10642/J XXV. GP

Eingelangt am 27.10.2016
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Anfrage

 

der Abgeordneten Dr. Harald Walser, Freundinnen und Freunde an den Bundesminister für Landesverteidigung und Sport

betreffend horrende Kosten für ein Militärdenkmal?

BEGRÜNDUNG

 

Als im Mai 2012 durch den Anfragesteller bekannt wurde, dass in den in der Krypta im Wiener Heldendenkmal aufliegenden Ehrenbüchern auch der Name des NS-Massenmörders Josef Vallaster aufschien[1] (und mit ihm vermutlich auch noch die Namen von zahlreichen weiteren NS-Verbrechern), reagierte der damalige Verteidigungsminister Norbert Darabos schnell und strich in einem symbolischen Akt den Namen Vallasters selbst aus dem Totenbuch. Zugleich ließ Darabos einem bis dahin jahrzehntelang kursierenden Gerücht nachgehen, wonach sich bei der in der Krypta befindlichen Skulptur des „Toten Kriegers“ handschriftliche Notizen des Bildhauers Wilhelm Frass mit nationalsozialistischem Inhalt sowie eine politische Gegenbotschaft seines Assistenten befänden. Mit der Hebung der Skulptur wurde das Gerücht bestätigt.

Norbert Darabos versprach damals eine Umgestaltung der Krypta bis Herbst 2014: „Die Vorbereitungen werden von einem international besetzen Beirat begleitet, im August 2013 ist ein Künstlerwettbewerb geplant, ab dem Frühling 2014 soll dann das Siegerprojekt umgesetzt werden“.[2] Darabos ließ die Krypta leerräumen und übergab die Ehrenbücher dem Staatsarchiv mit dem Ziel einer wissenschaftlichen Auswertung.“[3]

Im Jahr 2014 nahm schließlich ein internationaler wissenschaftlicher Beirat seine Arbeit auf, um Leitlinien für die Umgestaltung des Heldendenkmals zu erarbeiten: „Der Gedächtnisort Heldendenkmal soll für nationale und internationale Gäste geöffnet werden. Die Gedenkräume des Österreichischen Heldendenkmals (Krypta, Weiheraum, Ehrenhalle) sollen die Geschichte vermitteln. Damit solle das Österreichische Heldendenkmal als ‚100jähriges Geschichtsbuch lesbar gemacht’ und sein historisches Potenzial für die Umgestaltung in einen Lern- und Vermittlungsort genutzt werden. Die Projektverantwortlichen empfehlen darüber hinaus ein Denkmal der Republik Österreich zu errichten. Es soll ein Denkmal für die seit 1945 im Dienst zu Tode gekommenen Angehörigen des Österreichischen Bundesheeres und der Exekutive entstehen. Auch jenen, die im Einsatz für die Republik Österreich ihr Leben lassen mussten, soll das Denkmal gelten. Es könnte am Areal rechts vom Äußeren Burgtor erbaut werden.“[4] Die Ausschreibung zur künstlerischen Umgestaltung des Heldendenkmals sollte im Herbst 2014 erfolgen, mit dem Ziel der Fertigstellung bis zum Nationalfeiertag 2015. Weiters wurde im Rahmen einer Pressekonferenz des Beirats bekanntgegeben:

Dach mit Ehrenhalle soll betretbar werden

Geplant seien Vermittlungsangebote wie etwa Self Guided Tours oder Gruppenführungen, auch das Dach mit der Ehrenhalle soll betretbar werden. Temporäre Ausstellungen sind ebenfalls möglich. ‚Das erste neue Gedenken soll bereits im nächsten Jahr stattfinden, wenn das auch sicher noch nicht den Abschluss der Neugestaltung darstellt’, meinte Dieter Binder, Historiker an der Universität Graz und Mitglied des Beirates.

Neues ‚Denkmal der Republik’ auf dem Heldenplatz

Denn eine Verlegung bzw. räumliche Trennung des offiziellen Gedenkens der Republik ist Teil der zweiten Empfehlung des Beirats: Vom Heldenplatz aus betrachtet rechts neben dem Äußeren Burgtor soll ein neues Denkmal der Republik entstehen, das allen ‚seit 1945 zu Tode gekommenen Angehörigen des Österreichischen Bundesheers und der Exekutive sowie jenen, die darüber hinaus im Einsatz für die Republik Österreich ihr Leben lassen mussten’, gewidmet sein wird.

