12599/J XXV. GP

Eingelangt am 29.03.2017
Dieser Text ist elektronisch textinterpretiert. Abweichungen vom Original sind möglich.

Anfrage

der Abgeordneten Andreas Ottenschläger Kolleginnen und Kollegen

an den Bundesminister für Landesverteidigung und Sport

betreffend Auswirkungen der höchstgerichtlichen Judikatur auf die obersten Strukturen des Landesverteidigungsministeriums

Mit Urteil vom 23. November 2016 hat der Oberste Gerichtshof festgestellt, dass im Fall der Nicht-Weiterbestellung eines Sektionsleiters des Verteidigungsministeriums im Jahre 2013 gegen Grundsätze der rechtsstaatlichen Ordnung verstoßen wurde und dieser somit Anspruch darauf hat, finanziell so gestellt zu werden, wie er stünde , wenn die Weiterbestellungskommission in gebotener Weise vorgegangen wäre.

Nachdem der damalige Ressortleiter, BM Norbert Darabos, dem Sektionsleiter im Dezember 2012 mitteilte, dass nach Ablauf der fünfjährigen Ernennungsdauer in der Funktion nicht daran gedacht sei, ihn weiter zu bestellen, erhob dieser dagegen Einspruch und ersuchte um Befassung der Weiterbestellungskommission. Diese Weiterbestellungskommission wurde vom heutigen Chef des Generalstabs, Mag. Othmar Commenda, geleitet und erstattete im Jänner 2013 ihr Gutachten.

Dieses lautete nicht auf das Kalkül „im höchsten Ausmaß geeignet“, sondern nur auf das Kalkül „in hohem Ausmaß“ für die Sektionsleitung geeignet. Dafür gab die Stimme des Vorsitzenden, dem insoweit das Dirimierungsrecht zukam, den Ausschlag, da jeweils zwei Mitglieder der vierköpfigen Kommission unterschiedlicher Ansicht über das Kalkül der Kommission waren. Die durch Dirimierung überstimmten Mitglieder erstatteten ein abweichendes Minderheitengutachten, in welchem der Sektionsleiter als „in höchstem Ausmaß“ geeignet beurteilt wurde. BM Darabos ernannten den Sektionsleiter kein weiteres Mal.

Der OGH, wie auch die Vorinstanzen, stellten fest, dass das Ergebnis der Weiterbestellungskommission, deren Mitglieder nicht alle unbefangen gewesen seien, nicht objektiv gewesen sei und den Betreffenden gröblichst benachteiligt habe, zumal für ihn sprechende Umstände nicht gewürdigt worden seien. Tatsächlich habe das Weiterbestellungsverfahren keine Grundlage für seine Nichtweiterbestellung ergeben.

Aus dem Berufungsurteil des Oberlandesgerichtes Wien geht hevor, dass bereits die Auswahl der Kommissionsmitglieder durch den Ressortleiter unter dem Gesichtspunkt erfolgte, dass der Betreffende nicht weiter bestellt werden dürfe. So wurde entgegen den sonstigen Gepflogenheiten nicht der (damalige) Generalstabschef, der allseits geschätzte General Mag. Edmund Entacher zum Leiter der Kommission bestellt, sondern der stellvertretende Chef des Generalstabs. Weiters sind die Gerichte von einer Befangenheit des Kommissionsleiters ausgegangen, weil nach erstgerichtlichen Feststellungen nicht nur der Kabinettchef des Ressortleiters, sondern auch der spätere Vorsitzende der Weiterbestellungskommission einem anderen Kommissionsmitglied gegenüber im Vorfeld der Kommission äußerte, der Betreffende dürfe keinesfalls weiterbestellt werden. Dies äußerte sich auch darin, dass der Vorsitzende die von den beiden das Minderheitsgutachten verfassenden Kommissionsmitgliedern verlangten weiteren Erhebungen ablehnte, um letztlich zu einem Kalkül zu kommen, in das im Wesentlichen nur seine eigenen subjektiven Wahrnehmungen einflossen.

Der Kommissionsvorsitzende wäre daher verpflichtet gewesen, seine Befangenheit anzuzeigen. Das Gleiche gilt für das weitere vom Dienstgeber namhaft gemachte Kommissionsmitglied, welches im Vorfeld sich sogar an den (damaligen) Generalstabschef, General Mag. Edmund Entacher, gewandt hatte, um ihm mitzuteilen, dass man Druck auf sie ausübe. Das Gericht kam daher zu dem Schluss, dass bereits aus diesen Gründen die Vorgangsweise der Weiterbestellungskommission gegen tragende Rechtsgrundsätze verstieß.

