3549/J XXV. GP

Eingelangt am 23.01.2015
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Anfrage

 

der Abgeordneten Gabriela Moser, Freundinnen und Freunde an die Bundesministerin für Inneres

betreffend Vertragsverletzungsverfahren Staatsdruckerei

BEGRÜNDUNG

 

Die EU Kommission hat am 10. Juli 2014 Österreich aufgefordert, die EU Vorschriften über das öffentliche Vergabewesen einzuhalten. Diese Aufforderung ist als letzter Schritt vor einem formellen Vertragsverletzungsverfahren zu sehen. Anlass für die Vorgangsweise Brüssels ist die Staatsdruckerei, die trotz Privatisierung im Jahre 2000 nicht nur den Namen sondern auch die öffentlichen Aufträge behielt. Dadurch, dass die öffentlichen Aufträge nicht – wie vom Gesetz vorgesehen – ausgeschrieben wurden, ist laut EU Kommission nicht sichergestellt, „dass Dienstleistungen für die österreichischen Bürgerinnen und Bürger zum besten Preis-Leistung-Verhältnis erbracht werden“.

Zur Staatsdruckerei, zu ihrer privilegierten Behandlung, zu überhöhten Preisen, zu den auffälligen Querverbindungen zum Innenministerium – zu nennen ist hier die frühere Beschäftigung von Ex-Innenminister Strasser und Ex-Kabinettchef Ulmer sowie der jetzige Geschäftsführerposten für Ex-Kabinettmitarbeiter Zach – sowie zu diversen Korruptionsverdachtsfällen sind bereits zahlreiche parlamentarische Anfragen gestellt worden.

So wurde etwa die Frage: „Wurden  im  Sinne  des  §2  Abs.  3  StaatsdruckereiG  1996  jemals andere Hersteller zur Anbotslegung aufgefordert bzw. die Verfügbarkeit alternativer Angebote überprüft?“ (Anfrage 2973/J XXIV. GP) von der Bundesministerin so beantwortet: „Die  Vergaben  gemäß  §  2  Abs.  3  StaatsdruckereiG  erfolgten  unter  Beachtung dieser Bestimmung.“
Die Frage: „Wurde überprüft, ob die Vergabe von Aufträgen durch das BMI gemäß der im  StaatsdruckereiG  vorgesehenen  Kontrahierungspflicht  in  Hinblick  auf Art. 86 EGV problematisch sein könnte?“ wurde folgendermaßen beantwortet: „Die  Vergabe  von  Aufträgen  erfolgte  unter  Einhaltung  der  bestehenden  Gesetze.  Weitere Pflichten treffen den Rechtsanwender nicht.“ (2960/AB XXIV. GP)


Diese Antworten sind nicht mit den Tatsachen in Einklang zu bringen, wenn die EU-Kommission nun feststellt: „Seit dem Jahr 2000 haben öffentliche Auftraggeber in Österreich Aufträge für den Druck bestimmter amtlicher Dokumente, unter anderem Pässe und Führerscheine, direkt an die Österreichische Staatsdruckerei, ein Privatunternehmen, vergeben. Sie haben diese Aufträge nicht in einem öffentlichen Ausschreibungsverfahren für den europaweiten Wettbewerb geöffnet. Österreich hat keine hinreichende Rechtfertigung für die Nichtanwendung der Vorschriften über die europaweite Ausschreibung geliefert,…“

Ein kurzer Preisvergleich von Ausweisdokumenten in Österreich und Deutschland zeigt, dass die Vorhalte der EU Kommission berechtigt sind und von einem korrekten Ausschreibungsverfahren im Wettbewerb bei den Aufträgen für die Staatsdruckerei nicht die Rede sein kann. So kostet ein Pass in der BRD € 59,- , bei uns jedoch € 75,90. Der Personalausweis ist bei uns mit € 62,- gar mehr als doppelt so teuer wie in Deutschland, wo er nur € 28,60 kostet.

Die unterfertigenden Abgeordneten stellen daher folgende

ANFRAGE

 

1)    Wann werden Sie die Kritik der EU Kommission berücksichtigen und eine Änderung des Staatsdruckereigesetzes in die Wege leiten?

2)    Wie werden Sie bis dahin sicherstellen, dass Druckaufträge Ihres Hauses korrekt veröffentlicht und im Wettbewerb vergeben werden?

3)    Was sind die Gründe für die enormen Mehrkosten bei österreichischen Ausweisdokumenten, verglichen mit anderen Ländern, etwa Deutschland?

4)    Wie hoch ist der Anteil an intern anfallenden Verwaltungskosten bei der Ausgabe eines Passes, wie hoch die Kosten für extern vergebene Leistungen?

5)    Wie hoch ist der Anteil an intern anfallenden Verwaltungskosten bei der Ausgabe eines Personalausweises, wie hoch die Kosten für extern vergebene Leistungen?

6)    Wann wurde der Auftrag zur Passproduktion an die Staatsdruckerei vergeben, welche Laufzeit hat der Vertrag und gibt es einen Kündigungsverzicht?

7)    Wann wurde der Auftrag zur Personalausweisproduktion an die Staatsdruckerei vergeben, welche Laufzeit hat der Vertrag und gibt es einen Kündigungsverzicht?

8)    Welche Sicherheitsmerkmale der Personaldokumente kann die Staatsdruckerei nicht selbst herstellen und vergibt sie daher an Sublieferanten im Ausland?

9)    Wurden – abgesehen von den Personaldokumenten – in den letzten Jahren auch andere Druckaufträge an die Staatsdruckerei vergeben und falls, welches Volumen hatten diese in den Jahren 2012, 2013, 2014?