Auch hier soll ein Wettbewerb über die künstlerische Gestaltung entscheiden. Ob das Denkmal der Exekutive, das sich bereits auf dem Areal neben dem Burgtor befindet, in die Gestaltung integriert wird, sei noch offen, meinte Uhl.

Denkmal auch für zivile Opfer

Der Kreis der Personen, derer hier per Kranzniederlegung künftig gedacht werden soll, werde so gleichzeitig enger und weiter, sagte Jörg Echternkamp von der Universität Halle-Wittenberg. Denn einerseits erinnere man sich an die Toten nach 1945, andererseits würden erstmals auch zivile Opfer miteinbezogen.

‚Wichtig ist uns die Durchsicht auf die Ringstraße. Das Gedenken soll ins Alltagsleben und die Öffentlichkeit eingebettet werden und nicht in einem sakralen Raum hinter verschlossenen Türen stattfinden’, so Binder. Bisher sei die Zweite Republik sehr zurückhaltend mit der Denkmalsetzung, meinte der Historiker. Nun habe man die Gelegenheit, die ‚Gesamtverantwortung für ein gemeinsames Gedenken’ zu übernehmen und zu zeigen, dass es ein Denkmal der gesamten Republik, nicht nur zweier Ministerien sei. Denn bisher sei das Gedenken in der öffentlichen Wahrnehmung stark mit dem Bundesheer assoziiert worden.“[5]

Zusammengefasst: Ausgangspunkt war die Notwendigkeit einer Neugestaltung der Krypta. Der wissenschaftliche Beirat empfahl in diesem Zusammenhang eine große Lösung, nämlich die Umgestaltung größerer Teile des Heldentors zu einem Lernraum, sowie auch die Neuerrichtung eines Denkmals der Republik neben dem Heldentor.

Nun wurden jedoch Pläne von Ihnen bekannt, wonach Sie vorhaben, ein „Denkmal für im Einsatz zu Tode gekommenen Angehörigen des ÖBH der Zweiten Republik“ errichten zu lassen. Darin finden sich Passagen wie „Der militärische Charakter des Denkmals, in dessen konkreter oder abstrakter Ausführung, soll für den auch nicht kunstaffinen Betrachter die eindeutige Verknüpfung zum Militär schaffen. ... Es soll in seiner Bestimmung nicht abgeschlossen sein und rein historisch betrachtet werden, sondern es muss auch für künftig Gefallene „offen“ stehen.“

Von der Umgestaltung des Heldentors (Krypta, Weiheraum und Ehrenhalle) ist hier nicht mehr die Rede.

Die unterfertigenden Abgeordneten stellen daher folgende

ANFRAGE

 

1)    Ist es richtig, dass Sie die Weisung zur Neuerrichtung eines Denkmals für das Bundesheer am Heldenplatz erteilt haben? Wenn ja: Wann erging diese Weisung?

2)    Ist es richtig, dass Sie per Weisung den militärischen Charakter des Denkmals verordnet haben?

3)    Wurde die Vorgangsweise der Neuerrichtung eines Denkmals für das Bundesheer am Heldenplatz mit dem wissenschaftlichen Beirat abgesprochen?
Falls nein: warum nicht?

4)    Welche grundsätzlichen Überlegungen stehen hinter diesen Planungen?

5)    Die Kosten für die Errichtung des Denkmals für die Verfolgten der NS-Militärjustiz (Deserteursdenkmal) betrugen 245.000.-. Ist es richtig, dass die projektierten Kosten für die Errichtung des Bundesheer-Denkmals 1,060.000 € (exklusive Reserve), wie es im Protokoll der Generalstabsbesprechung vom 4.10.2016 festgehalten ist, betragen? (Bitte um Detailauflistung der Kosten!)

6)    Falls ja: Wie können die projektierten Kosten dermaßen hoch sein, wenn es noch nicht einmal eine Ausschreibung für das Projekt gibt?

7)    Werden die Projektvorgaben dem Anspruch einer zeitgemäßen Erinnerungskultur entsprechen, wie es einst als Zielsetzung einer Umgestaltung definiert wurde? Wenn ja, inwiefern wird dieser Anspruch eingelöst?

