11508/J XXV. GP

Eingelangt am 30.01.2017
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Anfrage

 

der Abgeordneten Georg Willi, Harald Walser, Freundinnen und Freunde an den Bundesminister für Verkehr, Innovation und Technologie

betreffend Schneeräumpflicht

 

§ 93 der Straßenverkehrsordnung gibt – im Wesentlichen seit 1960 unverändert – vor, dass AnrainerInnen die an ihre Grundstücke angrenzenden, dem öffentlichen Verkehr dienenden Gehsteige, Gehwege und Stiegenanlagen von 6 bis 22 Uhr von Schnee zu räumen sowie zu streuen haben. Falls am Straßenrand Gehsteig oder Gehweg fehlt, ist ein 1 Meter breiter Streifen am Fahrbahnrand zu räumen und zu streuen.

Diese Räumpflicht gilt auch für Schnee, der durch die auf Kosten der Allgemeinheit erfolgende Räumung der Fahrbahn auf diese Flächen gelangt ist, sowie unabhängig davon, wer Eigentümer und Besitzer dieser Flächen – meist der Straßenerhalter - ist.

Die Behörde (d.h. in der Regel die Gemeinde) kann allerdings auf Basis von § 93 Abs 4 StVO durch Verordnung (oder Bescheide) diese Pflicht „nach Maßgabe des Fußgängerverkehrs sowie der Sicherheit, Leichtigkeit und Flüssigkeit des übrigen Verkehrs“ zB auf etwas engere Zeiträume, auf Teilflächen der Gehsteige, Gehwege und Stiegenanlagen und/oder auf bestimmte Teile der Räum- und Streupflicht einschränken.

Generell ausgenommen von dieser Pflicht sind EigentümerInnen unbebauter land- und forstwirtschaftlicher Grundstücke. Das hierfür meist angeführte Argument, dass diese oft nicht in unmittelbarer Nähe wohnen würden, würde sinngemäß auf Zweit- oder NebenwohnsitzinhaberInnen oder BesitzerInnen unbebauter Baugrundstücke ebenso zutreffen, diese sind jedoch nicht von der Räum- und Streupflicht gemäß StVO ausgenommen.

In benachbarten Staaten und Regionen gelten teilweise deutlich weniger umfangreiche Verpflichtungen:

In Deutschland gibt es keine vergleichbare bundesgesetzlich auferlegte Pflicht. Hingegen liegt die Pflicht zur Schneeräumung im Ortsgebiet bei den Gemeinden, die diese erst per (von vornherein befristeter) Verordnung – „Straßenreinigungssatzung“ o.ä. - an andere, insbesondere die Anlieger, weiterreichen können. Falls die Gemeinden ihre Pflicht nicht überwälzen, können sie allerdings von den Anliegern Gebühren einheben.

Ähnlich ist die übliche Vorgangsweise in der Schweiz.

Der Zeitraum, in dem die Räumpflicht gilt, ist in den meisten deutschen Ländern mit 7 bzw. 8 bis 20 Uhr, an Sonn- und Feiertagen ab 8 Uhr (statt 7, zB Bayern) oder 9 Uhr (zB NRW), wesentlich enger gefasst als in Österreich.

Auch in der Schweiz sind die „Trottoirs“ für einen weniger umfassenden Zeitraum, von 7 bis ca. 21 Uhr, freizuhalten.

Die unterfertigenden Abgeordneten stellen daher folgende

ANFRAGE

 

1)    Wie ist die gesetzliche Ungleichbehandlung von Zufußgehenden einerseits und allen anderen VerkehrsteilnehmerInnen andererseits bei der Schneeräumung der Verkehrsflächen (der Verkehrsweg der Zufußgehenden ist im „Fleckerlteppich-Prinzip“ von den AnrainerInnen auf deren Kosten zu räumen, alle anderen Verkehrswege werden auf Kosten der Allgemeinheit geräumt) inhaltlich begründet?

2)    Wie ist die unterschiedliche zeitliche Ausdehnung der Schneeräumpflicht am Gehsteig/Gehweg in Österreich (wo sie am umfangreichsten ist), Deutschland und der Schweiz inhaltlich begründet?

3)    Was ist die sachliche Rechtfertigung dafür, dass Anlieger gemäß StVO a) auch dazu verpflichtet sind, Gehsteige, Gehwege u dgl. auch von Schnee, der durch die auf Kosten der Allgemeinheit erfolgende Räumung der Fahrbahn auf diese Flächen gelangt ist, zu säubern und b) dafür jedoch nicht Randbereiche dieser Fahrbahn in Anspruch nehmen dürfen?

4)    Welche Abklärungen zur Verfassungskonformität der Ungleichbehandlung von EigentümerInnen von Baugrundstücken generell einerseits und EigentümerInnen land- und forstwirtschaftlich genutzter unbebauter Grundstücke andererseits bei der Schneeräumpflicht auf Gehsteigen/Gehwegen gemäß StVO sind wann erfolgt?

5)    Welche Abklärungen zur Verfassungskonformität der Ungleichbehandlung von EigentümerInnen von unbebauten nicht land- und forstwirtschaftlich genutzten Grundstücken einerseits und EigentümerInnen land- und forstwirtschaftlich genutzter unbebauter Grundstücke andererseits bei der Schneeräumpflicht gemäß StVO auf Gehsteigen/Gehwegen bzw. am Fahrbahnrand sind wann erfolgt?

6)    Welche Abklärungen zur Verfassungskonformität der Ungleichbehandlung von EigentümerInnen von mit Zweit- oder Nebenwohnsitzen bebauten Baugrundstücken einerseits und EigentümerInnen land- und forstwirtschaftlich genutzter unbebauter Grundstücke andererseits – beide sind oft nicht in unmittelbarer Nähe wohnhaft - bei der Schneeräumpflicht gemäß StVO auf Gehsteigen/Gehwegen bzw. am Fahrbahnrand sind wann erfolgt?

7)    Welche Informationen liegen Ihnen zur Frage vor, welche Kosten für die betroffenen Bürgerinnen und Bürger in Österreich mit der Winterdienstverpflichtung gemäß StVO insgesamt verbunden sind?

8)    Welche Informationen liegen Ihnen zur Frage vor, welche Kosten für die betroffenen Bürgerinnen und Bürger in Österreich mit der Winterdienstverpflichtung gemäß StVO im Bereich Haftpflichtversicherungen (erhöhte Prämien) verbunden sind?