unternehmer, sondern auf die Aufgabe des Schreibens bei der Post an. Dazu muss man sich ja vergegenwärtigen, dass der Verbraucher in einem solchen Fall keine Kenntnis davon hat, zu welchem Zeitpunkt die Rücktrittserklärung beim Unternehmer eingegangen ist. Hingegen ist für ihn der Zeitpunkt der Absendung der Rücktrittserklärung immer eindeutig, weshalb schon zur Gewährleistung sicherer Kenntnis des Verbrauchers vom Ablauf der Frist auf die Abgabe der Rücktrittserklärung abgestellt wird.

Der Verbraucher ist dann nicht zur Warenrücksendung verpflichtet, wenn der Unternehmer angeboten hat, die Ware selbst abzuholen.

3. Gemäß Abs. 2 hat der Verbraucher im Rücktrittsfall die „unmittelbaren Kosten“ der Warenrücksendung zu tragen. Darunter sind die reinen Transportkosten zu verstehen. Hingegen kann der Unternehmer nicht auch die für ihn mit der Rücksendung verbundenen administrativen Kosten, wie etwa für die Warenprüfung, die Umbuchung, die Neueinschweißung, die Neuetikettierung oder sonstigen Materialaufwand, auf den Verbraucher überwälzen.

Der Verbraucher ist bereits von Gesetzes wegen mit der Tragung der unmittelbaren Rücksendungskosten belastet; es bedarf dazu also nicht zusätzlich – wie nach dem bisherigen § 5g Abs. 2 KSchG – einer vertraglichen Vereinbarung. Die Kostentragungspflicht trifft den Verbraucher aber dann nicht, wenn sich der Unternehmer zur Kostentragung bereit erklärt hat oder wenn es der Unternehmer verabsäumt hat, den Verbraucher über dessen Kostentragungspflicht zu informieren.

4. Mit Abs. 3 wird der dritte Unterabsatz von Artikel 14 Abs. 1 der Richtlinie umgesetzt, wonach bei AGV, bei denen die Ware bereits im Zuge des Vertragsabschlusses zur Wohnung des Verbrauchers geliefert wurde, der Unternehmer zur Abholung der Ware auf eigene Kosten verpflichtet ist, sofern die Ware wegen ihrer Beschaffenheit normalerweise nicht per Post zurückgesandt werden kann. Dies ist vor allem bei sperrigen Gütern, wie etwa größeren Möbelstücken, der Fall. Wenn beispielsweise der fahrende Händler dem Verbraucher anlässlich seines überraschenden Besuchs aufgrund eines entsprechenden Vertragsabschlusses eine Sitzgarnitur oder eine Schrankwand zurücklässt, soll der Verbraucher bei Rücktritt vom Vertrag nicht verpflichtet sein, diese Möbel etwa auf dem Postweg wieder zurückzusenden, weil dies ein gravierendes Hemmnis für die Ausübung des Rücktrittsrechts wäre.

5. Artikel 14 Abs. 2 der Richtlinie befasst sich mit der Frage, ob und inwieweit der Verbraucher im Rücktrittsfall für einen allfälligen Wertverlust der Waren aufzukommen hat. Demnach ist das nur dann der Fall, wenn der Wertverlust auf einen zur Prüfung der Beschaffenheit, Eigenschaften und Funktionsweise der Ware nicht notwendigen Umgang mit derselben zurückzuführen ist. In keinem Fall trifft den Verbraucher eine Ersatzpflicht für den Wertverlust dann, wenn er vom Unternehmer nicht über sein Widerrufsrecht belehrt wurde.

Der Verbraucher hat demnach für eine allfällige Wertminderung der Ware, die sich bloß aus deren Prüfung ergibt, keinesfalls eine Zahlung zu leisten. Entschädigungspflichtig wird er nur dann, wenn er die Ware über das für eine solche Prüfung erforderliche Ausmaß hinaus gebraucht und dadurch ein (weiterer) Wertverlust eintritt. Die bloße Entnahme der Ware aus ihrer Verpackung und ihre erste Inbetriebnahme zur Feststellung ihrer Gebrauchsfähigkeit löst somit keinesfalls eine Entschädigungspflicht des Verbrauchers aus, auch wenn bereits damit ein möglicherweise nicht unbeträchtlicher Wertverlust verbunden sein kann. Die Grenzziehung zwischen einem bloß Prüfzwecken dienenden Gebrauch und einer darüber hinausgehenden Nutzung mag im Einzelfall schwierig sein. Als Orientierung dafür wird in Erwägungsgrund 47 der Richtlinie ausgeführt, dass der Verbraucher bei der Feststellung der Beschaffenheit, Eigenschaften und Funktionsweise der Ware mit dieser nur so umgehen und sie nur so in Augenschein nehmen sollte, wie er das in einem Geschäft tun dürfte. Im Weiteren wird dies am Beispielfall eines Kleidungsstücks dargelegt: Der Verbraucher sollte dieses nur anprobieren, nicht jedoch tragen dürfen. Insgesamt sollte der Verbraucher die Waren während der Widerrufsfrist mit der gebührenden Sorgfalt behandeln und in Augenschein nehmen. Bei elektrischen Geräten wird die dem Verbraucher entschädigungsfrei zugestandene Untersuchung wohl jedenfalls einen Funktionstauglichkeitstest im Betrieb umfassen.

