862/J XXVI. GP
Eingelangt
am 17.05.2018
Dieser Text wurde
elektronisch übermittelt. Abweichungen vom Original sind möglich.
ANFRAGE
der Abgeordneten Petra Wimmer,
Genossinnen und Genossen
an die Bundesministerin für Nachhaltigkeit und Tourismus
betreffend Smart Meter und das Opt-Out
Im Bericht der Volksanwaltschaft an den Nationalrat und an den Bundesrat 2017 zur Kontrolle der öffentlichen Verwaltung stellte die Volksanwaltschaft im Kapitel 2.9.3.1 folgendes fest:
„Im Dezember 2017 erreichten die VA innerhalb weniger Tage 134 Eingaben zum Thema Smart Meter. Sämtliche Kontaktnahmen standen in zeitlichem Zusammenhang mit dem vom (damaligen) BMWFW erstellten und zur Begutachtung versendeten Entwurf zur Änderung der Intelligenten Messgeräte-Einführungsverordnung (IME-VO).
Noch im selben Monat wurde die IME-VO Novelle 2017 mit einigen Ergänzungen gegenüber dem Entwurf kundgemacht und trat am 16. Dezember 2017 in Kraft.
Der Entwurf wurde von vielen Bürgerinnen und Bürgern bei der VA, aber auch direkt beim Fachressort heftig kritisiert. Die Vorbehalte richteten sich gegen den intelligenten Stromzähler (Smart Meter) als solchen bzw. gegen die im Verordnungsentwurf vorgesehene Regelung zum sogenannten Opt-Out, also der Möglichkeit, ein Messgerät ohne diese „intelligente“ Funktion zu erhalten. Diegeäußerten Sorgen, Ängste und Bedenken reichten von unzulässigen (Grundrechts-)Eingriffen in die Privatsphäre über Datenschutzverletzungen, Gesundheitsbeeinträchtigungen durch Elektrosmog und/oder Strahlung, Sicherheitsrisiken wegen möglicher Hackerangriffe bis zu Umweltbelastungen durch die in Zukunft notwendige (Müll-)Entsorgung der bisher gebräuchlichen Ferraris-Zähler und der Smart Meter.
Die Bürgerinnen und Bürger erwarteten sich eine klare Regelung bzw. verstanden die bestehende Regelung im § 83 Abs. 1 ElWOG dahingehend, dass ihre Opt-Out-Erklärung dem netzbetreibenden Unternehmen den Austausch eines vorhandenen, elektromechanischen Stromzählers gegen ein intelligentes Messgerät überhaupt verbiete. Die Ablehnung des Verordnungsentwurfes richtete sich daher gegen jene neue Regelung, mit der (erstmals) festgelegt wurde, dass netzbetreibende Unternehmen eine Opt-Out-Erklärung der Endverbraucherin bzw. des Endverbrauchers in Form einer Konfiguration des intelligenten Messgerätes zu berücksichtigen haben.
Vielfach bestand die Erwartung, dass die VA die unterschiedlich geäußerten Bedenken gegen Smart Meter zum Anlass für eine Unterstützung der Interessen nehme und dafür sorge, dass eine Opt-Out-Erklärung den netzbetreibenden Unternehmen den Austausch eines mechanischen Stromzählers wirksam untersagt. Diese Erwartungshaltung konnte die VA im Hinblick auf ihren klar definierten Aufgabenbereich nicht erfüllen.
Die VA befasste im Dezember 2017 von Amts wegen die damals zuständige Bundesministerin für Wissenschaft, Forschung und Wirtschaft. Infolge des Übergangs der Zuständigkeit für das Energiewesen auf das BMNT trat die VA an die ab 8. Jänner 2018 zuständige Ministerin heran.
Auszugehen war von der für die intelligenten Messgeräte und das Opt-Out bestehenden Rechtslage. Für die VA ergab sich dabei folgendes Bild:
Bei einem ´intelligenten Messgerät´ handelt es sich gemäß § 7 Abs. 1 Z 31 ElWOG 2010 um ´eine technische Einrichtung, die den tatsächlichen Energieverbrauch und Nutzungszeitraum zeitnah misst und die über eine fernauslesbare, bidirektionale Datenübertragung verfügt´.
