178 der Beilagen zu den Stenographischen Protokollen des Nationalrates XXVI. GP

 

Bericht

des Ausschusses für Wirtschaft, Industrie und Energie

über die Regierungsvorlage (152 der Beilagen): Umfassendes Wirtschafts- und Handelsabkommen (CETA) zwischen der Europäischen Union und ihren Mitgliedstaaten einerseits und Kanada andererseits samt Gemeinsamer Auslegungserklärung

Das Umfassende Wirtschafts- und Handelsabkommen (CETA) zwischen der Europäischen Union und ihren Mitgliedstaaten einerseits und Kanada andererseits hat gesetzändernden bzw. gesetzesergänzenden Inhalt und bedarf daher der Genehmigung des Nationalrates gemäß Art. 50 Abs. 1 Z 1 B-VG. Es hat nicht politischen Charakter. Es ist nicht erforderlich, eine allfällige unmittelbare Anwendung im innerstaatlichen Rechtsbereich durch einen Beschluss gemäß Art. 50 Abs. 2 Z 4 B-VG, dass dieser Staatsvertrag durch Erlassung von Gesetzen zu erfüllen ist, auszuschließen. Da durch das Übereinkommen Angelegenheiten des selbständigen Wirkungsbereiches der Länder geregelt werden, bedarf es der Zustimmung des Bundesrates gemäß Art. 50 Abs. 2 Z 2 B-VG.

Am 27. April 2009 hat der Rat der Europäischen Union die Europäische Kommission (EK) ermächtigt, CETA zu verhandeln. Am 17. September 2011 wurde diese Ermächtigung vom Rat und von den im Rat vereinigten Vertretern der Mitgliedstaaten um ein Kapitel zum Investitionsschutz (einschließlich Investor-Staat Streitbeilegung (ISDS)) erweitert. Am 1. August 2014 wurden die Verhandlungen auf der Ebene der Chefunterhändler abgeschlossen. Am 26. September 2014 verkündeten der damalige Präsident der Europäischen Kommission José Manuel Barroso, der damalige Präsident des Europäischen Rates Herman Van Rompuy und der damalige kanadische Premierminister Stephen Harper auf dem EU-Kanada-Gipfel den Abschluss der Verhandlungen. Das Abkommen wurde am 30. Oktober 2016 beim EU-Kanada-Gipfel            vom kanadischen Premierminister Justin Trudeau einerseits und vom Präsidenten der Europäischen Kommission Jean-Claude Juncker, vom Präsidenten des Europäischen Rates Donald Tusk und von allen EU-Mitgliedstaaten unterzeichnet. Das Europäische Parlament stimmte CETA am 15. Februar 2017 zu. Gemäß seinem Art. 30.7 Absatz 3 wird das Abkommen seit 21. September 2017 vorläufig angewandt.

CETA ist das erste umfassende Freihandelsabkommen der EU mit einem Industriestaat. Es soll die wirtschaftlichen Beziehungen zwischen der Europäischen Union und Kanada auf eine neue vertragliche Grundlage stellen bzw. diesbezüglich einen umfassenden neuen Rahmen bilden.

CETA enthält Bestimmungen in den Bereichen Inländerbehandlung und Marktzugang für Waren, handelspolitische Schutzmaßnahmen, technische Handelshemmnisse, gesundheitspolizeiliche und pflanzenschutzrechtliche Maßnahmen, Zoll und Handelserleichterungen, Subventionen, Investitionen, grenzüberschreitender Dienstleistungshandel, vorübergehende Einreise und vorübergehender Aufenthalt von Geschäftszwecke verfolgenden natürlichen Personen, gegenseitige Anerkennung von Berufsqualifikationen, interne Regulierung, Finanzdienstleistungen, Dienstleistungen im internationalen Seeverkehr, Telekommunikation, elektronischer Geschäftsverkehr, Wettbewerbspolitik, Staatsunternehmen, Monopolinhaber und Unternehmen mit besonderen Rechten oder Vorrechten, öffentliche Beschaffungen, geistiges Eigentum, Regulierungs-zusammenarbeit, Handel und nachhaltige Entwicklung, Handel und Arbeit, Handel und Umwelt, Bilateraler Dialog und Zusammenarbeit, Verwaltungs- und institutionelle Bestimmungen, Transparenz und Streitbeilegung.

Durch die vorläufige Anwendung des Abkommens erfolgte ab 21. September 2017 die Beseitigung bzw. die Reduktion von Zöllen. Seit diesem Zeitpunkt sind die Abgaben für 98% aller Zolltariflinien abgeschafft. Insgesamt werden beide Seiten nach vollständiger Implementierung die Zölle für mehr als 99% aller Zolltarifpositionen beseitigen (100% bei Industriewaren, 95% bei den Agrarwaren). Bei sensiblen Agrarprodukten wurden Marktzugangsquoten für Kanada vereinbart.

Da das vorliegende Übereinkommen Bestimmungen enthält, die in die Kompetenz sowohl der Europäischen Union als auch der Mitgliedstaaten fallen, handelt es sich um ein gemischtes Abkommen und bedarf auf EU-Seite auch der Genehmigung durch alle Mitgliedstaaten. Das Übereinkommen ist in 23 Amtssprachen der Europäischen Union authentisch. Dem Nationalrat werden gemäß Art. 50 Abs. 2 Z 3 B-VG die authentische deutsche, englische und französische Sprachfassung zur Genehmigung vorgelegt.