Diese Richtlinienregelung wird in Abs. 4 weitgehend wortgleich umgesetzt. An die Stelle des in der Richtlinie nicht weiter spezifizierten Begriffs „Wertverlust“ wird dabei als Anknüpfungspunkt für die Entschädigung die „Minderung des Verkehrswerts der Ware“ gesetzt. Das entspricht exakt der Bezugnahme auf die „Minderung des gemeinen Wertes der Leistung“ in der früheren Umsetzungsbestimmung des § 5g Abs. 1 Z 2 KSchG. Ungeachtet dieser Anknüpfung an die Verkehrswertminderung und damit an einen objektiven Parameter ist für die Bemessung des Wertersatzes die – etwa auch im Gewährleistungsrecht anerkannte – relative Berechnungsmethode heranzuziehen. Das bedeutet, dass zwar für das prozentuelle Ausmaß der Entschädigung die objektive Höhe der Verkehrswertminderung maßgeblich ist, dass aber bei der Berechnung der Entschädigung betraglich an die vereinbarte Gegenleistung anzuknüpfen ist.

6. Durch Abs. 5 wird die Richtlinienregelung in Artikel 14 Abs. 5 in das österreichische Recht transponiert, wonach der Verbraucher aufgrund der Ausübung seines Widerrufsrechts – mit Ausnahme der in der Richtlinie explizit vorgesehenen Zahlungspflichten des Verbrauchers für diesen Fall – „nicht in Anspruch genommen werden“ kann. Das bedeutet unter anderem auch, dass der Unternehmer im Fall eines Rücktritts des Verbrauchers von diesem zwar möglicherweise Wertersatz nach Abs. 4, aber kein Benützungsentgelt für den Gebrauch der Sache fordern kann, wie das noch im bisherigen § 5g Abs. 1 Z 2 KSchG vorgesehen war und wie das auch in Zukunft noch für Haustürgeschäfte nach § 3 KSchG und den Rücktrittsfall des § 3a KSchG weiterhin in § 4 Abs. 1 Z 2 KSchG angeordnet ist (vgl. Lurger in P. Bydlinski/Lurger, Die Richtlinie über die Rechte der Verbraucher, 53 [80] mwN).

 

Zu § 16

1. Diese Bestimmung dient der Umsetzung von Artikel 14 Abs. 3 und 4 der Richtlinie. Darin werden für Dienstleistungs- und Bezugsverträge sowie für Verträge über nicht auf einem körperlichen Datenträger gelieferte digitale Inhalte die Pflichten des Verbrauchers bei einem Zusammentreffen von Rücktritt und bereits geschehener (zumindest teilweiser) Leistungserbringung festgelegt. Im Einzelnen befassen sich die Abs. 1 und 2 mit Verträgen über Dienstleistungen und Verträgen über den Bezug von Wasser und Energie, Abs. 3 hat Verträge über die Lieferung von digitalen Inhalten zum Gegenstand, Abs. 4 enthält eine für alle genannten Vertragsarten geltende komplementäre Ausschlussklausel.

Bei den Dienstleistungsverträgen ist hinsichtlich der Rechtsfolgen des Beginns mit der Leistungserbringung während offener Rücktrittsfrist zu unterscheiden: Wurde die Leistung vollständig erbracht, so steht dem Verbraucher gemäß § 18 Abs. 1 Z 1 unter gewissen Voraussetzungen (ausdrückliches Verlangen und Bestätigung des Verbrauchers; Näheres dort) kein Rücktrittsrecht mehr zu. Wenn aber die Dienstleistung nur zum Teil erbracht wurde, kann der Verbraucher vom Dienstleistungsvertrag – selbstverständlich unter Beachtung der dafür einzuhaltenden Rücktrittsfrist – zurücktreten. Dies ist eine Änderung gegenüber der bisher für Fernabsatzverträge in Geltung gestandenen Rechtslage, wonach der Beginn der Dienstleistungsausführung das Rücktrittsrecht ausschloss (§ 5f Z 1 KSchG).

