9991/J XXV. GP

Eingelangt am 19.07.2016
Dieser Text wurde elektronisch übermittelt. Abweichungen vom Original sind möglich.

Anfrage

 

der Abgeordneten Ruperta Lichtenecker, Freundinnen und Freunde an den Bundesminister für Wissenschaft, Forschung und Wirtschaft

betreffend One Stop Shop für Betriebsanlagengenehmigungen 2016

BEGRÜNDUNG

 

Das Arbeitsprogramm der österreichischen Bundesregierung 2013-2018  sieht vor, „die bürokratischen Barrieren für Unternehmen zu reduzieren“. Die Vielzahl an Regelungen und Vorschriften stellen in vielen Bereichen eine Hürde für ein modernes, innovatives Unternehmertum dar. Die heimischen Unternehmen kämpfen mit dem komplizierten Behördendschungel und den unzähligen Ansprechpersonen.

Damit Österreich auch zukünftig ein starker Wirtschaftsstandort innerhalb von Europa bleibt, gilt es, die österreichischen UnternehmerInnen durch Vereinfachungen zu entlasten.

Im Bericht des Rechnungshofes zur Verwaltungsreform  wird beispielsweise angemerkt, dass die Möglichkeiten zur Verfahrenskonzentration und zum Ausbau des One-Stop-Shop-Prinzips nicht völlig ausgeschöpft sind. Diese Kritik wird im Arbeitsprogramm der österreichischen Bundesregierung 2013-2018 insofern aufgenommen, dass es die Erweiterung der Verfahrenskonzentration als One-Stop-Shop für Betriebsanlagen vorsieht.

In Abgrenzung zum One-Stop-Shop für GründerInnen ist der One-Stop-Shop für Betriebsanlagen während der gesamten operativen Tätigkeit eines Unternehmens relevant: So kann die Änderung einer Abluftanlage eine neuerliche Beantragung einer Betriebsanlagengenehmigung mit sich bringen. Dazu können auch noch weitere Genehmigungen (z.B. aufgrund denkmalschutzrechtlicher Bestimmungen) für die UnternehmerInnen notwendig sein.

Eine Verfahrenskonzentration mit Servicecharakter würde den UnternehmerInnen die „Schnitzeljagd“ nach allen notwendigen Genehmigungen ersparen und sowohl auf Seiten der UnternehmerInnen als auch bei den betroffenen Parteien (z.B. AnwohnerInnen) für Zufriedenheit sorgen. Eine ähnliche Erkenntnis hält im Sommer 2016 auch im BMWFW Einzug, so kommunizierte Minister Mitterlehner am 5. Juli 2016 per OTS: „Bezirkshauptmannschaften sollen demnach Betriebsanlagen mit geringem Gefährdungspotential schneller und einfacher genehmigen dürfen. Das betrifft etwa Kaffee- und Gasthäuser, Konditoreien, Eissalons, Imbissstuben oder kleine Hotelbetriebe. Ebenfalls vereinbart ist, dass die Bau-, Naturschutz-, Wasser- und gewerberechtliche Genehmigung künftig aus einer Hand mit einem einzigen Bescheid erfolgen soll. Diese Verfahrenskonzentration vermeidet widersprüchliche Auflagen der Behörden und reduziert die Verfahrensdauer.[1]

Allerdings darf das Ziel der Betriebsanlagengenehmigung nicht aus den Augen verloren werden: Sie stellt einen Interessensausgleich zwischen den wirtschaftlichen Interessen von UnternehmerInnen, regional betroffenen BürgerInnen (z.B. durch Emissionen) und gewichtigen öffentlichen Interessen (wie z.B. Umweltschutz) dar. Umso erstaunlicher ist die Tatsache, dass zwar jede neue Restaurant-Belüftung eine neue Betriebsanlagengenehmigung nach sich zieht, aber landwirtschaftliche Projekte hiervon nicht betroffen sind. Der Grund hierfür: Das Betriebsanlagenrecht ist in der chronisch unübersichtlichen und veralteten Gewerbeordnung geregelt, welche für die meisten landwirtschaftlichen Anlagen nicht anwendbar ist[2]. Dass das aktuelle Regelwerk hier am Ziel vorbeigeht, zeigt sich an zahlreichen Fällen. Für eine neue Belüftung im Kaffeehaus ist eine komplizierte Betriebsanlagengenehmigung notwendig, große Landwirtschaftsbetriebe hingegen können nach Betriebsanlagenrecht genehmigungsfrei sein[3] [4]. Um einen Mehrwert für UnternehmerInnen als auch MitbürgerInnen und die Umwelt zu schaffen, hat eine Entscheidungskonzentration mit einer Wahrung  und Ausbau von gleichwertigen Partizipationsstandards einherzugehen.

