4320/J XXV. GP

Eingelangt am 20.03.2015
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Anfrage

 

der Abgeordneten Nikolaus Scherak, Kollegin und Kollegen

an die Bundesministerin für Inneres

betreffend Schubhaft bei Dublin III-Verfahren

 

Ein Asylwerber aus Eritrea bekämpfte im Verfahren vor dem Verwaltungsgerichtshof die über ihn verhängte Schubhaft, mit der seine Überstellung nach Italien sichergestellt werden sollte. Italien ist nach den Vorschriften der europäischen Dublin III-Verordnung für die Prüfung seines Asylantrags zuständig.

Der Verwaltungsgerichtshof kam zu dem Ergebnis, dass die Verhängung der Schubhaft und die darauf gegründete Anhaltung des Asylwerbers rechtswidrig waren. Die derzeitige österreichische Rechtslage gestattet es nicht, Asylwerber in Schubhaft zu nehmen, um sie nach den Regeln der europäischen Dublin III-Verordnung in den zuständigen EU-Staat zu überstellen. Die seit 1. Jänner 2014 anzuwendende Dublin III-Verordnung sieht zwar vor, dass die Inhaftierung von Asylwerbern zur Sicherstellung einer Überstellung in den zuständigen EU-Staat im Einzelfall zulässig ist; Voraussetzung dafür ist jedoch unter anderem, dass erhebliche Fluchtgefahr besteht. Zudem verlangt die Dublin III-Verordnung ausdrücklich, dass die für die Annahme von „Fluchtgefahr“ maßgeblichen Kriterien im nationalen Gesetz umschrieben werden.

Bezugnehmend auf die im entschiedenen Fall anzuwendenden Schubhafttatbestände stellte der Verwaltungsgerichtshof klar, dass das österreichische Fremdenpolizeigesetz mit dem Unionsrecht nicht im Einklang steht, weil es keine gesetzliche Umschreibung der Kriterien für die Annahme von „Fluchtgefahr“ enthält. Solange diese gesetzliche Lücke nicht geschlossen ist, kommt die Verhängung der Schubhaft gegen Fremde, die sich in einem Verfahren nach der Dublin III-Verordnung befinden, zur Sicherstellung der Abschiebung nicht in Betracht. Der zur Zeit in Begutachtung befindliche Entwurf für ein Fremdenrechtsänderungsgesetz 2015 enthält auch Vorschläge für eine gesetzliche Umschreibung der "Fluchtgefahr" in Schubhaftfällen.

Es liegen keine Zahlen darüber vor, wie oft in Dublin III-Fällen Schubhaft verhängt wurde.

 

Aus diesem Grund stellen die unterfertigten Abgeordneten nachstehende


Anfrage:

 

1.    In wie vielen Fällen, in denen die Dublin III-Verordnung Anwendung fand, wurde seit 1.1.2014 Schubhaft verhängt?

2.    Wie oft wurde davor in Anwendung der Dublin II-Verordnung Schubhaft verhängt?

3.    Wie viele Personen werden derzeit in Österreich in Schubhaftzentren angehalten?

a.    Falls die Zahlen zwischen Anfrageeinbringung und Anfragebeantwortung variieren, bitte um Angabe beider Zahlen.

b.    Bitte um Aufgliederung nach Schubhaftzentren.

4.    Wie viele Personen werden derzeit in Österreich aufgrund der Dublin III-Verordnung in Schubhaft angehalten?

a.    Falls die Zahlen zwischen Anfrageeinbringung und Anfragebeantwortung variieren, bitte um Angabe beider Zahlen.

b.    Bitte um Aufgliederung nach Schubhaftzentren.

5.    In Hinblick auf die Entscheidung des Verwaltungsgerichtshofes, die ausführt, dass die derzeitige österreichische Rechtslage es nicht gestattet, Asylwerber in Schubhaft zu nehmen, um sie nach den Regeln der europäischen Dublin III-Verordnung in den zuständigen EU-Staat zu überstellen: werden momentan in Schubhaft befindliche Personen, die sich aufgrund der Dublin III-Verordnung in Österreich in Schubhaft befinden, aus der Schubhaft entlassen?

a.    Wenn ja, wann?

b.    Wenn nein: aufgrund welcher rechtlichen Grundlage werden diese Personen weiterhin in Schubhaft angehalten?

6.    Wie wird sichergestellt, dass es ab jetzt bis zu einer allfälligen Neuregelung im Rahmen der geplanten, momentan in Begutachtung befindlichen Fremdenrechtsnovelle 2015 zu keiner Schubhaftverhängung aufgrund der Dublin III-Verordnung mehr kommt?