5180/J XXV. GP

Eingelangt am 22.05.2015
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ANFRAGE

 

des Abgeordneten Podgorschek

und weiterer Abgeordneter

an den Bundesminister für Finanzen

betreffend die Nebenbeschäftigung bzw. Gutachtertätigkeit von Bediensteten des Bundesministeriums für Justiz und anderer Ministerien für Prozessgegner der Republik Österreich

 

 

In der Tageszeitung Kurier erschien am 12.05.2015 ein Bericht über die Nebentätig-keit des leitenden Staatsanwaltes und Abteilungsleiters Dr. Franz Mohr:

"Beide Seiten fuhren, wie bei Großverfahren üblich, mit Gutachtern auf. Die BayernLB holte sich gleich drei Österreicher, ging es doch um das österreichische Eigenkapitalersatzgesetz (EKEG). Es galt zu klären, ob die Milliarden der Bayern als Kredite an die Hypo oder als nicht rückzahlbares Eigenkapital zu werten sind. Kredite, entschied das Landgericht.

Nicht viele Juristen in Österreich dürften beim EKEG beschlagener sein als Franz Mohr, seines Zeichens Leitender Staatsanwalt und Leiter der Abteilung 15 für Exekutions- und Insolvenzrecht im Justizministerium. Der Top-Jurist hat am EKEG maßgeblich mitgeschrieben, das Gesetz entstand in seiner Abteilung.

Mohr verfasste für die BayernLB ein Gutachten über das EKEG. In der mit 20. September 2013 datierten , zehnseitigen Expertise (siehe Faksimile) argumentiert er ganz im Sinn der Bayern. Auch der vom Gericht bestellte deutsche Gutachter soll sich auf Mohr berufen haben. …

Der Spitzenbeamte wollte gegenüber dem KURIER keine Stellungnahme abgeben. Auch nicht auf die Frage, ob sein Nebenjob und im Besonderen dieses Gutachten ministeriumsintern genehmigt wurde. Chefin im Justizministerium war damals Beatrix Karl, ÖVP." (http://kurier.at/wirtschaft/wirtschaftspolitik/hypo-streit-top-justiz-beamter-arbeitete-fuer-die-bayern/130.090.089)

 

Das Eigenkapitalersatzgesetz, zu dem laut Bericht ein Teil der Expertise von Mohr verfasst wurde, entstand in Mohrs Abteilung, sein maßgebliches Mitwirken an der Entstehung des Gesetzes kann daher angenommen werden. Mohr hat damit zumindest einen Teil des Wissens und seiner Erfahrung, die er für diese Expertise seines Gutachtens nutze, in seiner Tätigkeit für das BMJ erworben.

 

Es stellt sich angesichts dieses Verhaltens die Frage, ob diese Nebenbeschäftigungen mit den gesetzlichen Vorschriften für Beamte im Allgemeinen sowie mit jenen für Staatsanwälte im Besonderen im Einklang stehen.

 

Durch Artikel 20 B-VG ist die Amtsverschwiegenheit über Vorgänge, die dem Beamten rein durch seine dienstliche Tätigkeit bekannt geworden sind, verfassungsrechtlich normiert. Diese Bestimmung wird durch § 46 BDG iVm § 91 weiter ausformuliert.

 

Weiters ist der Beamte zur Vertrauenswahrung gem. §43 Abs 2 BDG dazu verpflichtet, "in seinem gesamten Verhalten darauf Bedacht zu nehmen, dass das Vertrauen der Allgemeinheit in die sachliche Wahrnehmung seiner dienstlichen Aufgaben erhalten bleibt." "In all diesen Fällen kommt es nicht nur darauf an, dass der Beamte keinen Zweifel an der Rechtmäßigkeit seiner Amtsführung aufkommen lässt; er muss darüber hinaus jeden Anschein vermeiden, er werde nicht zur Sache gehörende Interessen (Parteilichkeit, Eigennutz) einfließen lassen. Das von dieser Bestimmung geschützte Rechtsgut liegt nach Auffassung des VwGH in der "allgemeinen Wertschätzung, die das Beamtentum in der Öffentlichkeit genießt", damit in der "Funktionsfähigkeit des öffentlichen Dienstes und des dafür erforderlichen Ansehens der Beamtenschaft." (Das Disziplinarrecht der Beamten, Gabriele Kucsko-Stadlmayer, Springer Wien New York, 2010, S. 163f.)

"§43 Abs 2 BDG erfasst das "gesamte Verhalten" des Beamten, somit grundsätzlich auch das außerdienstliche." (ebd., S 169)

Zusätzlich stellt sich die Frage, ob dienstliche Aufgaben mit persönlichem Gewinnstreben vermengt wurden, was vom VwGH unter gewissen Umständen ebenfalls als Pflichtverletzung gewertet wurde.

 

In §57 BDG ist die außergerichtliche Abgabe eines Sachverständigengutachtens geregelt. "Die Abgabe eines Sachverständigengutachtens bedarf unter zwei Voraussetzungen der vorherigen Genehmigung durch die Dienstbehörde: Wenn es außergerichtlich abgegeben wird und mit den dienstlichen Aufgaben des Beamten in Zusammenhang steht." (ebd. S. 365) Die verpflichtend einzuholende Genehmigung für ein derartiges Gutachten ist "zu verweigern, wenn nach Gegenstand und Zweck des Gutachtens dienstliche Interessen gefährdet werden. … Bei der Beurteilung, ob eine Gefährdung (der dienstlichen Interessen, Anm.) vorliegt, werden insbesondere Stellung und Wirkungskreis des Beamten zu berücksichtigen sein." (ebd. S365 - 367)

 

Neben den möglichen Verstößen gegen verfassungs- und dienstrechtliche Vorschriften ist auch die Tätigkeit eines Staatsbediensteten für einen Prozessgegner der Republik Österreich auch im Hinblick auf die Vorschriften und Standesregeln für Gutachter und Sachverständige problematisch.

In diesem Zusammenhang sei auf die Standesregeln für Privatgutachten des Sachverständigenverband hingewiesen.

Gelangt der Sachverständige auf Grund seiner gesetzlichen Berufsverpflichtung zur Wahrung der Interessen seines Auftraggebers in eine Interessenkollision mit seiner Funktion als unabhängiger, unparteilicher und zur Objektivität verpflichteter Gutachter, so hat er den Auftrag zur Erstattung eines Privatgutachtens unter Hinweis auf diesen Interessenkonflikt abzulehnen. Wird er aber im Weiteren in dieser Sache im Rahmen der Befugnisse seines Hauptberufes für seinen Auftraggeber tätig, so hat er bei dieser Arbeit jeden Hinweis auf seine Eigenschaft als allgemein beeideter und gerichtlich zertifizierter Sachverständiger zu unterlassen. Der Sachverständige hat auch, soweit es ihm möglich und zumutbar ist, dafür zu sorgen, dass auch von Seiten seines Auftraggebers oder von dritter Seite jeder Hinweis auf diese Eigenschaft unterbleibt.“ (3.2 der Standesregeln des Hauptverbandes der allgemein beeideten und gerichtlich zertifizierten Sachverständigen Österreichs http://www.gerichts-sv.at/sr_privatgutachten.html)

Dazu auch Schiller in Krammer/Schiller/Schmidt/Tanczos, Sachverständige und ihre Gutachten (Wien, Manz 2012, S. 51):

"Im Falle eines Interessenkonfliktes zwischen seiner Funktion als zur Objektivität verpflichteter Gutachter und einer gesetzlichen Berufsverpflichtung zur Wahrung der Interessen des Auftraggebers, muss der Gutachtensauftrag abgelehnt werden."

 

 

Neben den oben angeführten möglichen rechtlichen und moralischen Verfehlungen stellt sich die Frage, warum Spitzenbeamte des BMJ für den Prozessgegner der Republik Österreich tätig wurden, statt für die Republik Österreich. Es entsteht so der Verdacht, dass die einzelnen Ministerien aneinander vorbeiagieren statt zum Wohl der Bürger zusammenzuarbeiten.

 

In diesem Zusammenhang richten die unterfertigten Abgeordneten an den Bundesminister für Finanzen nachstehende

 

Anfrage

 

1.     Wurden andere Ministerien vom Bundesministerium für Finanzen um Beihilfe in der Causa Hypo Alpe Adria, insbesondere im Prozess gegen die BayernLB, in dem es für die Republik Österreich um mehrere Milliarden Euro geht, ersucht?

2.     Wenn ja, welche und mit welchem Ergebnis?

3.     Wenn nein, warum nicht?

4.     Wurden Dienstnehmer ihres Ressorts im Zusammenhang mit der Hypo Alpe Adria im Zuge einer Nebenbeschäftigung oder als Gutachter tätig?

5.     Wenn ja, wer, für wen und mit welchem Ergebnis?

6.     Wurden diese Nebenbeschäftigungen bzw. Gutachtertätigkeiten genehmigt?

7.     Wenn ja, von wem?

8.     Wenn nein, wurden disziplinarrechtliche Konsequenzen aus der nicht genehmigten Tätigkeit gezogen? (Bitte um detaillierte Ausführung der Konsequenzen)