948 der Beilagen zu den Stenographischen Protokollen des Nationalrates XXV. GP

 

Bericht

des Ausschusses für Arbeit und Soziales

über die Regierungsvorlage (903 der Beilagen): Bundesgesetz, mit dem das Arbeitsvertragsrechts-Anpassungsgesetz, das Angestelltengesetz, das Gutsangestelltengesetz, das Bauarbeiter-Urlaubs- und Abfertigungsgesetz, das Betriebspensionsgesetz, das Arbeitszeitgesetz, das Arbeitsruhegesetz und das Kinder- und Jugendlichen-Beschäftigungsgesetz 1987 geändert werden (Arbeitsrechts-Änderungsgesetz 2015)

Das Regierungsprogramm für die XXV. Gesetzgebungsperiode sieht im Kapitel „Arbeitsrecht“ eine Vielzahl von Maßnahmen vor:

-       im Bereich des Arbeitsvertragsrechts (etwa die Einschränkung von Konkurrenzklauseln, Maßnahmen im Bereich des Ausbildungskostenrückersatzes, die Schaffung eines zivilrechtlichen Anspruchs auf Lohnabrechnung sowie eine Verbesserung der Transparenz bei All-In-Verträgen durch ziffernmäßige Ausweisung des Grundlohnes);

-       im Bereich des Arbeitszeitrechts (als Maßnahmen werden etwa die Anhebung der Höchstarbeitszeitgrenzen in Verbindung Reisezeit).

Mit dem vorliegenden Entwurf soll ein großer Teil der arbeitsrechtlichen Vorhaben des Regierungsprogramms legistisch umgesetzt werden:

Im Arbeitsvertragsrecht sind im Bereich der so genannten Vertragsklauseln („Paket Arbeitsvertragsrecht“) im Wesentlichen nachstehende Maßnahmen vorgesehen:

-       Im Dienstzettel sind künftig der monatlich zustehende Grundlohn oder Grundgehalt betragsmäßig darzustellen; eine Darstellung dieser Beträge durch Verweis auf die für das jeweilige Arbeitsverhältnis geltenden gesetzlichen oder kollektiven Lohnvorschriften ist unzulässig.

-       Transparenz bei All-In Verträgen: Der Grundlohn oder Grundgehalt (= der Lohn für die Normalarbeitszeit, z.B. 40 Stunden/Woche) muss ausgewiesen sein. Ist dies im Arbeitsvertrag oder Dienstzettel nicht der Fall, gilt der angemessene Ist-Grundlohn (das ist jener Lohn, den ein/e Arbeitnehmer/in üblicherweise entsprechend der Ausbildung und Berufserfahrung in einer bestimmten Branche in einer bestimmten Region verdient) als vereinbart.

-       Einschränkung von Konkurrenzklauseln durch eine Anhebung der Entgeltgrenze: Diese sollen nur für Arbeitnehmer/innen, deren letztes Monatsentgelt über dem 20-fachen der täglichen ASVG­Höchstbeitragsgrundlage liegt erlaubt sein (bisher betrug die Entgeltgrenze das 17-fache der täglichen ASVG-Höchstbeitragsgrundlage). Weiters soll klargestellt werden, dass Sonderzahlungen bei der Berechnung der Entgeltgrenze außer Acht zu lassen sind. Die Höhe einer Konventionalstrafe, die im Zusammenhang mit einer Konkurrenzklausel vereinbart wird, wird mit höchstens sechs Nettomonatsentgelten (ohne Sonderzahlungen) begrenzt.

-       Einschränkung des Ausbildungskostenrückersatz: Vorgesehen ist eine Verkürzung der Rückforderungsfrist auf vier (statt wie bisher fünf) Jahre. Der Rückerstattungsbetrag soll – gerechnet ab dem Ende der erfolgreich absolvierten Ausbildung – zwingend nach Monaten aliquotiert werden; eine Aliquotierung in größeren Zeitabschnitten (etwa nach Jahren) ist unwirksam.

-       Vorgesehen ist ein zivilrechtlicher Anspruch des/der Arbeitnehmer/in auf Übermittlung einer schriftliche Darstellung der monatlich zustehenden Bezüge sowie ein Anspruch auf Aushändigung einer Kopie zur Anmeldung zur Sozialversicherung durch den/die Arbeitgeber/in.

