8024/J XXV. GP

Eingelangt am 09.02.2016
Dieser Text ist elektronisch textinterpretiert. Abweichungen vom Original sind möglich.

Anfrage

 

Der Abgeordneten Nurten Yilmaz und weiterer Abgeordneten

an die Bundesministerin für Inneres

betreffend "Migrationsrat des Innenministeriums"

Am 3.April 2014 hat Innenministerin Mikl-Leitner der Öffentlichkeit eine Expertengruppe unter der Leitung des Publizisten Paul Lendvai präsentiert. Dieser "Migrationsrat" solle als beratendes Gremium wirken, "das sich der Migration ohne Polemisierung oder Polarisierung und losgelöst von tagespolitischen Debatten, allein aufgrund der Fakten und Zukunftsfragen widmet" (Mikl-Leitner; Öffentliche Sicherheit 2014: 5-6). Die Arbeit des Migrationsrats solle die Grundlage für die Erarbeitung einer modernen und umfassenden Migrationsstrategie der Bundesregierung bilden, wobei der Rat in seiner Tätigkeit unabhängig und weisungsfrei agieren könne. Während Paul Lendvai die Gesamtkoordination des Migrationsrat über hat, verfügt der Rat selbst über 10 interne Arbeitsfelder, die jeweils von einer oder zwei Personen - ExpertInnen oder Persönlichkeiten des öffentlichen Lebens - geleitet werden: Wirtschaft, Finanz, Umwelt, Infrastruktur, Energie, Verkehr, Kommunikation (Berhard Felderer); Arbeit, Pensionen und Soziales (Walter Schrammel/Diana Radulovski); Bildung und Forschung (Markus Hengstschläger/Christine Spiel); Gesundheit und Pflege (Franz Küberl), Demokrafie und Gesellschafswandel (Heinz Fassmann/Stephan Marik-Lebeck); öffentliche Sicherheit und staatliche Institutionen (Christian Stadler/Eva Schulev-Steindl); Politisches System und Medien (Gerald Groß); Diversität (Arabella Kiesbauer); Auswirkungen der Migration in den Herkunftsregionen (Michael Landesmann/Belachew Gebrewold) und Gestaltung des Migrationssystems in Österreich (Peter Webinger).

Diese ExpertInnen sollen in ihren jeweiligen Themenfeldern untersuchen, so Innenministerin Mikl-Leitner, "welchen Beitrag die Migration leisten kann, welche positiven oder negativen Auswirkungen Migration auf ihren jeweiligen Bereit hat und welche Bedürfnisse, Risiken oder Chancen bestehen" (ebd.). Ziel sei die Ausarbeitung einer umfassenden Migrationsstrategie für Österreich.


 

Im Ö1-Mittagsjournal vom 3.4.2014 schließt ORF-Redakteurin Barbara Reichmann ihren Bericht über den Migrationsrat mit den Worten, dass erste Ergebnisse des Rates im Herbst 2015 vorliegen sollten. In einem Interview in der Neue Vorarlberger Tageszeitung (5.April 2014) gab Paul Lendvai an, dass Ministerin Mikl-Leitner erwarte, "dass in einem Jahr, spätestens eineinhalb ein komplettes Programm vorgelegt wird". Mehr als ein Jahr später zitiert der Journalist Othmar Pruckner in einem Kommentar im Trend (07/2015; 29.6.2015) wiederum den BMI-Sprecher Karl-Heinz Grundböck mit den Worten, dass Anfang 2016 ein Endbericht des Migrationsrates vorliege.

Aus diesem Grund stellen die unterfertigten Abgeordneten nachstehende

Anfrage:

1.  Im erwähnten Interview mit Paul Lendvai beantwortet dieser die Frage, wie "es dazu gekommen" sei, dass er den Migrationsrat leite, damit, dass Innenministerin Mikl- Leitner bei ihm angerufen und ihm diese Leitung angeboten hätte. Wer aber hat 2014 die 15 anderen ExpertInnen für die 10 inhaltlichen Arbeitsfelder ausgewählt bzw. angefragt, Koordinator Paul Lendvai, Kabinettsmitarbeiter oder BeamtInnen des BMI?