2. Wenn der Verbraucher nach bereits begonnener Leistungserbringung vom Dienstleistungs- oder Bezugsvertrag zurücktritt, ist er gemäß Abs. 1 dazu verpflichtet, dem Unternehmer einen der teilweise erbrachten Leistung entsprechenden Betrag zu bezahlen. Diese Zahlungspflicht setzt allerdings voraus, dass der Verbraucher gegenüber dem Unternehmer ein „ausdrückliches Verlangen“ der vorzeitigen Vertragserfüllung gemäß § 10 erklärt hat. Eine weitere Voraussetzung der Zahlungspflicht findet sich in Abs. 2; dazu sogleich im Folgenden. Der vom Verbraucher zu zahlende anteilige Betrag bemisst sich grundsätzlich nach dem vertraglich vereinbarten Gesamtpreis. Anderes gilt freilich dann, wenn der Gesamtpreis überhöht ist; in diesem Fall wird der anteilig zu zahlende Betrag nach dem Marktwert der erbrachten Leistung berechnet. Dies entspricht der Richtlinienvorgabe in Artikel 14 Abs. 3. Der Nachweis darüber, dass der vertraglich vereinbarte Gesamtpreis unverhältnismäßig ist (und deshalb der Marktwert zugrunde zu legen ist), obliegt nach Erwägungsgrund 50 der Richtlinie dem Verbraucher.

3. In Abs. 2 wird für den Entgeltanspruch des Unternehmers für die vorzeitige Leistungserbringung eine weitere Voraussetzung statuiert, die sich aus Artikel 14 Abs. 4 Buchstabe a sublit. i) der Richtlinie ergibt: Der Unternehmer muss den Verbraucher gemäß § 4 Abs. 1 Z 8 und 10 über sein Rücktrittsrecht und die anteilige Zahlungspflicht belehrt haben. Ist diese Belehrung unterblieben, so kann der Unternehmer vom Verbraucher kein Entgelt für die erbrachte Leistung verlangen. Gleiches gilt im Übrigen, wenn die vorzeitige Vertragserfüllung kein Fundament in einem ausdrücklichen Verlangen des Verbrauchers hatte (siehe Punkt 2 oben).

4. Die Frage einer Zahlungspflicht des Verbrauchers für die vorzeitige Erbringung einer Dienstleistung kann sich ausnahmsweise auch dann stellen, wenn die Dienstleistung bereits vollständig erbracht wurde. An sich ist diesfalls – wie oben zu Punkt 1 bereits ausgeführt – das Rücktrittsrecht des Verbrauchers gemäß § 18 Abs. 1 Z 1 ausgeschlossen. Diese Ausnahme vom Rücktrittsrecht kommt allerdings dann nicht zum Tragen, wenn es an einem ausdrücklichen Verlangen des Verbrauchers hinsichtlich der vorzeitigen Vertragserfüllung oder einer Bestätigung des Verbrauchers über seine Kenntnis vom Verlust des Rücktrittsrechts mangelt. In diesen Fällen kann der Verbraucher also trotz bereits vollständiger Dienstleistungserbringung vom Vertrag zurücktreten. Wenn sich die ausnahmsweise Existenz eines Rücktrittsrechts auf das Unterbleiben eines ausdrücklichen Verlangens gründet (also der oben erstgenannte Fall vorliegt), trifft den Verbraucher bei Rücktritt – ebenso wie in den Fällen des § 16 Abs. 2 – auch keine Zahlungspflicht für die erbrachte Dienstleistung (dies entspricht der Richtlinienregelung in Artikel 14 Abs. 4 Buchstabe a sublit. ii). Das Nichtbestehen einer Zahlungspflicht ergibt sich hier normativ bereits aus der Regelung des § 16 Abs. 1, weil dort eine Zahlungspflicht des Verbrauchers ja nur für den Fall eines ausdrücklichen Verlangens desselben angeordnet wird, das hier aber gerade fehlt.

