932 der Beilagen zu den Stenographischen Protokollen des Nationalrates XXV. GP

 

Bericht

des Justizausschusses

über die Regierungsvorlage (901 der Beilagen): Bundesgesetz, mit dem das Gerichtsgebührengesetz, das Gerichtliche Einbringungsgesetz, das Unterhaltsvorschußgesetz, das Firmenbuchgesetz, die Rechtsanwaltsordnung und das EIRAG geändert werden (Gerichtsgebühren-Novelle 2015 – GGN 2015)

Der gegenständliche Gesetzentwurf verfolgt nachstehende Ziele:

A. Neuregelung der Rechtsmittelgebühren in bürgerlichen Rechtssachen ausgenommen Zivilverfahren

Mit Erkenntnis vom 11. 12. 2014, G 157/2014, hat der Verfassungsgerichtshof die Tarifpost 12a des Gerichtsgebührengesetzes mit Ablauf des 31. Dezember 2015 als verfassungswidrig aufgehoben. Es muss daher eine Nachfolge-Regelung für die Rechtsmittelgebühren im Exekutionsverfahren (Tarifpost 4), im Insolvenzverfahren (Tarifposten 5 und 6), in Pflegschafts- und Unterhaltssachen (Tarifpost 7) und in (sonstigen) außerstreitigen Angelegenheiten (Tarifpost 12) getroffen werden. Für Rechtsmittel in Verlassenschaftssachen (Tarifpost 8) fallen derzeit keine Rechtsmittelgebühren an (Anmerkung 3 zur Tarifpost 8), für Rechtsmittel in Grundbuch- (Tarifpost 9) und Firmenbuchsachen (Tarifpost 10) fällt eine Eingabengebühr an, die von der Entscheidung des Verfassungsgerichtshofs nicht betroffen ist.

In jenen Bereichen, die von dem Erkenntnis betroffen sind, wird eine verfassungskonforme Nachfolgeregelung vorgeschlagen, die insgesamt zu einer spürbaren Reduktion der Rechtsmittelgebühren führt. Die Tarifpost 12a ordnete bisher eine Verdoppelung der Gebühren für das Verfahren in erster Instanz im Rechtsmittelverfahren zweiter Instanz und eine Verdreifachung im Rechtsmittelverfahren dritter Instanz an. Die bisherige Verdoppelung und Verdreifachung von Fixgebühren ist grundsätzlich weiterhin zulässig, wie der Verfassungsgerichtshof festgehalten hat (Rz 2.4.3): Angesichts der Besonderheiten zahlreicher außerstreitiger Verfahrensangelegenheiten ist es nicht unsachlich, wenn der Gesetzgeber für bestimmte Angelegenheiten bei der Bemessung der Gerichtsgebühren für das Verfahren erster Instanz feste Gebühren festsetzt und in der Folge diese (für das erstinstanzliche Verfahren festgelegten) festen Gebühren auch für die Pauschalgebühren für Rechtsmittel in Außerstreitsachen als Bemessungsgrundlage vorsieht. In Außerstreitverfahren, in denen es um derartige Angelegenheiten geht, sind auch die Unterschiede in der Bemessung der Rechtsmittelgebühren für Außerstreitverfahren gegenüber den Pauschalgebühren für Rechtsmittel im Zivilverfahren durch die in der Regel geringere Gebührenhöhe für Außerstreitverfahren sachlich gerechtfertigt. Bei den Fixgebühren (Tarifpost 4 lit. c; Tarifpost 5; Tarifpost 12 mit Ausnahme der lit. d), die allesamt in einem sehr geringfügigen Bereich liegen, kann daher das bisherige System der Verdoppelung bzw. Verdreifachung beibehalten werden.