2.  Gibt es einen schriftlichen Vertrag zwischen dem BMI und dem Migrationsrat bzw. dessen Koordinator, der die grundlegenden Fragestellungen des Gremiums, dessen Vorgangsweise und Abläufe festlegt? Wenn ja, wie lauten diese? Welches Datum wurde in dem Vertrag als Abgabetermin für die "Migrationsstrategie" ursprünglich vereinbart? Mit welchem Passus wird die von Paul Lendvai eingeforderte Unabhängigkeit und Weisungsfreiheit vertraglich festgehalten?

3.  Paul Lendvai erwähnt im schon zitierten Interview in der Neuen Vorarlberger Tageszeitung, dass sich der Migrationsrat schon einmal vor der Präsentation im April 2014 getroffen habe und dann für ein weiteres Treffen Mai oder Juni anvisiere.

a.     An welchen Tagen hat sich der Migrationsrat bis heute getroffen?

b.     Wo fanden diese Treffen statt?

c.     Wie viele der 16 ExpertInnen waren jeweils anwesend?

d.     Kosten in welcher Höhe sind für diese Treffen entstanden?

e.     Wurden Protokolle dieser Sitzungen angefertigt und sind diese einsehbar?

f.      Waren Mitarbeiter des BMI-Kabinetts bei diesen Treffen anwesend? Wenn ja, welche?

g.     Wer betreut von Seiten des Ministerium diesen Migrationsrat? Wurden dafür MitarbeiterInnen ab- bzw. freigestellt?

h.     Wie hoch ist die finanzielle Entschädigung für den Koordinator des Migrationsrats?

i.      Wie hoch sind die Gesamtausgaben für den Migrationsrat, die dem BMI bis heute entstanden sind?

4.   Welche inhaltlichen und prozeduralen Vorgaben haben die zehn Arbeitsfelder erhalten?

a.    Wurden diese innerhalb des Migrationsrats diskutiert, gemeinsam beschlossen, vom BMI vorgegeben oder hat jedes Arbeitsfeld für sich autonom die jeweiligen Sub-Fragestellungen fixiert?

b.    Gibt es schriftliche Verträge zwischen den Koordinator des Migrationsrates und den jeweiligen LeiterInnen der Arbeitsfelder, in denen Fragestellung, Aufgaben und prozeduralen Schritte bis hin zur Abgabe des Einzelberichte festgehalten sind? Oder wurden solche Verträge - falls existent - zwischen den LeiterInnen und dem BMI direkt abgeschlossen?

c.    Welche Arbeitsfelder haben bis dato ihre Einzelberichte fertiggestellt und dem Migrationsrat bzw. BMI übermittelt?

d.    Werden die zehn Einzelberichte auch veröffentlicht?

e.    Nachdem manche Arbeitsfelder von mehr als einer Person geleitet werden: Wie oft haben sie jeweils die einzelnen LeiterInnen untereinander getroffen?

f.      Steht es den jeweiligen Arbeitsfeldern frei, zusätzliche, wissenschaftliche Expertise anzufordern bzw. zu beauftragen? Gibt es diesbezüglich vom Migrationsrat methodische Vorgaben (Interviews, Inhaltsanalysen, etc )? Muss dies mit dem Migrationsrat und/oder dem BMI abgesprochen werden?

g.    Steht den jeweiligen zehn Arbeitsfelder ein fixes Budget zur Verfügung? Mit wem - Kabinett, Migrationsratskoordinator, anderen Arbeitsfelder, SektionsleiterInnen - müssen diese möglichen Ausgaben abgesprochen werden bzw. wer gibt diese Gelder frei?

h.    Wie hoch ist die finanzielle Entschädigung für die LeiterInnen der Arbeitsfelder? Halbiert sich deren Honorar, wenn zwei Personen das Arbeitsfeld leiten?