5. Gegenstand von Abs. 3 sind Verträge über die Lieferung von nicht auf einem körperlichen Datenträger gespeicherten digitalen Inhalten. Für solche Verträge trifft Abs. 3 – angelehnt an die Bestimmungen von Abs. 1 und 2 für Dienstleistungs- und Bezugsverträge – eine Regelung über die Frage der Zahlungspflicht des Verbrauchers bei einem Zusammentreffen von vorzeitiger Leistungserbringung und nachfolgendem Rücktritt des Verbrauchers. Wie bei den Bezugsverträgen – aber anders als bei den Dienstleistungsverträgen – wird bei diesen Verträgen über digitale Inhalte in der Richtlinie nicht zwischen partieller und vollständiger Leistungserbringung differenziert. Vielmehr geht der Richtliniengeber offenkundig davon aus, dass hier eine vor Ablauf der Rücktrittsfrist einsetzende Leistungserbringung immer dazu führt, dass dadurch vom Unternehmer bereits der gesamte im Vertrag vorgesehene Leistungsumfang erbracht wird (obwohl auch bei digitalen Inhalten Teillieferungen durchaus denkbar sind; vgl. Lurger aaO, 85 ff., die in der Berücksichtigung der Teilleistung auch den Schlüssel zur Auflösung der nachfolgend dargelegten Divergenzen sieht). Anders als die Abs. 1 und 2 hat die Regelung des Abs. 3 für digitale Inhalte kein unmittelbares Vorbild in der Richtlinie, doch ergibt sich der systematische Bedarf nach einer solchen Bestimmung aus den nachfolgenden Überlegungen.

a) Die Richtlinienregelungen über die nicht auf einem körperlichen Datenträger gelieferten digitalen Inhalte sind inkohärent. Sie kamen größerenteils erst in einer späteren Phase der Verhandlungen über die Richtlinie in den Text, und zwar auf Initiative des Europäischen Parlaments. Zwar sind die Regelungen über diese digitalen Inhalte ähnlich konstruiert wie jene über die Dienstleistungs- und Bezugsverträge, im Einzelnen unterscheiden sie sich von diesen aber doch erheblich. Im Besonderen gilt dies für den Fragenkomplex um das Widerrufsrecht und die vorzeitige Leistungserbringung. Für Letztere sieht die Richtlinie bei den Dienstleistungen und den Bezugsverträgen die Obliegenheit des Unternehmers vor, den Verbraucher zu einem ausdrücklichen Verlangen nach Leistungserbringung vor Ablauf der Widerrufsfrist aufzufordern (Artikel 7 Abs. 3 und Artikel 8 Abs. 8 der Richtlinie). Für die digitalen Inhalte fehlt es in der Richtlinie jedoch an einer korrespondierenden Obliegenheit des Unternehmers. Weiters erfordert die Richtlinie bei den digitalen Inhalten nicht etwa ein ausdrückliches Verlangen des Verbrauchers nach vorzeitiger Vertragserfüllung, sondern – und auch das nur implizit aus Artikel 14 Abs. 4 Buchstabe b sublit. i) und aus Artikel 16 Buchstabe m ableitbar – bloß dessen ausdrückliche Zustimmung dazu (verbunden mit der Erklärung der Kenntnisnahme vom damit verbundenen Verlust des Rücktrittsrechts), ohne dass diese Zustimmungserklärung an eine bestimmte Form gebunden wäre.

b) Dafür sieht die Richtlinie bei den digitalen Inhalten eine andere Obliegenheit des Unternehmers vor, nämlich „die Bestätigung der vorher ausdrücklich erklärten Zustimmung“ des Verbrauchers (gemeint: zur vorzeitigen Vertragserfüllung) sowie der „Kenntnisnahme des Verbrauchers“ (gemeint: über den dadurch eintretenden Verlust des Widerrufsrechts nach Artikel 16 Buchstabe m) im Rahmen der Bestätigung des geschlossenen Vertrags (Artikel 7 Abs. 2 und Artikel 8 Abs. 7 Buchstabe b). Und hier kommt es nun zu einer nur schwer auflösbaren Diskrepanz: Wenn der Unternehmer diese an sich gebotene Bestätigung unterlässt, hat das nach dem Wortlaut von Artikel 16 Buchstabe m der Richtlinie auf den Ausschluss des Widerrufsrechts keine Wirkung. Demnach hat nämlich der Verbraucher nur dann dennoch ein Widerrufsrecht, wenn er der vorzeitigen Leistungserbringung nicht ausdrücklich zugestimmt oder den Verlust seines Widerrufsrechts nicht zur Kenntnis genommen hat; von der Bestätigung ist in Artikel 16 Buchstabe m nicht die Rede. In Artikel 14 Abs. 4 Buchstabe b nimmt die Richtlinie allerdings in der sublit. iii) auf die Unterlassung dieser Bestätigung sehr wohl Bezug: Wenn die Bestätigung unterbleibt, muss der Verbraucher für die vollständige oder teilweise Bereitstellung der digitalen Inhalte keine Zahlung leisten. Diese Regelung knüpft – wie der gesamte Artikel 14 Abs. 4 – systematisch erkennbar an die in Artikel 14 Abs. 3 erwähnte Ausübung des Widerrufsrechts an. Und darin liegt hinsichtlich der digitalen Inhalte ein logischer Bruch: Denn allein das Unterbleiben der Bestätigung steht dem Ausschluss des Widerrufs nach Artikel 16 Buchstabe m der Richtlinie nicht entgegen; der Verbraucher hat also nicht etwa wegen dieses Unterbleibens doch – als Ausnahme von der Ausnahme – ein Widerrufsrecht. Und andererseits ordnet Artikel 14 Abs. 4 Buchstabe b sublit. iii) der Richtlinie an, dass bei Unterlassung der Zurverfügungstellung der Bestätigung eine Zahlungspflicht des Verbrauchers bei Widerruf nicht gegeben ist, obwohl in diesem Fall der Verbraucher gar nicht zum Widerruf berechtigt ist. Hier sieht die Richtlinie also das Nichtbestehen einer Zahlungspflicht bei Widerruf vor, obwohl dem Verbraucher gar kein Widerrufsrecht zukommt. Mit anderen Worten: Die Richtlinienregelung in Artikel 14 Abs. 4 Buchstabe b sublit. iii) führt ins Leere.