Im Arbeitszeitrecht sind folgende Maßnahmen hervorzuheben:

-       Bei begleiteten Sondertransporten fällt das Schwerfahrzeug unter die Lenkzeitbestimmungen der Verordnung (EG) Nr. 561/2006 zur Harmonisierung bestimmter Sozialvorschriften im Straßenverkehr und zur Änderung der Verordnungen (EWG) Nr. 3821/85 und (EG) Nr. 2135/98 des Rates sowie zur Aufhebung der Verordnung (EWG) Nr. 3820/85 des Rates (im Folgenden: EU­Lenkzeitenverordnung), ABl. Nr. L 102 vom 11.04.2006 S. 1, zuletzt geändert durch die Verordnung (EU) Nr. 165/2014, ABl. Nr. L 60 vom 28.02.2014 S. 1, das Begleitfahrzeug, das in der Regel weniger als 3,5 Tonnen Eigengewicht hat, jedoch unter das AZG. In der Praxis hat sich herausgestellt, dass einheitliche Regelungen zu den Lenkpausen ermöglicht werden sollten;

-       Derzeit sind die EU-Regelungen über die Beschränkung der Flugzeiten des Bordpersonals von Luftverkehrsunternehmen im Unterabschnitt Q des Anhangs III der Verordnung (EWG) Nr. 3922/91 zur Harmonisierung der technischen Vorschriften und der Verwaltungsverfahren in der Zivilluftfahrt, ABl. Nr. L 373 vom 31.12.1991 S. 4, in der jeweils geltenden Fassung enthalten. Mit Verordnung (EU) Nr. 83/2014 zur Änderung der Verordnung (EU) Nr. 965/2012 zur Festlegung technischer Vorschriften und von Verwaltungsverfahren in Bezug auf den Flugbetrieb gemäß der Verordnung (EG) Nr. 216/2008 des Europäischen Parlaments und des Rates, ABl. Nr. L 28 vom 31.01.2014, S. 17, erfolgte eine Neuordnung dieses Systems;

-       Eine Arbeitszeit bis zu zwölf Stunden soll möglich sein, wenn während der Reisebewegung durch das angeordnete Lenken eines Fahrzeugs eine Arbeitsleistung erbracht wird;

-       Informationsrecht für Teilzeitbeschäftigte über freie Vollzeitstellen: Plant ein/e Arbeitgeber/in eine Stelle mit höherem Arbeitszeitausmaß auszuschreiben, so hat er/sie diese Stelle vorher dem/der Teilzeitbeschäftigten anzubieten.

Die einzelnen vorgeschlagenen Maßnahmen sind im Besonderen Teil der Erläuterungen dargestellt.

Kompetenzgrundlage:

In kompetenzrechtlicher Hinsicht stützt sich der vorliegende Entwurf auf Art. 10 Abs. 1 Z 11 (Arbeitsrecht).

 

Der Ausschuss für Arbeit und Soziales hat die gegenständliche Regierungsvorlage in seiner Sitzung am 3. Dezember 2015 in Verhandlung genommen. An der Debatte beteiligten sich im Anschluss an die Ausführungen des Berichterstatters Abgeordneten Dietmar Keck die Abgeordneten Herbert Kickl, Ing. Waltraud Dietrich, Mag. Birgit Schatz, Dr. Eva Mückstein, Mag. Gerald Loacker, Johann Hechtl, August Wöginger, Carmen Schimanek, Ing. Mag. Werner Groiß, Walter Schopf und Ulrike Königsberger-Ludwig sowie der Bundesminister für Arbeit, Soziales und Konsumentenschutz Rudolf Hundstorfer.

 

Im Zuge der Debatte haben die Abgeordneten Josef Muchitsch, August Wöginger einen Abänderungsantrag eingebracht, der wie folgt begründet war:

Zu Z 1 (Art. 1 Z 8):

Mit dieser Bestimmung wird klargestellt, dass § 14 Bundesforste-Dienstordnung, BGBl. Nr. 298/1986, der gemäß § 13 Bundesforstgesetz, BGBl. 793/1996, unverändert in Kraft steht und damit im Zusammenhalt stehende Entgeltregelungen durch die Neuregelungen der §§ 2 Abs. 2 Z 9 und 2g AVRAG nicht berührt werden.