5.    Laut Anfragebeantwortung 3523/AB durch Innenministerin Mikl-Leitner wurde das "Sozialwissenschaftliche Forschungsbüro” über einen Werkvertrag (Kosten 4.236,00 €) damit beauftragt, für das Arbeitsfeld Diversität eine qualitative, empirische Feldaufarbeitung und Begleitung zu machen. Ebenso geht aus der Anfragebeantwortung 4959/AB hervor, dass ebendieses ""Forschungsbüro” jeweils für die Arbeitsfelder Diversität und Öffentliche Sicherheit und staatliche Institutionen eine Basisdatenerhebung durchgeführt hat, die im Juni 2015 noch nicht abgeschlossen waren, wobei zum damaligen Zeitpunkt ein Teilbetrag von 3.530,00 € (Diversität) bzw. 4.840,00 € (Öffentliche Sicherheit/staatliche Institutionen) abgerechnet war. Die Arbeitsfelder Arbeit, Pensionen und Soziales bzw. Wirtschaft haben - laut ebendieser Anfragebeantwortung - bei der Donau-Uni Krems (Department für Migration und Globalisierung) eine Vision und die Entwicklung eines Migration-Monitoring-Systems in Auftrag gegeben, wobei hier noch keine Kosten feststanden.

a.     Haben noch andere Arbeitsfelder wissenschaftliche Untersuchungen in Auftrag gegeben? Wenn ja, welche, wann und bei welchen Einrichtungen und/oder Personen? Wie hoch waren die jeweiligen Kosten für diese Studien bis zum heutigen Datum? Bitte um konkrete Aufschlüsselung.

b.     Mit welcher Begründung wird hier von den LeiterInnen der Arbeitsfelder zusätzliche Expertise angefordert?

6.    Ich selbst wurde für den 25.11.2014 von Gerald Groß, dem Leiter des Arbeitsfeldes Politisches System und Medien, zu einem Termin eingeladen, wobei auch Wilhelm Sandrisser, BMI-Gruppenleiter, an dem Interviewgespräch teilgenommen hat.

a.     Wie viele Personen haben außer mir noch an ExpertInnenrunden im Arbeitsfeld Politisches System und Medien teilgenommen? Wie viele Personen wurden insgesamt, d.h. für alle Arbeitsfelder zusammen, interviewt? War bei diesen Gesprächsrunden bzw. Interviews in anderen Arbeitsfeldern auch jeweils ein/e MitarbeiterIn vom BMI anwesend bzw. daran beteiligt? Ist jedem Arbeitsfeld ein/e BMI-Mitarbeiterln inhaltlich zugeordet? Wenn ja, wer?

b.     Gerald Groß spricht im einladenden E-Mail davon, dass bis zum Dezember 2014 ein Bericht über das Arbeitsfeld erstellt werde, wobei neben den Experten-/Diskussionsrunden auch relevante Studien und sonstige Materialien analysiert und bewertet werden. Ist der Bericht schon abgegeben? Wann wurde er fertiggestellt? Ist die Arbeit des Arbeitsfeldes mit der Abgabe des Berichts vollendet?

c.     Wurden Politikerinnen und Politiker aller im Parlament vertretenen Fraktionen eingeladen bzw. interviewt?

d.     Welche nationalen wie internationale MigrationsexpertInnen wurde generell in die Tätigkeiten der einzelnen Arbeitsfelder als externe Expertise eingebunden und/oder interviewt? Bitte um Auflistung insbesondere der internationalen Wissenschaftlerlnnen.

7.   In welchem Verhältnis steht der Migrationsrat zum Expertenrat für Integration im Bundesministerium für Europa, Integration und Äußeres? Gibt es Kooperationen, inhaltliche Abstimmungen und/oder gemeinsame Treffen?

8.   Wann wird der Abschlussbericht des Migrationsrates vom BMI veröffentlicht? Hat der Migrationsrat bzw. dessen Koordinator dem BMI einen fertigen Bericht schon vorgelegt? Werden vor der Veröffentlichung des Berichts vom BMI mit anderen Ministerien darüber Gespräche geführt, zumal der Bericht ja eine gesamtstaatliche Migrationsstrategie fundieren soll?