c) Der Umsetzungsgesetzgeber muss sich nun überlegen, wie er zur Herstellung einer konsistenten innerstaatlichen Rechtslage mit dieser Diskrepanz umgeht. Dazu sind zwei Möglichkeiten denkbar: Entweder man sieht es für den Ausschluss des Rücktrittsrechts doch als erforderlich an, dass der Unternehmer eine Bestätigung der ausdrücklichen Zustimmung des Verbrauchers zur vorzeitigen Vertragserfüllung und dessen Kenntnisnahme über den dadurch eintretenden Verlust des Rücktrittsrechts zur Verfügung stellt (obwohl dieses Erfordernis im Text des Artikel 16 Buchstabe m der Richtlinie nicht aufscheint). Das Unterbleiben der unternehmerischen Bestätigung (sei es des Vertrags überhaupt, sei es der Zustimmung und Kenntnisnahme im dargelegten Sinn) hätte demnach trotz bereits begonnener Lieferung der digitalen Inhalte ein Rücktrittsrecht des Verbrauchers zur Folge. Durch die verabsäumte Bestätigung des Unternehmers würde nach dieser Auffassung also ein ansonsten ausgeschlossenes Rücktrittsrecht entstehen. In der Literatur wurde dies von Unger, Die Richtlinie über die Rechte der Verbraucher. Eine systematische Einführung, ZEuP 2012, 270 (301 f) vertreten.

Eine andere Lösungsvariante könnte darin bestehen, dass man die Diskrepanz nicht bei Artikel 16, sondern bei Artikel 14 der Richtlinie behebt. Demnach hätte das Unterbleiben der Bestätigung keinen Einfluss auf den Ausschluss des Rücktrittsrechts; der Verbraucher könnte demnach allein wegen der verabsäumten Bestätigung nicht zurücktreten, sodass sich die Frage des Bestehens oder Nichtbestehens einer Zahlungspflicht des Verbrauchers (bei Rücktritt) in weiterer Folge gar nicht stellen könnte. Artikel 14 Abs. 4 Buchstabe b sublit. iii) bliebe funktionslos.

Entgegen ursprünglichen Überlegungen wird diesem Entwurf die erste Lösungsvariante zugrunde gelegt, weil man ihr international – soweit das Problem und die Mehrzahl von Lösungen überhaupt gesehen wird – den Vorzug zu geben scheint.

6. Dies bedeutet, dass in der Regelung des § 18 über Ausnahmen vom Rücktrittsrecht bei der auf die digitalen Inhalte Bezug nehmenden Z 11 des Abs. 1 als zusätzliche, in der Richtlinie nicht unmittelbar vorgegebene Voraussetzung für den Ausschluss des Rücktrittsrechts die Zurverfügungstellung einer Vertragsausfertigung oder –bestätigung nach § 5 Abs. 2 oder § 7 Abs. 3 gefordert wird. Unterbleibt eine solche Bestätigung, so hat der Verbraucher ein Rücktrittsrecht. Korrespondierend dazu ist vorzusehen, dass den Verbraucher in diesem Rücktrittsfall keine Zahlungspflicht für die bereits gelieferten digitalen Inhalte trifft. In der Zusammenschau mit den beiden schon in der Richtlinie explizit vorgegebenen Voraussetzungen für den Ausschluss des Rücktrittsrechts – nämlich ausdrückliche Zustimmung des Verbrauchers zur vorzeitigen Vertragserfüllung und Kenntnisnahme vom Verlust des Rücktrittsrechts – und mit den drei Fällen des Nichtbestehens einer Zahlungspflicht bei digitalen Inhalten in Artikel 14 Abs. 4 Buchstabe b der Richtlinie bedeutet diese Konvergenzlösung, dass der Verbraucher immer dann, wenn er wegen Fehlens einer Rücktrittsausschlussvoraussetzung nach § 18 Abs. 1 Z 11 vom Vertrag zurücktreten kann, für die vom Unternehmer schon erbrachte Lieferung der digitalen Inhalte im Rücktrittsfall nicht aufzukommen hat. Diese somit auf einen sehr einfachen Nenner gebrachte Lösung wird in Abs. 3 festgehalten.