Eine inhaltliche Änderung ist aber dort geboten, wo in erster Instanz „Hundertsatzgebühren“ festgelegt sind (VfGH G 157/2014 Rz 2.4.4): der Verfassungsgerichtshof nennt ausdrücklich etwa den Wert des zugesprochenen Unterhaltsbetrags für Entscheidungen über den Unterhaltsanspruch (Tarifpost 7 lit. a) oder das Anlassverfahren zur Ermittlung der Enteignungsentschädigung (Tarifpost 12 lit. d). Die Unsachlichkeit der Verdoppelung oder Verdreifachung der Gebühren ergibt sich daraus, dass Tarifpost 12a stets den dem erstinstanzlichen Verfahren zugrunde gelegten „Wert des Streitgegenstands“ auch im Verfahren zweiter und dritter Instanz als Bemessungsgrundlage heranzieht, und zwar auch dann, wenn sich dieser „Wert des Streitgegenstands“ im erstinstanzlichen Verfahren und das Rechtsmittelinteresse nicht decken. Neben den Gebühren nach Tarifpost 7 und Tarifpost 12 lit. d treffen diese Bedenken auch für die Rechtsmittelgebühren in Exekutionsverfahren (Tarifpost 4) und in Insolvenzverfahren (Tarifpost 6) zu. Bei Insolvenzverfahren nach Tarifpost 6 und in Unterhalts- und Pflegschaftssachen nach der Tarifpost 7 soll eine streitwertunabhängige Fixgebühr für das Verfahren zweiter und dritter Instanz geschaffen werden, die sich an der Mindestgebühr in erster Instanz orientiert. Bei den Rechtsmittelgebühren im Exekutionsverfahren soll als Maßstab die Rechtsmittelgebühr für das zivilgerichtliche Verfahren nach den Tarifposten 2 und 3 genommen werden. Anders als bisher ist damit vom grundsätzlich frei zu bewertenden Rechtsmittelinteresse auszugehen, was allein schon gebührensenkend wirkt. Überdies soll die Gebühr für die zweite Instanz nicht mehr verdoppelt werden, sondern es wird – wie in der Tarifpost 2 – eine durchschnittliche Erhöhung im Ausmaß von nur etwa 50% vorgesehen. Erst in der dritten Instanz tritt dann – wie in der Tarifpost 3 – eine Verdoppelung (statt bisher eine Verdreifachung) ein.

B. Klarstellungen im Bereich der Grundbuchseintragungsgebühren

In der Praxis hat die Auslegung der Gebührenbefreiung in Anmerkung 12 lit. c zur Tarifpost 9 zu Divergenzen geführt, die zugunsten eines weiteren Verständnisses ihres Anwendungsbereichs gelöst werden sollen. Die Befreiung von der Eintragungsgebühr bei Ab- und Zuschreibungen im Eigenbesitz (Anmerkung 12 lit. c zur Tarifpost 9) soll sich – entsprechend ihrem uneingeschränkten Wortlaut – nicht nur auf Eintragungen des Eigentumsrechts, sondern auch auf die Eintragung von allenfalls mit zu übertragenden Pfandrechten beziehen; ferner soll sie nicht nur die auf die jeweilige Einlagezahl (EZ) bezogene Ab- und Zuschreibung von Grundstücken (Teilung im Eigenbesitz) erfassen, sondern auch die auf die jeweilige B-LNr. einer EZ bezogene Ab- und Zuschreibung von Miteigentumsanteilen (zB bei Teilung und Zusammenziehung von Anteilen sowie Umwandlung von Miteigentum in Wohnungseigentum im Eigenbesitz).

Darüber hinaus soll es auch eine explizite Gebührenbefreiung für jene Fälle geben, wo die Geringfügigkeit der Änderung beim Eigentum in der Regel schon bislang kaum zur Vorschreibung einer Eintragungsgebühr nach Tarifpost 9 lit. b Z 1 geführt hat. In einer neuen lit. d der Anmerkung 12 zur Tarifpost 9 sollen deshalb auch jene Ab- und Zuschreibungen im Sinne der lit. c von der Gebührenbefreiung erfasst werden, in denen zwar eine Änderung im Eigentum stattfindet, diese aber derart geringfügig ist, dass sie bei den betroffenen Grundstücken jeweils zu keiner Änderung der Verkehrswerte führt und die übertragenen Teilstücke bzw. Minimalanteile für sich allein auch keinen Verkehrswert haben (etwa bei minimalen Grenzberichtigungen aus Anlass der Aufnahme in den Grenzkataster oder bei minimalen Anteilsverschiebungen im Wohnungseigentum zB aufgrund des Nutzwertgutachtens im Verhältnis zur vorläufigen Parifizierung oder nach Aufzugseinbau, etc.).