8)    In die Überlegungen zur Umgestaltung des Heldendenkmals wurde auch das Deserteursdenkmal in einer Gesamtsicht auf erinnerungspolitisches Gedenken am Heldenplatz miteinbezogen: „Mit dem Beschluss, das Denkmal für die Opfer der NS-Militärjustiz am Ballhausplatz, also in unmittelbarer Nähe, zu errichten, steht das Heldendenkmal nun allerdings in einem veränderten Kommunikationsraum. Wie sich diese beiden Denkmäler zueinander verhalten werden, ist noch offen, eines allerdings zeichnet sich bereits ab: Das Beziehungsgeflecht, durch das die beide Projekte verbunden sind, wird einen nachhaltigen Spannungsbogen erzeugen.“[6] Welche Überlegungen gibt es, das Deserteursdenkmal ideell mit einem Denkmal für das Bundesheer zu verbinden, um sicherzustellen, dass es kein Kontrapunkt zum Deserteursdenkmal darstellt?

9)    Wie in der Begründung ausgeführt, war der Ausgangspunkt der Diskussionen um das Heldentor die Notwendigkeit einer völligen Neugestaltung der Krypta unter Einbeziehung des Weiheraums. Wie weit stehen die Planungen zur Realisierung dieser Umgestaltung? Wann ist mit einer Umsetzung und Eröffnung zu rechnen?

10) Der wissenschaftliche Beirat definierte als zentrales Ziel, das Heldendenkmal zu einem Lern- und Vermittlungsort zu machen.
Trägt das eventuell geplante Denkmal für das Bundesheer diesem Gesamtanspruch Rechnung?
Falls ja: in welcher Form?
Falls nein: warum nicht?

11) Die Totenbücher aus der Krypta wurden am 30.11.2012 mit dem Ziel einer wissenschaftlichen Aufarbeitung dem Staatsarchiv übergeben. Sind Sie über den derzeitigen Forschungsstand zu den Büchern informiert?
Falls ja: Wie lauten diese Ergebnisse bezüglich einer etwaigen Anführung von Personen mit einer ähnlichen Vergangenheit wie jener von Josef Vallaster?

12) Das Staatsarchiv schreibt in einer Mitteilung vom Februar 2013: „Es ist seitens des Österreichischen Staatsarchivs geplant, die Totenbücher nach Restaurierung und Digitalisierung im Internet der Öffentlichkeit zugänglich zu machen.“ Haben Sie darüber Kenntnis, wann die Bücher der Öffentlichkeit zugänglich gemacht werden? Falls ja: Wann wird das sein?



[1] Es entspricht der historischen Mythenbildung, wenn auf der Website des Bundesheeres vermerkt ist, der Nachweis des Namens von Vallaster im Totenbuch sei auf Norbert Darabos zurückzuführen. Vgl. http://www.bundesheer.at/cms/artikel.php?ID=7342 und http://wien.orf.at/news/stories/2533210/ (19.10.2016)

[2] http://wien.orf.at/news/stories/2554167/ (19.10.2016)

[3] „’Ein Verbleib dieser unvollständigen und historisch ungeprüften Dokumente lässt sich nicht mit moderner Gedächtniskultur vereinbaren’, so Segur-Cabanac. Er betonte die konstruktive Zusammenarbeit zwischen Schwarzem Kreuz, Staatsarchiv und dem Bundesheer, die letztlich zur weiteren Sicherstellung der wissenschaftlichen Forschung und Einsicht in die umfangreichen Verlustlisten beider Weltkriege führte.“ (http://www.bundesheer.at/cms/artikel.php?ID=6348, 19.10.2016)

[4] http://www.bundesheer.at/cms/artikel.php?ID=7342 (19.10.2016)

[5] http://wien.orf.at/news/stories/2666903/ (19.10.2016)

[6] Heidemarie Uhl: Heldenplatz - Ballhausplatz

Zur Neukontextualisierung eines zentralen Orts offizieller österreichischer Erinnerungskultur, unter:

http://www.demokratiezentrum.org/fileadmin/media/img/Gedenktage/GO_6.3_HeldenplatzBallhausplatz.pdf (19.10.2016)