1281/J XXVI. GP

Eingelangt am 05.07.2018
Dieser Text ist elektronisch textinterpretiert. Abweichungen vom Original sind möglich.

Anfrage

der Abgeordneten Kai Jan Krainer, Genossinnen und Genossen
an den Bundesminister für Finanzen
betreffend
ISDS-Verfahren gegen Österreich

Julius Meinl hat über ein ihm zurechenbares Unternehmen vor einem Konzerngericht gegen
Österreich geklagt (ICSID-Nummer ARB/15/32 B.V. Belegging-Maatschappij "Far East" gegen
Österreich). Grundlage für diese Klage war ein bilaterales Abkommen mit Malta. Das Verfahren
wurde schlussendlich eingestellt, nähere Details, insbesondere zu den Verfahrenskosten sind jedoch nicht bekannt. Eine frühere Anfrage zu dieser Causa wurde unter Hinweis auf das noch laufende Verfahren unzureichend beantwortet. Da der Gegenstand des Schiedsverfahrens, die laufenden Verfahren vor österreichischen Gerichten und Verwaltungsbehörden einschließlich staatsanwaltschaftliche Ermittlungsverfahren sowie das ICSID-Schiedsverfahren selbst rechtskräftig abgeschlossen sind, stellen sich nunmehr aber endgültig grundsätzliche Fragen zur Aufarbeitung des ersten ISDS-Verfahrens auf Grundlage eines bilateralen Investitionsabkommens, in dem sich
Österreich hat verteidigen müssen.

Die unterfertigten Abgeordneten stellen daher folgende

Anfrage

1.       Wo und wie können Abgeordnete zum Nationalrat und einfache Bürgerinnen Einsicht in die Verfahrensdokumente nehmen?

2.       Wie viele Verhandlungen haben stattgefunden, wo haben diese Verhandlungen stattgefunden?

3.       Wie viele Schriftsätze wurden im Verfahren von der Gegenseite und der rechtsfreundlichen Vertreter der Republik Österreich verfasst? Welchen Umfang haben diese Schriftsätze?

4.       Wie viele VertreterInnen waren von Seiten Österreich (BeamtInnen, Rechtsanwälte, ExpertInnen) an den einzelnen Verhandlungen beteiligt; wie viele und wer (in welcher Rolle) waren unmittelbar bei den Verhandlungen vor Ort?

5.       War die Strategie der Republik Österreich, vorrangig eine abgesonderte Behandlung der Fragen betreffend die Zuständigkeit des Investitionsschiedsgerichtes und Anwendbarkeit des BIT Österreich/Malta „Bifurkation") zu stellen, erfolgreich?

6.       Aus welchen Gründen wurde die Klage schlussendlich ab- bzw. zurückgewiesen?

7.       Wie hoch sind die Kosten, die die Republik Österreich für das ICSID-Schiedsverfahren zu tragen hat? Wie viele Tagsätze sind angefallen?

8.       Wie viele verrechenbare Anwaltsstunden sind zu welchem Honorarsatz in der Finanzprokuratur angefallen?

9.       Welche Kosten hat die Republik Österreich für die von ihr ernannten Schiedsrichterin Brigitte Stern (Frankreich) aufgebracht?

10.    Welche Kosten hat der von Österreich zusätzlich zur Finanzprokuratur beauftragte Rechtsanwalt und Gutachter Cleary Gottlieb Steen & Hamilton verursacht?

11.   Welche finanziellen Rückstellungen hat die Finanzprokuratur im Fall ARB/15/32 gebildet?

12.   Welcher Aufwand ist der Finanzprokuratur durch das ICSID-Schiedsgerichtsverfahren entstanden: Reisekosten, Kosten für externe Gutachter, Arbeitsaufwand der Beamten?

13.    Was hat die Republik Österreich unternommen, dass die unterlegene Partei die Kosten der Verteidigung übernimmt?

14.    Hat die Finanzprokuratur Maßnahmen gesetzt und wenn welche, um den finanziellen Schaden für die Republik zu minimieren?

15.    Haben schlussendlich die Steuerzahlerlnnen die Kosten, die durch die Verteidigung der frivolen Klage der Meinl Bank der Republik entstanden sind, zu tragen und wenn ja, in welchem Ausmaß?

16.    Welche Konsequenzen ziehen Sie aus dem abgeschlossenen Verfahren?

17.    Werden die Erfahrungen in die inhaltliche Positionierung zur österreichischen sowie europäischen Investitionsschutzpolitik eingehen?

18.    Grundlage der ersten ISDS-Klage gegen Österreich ist ein Intra-EU-BIT, das entsprechend dem EuGH-Urteils in der Rechtssache Achmea (C 284/16) EU-rechtswidrig ist. Welche ersten Schritte wurden vorgenommen, Rechtskonformität herzustellen?

19.    Haben Sie nach Rücksprache mit dem BMDW die Absicht, eine Erklärung zur Kündigung der 12 bestehenden Intra-EU-BITs zu geben?

20.    Gibt es weitere ISDS-Verfahren gegen Österreich oder wurden solche angedroht/notifziert?