Das Urteil des Obersten Gerichtshofes hat auch rechtskräftig ausgesprochen, dass ein willkürliches Vorgehen von Mitgliedern eines für ein Weiterbestellungsverfahren nach dem Gesetz eigens bestimmten Kollegialorgans amtshaftungsbegründend ist. Der nicht weiterbestellte Sektionsleiter hat daher von der Republik Österreich die entgangenen Bezüge erstattet zu erhalten. Eine derartige Leistungspflicht nach dem Amtshaftungsgesetz löst aber immer auch die Möglichkeit eines Regresses bei den Personen aus, die als Organe der Republik gehandelt und die Rechtsverletzung vorsätzlich oder grob fahrlässig verursacht haben.

Darüber hinaus laufen auch gegen den seinerzeitigen Vorsitzenden der Weiterbestellungskommission Erhebungen der Korruptionsstaatsanwaltschaft wegen des Verdachts des Amtsmissbrauchs. Dieser Umstand ist umso bemerkenswerter, als es sich hiebei um den nunmehrigen Chef des Generalstabes handelt, welcher in der Struktur des Verteidigungsministeriums über eine nicht unbeachtliche Machtfülle verfügt, da er drei Sektionsleitungen vorgesetzt ist und somit Entscheidungen treffen kann, welche die eigentliche Weisungskompetenz des Herrn Bundesministers zu überdenken im Stande ist.

Daher stellen die unterfertigenden Abgeordneten an den Bundesminister für Landesverteidigung und Sport folgende

Anfrage:

1.     Welche Konsequenzen haben Sie aus dem diesbezüglichen Urteil des Obersten Gerichtshofes gezogen?

2.      Haben Sie aufgrund des Urteils eine Sachverhaltsdarstellung oder Anzeige an die Staatsanwaltschaft erstattet?

Wenn ja, kann diese zur Verfügung gestellt werden?

Wenn nein, warum nicht?

3.      Welche Geldleistungen muss die Republik Österreich aufgrund dieser Urteile dem nicht weiterbestellten Sektionsleiter erbringen?

4.      Welche Gerichtsverfahren sind in diesem Zusammenhang noch nicht abgeschlossen?

5.      Wird sich die Republik Österreich an den schuldhaften Verursachern dieser Leistungen im Sinne eines Regresses nach § 3 Amtshaftungsgesetz schadlos halten?

Wenn nein, warum nicht?

6.      Hat der Chef des Generalstabs im Rahmen seiner äußerst umfangreichen Zuständigkeiten im Ressort auch Einfluss auf das Regressverfahren?

7.      Genießt der seinerzeitige Vorsitzende dieser Weiterbestellungskommission und nunmehrige Chef des Generalstabs nach wie vor Ihr volles Vertrauen?

8.      Ist dieses Vertrauen nicht dadurch beeinträchtigt, dass offensichtlich in bestimmten Fällen eine Objektive und unbefangene Amtsführung durch den Chef des Generalstabs nicht gewährleistet erscheint?

9.      Wird dieses Vertrauen nicht dadurch erschüttert, dass Ermittlungen der Korruptionsstaatsanwaltschaft gegen den Chef des Generalstabs laufen?

10.  Haben Sie aufgrund des Urteils ein Disziplinarverfahren oder disziplinäre Erhebungen gegen den Chef des Generalstabs eingeleitet?

Wenn ja, was ist das Ergebnis dieser Erhebungen?

Wenn nein, warum nicht?

11.  Werden in derartigen Fällen Beamte nicht von der weiteren Ausübung ihrer dienstlichen Verpflichtung suspendiert?

12.  Warum ist im gegenständlichen Fall keine Suspendierung erfolgt?

13.  Wäre angesichts dieser Vorfälle nicht eine Novellierung der Geschäftseinteilung des BMLVS dahingehend sinnvoll, dass nicht mehr der Generalstabschef drei anderen Sektionen vorgelagert ist?

14.  Ist es angesichts der vorliegenden Umstände wirklich ratsam, dass der Chef des Generalstabs in Fragen des Budgets des gesamten Ressorts, der Beschaffungen, somit auch der Rüstungspolitik und Organisation, aber auch in allen Einsatzbelangen alleine entscheiden kann?

15.  Wäre es nicht vernünftiger, in all diesen Bereichen zur Gewährleistung der bestmöglichen Kontrolle das Vier-Augen-Prinzip zu verankern?