10743/J XXV. GP

Eingelangt am 09.11.2016
Dieser Text ist elektronisch textinterpretiert. Abweichungen vom Original sind möglich.

Anfrage

Der Abgeordneten Dr. Marcus FRANZ

Kolleginnen und Kollegen

an den Bundesminister für Inneres

betreffend „Alterslügen von angeblich minderjährigen Flüchtlingen“

Immer wieder wird der Ruf laut, minderjährige Flüchtlinge, welche nach Österreich kommen vorrangig im Asylverfahren zu behandeln. Allerdings ist es sehr schwer, das genaue Alter von unbegleiteten minderjährigen festzustellen. Dies liegt meist daran, dass diese Flüchtlingsgruppe meist ohne Personaldokument auf der Flucht ist, oder diese auf dem Weg nach Österreich „verloren“ gehen.

Verdachtsmomente scheint es diesbezüglich auch in Österreich zu geben.

„Die Alterslüge von Flüchtlingen ist für die Polizei und das Bundesamt für Fremdenwesen und Asyl (BFA) zu einem massiven (finanziellen) Problem geworden. Bei etwa 2200 unbegleiteten minderjährigen Asylwerbern hatte die Behörde im Jahr 2015 den begründbaren Verdacht, dass sie älter sind. In etwa der Hälfte der drauf folgenden medizinischen Tests konnte dies auch bestätigt werden. Ganz abgesehen vom bürokratischen Aufwand haben diese Altersfeststellungen alleine 2015 mehr als zwei Millionen Euro Kosten verursacht.

"Es ist teilweise absurd. Uns sitzen gestandene Männer mit Vollbart und grau melierten Haaren gegenüber, die behaupten, 17 Jahre alt zu sein", schildert ein Polizeibeamter aus Traiskirchen, der aus Angst vor disziplinären Konsequenzen anonym bleiben möchte. Anscheinend hoffen die Flüchtlinge, in den Genuss einer bevorzugten Behandlung zu kommen, wenn sie als unbegleitete Minderjährige Asyl beantragen - beispielsweise was das Nachholen ihrer Familien, eine raschere Unterbringung in Österreich oder Rechtshilfe bei der Erstaufnahme betrifft. Selbst wenn der Schwindel ganz offensichtlich ist, darf die Polizei in der Erstaufnahmesteile nicht darauf reagieren und die Person als volljährigen Flüchtling einstufen. Wir hatten Flüchtlinge, wo sich heraus gestellt hat, dass der angeblich Minderjährige 35 Jahre oder älter war,"[I]

Dass in Österreich ein erhöhter Bedarf einer Altersfeststellung von (unbegleiteten) minderjährigen Flüchtlingen besteht ist, aufgrund der statistischen Zahlen der letzten Jahre, offensichtlich. Während 2014 nur bei 178 Personen eine „Volljährigkeitsuntersuchung“ durchgeführt wurde, waren es 2015 schon 951 Personen.

Laut dem Bundesgesetz, mit dem die allgemeinen Bestimmungen über das Verfahren vor dem Bundesamt für Fremdenwesen und Asyl zur Gewährung von internationalem Schutz, Erteilung von Aufenthaltstiteln aus berücksichtigungswürdigen Gründen, Abschiebung, Duldung und zur Erlassung von aufenthaltsbeendenden Maßnahmen sowie zur Ausstellung von österreichischen Dokumenten für Fremde geregelt werden (BFA-Verfahrensgesetz - BFA-VG), haben Fremde eine Mitwirkungspflicht bei einer Minderjährigkeisfeststellung.

Auszug aus dem BFA-VG: § 13 (1) Der Fremde hat am Verfahren vor dem Bundesamt, insbesondere an einer erkennungsdienstlichen Behandlung mitzuwirken.

(2)  Verfügt ein Fremder lediglich über eine Hauptwohnsitzbestätigung gemäß § 19a MeldeG, so hat er sich beginnend mit dem ersten Werktag nach Ausstellung der Hauptwohnsitzbestätigung vierzehntätig bei der, der Kontaktstelle gemäß § 19a Abs. 1 Z 2 MeldeG nächstgelegenen Dienststelle einer Landespolizeidirektion zu melden; dies gilt nicht

im Falle einer Verfahrensanordnung gemäß § 15a Abs.2 AsylG 2005. Eine Verletzung  dieser Meldeverpflichtung liegt nicht vor, wenn deren Erfüllung für den Fremden nachweislich nicht möglich oder nicht zumutbar war.

