536/J XXVI. GP

Eingelangt am 22.03.2018
Dieser Text ist elektronisch textinterpretiert. Abweichungen vom Original sind möglich.

Anfrage

der Abgeordneten Mag. Gerald Loacker, Kolleginnen und Kollegen an den Bundesminister für Finanzen

betreffend steuerlich absetzbare Homöopathie

Die Lohnsteuerrichtlinien, bzw. der Wartungserlass dieser, stellen einen Ausle­gungsbehelf zum Einkommensteuergesetz 1988 dar, der im Interesse einer einheitli­chen Vorgangsweise mitgeteilt wird. Die Lohnsteuerrichtlinien sind als Zusammen­fassung des geltenden Lohnsteuerrechts und somit als Nachschlagewerk für die Verwaltungspraxis und die betriebliche Praxis anzusehen. Es handelt sich also nicht um eine Verordnung sondern um einen Erlass. Der Unterschied ist im wesentlichen jener, dass der Erlass lediglich als interne (in dem Fall an Steuer- und Zollkoordinati­on; Finanzämter Finanzamt für Gebühren, Verkehrsteuern und Glücksspiel; Zolläm­ter; Großbetriebsprüfung; Finanzprokuratur; Steuerfahndung; unabhängigen Finanz­senat) Weisung verstanden werden soll.

In den aktuellen gültigen Richtlinien, genauer unter Rz 907, liest man: „Für die Aner­kennung von Krankheitskosten als außergewöhnliche Belastung ist erforderlich, dass nachweislich eine Krankheit vorliegt, die Behandlung in direktem Zusammenhang mit dieser Krankheit steht und eine taugliche Maßnahme zur Linderung oder Heilung der Krankheit darstellt (vgl.Rz 871).“

Man sollte also meinen, dass nur Maßnahmen, die erwiesenermaßen zur Linderung oder Heilung der Krankheit geeignet sind, auch wirklich absetzbar sind. Das heißt, Maßnahmen, die nachweislich nicht zur Linderung oder Heilung beitragen, sollten nicht absetzbar sein. So zum Beispiel Homöopathie. Denn auch der Hauptverband der Sozialversicherungsträger (HVSVT) spricht von Mitteln "mit offensichtlich nicht ausreichendem Nachweis einer therapeutischen Wirkung wie insbesondere Homöo- pathika, (...)" und schließt deshalb homöopathische Mittel explizit von der Kosten­übernahme durch Krankenversicherungsträger aus gemäß § 8 Abs 1 RöV. Die Wir­kungslosigkeit homöopathischer Präparate über den Placebo-Effekt oder andere suggestive Effekte hinaus ist wissenschaftlich belegt. Das zeigt auch eine Studie des australischen National Health and Medical Research Council (NHMRC), in der die Ergebnisse von 57 systematischen Übersichtsarbeiten und 176 wissenschaftlichen Einzelstudien zusammengefasst werden, wonach keine über den Placeboeffekt hin­ausgehende Wirksamkeit nachweisbar ist.

 

Jedoch liest man in den LStR nur wenige Absätze nach KlarsteIlung zur Tauglichkeit der Maßnahmen folgendes: „Aufwendungen für Medikamente und Heilbehandlungen (einschließlich medizinisch verordnete homöopathische Präparate), Rezeptge­bühren, Behandlungs-, Kostenbeiträge und Selbstbehalte (einschließlich Akupunktur und Psychotherapie), soweit sie der Steuerpflichtige selbst zu tragen hat (VwGH 13.05.1975, 1532/73)“

Von Seiten der Experten wird immer wieder angeprangert, dass den Erlässen zu viel Bedeutung zukommt und dass der Gestaltungsspielraum bei Erlässen (und auch bei Verordnungen) viel zu groß ist. Auch weil Steuergesetze nicht unkomplex sind und daher der Auslegungsspielraum enorm ist. Auch die Qualität der Gesetze wird immer wieder angeprangert. In diesem Fall ist allerdings fest zu halten, dass die zwei Para­graphen des Erlasses widersprüchlich sind, da die Einnahme homöopathischer Prä­parate keine taugliche Maßnahmen zur Linderung oder Heilung einer Krankheit dar­stellt.

Daher stellt sich die Frage mit auf welchen gesetzlichen Normen diese Auslegung bzw. dieser Erlass beruht.

Die unterfertigenden Abgeordneten stellen daher folgende

Anfrage:

1.    Wie wird argumentiert, dass eine außergewöhnliche Belastung in steuerlicher Hinsicht vorliegt, wenn keine Zweckerfüllung vorliegt?

2.    Warum wird die Erkenntnis des Hauptverbandes der Sozialversicherungsträger hinsichtlich der Wirkung von homöopathischen Mitteln nicht im Erlass berücksich­tigt?

3.    Wird die Erkenntnis des Hauptverbandes der Sozialversicherungsträger hinsicht­lich der Wirkung von homöopathischen Mitteln in Zukunft im Erlass berücksichtigt werden?

4.    Auf welche Wissenschaftlichen Erkenntnisse stützt das BMF die steuerliche Be­rücksichtigung von Homöopathika auf Grund von Wirksamkeit gegen Krankhei­ten?

5.    Ist seit dem Urteil des VwGH von 13.05.1975, 1532/73 eine neue Erkenntnis ein­gelangt, die eine Evaluierung der Sinnhaftigkeit hinsichtlich der Absetzbarkeit von unwirksamen Maßnahmen nahe legt?

a.    Wenn ja, bitte um Bereitstellung derselben.

b.    Gibt es von Seiten des Ministeriums derzeit laufende dahingehende wis­senschaftliche Studien zur Evaluierung der Sinnhaftigkeit oder werden sol­che in Aussicht genommen?

6.    Gibt es Schätzungen wie hoch die jährlichen Steuereinnahmen wären, wären homöopathische Präparate nicht absetzbar?

a.    Wenn ja, wie hoch wäre der zusätzliche Steuerbetrag pro Jahr?

b.    Wenn nein, warum nicht?

c.    Wenn nein, ist eine solche Erhebung oder Schätzung geplant?