Eine Konzentration aller Verfahren bei einem Ansprechpartner greift in Länderkompetenzen (z.B. Baurecht) ein und würde eine Verfassungsbestimmung erfordern. Aufgrund der zahlreichen Interessen, die ein Betriebsanlagenrecht naturgemäß zu berücksichtigen hat (geht es doch im Wesentlichen um einen Interessensausgleich zwischen UnternehmerInnen, AnwohnerInnen und der Umwelt), ist hier ein Aushandlungsprozess unter Beteiligung aller Stakeholder notwendig. Bis es soweit ist, könnten jedoch einige Erleichterungen für UnternehmerInnen auch kurzfristig vorgenommen werden.

Die unterfertigenden Abgeordneten stellen daher folgende


ANFRAGE

 

1)    Welche Maßnahmen zur „Verbesserung des One-Stop-Shop-Prinzips für Betriebsanlagen“ – wie im Regierungsprogramm angekündigt – wurden von August 2015 bis Juli 2016 umgesetzt?

2)    Wie hoch ist die Kostenentlastung der Unternehmen durch die „Maßnahmen zur Verbesserung des One-Stop-Shop-Prinzips für Betriebsanlagen“ die seit Juli 2015 umgesetzt wurden?

3)    Wie hoch ist die Kostenentlastung in der Verwaltung durch die „Maßnahmen zur Verbesserung des One-Stop-Shop-Prinzips für Betriebsanlagen“ die seit Juli 2015 umgesetzt wurden?

4)    Welche Maßnahmen zur „Verbesserung des One-Stop-Shop-Prinzips für Betriebsanlagen“ – wie im Regierungsprogramm angekündigt – werden bis Juli 2017 umgesetzt?

5)    Welche konkreten Maßnahmen zur „Verbesserung des One-Stop-Shop-Prinzips für Betriebsanlagen“ – wie im Regierungsprogramm angekündigt  – werden bis 2018 umgesetzt?

6)    Wie hoch ist die Kostenentlastung der Unternehmen, die durch die Umsetzung der  „Maßnahmen zur Verbesserung des One-Stop-Shop-Prinzips für Betriebsanlagen“ bis 2018, erreicht werden soll?

7)    Wie hoch ist die Kostenentlastung der Verwaltung, die durch die Umsetzung der  „Maßnahmen zur Verbesserung des One-Stop-Shop-Prinzips für Betriebsanlagen“ bis 2018, erreicht werden soll?

8)    Welche konkreten Wirkungseffekte werden durch die Realisierung der geplanten Maßnahmen zur „Verbesserung des One-Stop-Shop-Prinzips für Betriebsanlagen“ erwartet?

9)    Bis wann ist eine komplette Neufassung des Betriebsanlagenrechts unter Einbezug heute nicht berücksichtigter Anlagen (z.B. landwirtschaftliche Anlagen) geplant?

10) In welcher Form ist der Einbezug von Stakeholdern des Betriebsanlagenrechts (UnternehmerInnen, AnwohnerInnen, UmweltschutzvertreterInnen, etc.) bei einer Überarbeitung des Betriebsanlagenrechts (wie am 5. Juli 2016 von Ihnen per OTS kommuniziert) angedacht?[5]

11) Welche Regelungen zum Interessensausgleich zwischen AnwohnerInnen und Wirten sind zukünftig in Bezug auf den Themenkomplex „Lärm vor der Betriebsanlage“  (in jüngerer Vergangenheit v.a. ein nächtlicher Streitfall bei Clubs, Diskotheken, etc.) geplant?



[1] http://www.ots.at/presseaussendung/OTS_20160705_OTS0094/mitterlehner-modernisierung-der-gewerbeordnung-soll-zugang-zum-unternehmertum-erleichtern-und-buerokratie-abbauen

[2] https://www.wko.at/Content.Node/Service/Wirtschaftsrecht-und-Gewerberecht/Gewerberecht/Gewerberecht-allgemein/Land_und_Forstwirtschaft_Ausnahmen_von_der_Gewerbeordnu.html#14

[3] siehe bspw.: http://noe.orf.at/news/stories/2705908/ ,http://steiermark.orf.at/news/stories/2699544/

[4] https://www.wko.at/Content.Node/Service/Wirtschaftsrecht-und-Gewerberecht/Gewerberecht/Gewerberecht-allgemein/Land_und_Forstwirtschaft_Ausnahmen_von_der_Gewerbeordnu.html#14 

[5] http://www.ots.at/presseaussendung/OTS_20160705_OTS0094/mitterlehner-modernisierung-der-gewerbeordnung-soll-zugang-zum-unternehmertum-erleichtern-und-buerokratie-abbauen