7. In Abs. 4 wird angeordnet, dass dem Verbraucher wegen seines Rücktritts mit Ausnahme der in § 16 explizit vorgesehenen Zahlungen keine sonstigen Lasten auferlegt werden dürfen. Damit wird die Richtlinienregelung von Artikel 14 Abs. 5 umgesetzt.

 

Zu § 17

Diese Bestimmung dient der Umsetzung von Artikel 15 der Richtlinie. Darin werden die Wirkungen des Rücktritts vom Fern- oder Auswärtsgeschäft auf akzessorische Verträge erstreckt. Eine Definition des akzessorischen Vertrags findet sich in § 3 Z 7. Typische akzessorische Verträge sind etwa Versicherungs- oder Kreditverträge. Die Erstreckung vollzieht sich gleichsam automatisch und bedarf daher nicht etwa noch einer weiteren Rücktrittserklärung mit Bezug auf den akzessorischen Vertrag.

Artikel 15 Abs. 1 der Richtlinie gibt vor, dass dem Verbraucher aus dieser automatischen Beendigung der akzessorischen Verträge keine Kosten entstehen dürfen. Diese Richtlinienvorgabe wird im zweiten Satz des § 17 umgesetzt. Nun ist für Kreditverträge auch § 13 Abs. 3 VKrG zu beachten. Im Gegensatz zu Artikel 15 Abs. 1 der Verbraucherrechte-Richtlinie wird im zweiten Satz dieser Bestimmung vorgesehen, dass der Kreditgeber im Fall der Rücktrittserstreckung Anspruch auf Ersatz der Zahlungen hat, die er an öffentliche Stellen entrichtet hat und nicht zurückfordern kann. Diese innerstaatliche Regelung hat ihre unionsrechtliche Grundlage in der Anordnung von Artikel 14 Abs. 3 Buchstabe b der Verbraucherkreditrichtlinie 2008/48/EG, die auf den Fall des verbundenen Kreditvertrags transponiert wurde. § 13 Abs. 3 VKrG geht in seinem Anwendungsbereich der Regelung des § 17 zweiter Satz über die „Lastenfreiheit“ vor. Das ergibt sich daraus, dass nach Artikel 15 Abs. 1 der Verbraucherrechte-Richtlinie die Verbraucherkreditrichtlinie „unbeschadet“ bleiben solle. Dem Wortlaut nach bezieht sich diese Anordnung zwar nur auf Artikel 15 der Verbraucherkreditrichtlinie, doch muss sich das „Unbeschadet-Bleiben“ bei systematischer Betrachtung auch auf die aus dem Artikel 14 herübergezogene Bestimmung über den Ersatz von Zahlungen an Behörden beziehen.

 

Zu § 18

1. Diese Bestimmung dient der Umsetzung von Artikel 16 der Richtlinie, der eine ganze Reihe von Ausnahmen vom Widerrufsrecht vorsieht. Die nunmehrigen Ausnahmetatbestände decken sich zum Teil mit jenen der bisherigen Rechtslage für Fernabsatzgeschäfte (vgl. den bisherigen § 5f KSchG), weichen in ihrer Ausgestaltung im Einzelnen aber doch häufig von jener ab.

Eine wesentliche Abweichung betrifft die Ausnahme für begonnene Dienstleistungen (Abs. 1 Z 1): Nach neuer Rechtslage führt die vorzeitige Ausführung der Dienstleistung nur noch dann zum Verlust des Rücktrittsrechts, wenn die Dienstleistung vollständig erbracht wurde (vgl. dazu auch die Punkte 1 und 4 der Erläuterungen zu § 16).

Unter die Ausnahme des Abs. 1 Z 5 (versiegelt gelieferte Waren) können auch Lebensmittel fallen. Der im Tetrapak gelieferte Fruchtsaft, die in Plastik abgepackte, aufgeschnittene Salami oder der im Glasbehältnis gelieferte Kaviar können nach Öffnung dieser Behältnisse „aus Gründen des Gesundheitsschutzes“ nicht zurückgegeben werden.