(3)   Gelingt es dem Fremden nicht, eine behauptete und auf Grund der bisher vorliegenden Ergebnisse des Ermittlungsverfahrens zweifelhafte Minderjährigkeit, auf die er sich in einem Verfahren vor dem Bundesamt oder dem Bundesverwaltungsgericht beruft, durch unbedenkliche Urkunden oder sonstige geeignete und gleichwertige Bescheinigungsmittel nachzuweisen, kann das Bundesamt oder das Bundesverwaltungsgericht im Rahmen einer multifaktoriellen Untersuchungsmethodik zur Altersdiagnose (§ 2 Abs. 1 Z 25 AsylG 2005) auch die Vornahme radiologischer Untersuchungen, insbesondere Röntgenuntersuchungen, anordnen. Jede Untersuchungsmethode hat mit dem geringst möglichen Eingriff zu erfolgen. Die Mitwirkung des Fremden an einer radiologischen Untersuchung ist nicht mit Zwangsmittel durchsetzbar. Bestehen nach der Altersdiagnose weiterhin begründete Zweifel, so ist zu Gunsten des Fremden von seiner Minderjährigkeit auszugehen.

In diesem Zusammenhang stellen die unterfertigten Abgeordneten an den Bundesminister für Inneres folgende

Anfrage

1.    Wie viele minderjährige Jugendliche stellten in den Jahren 2015 und 2016 (bis zum eintreffen dieser Anfrage) in Österreich einen Asylantrag? (Bitte um Aufschlüsselung nach unbegleiteten und begleiteten Jugendlichen)

2.    Bei wie vielen dieser minderjährigen Jugendlichen konnte das Alter - aufgrund nichtvorhandener Dokumenten - von den Behörden nicht festgestellt werden?

3.    Welche Stellen, Behörden und Institute werden in diesem Zusammenhang von der zuständigen Behörde (BMI - Bundesamt für Fremdenwesen und Asyl) mit einer „Altersfeststellung“ beauftragt? (Bitte um Auflistung der beauftragten Stellen, Behörden und Instituten)

4.    Bei wie vielen (unbegleiteten) minderjährigen Jugendlichen wurde eine  multifaktorielle Untersuchungsmethodik zur Altersdiagnose durch das BMI (BFA) oder das Bundesverwaltungsgericht in den Jahren 2015 und 2016 (bis zum eintreffen dieser Anfrage) angeordnet?

5.    Aus welchen konkreten Gründen wurde, bei den in Frage 4 abgefragten Personenkreis, eine multifaktorielle Untersuchungsmethodik zur Altersdiagnose angeordnet?

6.    Welche konkreten medizinische Methoden/Untersuchungen werden bei der Altersbegutachtung durch die vom BMI - BFA angeordneten multifaktoriellen Untersuchungsmethodik zur Altersdiagnose angewendet? (Bitte um Aufschlüsslung der angewandten medizinischen Methoden und Teiluntersuchungen)

7.    Wie Hoch sind die Einzelkosten (pro Untersuchung) für medizinische Gutachten im Zusammenhang mit einer Altersfeststellung?

8.    Von wem werden die anfallenden Kosten für die medizinischen Gutachten zur Altersfeststellung im Zuge des Asylverfahrens getragen?

9.    Wenn dies Kosten vom BMI getragen werden: wo werden diese Ausgaben im derzeit in Verhandlung befindlichen Budget 2017 (BMI/BFA-Budget) ausgewiesen und welche Höhe wird diesbezüglich veranschlagt?

10.  Aus welchen konkreten Gründen ist eine Mitwirkung des Fremden bei der Altersfeststellung nicht mit Zwangsmitteln durchsetzbar?

11.  Welche konkreten Maßnahmen setzt das BMI bei unrichtigen, unwahren Angaben von Asylwerbern im Asylverfahren und welche konkreten Auswirkungen haben diese unrichtigen, unwahren Angaben auf das laufende Asylverfahren?

12.  Wie viele dieser konkreten Maßnahmen wurden seitens des BMI in den Jahren 2015, 2016 (bis zum eintreffen dieser Anfrage) gesetzt bzw. mit welchen Auswirkungen für den einzelnen Asylwerber?

13.  Plant das BMI, bei unwahren Angaben von Asylwerbern (zB Altersangaben), eine Verschärfung von „Sanktionsmaßnahmen"?

14.  Wenn ja, welche konkreten Maßnahmen sind geplant?

15.  Wenn nein, warum nicht?



[I] https://kurier.at/cbronik/altersluege-951-angeblich-m inderjaehrige-fluechtlinge-wurden-2015-als-volljaehrig- eingestuft/197-594.141