10645/J XXV. GP

Eingelangt am 27.10.2016
Dieser Text ist elektronisch textinterpretiert. Abweichungen vom Original sind möglich.

Anfrage

 

der Abgeordneten Christiane Brunner, [WeitereR AbgeordneteR], Freundinnen und Freunde an den Bundesminister für Finanzen

betreffend Werterhaltung der OMV nach dem Klimavertrag von Paris

BEGRÜNDUNG

 

Am 4. November 2016 tritt der weltweit verbindliche Klimavertrag von Paris in Kraft. Er sieht vor, die Erderwärmung auf deutlich unter 2 Grad °C, wenn möglich 1,5 Grad zu begrenzen. Hierzu soll in der zweiten Jahrhunderthälfte global „Klimaneutralität“ erreicht werden, also dürfen nicht mehr Treibhausgase in die Atmosphäre emittiert werden, als wieder absorbiert.

Der Weltklimarat (IPCC) hat errechnet, dass allein zum Erreichen des 2°C-Ziels mindestens zwei Drittel der aktuell bekannten fossilen Reserven nicht verwertet werden können und somit im Boden bleiben müssen. Der Erdölverbrauch müsste schon ab 2020 global sinken.

Der Öl- und Gasmarkt steht also vor einem fundamentalen Umbruch. Ein Festhalten an dem Modell steigender Nachfrage und knapper werdenden Rohstoffangebots – und in Folge steigender Preise – wird sich nicht fortsetzen lassen. Die Krise hat den Sektor bereits jetzt erfasst. So haben Anleihen im Bereich Öl und Gas laut Financial Times seit Mitte 2014 einen Verlust von mindesten 150 Mrd. US-Dollar erlitten. Der Aktienwert der 300 größten börsennotierten Öl und Gasunternehmen ist im selben Zeitraum um knapp 40 Prozent gesunken. Die Folgen sind massive Verluste, hohe Abschreibungen, Sparprogramme und Kündigungen.

Auch die heimische OMV bleibt von diesen Entwicklungen nicht verschont. In den letzten zehn Jahren hat der Aktienpreis der OMV von rund 60 Euro je Aktie auf knapp 25 Euro verloren. Allein die 103.000.000 Aktien im Besitz der Republik haben somit innerhalb dieses Zeitraums einen Wertverlust von 3,5 Milliarden Euro hinnehmen müssen. (Günsberg/Bukold: Risikofaktor OMV, Greenpeace 2016)

Die Hoffnung auf den „natürlichen Ölpreiszyklus“ dürfte trügen. Angesichts der strukturellen notwendigen Veränderungen im Rahmen des Klimavertrags wird der Öl- und Gasmarkt außer Balance bleiben – und schließlich ganz verschwinden.

Gemäß § 7. (1) ÖIAG-Gesetz (in der Fassung vom 20.3.2015 „ÖBIB-Gesetz“) hat die ÖBIB „im Rahmen des Beteiligungsmanagements […] unter Berücksichtigung der öffentlichen Interessen an der Sicherung Österreichs als Wirtschafts- und Forschungsstandort sowie an der Sicherung und Schaffung von Arbeitsplätzen auf eine Werterhaltung und Wertsteigerung der Beteiligungsgesellschaften Bedacht zu nehmen.“

Die unterfertigenden Abgeordneten stellen daher folgende

ANFRAGE

 

1)    Gehen Sie in Ausübung Ihres Werterhaltungsgebots gemäß ÖIAG-Gesetz die OMV betreffend davon aus, dass die weltweite Nachfrage nach Öl über das Jahr 2020 hinaus weiter steigen wird? Wenn ja, auf welcher Annahme basiert diese Einschätzung?

2)    Gilt Ihr Interesse als Mehrheitseigentümer und Finanzminister neben der jährlichen Dividende aus der OMV-Beteiligung auch den langfristigen Standortinteressen Österreichs?

3)    Gehen Sie in Ausübung Ihres Werterhaltungsgebots gemäß ÖIAG-Gesetz davon aus, dass die derzeitige strategische Ausrichtung der OMV auf E&P sowie dem Verkauf von Downstream Assets geeignet ist, den bereits begonnenen massiven Wertverlust der OMV aufzuhalten?

4)    Wie beurteilen Sie den Verkauf kritischer Infrastrukturen, wie etwa Anteile der Gas Connect Austria durch die OMV aus der Perspektive der Versorgungssicherheit?

 

5)    Sehen Sie die OMV langfristig als Teil einer Transformation des Energiesektors, der in Zukunft auf Basis erneuerbarer Energieträger und hocheffizienter Versorgungssysteme basieren wird? Wenn nein, welche Rolle schwebt Ihnen als Mehrheitseigentümer für die OMV für die Jahre ab 2020 vor?

6)    Teilen Sie die Einschätzung von OMV-Chef Seele  „auch 2050 [werden] Öl, Gas und Kohle noch immer eine substanzielle Rolle im Energiemix spielen“(APA 20.1.2016)?

7)    Werden Sie sich im Sinne des Werterhaltungsgebots gemäß ÖIAG-Gesetz und im Sinne der Sicherung von Arbeitsplätzen für mehr Investitionen der OMV in erneuerbare Energien und der Erschließung neuer alternativer Geschäftsfelder in diesem Bereich einsetzen?


8)    Werten Sie den deutlichen Werteverlust der OMV in den letzten zehn Jahren als Verstoß gegen die ÖBIB Aufgaben und Gesetzeswidrig im Sinne des Werterhaltungsgebots gemäß ÖIAG-Gesetz? Falls nein, warum nicht?

 

9)    Werden Sie sich im Sinne des Werterhaltungsgebots gemäß ÖIAG-Gesetz dafür einsetzen, dass die OMV von Hoch-Risiko-Projekten wie jenen in der Arktis geplanten Abstand nimmt?