11444/J XXV. GP

Eingelangt am 23.01.2017
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Anfrage

der Abgeordneten Weigerstorfer

Kolleginnen und Kollegen

an die Bundesministerin für Bildung

betreffend „Unterrichtsmittel für Geographie und Wirtschaftskunde“

 

Die Gesellschaft für Angewandte Wirtschaftsforschung (GAW)[1] erstellte im August 2016 im Auftrag der Team Stronach Akademie eine Studie zum Thema „Schulbücher aus Geographie und Wirtschaftskunde: einseitig, falsch, tendenziös? Eine Analyse von 57 Schulbüchern aus Geographie und Wirtschaftskunde der 5. bis 8. Schulstufe“ Die Ergebnisse der Studie sind beunruhigend. Die Wirtschaftsforscher stellen schwerwiegende Defizite fest, die geeignet sind, einen gedeihlichen Wirtschaftskundeunterricht an Österreichs Schulen zu konterkarieren. Allgemein sprechen die Autoren der Studie davon, dass „im Zuge der Analyse der Schulbücher (…) Ungereimtheiten zwischen den Schulbüchern sowie falsche, einseitige und tendenziöse Darstellungen festgestellt wurden“. Vor allem eine fehlende Auseinandersetzung der Schulbuchautoren mit den Aspekten einer beruflichen Selbständigkeit als weitere Möglichkeit der Berufswahl monieren die Autoren der Studie: „Die Bedeutung weiterer Wege in der Berufsfindung, wie dies der Lehrplan formuliert, scheint für fast alle Autorinnen und Autoren der Schulbücher also offenbar nicht auch den Weg in die Selbstständigkeit zu beinhalten.[2] Die Autoren setzten sich eingehend mit der Definition des Begriffs von Schlüsselqualifikation im Europäischen Referenzrahmen auseinander und befinden, dass „im Europäischen Referenzrahmen expressis verbis auch die „unternehmerische Kompetenz“ zu den Schlüsselkompetenzen gezählt wird. Eine Kompetenz, die in den Schulbüchern der 5. bis 8. Schulstufe praktisch nicht vorkommt.[3]

 

Unter besonderer Berücksichtigung der immer wiederkehrenden Festlegungen beider Regierungsparteien, für die österreichische Wirtschaft eine „neue Gründerwelle“ initiieren zu wollen, läge es durchaus auf der Hand, eine solche Initiative bereits ab der 5. Schulstufe den Unternehmern und Unternehmerinnen von morgen nahe bringen zu wollen. Zumal wie die Studienautoren betonen, „unternehmerische Kompetenz auch für unselbstständig Erwerbstätige, als kleinste unternehmerische Einheit, wertvoll“ sei, „oder für Konsumentinnen und Konsumenten, da auch sie „Ideen in die Tat umsetzen“ wollen[4]. Die Bedeutung eigenständigen, wirtschaftlichen Handelns daher durchaus über die Beschränkung auf den Begriff Unternehmer hinausgeht.


Letztlich ziehen die Autoren der vorliegenden Studie den Schluss, „dass das wirtschaftliche Verständnis der Autorinnen und Autoren der untersuchten Schulbücher nicht immer ausreichend gegeben ist, oder ein gewisses politisches Sendungsbewusstsein der Autorinnen und Autoren der beschreibenden Darstellung den Nachrang gibt. Da es sich bei allen Schulbüchern um approbierte Schulbücher handelt, gilt diese Schlussfolgerung auch für so manche Approbationskommission selbst. Die Autoren der vorliegenden Arbeit sehen daher das Bundesministerium beziehungsweise den Gesetzgeber gefordert.“[5]

 

Gemäß der VO des Bundesministers für Unterricht und Kunst über die Gutachterkommissionen zur Eignungserklärung von Unterrichtsmitteln sind Gutachterkommissionen zur Begutachtung von Schulbüchern zu bilden, die u.a. auch den Bereich Wirtschaftskunde abdecken. Gemäß §10 dieser Verordnung ist „das Gutachten (…) schriftlich abzufassen, vom Vorsitzenden und vom Schriftführer zu unterfertigen und binnen zwei Wochen nach Beschlussfassung dem Bundesminister für Unterricht und Kunst zu übermitteln.

 

Die unterfertigten Abgeordneten richten daher an die Frau Bundesminister für Bildung nachstehende

 

Anfrage

 

1)    Ist Ihnen die o.a. Studie bekannt?

a)    Wenn ja, haben die Ergebnisse der Studie zu irgendwelchen Veranlassungen Ihrerseits bzw. von Seiten Ihres Ressorts geführt?

i)      Welcher Art waren die Veranlassungen und welche Ergebnisse haben diese erbracht?

b)    Wenn nein, warum nicht?

