123/KOMM XXVI. GP

 

Kommuniqué

des Untersuchungsausschusses über die politische Einflussnahme auf das Bundesamt für Verfassungsschutz und Terrorismusbekämpfung (BVT-Untersuchungsausschuss) (3/US XXVI.GP)

Veröffentlichung des wörtlichen Protokolls über die öffentliche Befragung der Auskunftsperson Dr. Gert-René Polli in der 13. Sitzung vom 17. Oktober 2018

Der Untersuchungsausschuss über die politische Einflussnahme auf das Bundesamt für Verfassungsschutz und Terrorismusbekämpfung (BVT-Untersuchungsausschuss) hat in seiner 31. Sitzung am 13. März 2019 mit Stimmenmehrheit (dafür: V, F, dagegen: S, N, J) gemäß § 20 Abs. 1 Ziffer 1 der Verfahrensordnung für parlamentarische Untersuchungsausschüsse (VO­UA) beschlossen, das in der Beilage enthaltene wörtliche Protokoll der öffentlichen Befragung der Auskunftsperson Dr. Gert-René Polli zu veröffentlichen. Einwendungen oder Berichtigungen gemäß § 19 Abs. 3 VO-UA sind nicht eingelangt. Die Veröffentlichung erfolgt in sinngemäßer Anwendung von § 39 des Geschäftsordnungsgesetzes des Nationalrates als Kommuniqué im Internetangebot des Parlaments.

 

 

Wien, 2019 03 13

 

 

                                Werner Herbert                                                                    Doris Bures

                                     Schriftführer                                                                          Vorsitzende

 

 

 

 


 


 


 

 

 

BVT-Untersuchungsausschuss

 

 

 

 

Stenographisches Protokoll

 

13. Sitzung/medienöffentlich

Mittwoch, 17. Oktober 2018

Gesamtdauer der 13. Sitzung

9.03 Uhr – 18.14 Uhr

Lokal 7


Befragung der Auskunftsperson Honorarprofessor Dr. Gert-René Polli

Verfahrensrichter Dr. Eduard Strauss: Ich komme zur Belehrung der Auskunftsperson. Herr Professor Dr. Gert-René Polli, Sie werden vor dem Untersuchungsausschuss betreffend die politische Einflussnahem auf das Bundesamt für Verfassungsschutz und Terrorismusbekämpfung, dem BVT Untersuchungsausschuss, als Auskunftsperson zu den Beweisthemen 1 – Datenverwendung – und 3 – Hausdurchsuchungen – des Untersuchungsgegenstandes angehört.

Sie haben mit der Ladung eine schriftliche Belehrung über Ihre Rechte und Pflichten als Auskunftsperson erhalten. Ich weise Sie ausdrücklich auf diese schriftliche Belehrung hin und betone insbesondere, dass Sie verpflichtet sind, die an Sie gerichteten Fragen wahrheitsgemäß und vollständig zu beantworten. Eine vorsätzlich falsche Aussage vor dem Untersuchungsausschuss kann gemäß § 288 Abs. 1 und 3 StGB wie eine falsche Beweisaussage vor Gericht mit Freiheitsstrafe bis zu drei Jahren geahndet werden.

Es besteht vor dem Untersuchungsausschuss kein generelles Recht zur Aussageverweigerung. Die Aussageverweigerungsgründe konnten Sie der mit der Ladung zugestellten schriftlichen Belehrung entnehmen. Die Gründe für eine Aussageverweigerung sind anzugeben und über Verlangen glaubhaft zu machen. Sie sind berechtigt, Beweisstücke vorzulegen, die Zulässigkeit an Sie gerichteter Fragen zu bestreiten und den Ausschluss der Öffentlichkeit immer noch jederzeit zu beantragen.

Weiteres weise ich Sie auf die Geheimhaltungspflicht nach dem Informationsordnungsgesetz hinsichtlich klassifizierter Informationen hin. Dem Untersuchungsausschuss vorgelegte Akten und Unterlagen dürfen nicht veröffentlicht werden. Ich weise Sie auf die Ihnen bereits schriftlich mitgeteilte Geheimhaltungspflicht nach dem Informationsordnungsgesetz hin. Jede Person, die Zugang zu klassifizierten Informationen erhalten hat, ist zur Verschwiegenheit über diese Informationen verpflichtet, und zwar auch nach Beendigung der Befragung. Kopien, Notizen oder Auszüge dürfen weder von der Auskunftsperson noch von der Vertrauensperson angefertigt werden. Alle im Untersuchungsausschuss vorgelegte Unterlagen dürfen von der Auskunftsperson und auch von der Vertrauensperson nach Beendigung der Befragung nicht an sich genommen werden, sondern haben auf dem Platz zu verbleiben.