Schließlich soll in der neuen Anmerkung 10 eine Klarstellung bei der Zuschreibung von Trennstücken zu einem belasteten Grundbuchskörper erfolgen. Überdies wird vorgeschlagen, die Beantragung von Treuhänder-Rangordnungen zu begünstigen.

C. Anpassung der Gebühren für Firmenbuch-Abfragen

Die Richtlinie 2013/37/EU zur Änderung der Richtlinie 2003/98/EG über die Weiterverwendung von Informationen des öffentlichen Sektors, ABl. Nr. L 175 vom 27.6.2013 S. 1, erfordert eine Evaluierung der Einnahmen aus den Firmenbuch-Abfragen. Vorgeschlagen werden in diesem Kontext die Abschaffung der Vergebührung von Suchen nach Firmen, Veränderungen oder Urkunden, die Reduktion der Gebühren für Suchen im Zweig Firmeninfo mit Verknüpfungen und die zukünftig kostenlose Firmenbuchabfrage für Gebietskörperschaften.

Darüber hinaus soll Personengesellschaften künftig eine Gebührenerleichterung zukommen, indem darauf Bedacht genommen wird, dass diese nicht immer verpflichtet sind, einen Gesellschaftsvertrag vorzulegen, wodurch beim Firmenbuchgericht auch ein verminderter Prüfungsaufwand entsteht. Die Gebühr für die Eintragung des Gesellschaftsvertrags von Personengesellschaften ohne Vorlage und Aufnahme desselben in die Urkundensammlung wird daher reduziert, was die Entlastung zahlreicher Personengesellschaften zur Folge hat.

D. Darstellung diakritischer Zeichen im Firmenbuch

Die seit Kurzem bestehende technische Möglichkeit der Eingabe und Darstellung von diakritischen Zeichen im Firmenbuch soll durch eine gesetzliche Begleitregelung flankiert werden, die eine Ergänzung diakritischer Zeichen in bestehenden Firmenbucheintragungen unter bestimmten Voraussetzungen über einen Berichtigungsantrag ermöglicht. Außerdem sollen Anträge an das Firmenbuchgericht, die ausschließlich auf eine Ergänzung diakritischer Zeichen abzielen, von Gerichtsgebühren befreit sein.

E. Anpassungen des rechtsanwaltlichen Berufsrechts

Die Richtlinie 2005/36/EG wurde zuletzt durch die bis zum 18.1.2016 umzusetzende Richtlinie 2013/55/EU zur Änderung der Richtlinie 2005/36/EG über die Anerkennung von Berufsqualifikationen und der Verordnung (EU) Nr. 1024/2012 über die Verwaltungszusammenarbeit mit Hilfe des Binnenmarktinformationssystems ("IMI-Verordnung"), ABl. Nr. L 354 vom 28.12.2013 S. 132, in der Fassung der Berichtigung ABl. Nr. L 268 vom 15.10.2015 S. 35, umfangreich geändert. Für den Bereich der Rechtsanwälte ergibt sich damit die Notwendigkeit für gesetzliche Anpassungen im Zusammenhang mit der Umsetzung des neuen Art. 55a Abs. 2 (nach dem die zuständigen Behörden Leitlinien zur Organisation und Anerkennung von in einem anderen Mitgliedstaat oder einem Drittland absolvierten Berufspraktika zu veröffentlichen haben, dies insbesondere zu den Aufgaben der Person, die das Berufspraktikum überwacht), des geänderten Art. 57 (wonach bestimmte Informationen betreffend den Beruf des Rechtsanwalts elektronisch zugänglich und verfügbar sein müssen) und des neuen Art. 57a (betreffend die Sicherstellung der elektronischen Abwicklung der unter die Richtlinie 2005/36/EG fallenden Verfahren und Formalitäten) der Richtlinie 2005/36/EG in ihrer durch die Richtlinie 2013/55/EU geänderten Fassung; ferner bedarf es einer Klarstellung im Zusammenhang mit möglichen Anfragen an die für die Durchführung der Eignungsprüfung nach den §§ 24 ff. EIRAG zuständige Rechtsanwaltsprüfungskommission im Weg des so genannten „Internal Market Information Systems (IMI)“.

