136 der Beilagen zu den Stenographischen Protokollen des Nationalrates XXVI. GP

 

Bericht

des Finanzausschusses

über die Regierungsvorlage (106 und Zu 106 der Beilagen): Bundesgesetz, mit dem das Bankwesengesetz und das Investmentfondsgesetz 2011 geändert werden

Zweck des vorliegenden Beschlusses ist es, den Umfang der künftig in Österreich anzuwendenden Vorgaben der oben angeführten Leitlinien zu konkretisieren, um die notwendige Rechtssicherheit für die Aufsichtsbehörden und die betroffenen Kreditinstitute zu gewährleisten.

In diesem Zusammenhang werden die folgenden neuen organisatorischen Anforderungen für Kreditinstitute festgelegt:

Die Definition der „formalen Unabhängigkeit“ für Aufsichtsratsmitglieder aus den Leitlinien EBA/GL/2017/12/ESMA71-99-598 wird in das BWG übernommen.

Im Hinblick auf die Zusammensetzung des Aufsichtsrates von Kreditinstituten wird, abhängig von der Größe des Kreditinstituts, eine bestimmte Mindestanzahl an formal unabhängigen Mitgliedern des Aufsichtsrates festgelegt.

Im Zusammenhang mit der Zusammensetzung des Prüfungsausschusses von Kreditinstituten wird legistisch verdeutlicht, dass die bereits bisher bestehenden Vorgaben betreffend die Unabhängigkeit der Ausschussmitglieder auch in Zukunft zur Bewertung der Unabhängigkeit herangezogen werden sollen.

Betreffend die Zusammensetzung des Risikoausschusses bei systemrelevanten Kreditinstituten wird die Vorgabe eingeführt, dass die Mehrheit der Mitglieder sowie der Vorsitzende dieses Ausschusses formal unabhängig sein sollen.

Ebenso neu ist die ausdrückliche Verpflichtung zur Einführung von Compliance-Prozessen in Kreditinstituten sowie, jedoch nur bei Kreditinstituten „von erheblicher Bedeutung“, die verpflichtende Einrichtung einer „Compliance-Funktion“ mitsamt einem dafür geeigneten Leiter.

Schließlich soll es bei Kreditinstituten „von erheblicher Bedeutung“ künftig für die Leiter der Compliance-Funktionen, der Internen Revision, des Risikomanagements sowie für den Geldwäsche-Beauftragten ausdrückliche Vorgaben betreffend die fachliche Eignung beziehungsweise persönliche Qualifikation sowie in diesem Zusammenhang aufsichtsbehördliche Überprüfungen des Vorliegens dieser Vorgaben geben.

Demgegenüber sollen Vorgaben betreffend die Unabhängigkeit des Vorsitzenden und der Mehrheit der Mitglieder des Nominierungsausschusses, die sich ebenfalls in den oben genannten Leitlinien befinden, ausdrücklich nicht in den österreichischen Rechtsbestand übernommen werden und somit unanwendbar bleiben, da es dadurch zu – zumindest potenziellen – Konflikten mit dem österreichischen Gesellschaftsrecht, insbesondere betreffend die Mitwirkungsrechte der Eigentümer, kommen würde.

Der Finanzausschuss hat die gegenständliche Regierungsvorlage in seiner Sitzung am 8. Mai 2018 in Verhandlung genommen. An der Debatte beteiligten sich außer dem Berichterstatter Abgeordneten Hermann Brückl die Abgeordneten Mag. Selma Yildirim und Mag. Bruno Rossmann sowie der Bundesminister für Finanzen Hartwig Löger und der Ausschussobmann Abgeordneter Karlheinz Kopf.

Im Zuge der Debatte haben die Abgeordneten Karlheinz Kopf und Hermann Brückl einen Abänderungsantrag eingebracht, der wie folgt begründet war:

„ Zu Z 1:

Behebung eines Fehlverweises.