2. Neu ist die Ausnahme für Waren, die nach ihrer Lieferung aufgrund ihrer Beschaffenheit untrennbar mit anderen Gütern vermischt wurden (Abs. 1 Z 6). Zu denken ist hier etwa an die Lieferung von Heizöl, das beim Verbraucher in einen zum Teil noch befüllten Tank gepumpt wird (vgl. Erwägungsgrund 49 der Richtlinie).

Die in Abs. 1 Z 7 statuierte Ausnahme (Richtlinienvorbild: Artikel 16 Buchstabe g) geht auf einen Regelungswunsch von Frankreich zurück. Als typisches Beispiel für diese Verträge standen dem Richtliniengeber nach Erwägungsgrund 49 Verträge über Wein vor Augen, wenn dieser erst lange nach Vertragsabschluss geliefert wird und der Wert des Weins von den Schwankungen der Marktpreise abhängt, sodass dem Vertrag wegen der Festlegung des Preises zum Zeitpunkt seines Abschlusses ein spekulatives Element innewohnt; man spricht dabei von „vin en primeur“. Es handelt sich dabei eigentlich um einen Sonderfall jener Ausnahme, die in Abs. 1 Z 2 (Richtlinienvorbild: Artikel 16 Buchstabe b) statuiert ist.

3. Die Ausnahme in Abs. 1 Z 10 deckt sich inhaltlich im Wesentlichen mit der Ausnahme für „Hauslieferungen oder Freizeit-Dienstleistungen“ im bisherigen § 5f Z 7 KSchG, wenn man berücksichtigt, dass Beherbergungen zu Wohnzwecken und die Personenbeförderung entweder zur Gänze vom Anwendungsbereich des Fern- und Auswärtsgeschäfte-Gesetzes ausgenommen oder nur hinsichtlich einer Einzelregelung in den Anwendungskreis dieses Gesetzes einbezogen sind (§ 1 Abs. 2 Z 7 und Abs. 3 FAGG).

4. Eine Novität ist auch die Ausnahme in Abs. 1 Z 11 für die Lieferung von nicht auf einem körperlichen Datenträger gespeicherten digitalen Inhalten bei vorzeitigem Beginn der Vertragserfüllung. Zu diesem Ausnahmetatbestand sei auf die ausführlichen Erläuterungen zu § 16 Abs. 3 verwiesen (Punkte 5 und 6 der Erläuterungen zu § 16). Dort wurde auch ausgeführt, aus welchen Gründen in § 18 Abs. 1 Z 11 – in Korrektur des Richtlinienvorbildes in Artikel 16 Buchstabe m (bei dessen Formulierung offenbar ein Redaktionsversehen unterlief) – als zusätzliches Erfordernis für den Ausschluss des Rücktrittsrechts auch die Zurverfügungstellung einer Vertragsausfertigung oder Vertragsbestätigung mit einer speziellen Bestätigung der Zustimmung und Kenntnisnahme des Verbrauchers gefordert wird. Bei dieser Ausnahmebestimmung reicht es im Übrigen – im Gegensatz zu jener nach Abs. 1 Z 1 – für den Verlust des Rücktrittsrechts bereits aus, wenn vor Ablauf der Rücktrittsfrist mit der Lieferung begonnen wurde; ob die Lieferung bereits vollständig erbracht wurde, spielt hier keine Rolle.

5. Die Regelung des Abs. 2 über den Ausschluss des Rücktrittsrechts bei dringenden Reparaturverträgen wurde inhaltsgleich aus dem Ausnahmetatbestand nach Artikel 16 Buchstabe h der Richtlinie übernommen. In dieser Ausnahmeregelung manifestiert sich noch ein Restbestand des so genannten Anbahnungselements, wie es im österreichischen Recht in § 3 Abs. 3 Z 1 KSchG vorgesehen ist. Die Ausnahme in Abs. 2 ist gleichsam das rücktrittsrechtliche Pendant zur „Handwerkerbestimmung“ des § 6. Allerdings ist die Ausnahme vom Rücktrittsrecht weiter gefasst: Sie bezieht sich auf alle Verträge über dringende Arbeiten unabhängig von der Höhe des Entgelts oder der sofortigen Vertragserfüllung. Zu beachten ist auch der zweite Satz der Bestimmung: Die Ausnahme vom Rücktrittsrecht gilt nicht auch für weitere Dienstleistungen, die der Verbraucher nicht ausdrücklich verlangt hat, und auch nicht für Waren, die für die dringenden Reparaturarbeiten nicht unbedingt benötigt werden.