Zu den Z 2 (Art. 2 Z 1) und Z 6 (Art. 2 Z 5):

Der Wochengeldanspruch (eine Leistung aus der Krankenversicherung aus dem Versicherungsfall der Mutterschaft, der mit Beginn des Beschäftigungsverbotes einsetzt) setzt grundsätzlich eine zu diesem Zeitpunkt bestehende Krankenversicherung voraus, wobei eine solche auch durch den Bezug von Kinderbetreuungsgeld gegeben ist. Wurde das Kinderbetreuungsgeld bereits ausgeschöpft, dann kann sich für ein Folgekind, für das die Mutterschutzfrist noch während der Karenz für das erste Kind ausgelöst wird, nur dann ein Wochengeldanspruch ergeben, wenn die Schutzfristklausel des § 122 Abs. 3 ASVG greift. Voraussetzung dafür ist, dass 32 Wochen vor Eintritt des Versicherungsfalls (= Beginn der achten Woche vor der voraussichtlichen Entbindung) noch eine durchgehend mindestens 13 Wochen bzw. drei Kalendermonate andauernde Pflichtversicherung in der Krankenversicherung bestand und keine schädliche Auflösung des Arbeitsverhältnisses erfolgt. Um den/die Arbeitgeber/in – deren Entgeltfortzahlungspflicht ebenso wie die Verpflichtung der Arbeitnehmerin während der Karenz ruht – zu entlasten, soll der Anspruch auf das Entgelt gem. § 8 Abs. 4 AngG während der sechs Wochen nach der Entbindung nur insoweit bestehen, als der Arbeitnehmerin nicht Wochengeld oder Krankengeld zukommt. Kein Entgeltanspruch soll auch für jene Arbeitnehmerinnen bestehen, die sich in der Karenz vor dem individuellen und absoluten Beschäftigungsverbot vor der Entbindung in Karenz nach dem Mutterschutzgesetz 1979 (MSchG) oder in einer Karenz befanden, die zur Betreuung eines Kindes zivilrechtlich vereinbart wurde. Nicht umfasst sind Karenzen, die aufgrund spezieller arbeitsrechtlicher Normen zur besseren Vereinbarkeit von Beruf und Familie – wie etwa Familienhospizkarenz, Pflegekarenz oder Bildungskarenz – angetreten wurden. Ansprüche nach § 8 Abs. 4 AngG stellen keine wochengeldähnlichen Leistung dar, die zu einem Entfall des Kinderbetreuungsgeldes führen würde.

Da weibliche Angestellte aufgrund ihres bestehenden Arbeitsverhältnisses auch dem MSchG und somit den Bestimmungen über das Beschäftigungsverbot nach der Entbindung unterliegen, können die derzeit geltenden Regelungen des § 8 Abs. 4 erster Satz zweiter Halbsatz AngG entfallen.

Zu den Z 3 bis 5 (Art. 2 Z 2 bis 4):

Mit diesen Anordnungen erfolgen redaktionelle Anpassungen.

Zu Z 7 (Art. 3 Z 2):

Mit dieser Änderung wird ein Redaktionsversehen beseitigt.

Zu den Z 8 (Art. 6 Z 1 und 1a), Z 9 (Art. 6 Z 10a), Z 10 (Art. 6 Z 14a) und Z 11 (Art. 6 Z 16):

In Saisonbetrieben des Hotel- und Gastgewerbes ist ein Ausgleich von Verkürzungen der täglichen Ruhezeit innerhalb von zehn Tagen oft nur schwer möglich. Durch die Neuregelung soll eine längerfristige Durchrechnung unter Wahrung des Arbeitnehmerschutzes erfolgen.

 

Bei der Abstimmung wurde der in der Regierungsvorlage enthaltene Gesetzentwurf unter Berücksichtigung des oben erwähnten Abänderungsantrages der Abgeordneten Josef Muchitsch, August Wöginger mit wechselnden Mehrheiten (dafür: S, V, F, N, T, dagegen: G bzw. dafür: S, V, F, T, dagegen: G, N) beschlossen.

 

Ein von den Abgeordneten Herbert Kickl, Kolleginnen und Kollegen im Zuge der Debatte gem. § 27 Abs. 3 GOG-NR eingebrachter selbständiger Antrag auf Beschlussfassung einer Entschließung betreffend Überbrückungsgesetz zur unmittelbaren Auszahlung von Ansprüchen an Zielpunkt-Mitarbeiterinnen und -Mitarbeiter (Novembergehälter und Weihnachtsgeld 2015) wurde abgelehnt (dafür: F, dagegen: S, V, G, N, T).

Als Ergebnis seiner Beratungen stellt der Ausschuss für Arbeit und Soziales somit den Antrag, der Nationalrat wolle dem angeschlossenen Gesetzentwurf die verfassungsmäßige Zustimmung erteilen.

Wien, 2015 12 03

                                   Dietmar Keck                                                                  Josef Muchitsch

                                   Berichterstatter                                                                           Obmann