Zu Z 2:

Die in § 28a Abs. 5c dargelegte Möglichkeit zur individuellen Befreiung vom formellen Unabhängigkeitserfordernis basiert auf der in RZ 92 der Leitlinien EBA/GL/2017/12/ESMA71-99-598 angeführten Ausnahme von der Anforderung der Unabhängigkeit und soll ermöglichen, dass gerechtfertigte und begründete Ausnahmen bei Bewertung der Unabhängigkeit von Mitglieder des Aufsichtsorgans zugelassen werden. Durch die Einschränkung, dass zumindest ein Mitglied des Aufsichtsrates alle Kriterien erfüllen muss, wird einer möglichen überbordenden Anwendung des Freibeweises jedenfalls Einhalt geboten.

Zu Z 3:

Durch die Umformulierung dieser Bestimmung erfolgt eine sprachliche Nachschärfung, um klarzustellen, dass Risiken von Gesetzesverstößen durch die Festlegung institutsinterner Grundsätze und Verfahren naturgemäß nie gänzlich vermieden werden können, es aber das Ziel dieser Bestimmung sein soll, dass von Kreditinstituten Grundätze und Verfahren festgelegt werden, um diese Risiken auf ein (unvermeidbares) Mindestmaß zu beschränken.

Zu Z 4:

Der Entfall des hier ursprünglich vorgesehenen Bewilligungserfordernisses soll die Institute und die FMA von zusätzlichem Verwaltungsaufwand entlasten.

Zu Z 5:

Aufgrund des für die Kreditinstitute zu erwartenden Konzeptionierungs- und Implementierungsaufwandes für die Errichtung einer Compliance-Funktion sollen die relevanten Bestimmungen (§ 39 Abs. 6 Z 2 und 3) nicht wie ursprünglich vorgesehen bereits am 1. September 2018, sondern erst am 1. Jänner 2019 in Kraft treten, um eine entsprechende Vorbereitungsphase einzuräumen.“

 

Bei der Abstimmung wurde der in der Regierungsvorlage enthaltene Gesetzentwurf unter Berücksichtigung des oben erwähnten Abänderungsantrages der Abgeordneten Karlheinz Kopf und Hermann Brückl in getrennter Abstimmung mit wechselnden Mehrheiten (dafür: V, F, N, dagegen: S, P bzw. dafür: V, S, F, N, dagegen: P) beschlossen.

 

Ferner beschloss der Finanzausschuss mit Stimmenmehrheit (dafür: V, F, N, dagegen: S, P) folgende Feststellungen:

Zu § 28a Abs. 5b und § 39d Abs. 5 BWG:

Zur Unabhängigkeit von Arbeitnehmervertretern hält der Finanzausschuss fest, dass auf Mitglieder des Aufsichtsrates, die gemäß § 110 des Arbeitsverfassungsgesetzes (ArbVG), BGBl. Nr. 22/1974, in den Aufsichtsrat entsandt werden, § 28a Abs. 5b Z 3 keine Anwendung findet. Vielmehr ist deren Unabhängigkeit gemäß § 28a Abs. 5b Z 5 zu beurteilen (lex specialis). Dies gilt in gleicher Weise für die Beurteilung von Arbeitnehmervertretern als Mitglieder des Risikoausschusses gemäß § 39d Abs. 5 und als Mitglieder des Vergütungsausschusses gemäß § 39c Abs. 3. In diesem Zusammenhang ist jedoch ebenfalls zu betonen, dass für die Erreichung der Anforderungen an den Gesamtaufsichtsrat (§ 28a Abs. 5a) eine Berücksichtigung von Mitgliedern des Aufsichtsrates, die gemäß § 110 ArbVG in den Aufsichtsrat entsandt werden, nicht vorgesehen ist.

Als Ergebnis seiner Beratungen stellt der Finanzausschuss somit den Antrag, der Nationalrat wolle dem angeschlossenen Gesetzentwurf die verfassungsmäßige Zustimmung erteilen.

Wien, 2018 05 08

                                Hermann Brückl                                                                 Karlheinz Kopf

                                   Berichterstatter                                                                           Obmann