Die gesetzliche Basis für das Opt-Out besteht seit 7. August 2013. An diesem Tag trat die neue Bestimmung des § 83 Abs. 1 ElWOG in Kraft. Der maßgebliche Satz dieser Bestimmung lautet:
´Im Rahmen der durch die Verordnung bestimmten Vorgaben für die Installation intelligenter Messgeräte hat der Netzbetreiber den Wunsch eines Endverbrauchers, kein intelligentes Messgerät zu erhalten, zu berücksichtigen.´
Nähere Regelungen, wie mit einem solchen Wunsch umzugehen ist, hat der Gesetzgeber nicht getroffen. Nach Auffassung der VA ist aus dem ElWOG nicht zwingend abzuleiten, dass ein Opt-Out-Wunsch einzig und allein zur Belassung des sogenannten Ferraris-Zählers führt.
Eine nähere Regelung zum Opt-Out ist nun in der – von vielen Bürgerinnen und Bürgern kritisierten – Novelle 2017 zur IME-VO erfolgt.
Demnach hat das netzbetreibende Unternehmen dem Opt-Out-Wunsch mit einer bestimmten – von der gesetzlichen Definition des intelligenten Messgerätes abweichenden – Konfiguration zu entsprechen, ´wobei die jeweilige Konfiguration der Funktionen für den Endverbraucher am Messgerät ersichtlich sein muss`.“
Die VA erachtete angesichts der ab Dezember 2017 bestehenden Rechtslage folgende Aspekte als klärungsbedürftig und befasste das zuständige Ressort mit Fragen, deren Antworten der VA zum Berichtszeitpunkt noch nicht vorlagen, jedoch nun auch die unterzeichneten Abgeordneten in Erfahrung bringen möchten.
Folglich richten die unterfertigten Abgeordneten an die Bundesministerin für Nachhaltigkeit und Tourismus nachstehende
Anfrage
1. Mit welchen Veranlassungen, Untersuchungen oder anderen Maßnahmen wurden die Bedenken der Bürgerinnen und Bürger gegen Smart Meter bereits vor bzw. im Zuge des Begutachtungsverfahrens einer sachlichen Abwägung unterzogen?
2. Welche Maßnahmen sind in Aussicht genommen, um den Informationsstand angesichts der von den Endverbraucherinnen und Endverbrauchern geäußerten Bedenken in sachlich-fachlicher Hinsicht zu heben?
3. Auf welche Art und Weise ist die tatsächlich vorgenommene „andere“ Konfiguration ersichtlich zu machen bzw. ist sichergestellt, dass die Endverbraucherin bzw. der Endverbraucher auf die tatsächlich vorgenommene und nicht einseitig vom netzbetreibenden Unternehmen jederzeit wieder rücknehmbare „Opt-Out-Konfiguration“ dauerhaft vertrauen kann? Kann das verbraucherseitig allenfalls selbst kontrolliert werden?
4. Kann das netzbetreibende Unternehmen angesichts der auch im Opt-Out- Konfigurationsfall vorgesehenen, verbleibenden Fernablesemöglichkeit von sich aus, d.h. aus der Ferne und ohne Wissen und/oder ohne Zustimmung der Endverbraucherin bzw. des Endverbrauchers die Funktionalitäten des „optout-konfigurierten“ Messgerätes wieder in Richtung eines intelligenten Messgerätes reaktivieren?
5. Ob und mit welchen konkreten Maßnahmen wird das verordnungskonforme Umsetzen einer Opt-Out-Erklärung durch die netzbetreibenden Unternehmen kontrolliert?
6. Eine zusätzliche Fragestellung ergab sich aus dem aus Sicht der VA widersprüchlichen Regelungszusammenhang zwischen dem Opt-Out auf der einen und dem Roll-Out auf der anderen Seite. Unter „Roll-Out“ ist die EU-rechtliche Vorgabe zu verstehen, intelligente Messgeräte schrittweise flächendeckend einzuführen. Dem Wunsch, kein intelligentes Messgerät installiert zu bekommen, ist einerseits dadurch zu entsprechen, dass dessen Funktion modifiziert wird. Dieses modifizierte und von der Endverbraucherin bzw. dem Endverbraucher als „nicht intelligent“ zu akzeptierende Messgerät ist aber andererseits sehr wohl als „intelligentes Messgerät“ für das Roll-Out zu rechnen. Wie lautet die Antwort ho. Ressorts auf diese Frage?