Sie sind dann berechtigt, eine einleitende Stellungnahme abzugeben, deren Gesamtdauer 20 Minuten nicht überschreiten soll.

Vorher komme ich aber noch zur Belehrung der Vertrauensperson. Gemäß § 46 Abs. 2 der Verfahrensordnung habe ich auch Sie über die strafrechtlichen Folgen einer vorsätzlich falschen Aussage zu belehren. Eine vorsätzlich falsche Aussage vor dem Untersuchungsausschuss kann gemäß § 288 Abs. 3 StGB wie eine falsche Beweisaussage vor Gericht mit einer Freiheitsstrafe bis zu drei Jahren bestraft werden. Auch Fälschung eines Beweismittels oder der Gebrauch eines falschen oder verfälschten Beweismittels mit dem Vorsatz, es im Verfahren vor dem Untersuchungsausschuss zu gebrauchen, ist strafbar, und zwar auch für an der Tat Beteiligte.

Aufgabe der Vertrauensperson ist die Beratung der Auskunftsperson. Sie dürfen jedoch keine Erklärungen vor dem Untersuchungsausschuss abgeben oder anstelle der Auskunftsperson antworten. Bei Verletzung der Verfahrensordnung oder Eingriffen in die Grund- und Persönlichkeitsrechte der Auskunftsperson können Sie sich unmittelbar an mich oder den Verfahrensanwalt wenden.

Auch für Sie gilt das Informationsordnungsgesetz. Jede Person, die Zugang zu klassifizierten Informationen erhalten hat, ist zur Verschwiegenheit über diese Informationen verpflichtet.

Als Vertrauensperson kann ausgeschlossen werden, wer voraussichtlich als Auskunftsperson im Verfahren vor dem Untersuchungsausschuss zu laden ist, wer die Auskunftsperson bei Ablegung einer freien und vollständigen Aussage beeinflussen könnte und wer Erklärungen vor dem Untersuchungsausschuss abgibt oder anstelle der Auskunftsperson antwortet.

Vorsitzende Zweite Präsidentin Doris Bures: Vielen Dank, Herr Dr. Strauss.

Herr Dr. Polli, der Verfahrensrichter hat ja erwähnt, dass die Möglichkeit besteht, dass Sie eine einleitende Stellungnahme abgeben. Ich frage Sie, ob Sie das möchten.

Dr. Gert-René Polli: Ich glaube, wir gehen gleich in medias res.

Vorsitzende Doris Bures: Gut, dann beginnt Dr. Strauss mit der Erstbefragung. – Ich erteile Ihnen das Wort.

Verfahrensrichter Dr. Eduard Strauss: Danke vielmals. – Herr Dr. Polli, warum sind Sie 2008 aus dem BVT ausgeschieden?

Dr. Gert-René Polli: Das hat mehrere Gründe. Der erste Grund: Mein Vertrag ist abgelaufen. Der zweite Grund: Es hat auch mit der Ressortleitung leichte - -

Vorsitzende Doris Bures: Herr Dr. Polli, würden Sie sich das Mikrofon ein wenig näher heranholen.

Dr. Gert-René Polli: Gerne. – Das hatte mehrere Gründe. Erstens: Die Funktion des Direktors BVT ist einer der größten Schleudersitze, den die Republik vergibt. Das hat damit zu tun, dass das eine Brücke zwischen kritischen Ermittlungen auf der einen Seite, Aufklärung auf der anderen Seite ist – und das ist eine sehr politische Funktion.

Ich hatte diese Funktion fast sieben Jahre inne, habe das BVT gemeinsam mit dem jetzigen Direktor gegründet. Und ich war nicht unglücklich, dass sich 2008 eine Situation ergeben hat, in der auch die Ressortleitung nicht besonders glücklich war, wenn ich weiter verlängert worden wäre. Ich war aber nicht unglücklich, dass das letztlich dann anders ausgegangen ist.

Das waren im Wesentlichen die Gründe. Ich habe ja einen Fünfjahresvertrag, wie jeder Spitzenbeamte, und nach den fünf Jahren waren die fünf Jahre eben abgelaufen, und darüber war ich eigentlich sehr froh.

Verfahrensrichter Dr. Eduard Strauss: Welche Position haben Sie jetzt im Bundesministerium für Inneres inne?

Dr. Gert-René Polli: Ich bin ja Bundesbediensteter und habe zehn Jahre Karenz genommen. Diese zehn Jahre waren am 1. September vorbei; ich arbeite derzeit in der Sektion III, im Migrationsbereich.

Verfahrensrichter Dr. Eduard Strauss: Sie haben im Frühling 2018 der „ZIB 24“ und „Oe24“ Interviews zur Causa BVT gegeben. