6881/J XXV. GP

Eingelangt am 05.11.2015
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Anfrage

 

der Abgeordneten Tanja Windbüchler-Souschill, Freundinnen und Freunde an den Bundesminister für Europa, Integration und Äußeres

betreffend Umsetzung der Entschließung des Nationalrates 19/E vom 29. April 2014 zu „Harmful Practices based on Traditio, Culture, Religion or Superstition“

BEGRÜNDUNG

 

Derzeit erlaubt es die Gesetzgebung in 52 Ländern, dass Mädchen unter 15 Jahren heiraten. Gerade für so junge Mädchen stellt die daraus resultierende Teenagerschwangerschaft ein erhebliches gesundheitliches Risiko dar, denn eine Schwangerschaft die eintritt, bevor der Körper eines Mädchens voll ausgebildet ist, ist für Mutter und Kind gefährlich.
Eine aktuelle Studie der Organisation Care zu Mädchenausbildung und Zwangsehe bestätigt die Zahlen. Laut Studie werden jeden Tag 39.000 Mädchen zur Ehe gezwungen.  Das heißt, dass alle zwei Sekunden eine Kinderehe geschlossen wird. Gleichzeitig gehen 62 Millionen Mädchen nicht zur Schule.
[1] 

Jedes 9. Mädchen wird verheiratet, bevor es 15 wird. Hauptursachen für die Kinderehe sieht die Care-Studie[2]  vor allem in sozialen Normen, die junge Mädchen abwerten, im  Mädchenhandel, den Abhängigkeiten von Mitgift sowie in den Bürgerkriegen wie in Afghanistan, Mali oder Syrien.

Derzeit zwingen, laut aktuellen Medienberichten zufolge, die akute Armut und die ausweglose Situation der syrischen Flüchtlinge in Jordanien immer mehr Familien dazu, ihre Töchter frühzeitig zu verheiraten, um sie ökonomisch abzusichern.

Im Niger heiraten 76 Prozent der Mädchen unter 18 Jahre und damit so viele wie nirgendwo sonst auf der Welt. Nur 10 Prozent sind in einer weiterführenden Schule eingeschrieben. Im Tschad, der Zentralafrikanischen Republik, im Südsudan und in Somalia übersteigt die Zahl der Mädchen, die vor ihrem 18. Geburtstag verheiratet werden, die Zahl derjenigen, die eine weiterführende Schule besuchen, um jeweils 40 Prozent. 


In Uganda werden 40 Prozent der Mädchen vor ihrem 18. Lebensjahr verheiratet. Nur 22 Prozent der Mädchen unter 18 besuchen eine weiterführende Schule. Ugandas Erfahrungen sind ein Fallbeispiel für die starke und komplexe Verbindung von Kinderehe, Armut und der Rate der SchulabbrecherInnen. Zwei Drittel der ungebildeten Mädchen werden mit 18 oder jünger verheiratet, während nur eins von sieben Mädchen, das die weiterführende Schule abgeschlossen hat, jung verheiratet wird.

 

Mit dem Entschließungsantrag 232/A(E) vom 24. Februar 2014 mahnten die Grünen Österreichs die Verantwortung im weltweiten Kampf gegen Gewaltanwendung an Mädchen und Frauen ein und betonten, gegenüber sämtlichen Formen von Misshandlungen und Unterdrückungen  – allen voran weibliche Genitalverstümmelung und Zwangsverheiratung von Kindern – dürfe es keine Toleranz geben.

Dieser Entschließungsantrag wurde am 29. April 2014 (https://www.parlament.gv.at/PAKT/VHG/XXV/E/E_00019/fname_348697.pdf) einstimmig im Nationalrat beschlossen.

Der Bundesminister für Europa, Integration und  Äußeres, die Bundesministerin für Frauen und Bildung und der Bundesminister für Gesundheit werden darin aufgefordert, den Kampf gegen schädliche Praktiken, die auf Tradition, Kultur, Religion oder Aberglauben basieren, wie z.B. weibliche Genitalverstümmelung, Kinderehe und die Ausbeutung und Misshandlung von Mädchen und Frauen, auf allen Ebenen mit Nachdruck zu unterstützen. Darüber hinaus soll sich der Bundesminister für Europa, Integration und Äußeres im Namen Österreichs im sogenannten„Post-2015-Prozess“ zur Weiterentwicklung der Millenniumsziele der UNO dafür einzusetzen, dass Kinder- und Zwangsehen weltweit verboten werden, und dass jede Form von geschlechtsbezogener Gewalt strikt bekämpft wird. Die Bundesregierung wird schließlich aufgefordert, den finanziellen Versprechungen zu den Millenniumszielen, insbesondere zum Millenniumsziel Nummer 5 – Reduzierung der Müttersterblichkeit um mindestens 75% – im Rahmen ihrer budgetären Möglichkeiten  –  bis 2015 nachzukommen.

Die unterfertigenden Abgeordneten stellen daher folgende

ANFRAGE

 

1) Welche Maßnahmen wurden bis dato konkret gesetzt, um den vom Parlament beschlossenen Entschließungsantrag vom 29. April 2014 zu erfüllen? Welche Maßnahmen und Projekte sind in Planung? Mit der Bitte um Auflistung.

2) Wieviel budgetäre Mittel wurden konkret für die Umsetzung der Maßnahmen, laut Entschließungsantrag vom 29. April 2014 im Jahr 2014 und 2015 aufgewendet?  Wieviel budgetäre Mittel werden 2016 zur Umsetzung des Entschließungsantrages bereitgestellt? Mit der Bitte um genaue Auflistung.


3) Welche konkreten Handlungen hat das BMEIA im „Post-2015-Prozess“  zur  Weiterentwicklung  der  Millenniumsziele  der  UNO gesetzt, um  Kinder-  und Zwangsehen weltweit  zu reduzieren bzw. zu verbieten?

4)  Welche konkreten Maßnahmen –und  mit welchen budgetären Mitteln - plant das BMEIA für die Umsetzung des nachhaltigen Entwicklungszieles (SDG) Nr. 5 „Geschlechtergleichheit erreichen, Frauen und Mädchen ermächtigen“ im Jahr 2016, 2017 und 2018?

5) Wie sieht die Umsetzung der finanziellen Versprechungen zum Millenniumsziel (MDG) Nummer 5 – Reduzierung der Müttersterblichkeit um mindestens 75% – durch das BMEIA bis dato seit dem Beschluss des Antrages betreffend  Harmful Practices based on Tradition, Culture, Religion or Superstition am 29. April 2014 aus?

6) Welche Projekte unterstützt das BMEIA konkret, um Zwangsehen vor allem bei syrischen Flüchtlingsfamilien in und außerhalb von Flüchtlingslagern in Jordanien und Libanon zu verhindern?

7) Unterstützt das BMEIA konkret UNICEF-Projekte, die sich dem Schutz von Mädchen vor Kinder- und Zwangsehen bzw. vor geschlechtsspezifischer Gewalt widmen? Wenn ja, welche UNICEF Projekte und mit welchen budgetären Mitteln?

 



[1] http://derstandard.at/2000023284534/Neue-Studie-39-000-Maedchen-werden-taeglich-zur-Ehe-gezwungen

[2] http://www.care.de/presse/medieninformationen/pressemitteilung-einzelmeldung/meldung/neue-care-studie-zu-maedchenausbildung-heirat-statt-schule-alle-zwei-sekunden/