1575/J XXVI. GP

Eingelangt am 31.08.2018
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Anfrage

des Abgeordneten Dr. Hannes Jarolim, Genossinnen und Genossen
an den Herrn Bundeskanzler

betreffend Verantwortliche Ausübung des Regierungsamtes im Zuge der europäischen Präsidentschaft statt der Republik schadender Quadrille-Politk

Nahezu täglich ereignen sich neue Eskalationsschritte in der die Republik belastenden BVT- Affäre. Hand in Hand steigen damit auch die im Ausland empfundenen Befürchtungen einer Unverlässlichkeit österreichischer Behörden im Bereich der Sicherheit als Partner für internationale Zusammenarbeit.

Diese Entwicklung hat bereits jetzt fatale nicht absehbare Auswirkungen für Österreich. Gerade im Zuge der Europäischen Präsidentschaft ist es aber eine wesentliche Aufgabe eines Regierungschefs, Sorge dafür zu tragen, dass das Gastland in würdiger und kompetenter Form zur Entwicklungen Europas beiträgt und trotzdem die inneren Problemlagen in einsichtiger Weise erkennt und zu deren Lösung beiträgt.

Beide Aspekte scheinen im Rahmen der Präsidentschaft aber völlig zu kurz zu kommen. So hat etwa jüngst der unter anderem auch für Justiz zuständige Minister Dr. Moser wichtige und von der Fachwelt seit längerem geforderte Vorhaben zur Umsetzung angekündigt, für welche aber bekanntermaßen jede Form der Finanzierung fehlt. Es sei Bundesminister Moser zugestanden, schon den Anschein vor der Fachwelt wegen dringende Projekte wie etwa die Reform des Straf- und Maßnahmenvollzuges anzukündigen, allein die bekannte „Austrocknung“ des Justizbudgets mit ihren katastrophalen Auswirkungen lässt diese Ankündigung als schlicht unvollziehbar erkennen. Solche Projekte existieren daher im Inland vor allem im virtuellen Bereich, der zudem durch die dem Bundeskanzler zugeschrieben Maßnahmen der „message control“ ihre Grenzen finden.

Die Tatsache, dass während der Bundeskanzler im weit entfernten Singapur Schulen und Gärten besucht sowie voller Freude Flugsimulationen mitmacht, während in Österreich Menschen mit Behinderung ohne Vorwarnung die erhöhte Familienbeihilfe gestrichen wurde, ist nur ein weiteres Zeichen dafür, dass dem Bundeskanzler an der unter ihm bröckelnden Innenpolitik seines eigenen Landes und an seinen Landsleuten herzlich wenig gelegen ist und immer nachhaltiger der Eindruck entsteht, er versuche sich vor den wahren Problemen und Diskussionen darüber zu verstecken.

Dazu kommen aber auch eine Reihe, den außenpolitischen Bereich betreffende seltsame Verhaltensweisen, welche den hervorragenden Ruf Österreichs als internationalen Partner, insbesondere bei der Vermittlung und Schlichtung von Konflikten, zu gefährden drohen. Österreich hätte schon als einziger UNO-Standort in Europa eine diesbezügliche Qualifikation. Personen wie Bruno Kreisky und Franz Vranitzky haben auch aufgezeigt, wie sehr es einem kleinen Land möglich sein kann, in hervorragender Weise für die internationale Gemeinschaft tätig zu werden.

Die österreichische Bundesregierung ist in diesem Zusammenhang gerade in der letzten Zeit aber eher in merkwürdiger Weise aufgefallen. Dass der russische Präsident zu einem Privatanlass, nämlich der Hochzeit der Außenministerin, eingeladen wurde und als Staatsgast mit entsprechendem Aufwand empfangen wurde hätte so etwa nicht automatisch bedingt, dass die Außenministerin mit einer sowohl im nationalen als auch internationalen Kontext vielbeachteten aber unverständlichen Dankesgeste, nämlich einer bodenberührenden Verneigung - im Kindermund auch tiefster Knicks genannt - reagieren musste.

Fairerweise muss hier aber festgehalten werden, dass auch ihr Chef der Regierung - Herr Bundeskanzler Kurz - immer wieder, vor allem im Ausland mit Erheiterung bemerkt, durch Abgabe sogenannter "Diener" die Aufmerksamkeit auf sich zu ziehen versteht.

Zwischenzeitig haben renommierte Tanzlehrer darüber informiert, dass die beiden genannten Verhaltensweisen ihren Ursprung in „Quadrille-Tänzen“ haben, die in Österreich vor allem zu Zeiten des Wiener Kongresses das Herz des damals regierenden Staatskanzlers Clemens Wenzel Lothar Metternich zu erfreuen vermochten.

Zweifelsohne kann die Ausübung von Verantwortung in wesentlichen Zeiten des Landes, wie der Europäischen Präsidentschaft, aber wohl nicht auf die Abgabe derartiger Gesten, also eine Art "Quadrille-Politik" beschränkt werden. Es besteht so die Gefahr, dass anstelle des Ausbaus des internationalen Renommees nach außen und der Bewältigung der internen Bedürfnisse durch schmerzvolle Maßnahmen nach innen und die Vermittlung seltsamer Verhaltensweisen nach außen die Reputation der Republik erheblich gefährdet wird.

Die zeichnenden Abgeordneten stellen daher in Unterstützung einer Korrektur der aufgezeigten Umstände nachstehende

Anfrage

1)     Die Reputation des BVT ist ruiniert. Die europäischen Geheimdienste haben mehrfach angekündigt mit Österreich nicht mehr zusammen arbeiten zu wollen. Was wird von Ihrer Seite getan, um dieser Negativbehaftung des BVT entgegenzuwirken?

2)     Welche Maßnahmen sind geplant um Österreich, gerade in Zeiten der Ratspräsidentschaft, als starken Vermittler zu präsentieren?

3)     Die Justiz ist von Einsparungen stark betroffen. Gerade im Straf- und Maßnahmenvollzug gibt es keine konkreten Pläne zur Verbesserung der Situation. Auch ist in den Budgetplänen der Bundesregierung nicht genau angeführt ob Finanzierungen vorgesehen sind. Beide Bereiche sind für einen funktionierende Rechtsstaat unerlässlich. Was werden Sie, als Bundeskanzler Notwendiges unternehmen, um die dringend notwendige Verbesserung des Straf- und Maßnahmenvollzug zu ermöglichen bzw. zu gewährleisten? Woher sollen die finanziellen Mittel dafür genommen werden?