Ein darüber hinausgehender, aus der Richtlinie 2013/55/EU resultierender unmittelbarer Umsetzungsbedarf im Bereich der Rechtsanwälte ist nicht gegeben (die Notare sind zufolge des neuen Art. 2 Abs. 4 der geänderten Richtlinie 2005/36/EG explizit aus ihrem Anwendungsbereich ausgenommen). So besteht für den Beruf des Rechtsanwalts entsprechend Erwägungsgrund 4 der Richtlinie 2013/55/EU keine Notwendigkeit, das neue Instrument eines Europäischen Berufsausweises (vgl. Art. 4a der geänderten Richtlinie 2005/36/EG) einzuführen. Ferner kommt ein nach dem neuen Art. 4f der „Berufsqualifikations-Richtlinie“ grundsätzlich denkbarer partieller Zugang zur Berufstätigkeit bereits angesichts der vorgehenden sektoriellen Rechtsanwalts-Richtlinien (nach denen Voraussetzung für die grenzüberschreitende rechtsanwaltliche Dienstleistungserbringung bzw. Niederlassung ist, dass der Betreffende berechtigt ist, in einem anderen Mitgliedstaat als Rechtsanwalt beruflich tätig zu sein) nicht in Betracht; darüber hinaus stünden einer solchen Konstruktion angesichts der österreichischen Konzeption des – nicht objektiv in Teilbereiche trennbaren – Berufs des Rechtsanwalts auch zwingende Gründe des Allgemeininteresses (vgl. Art. 4f Abs. 2 der geänderten Richtlinie 2005/36/EG) entgegen.

 

Der Justizausschuss hat die gegenständliche Regierungsvorlage in seiner Sitzung am 2. Dezember 2015 in Verhandlung genommen. An der Debatte beteiligten sich außer dem Berichterstatter Abgeordneten Mag. Dr. Klaus Uwe Feichtinger die Abgeordneten Dr. Georg Vetter, Christoph Hagen, Dr. Nikolaus Scherak, Mag. Albert Steinhauser, Mag. Harald Stefan und Dr. Johannes Jarolim sowie der Bundesminister für Justiz Dr. Wolfgang Brandstetter und die Ausschussobfrau Abgeordnete Mag. Michaela Steinacker.

 

Im Zuge der Debatte haben die Abgeordneten Mag. Michaela Steinacker und Dr. Johannes Jarolim einen Abänderungsantrag eingebracht, der wie folgt begründet war:

„Zu Z 1 (§ 25 GGG):

Mit Art. 9 des zeitgleich in parlamentarischer Behandlung befindlichen Entwurfs für ein Gemeinnützigkeitsgesetz 2015 (GG 2015) sollen dem § 25 GGG zwei neue Absätze (4 und 5) angefügt werden. Dadurch ist es notwendig, dem weiteren vorgeschlagenen Absatz die Nummerierung „6“ zu geben.

Zu Z 2 (Tarifpost 4 Anmerkung 8):

Die Anmerkung 8 befreit in Unterhaltsexekutionsverfahren Forderungen Minderjähriger in allen Instanzen von der Gerichtsgebühr durch einen Verweis auf Tarifpost 4 und Tarifpost 12a. Da die Rechtsmittelgebühr für das Exekutionsverfahren nicht länger in der Tarifpost 12a geregelt ist, sondern in der Tarifpost 4 selbst (Z II und III), kann der Verweis auf die Tarifpost 12a ersatzlos entfallen.

Zu Z 3 (Tarifpost 5 Anmerkung 2):

Da die Rechtsmittelgebühr für das Insolvenzverfahren nicht länger in der Tarifpost 12a geregelt ist, kann der Hinweis darauf entfallen.“

 

Bei der Abstimmung wurde der in der Regierungsvorlage enthaltene Gesetzentwurf unter Berücksichtigung des oben erwähnten Abänderungsantrages der Abgeordneten Mag. Michaela Steinacker und Dr. Johannes Jarolim einstimmig beschlossen.

 


 

Als Ergebnis seiner Beratungen stellt der Justizausschuss somit den Antrag, der Nationalrat wolle dem angeschlossenen Gesetzentwurf die verfassungsmäßige Zustimmung erteilen.

Wien, 2015 12 02

                  Mag. Dr. Klaus Uwe Feichtinger                                         Mag. Michaela Steinacker

                                   Berichterstatter                                                                            Obfrau