Nach Art. 30.9 wird dieses Übereinkommen auf unbegrenzte Zeit geschlossen, kann aber durch eine schriftliche Aufkündigungsmitteilung aufgekündigt werden. Diese Kündigung entfaltet ihre Rechtskraft nach einer Frist von 180 Tagen ab Übermittlung der schriftlichen Aufkündigungserklärung.

 

Der Ausschuss für Wirtschaft, Industrie und Energie hat den gegenständlichen Staatsvertrag in seiner Sitzung am 5. Juni 2018 in Verhandlung genommen. Vor Beginn der Verhandlungen wurde einstimmig die Durchführung eines öffentlichen Hearings gemäß § 37a Abs. 1 Z 3 GOG-NR beschlossen, dem nach § 40 Abs. 1 GOG-NR einstimmig folgende Expertin und Experten beigezogen wurden:

-       Mag. Alexander Egit

-       Prof. Dr. Martin Kocher

-       MMMag. Thomas Obersteiner, LL.M.

-       Univ. Prof. MMag. Dr. August Reinisch

-       Mag. Alexandra Strickner

Im Anschluss an die Ausführungen der Berichterstatterin Abgeordneten Dr. Angelika Winzig gaben die Expertin und Experten ihre Einleitungsstatements ab. Weiters gab die Bundesministerin für Digitalisierung und Wirtschaftsstandort Dr. Margarete Schramböck ein Statement ab. Daran anschließend meldeten sich die Abgeordneten Dr. Angelika Winzig, Dr. Maria Theresia Niss, MBA, Mag. Jörg Leichtfried, Ing. Wolfgang Klinger, Josef Schellhorn, Mag. Bruno Rossmann, Cornelia Ecker, Kai Jan Krainer, Doris Margreiter, Mag. (FH) Maximilian Unterrainer und MMMag. Dr. Axel Kassegger sowie die Bundesministerin für Digitalisierung und Wirtschaftsstandort Dr. Margarete Schramböck und der Ausschussobmann Abgeordneter Peter Haubner zu Wort. Die aufgeworfenen Fragen wurden von der Expertin und den Experten beantwortet.

Im Zuge der Debatte wurde ein Antrag auf Vertagung der Verhandlungen eingebracht, welcher keine Mehrheit (dafür: S, N, P, dagegen: V, F) fand.

Bei der Abstimmung wurde mit Stimmenmehrheit (dafür: V, F, N, dagegen: S, P) beschlossen, dem Nationalrat die Genehmigung des Abschlusses dieses Staatsvertrages zu empfehlen.

Der Antrag der Abgeordneten Mag. Jörg Leichtfried, Kolleginnen und Kollegen, der Nationalrat wolle sich die Genehmigung von Änderungen dieses Staatsvertrages im Sinne des Art. 50 Abs. 2 Z 1 B-VG vorbehalten, fand keine Mehrheit (dafür: S, P, dagegen: V, F, N).

Darüber hinaus fand ein im Zuge der Debatte von den Abgeordneten Mag. Jörg Leichtfried, Kolleginnen und Kollegen eingebrachter Zusatzantrag auf Erklärung eines völkerrechtlichen Vorbehaltes keine Mehrheit (dafür: S, P, dagegen: V, F, N).

Der Ausschuss für Wirtschaft, Industrie und Energie vertritt mit Stimmenmehrheit (dafür: V, F, dagegen: S, N, P) die Auffassung, dass die Bestimmungen des Staatsvertrages zur unmittelbaren Anwendung im innerstaatlichen Bereich ausreichend determiniert sind, sodass sich eine Beschlussfassung des Nationalrates gemäß Art. 50 Abs. 2 Z 4 B-VG zur Erfüllung des Staatsvertrages erübrigt.

Ein im Zuge der Debatte von den Abgeordneten Mag. Jörg Leichtfried, Kolleginnen und Kollegen eingebrachter Antrag betreffend Durchführung einer Volksabstimmung gemäß § 27 Abs. 3 GOG-NR fand keine Mehrheit. Hinsichtlich dieses Antrages wurde ein ausreichend unterstütztes Verlangen gemäß § 41 Abs. 11 GOG-NR auf namentliche Abstimmung gestellt.

Folgende Abgeordnete stimmten für den Antrag: Cornelia Ecker, Mag. Dr. Sonja Hammerschmid,
Kai Jan Krainer, Mag. Jörg Leichtfried, Doris Margreiter, Mag. Bruno Rossmann und Mag. (FH) Maximilian Unterrainer.

Folgende Abgeordnete stimmten gegen den Antrag: Erwin Angerer, Hermann Brückl, Peter Haubner, Ing. Christian Höbart, MMMag. Dr. Axel Kassegger, Ing. Wolfgang Klinger, Andreas Kühberger, Mag. Josef Lettenbichler, Ing. Robert Lugar, Dr. Maria Theresia Niss, MBA, Gabriel Obernosterer, Josef Schellhorn, Christoph Stark und Dr. Angelika Winzig.

Als Ergebnis seiner Beratungen stellt der Ausschuss für Wirtschaft, Industrie und Energie somit den Antrag, der Nationalrat wolle beschließen:

Der Abschluss des Staatsvertrages: Umfassendes Wirtschafts- und Handelsabkommen (CETA) zwischen der Europäischen Union und ihren Mitgliedstaaten einerseits und Kanada andererseits samt Gemeinsamer Auslegungserklärung (152 der Beilagen) wird gemäß Art. 50 Abs. 1 Z 1 B-VG genehmigt.

Wien, 2018 06 05

                            Dr. Angelika Winzig                                                              Peter Haubner

                                 Berichterstatterin                                                                          Obmann