6. Die Ausnahmeregelung des Abs. 3 setzt den Ausnahmetatbestand in Artikel 16 Buchstabe k der Richtlinie um. Da der Begriff der „öffentlichen Versteigerung“ – wie schon zu § 3 ausgeführt (vgl. Punkt 5 der Erläuterungen dort) – Versteigerungen auf Internetplattformen wie beispielsweise E-Bay nicht erfasst, gilt für die auf diesem Wege abgeschlossenen Rechtsgeschäfte auch die Ausnahmeregelung des Abs. 3 nicht, sodass hier der Verbraucher sehr wohl ein Rücktrittsrecht hat.

 

Zu § 19

Die Richtlinie verpflichtet die Mitgliedstaaten in ihrem Artikel 24 Abs. 1, für Verstöße gegen die Vorschriften zur Umsetzung der Richtlinie Sanktionen vorzusehen, die wirksam, angemessen und abschreckend sind. Soweit Verstöße gegen das umgesetzte Richtlinienrecht entweder bereits nach bestehenden Rechtsinstituten des österreichischen Zivilrechts oder aufgrund von umgesetzten Rechtsfolgenanordnungen der Richtlinie unmittelbare rechtliche Konsequenzen nach sich ziehen, die einen sanktionsartigen Charakter haben, ist die Schaffung zusätzlicher Sanktionen entweder entbehrlich oder höchstens flankierend angebracht. Doch gibt es etliche Richtlinienregelungen, deren Missachtung keine in diesem Sinn unmittelbaren zivilrechtlichen Folgen auslösen. Um hier dem Sanktionierungsgebot von Artikel 24 der Richtlinie zu entsprechen, werden in § 19 entsprechende Verwaltungsstrafbestimmungen vorgesehen. Dies betrifft einerseits die Informationspflichten des Unternehmers sowie dessen Pflichten zur Ausstellung verschiedener Bestätigungen und andererseits die Unternehmerpflicht zur Erstattung von Zahlungen im Rücktrittsfall. Außerdem wird der bisher in § 32 Abs. 1 Z 7 KSchG statuierte Straftatbestand für Verstöße gegen die Offenlegungspflicht bei Ferngesprächen in das Fern- und Auswärtsgeschäfte-Gesetz übernommen, weil ja auch die so strafbewehrte Pflicht in das FAGG transponiert wurde (§ 9 Abs. 1).

 

Zu §§ 20 bis 22

Dies sind die Schlussbestimmungen des Fern- und Auswärtsgeschäfte-Gesetzes; sie behandeln das Inkrafttreten, statuieren die Vollzugsklausel und geben den durch Artikel 28 Abs. 1 dritter Unterabsatz der Richtlinie geforderten Umsetzungshinweis.

Der in § 20 Abs. 2 generell vorgesehene Inkrafttretenstermin 13. Juni 2014 und die übergangsrechtliche Anordnung, wonach das FAGG nur auf Fern- und Auswärtsgeschäfte anzuwenden ist, die ab diesem Datum geschlossen werden, entspricht exakt den Anordnungen in Artikel 28 Abs. 1 zweiter Unterabsatz und Abs. 2 der Richtlinie. Ein Abweichen von diesen Richtlinienvorgaben etwa in Richtung einer Vorverlegung des Inkrafttretenstermins wäre problematisch, weil die Verbraucherrechte-Richtlinie in einigen Facetten hinter ihren Vorgängerrichtlinien zurückbleibt, diese aber gemäß Artikel 31 ebenfalls (erst) mit Wirkung vom 13. Juni 2014 aufgehoben werden, sodass ein verfrühtes innerstaatliches „Umsteigen“ auf das neue Richtlinienrecht in Einzelfragen zu temporären Umsetzungsdefiziten führen könnte.

Die Erstreckungsregelung des § 8 Abs. 4 – für deren Inkrafttreten es naturgemäß keine Vorgaben in der Richtlinie gibt – wird erst etwas mehr als ein Jahr später in Kraft gesetzt, nämlich am 1. Juli 2015 (§ 20 Abs. 1).

 

 

Zu Artikel 5 (Umsetzungshinweis, Kollisionsregel)

§ 1 dieses Artikels enthält den Umsetzungshinweis zu den durch die Verbraucherrechte-Richtlinie indizierten Änderungen des Konsumentenschutzgesetzes. In § 2 wird zu diesen Änderungen die gleiche Kollisionsregel statuiert, wie sie § 1 Abs. 4 FAGG für jenes Gesetz vorsieht. Siehe dazu im Einzelnen die Erläuterungen in Punkt 8 zu § 1 FAGG.