 

2)    Welche konkreten Schulbücher, von in der vorliegenden Studie untersuchten 57, haben im ersten Anlauf anstandslos die Approbation erhalten, welche davon wurden nachgebessert und dann in einem zweiten Verfahren zugelassen?

 

3)    Von den Autoren der o.a. Studie werden u.a. auch sachliche und inhaltliche Fehler in den untersuchten Schulbüchern beanstandet. So etwa unterschiedliche bzw. falsche Definitionen[6] von „Arbeitslosigkeit“. Welchen Handlungsbedarf sehen Sie als Unterrichtsministerin, um künftig die sachliche und inhaltliche Richtigkeit von Schulbüchern, insbesondere jener aus Geographie und Wirtschaftskunde, zu gewährleisten?

 

4)    Wie viele Gutachterkommissionen sind aktuell von Ihnen bzw. Ihrem Ressort eingerichtet, die sich mit der Thematik Wirtschaftskunde und deren korrekte Vermittlung in Schulbüchern befassen?

a)    Für welche Schultypen wurden welche Kommissionen eingerichtet?

b)    Aus wie vielen Mitgliedern bestehen die jeweiligen Kommissionen?

c)    Wer sind konkret die Mitglieder in den jeweiligen aktuellen Kommissionen? (Bitte namentliche Auflistung und seit welchem Jahr Mitglied der Gutachterkommission.)

d)    Wie viele davon stammen aus dem Lehrberuf bzw. aus dem schulischen Bereich?

e)    Wie viele davon kommen aus anderen Bereichen und welche sind diese Bereiche?

f)     Wie viele davon üben noch aktiv einen Beruf aus, wie viele davon befinden sich im Ruhestand?

 

5)    Werden die Gutachterkommissionen in regelmäßigen Intervallen neu besetzt?

a)    Wenn nein, wann bzw. wie endet die Mitgliedschaft in einer Gutachterkommission?


6)    Gibt es Gutachter, die gleichzeitig in mehreren, unterschiedlichen Kommissionen einen Sitz inne haben?

a)    Wenn ja, welche Kommissionsmitglieder sind dies konkret?

 

7)    Wie oft treten alle Gutachterkommissionen durchschnittlich pro Jahr zusammen?

 

8)    Wie viele Schulbücher werden insgesamt jährlich von den Kommissionen begutachtet?

 

9)    Auf welche Höhe belaufen sich die Aufwandsentschädigungen für die Kommissionsmitglieder im Einzelnen und im Gesamten? (Gesamtsumme bitte für die letzten fünf Jahre)

 

10) Welche Qualifikationen müssen Mitglieder der Gutachterkommissionen aufweisen, um in eine dieser Kommissionen berufen zu werden?

 

11) Ist für die Begutachtung von Unterrichtsmitteln für Wirtschaftskunde eine einschlägige wirtschaftliche Ausbildung bzw. eine vergleichbare Berufserfahrung erforderlich?

a)    Wenn ja, welche Anforderungen sind das konkret?

b)    Wenn nein, warum nicht?

 

12) Wie viele Unterrichtsmittel für Geographie und Wirtschaftskunde wurden in den vergangenen fünf Jahren zur Approbation eingereicht?

a)    Wie viele davon wurden genehmigt, wie viele davon abgelehnt?

b)    Was waren die Hauptgründe für die Ablehnung der eingereichten Unterrichtsmittel?

 

13) Wie lange dauert durchschnittlich das Approbationsverfahren eines eingereichten Unterrichtsmittels für Geographie und Wirtschaftskunde?

a)    Wie viele Personen sind damit durchschnittlich befasst?

 

14) Welche Verlage haben in den letzten fünf Jahren wie viele Unterrichtsmittel aus dem Bereich Geographie und Wirtschaftskunde zur Approbation eingereicht?

 

15) Auf welche Höhe belaufen sich die Ausgaben Ihres Ressorts in den letzten fünf Jahren für die Bereitstellung von Unterrichtsmitteln und wie hoch ist davon der Anteil für Unterrichtsmittel aus dem Bereich Geographie und Wirtschaftskunde?

 

16) Wo können die gemäß §10 VO Gutachterkommissionen zur Eignungserklärung von Unterrichtsmitteln zu erstellenden, schriftlichen Gutachten eingesehen werden?



[1] http://www.gaw-mbh.at/

[2] Haigner, Jenewein, Wakolbinger: „Schulbücher aus Geographie und Wirtschaftskunde: einseitig, falsch, tendenziös? Eine Analyse von 57 Schulbüchern aus Geographie und Wirtschaftskunde der 5. bis 8. Schulstufe“ GAW (Innsbruck August 2016); S.84

[3] Ebda.

[4] Haigner et al. S.86

[5] Haigner et al. S.90.

[6] Vgl. Haigner et al. S. 63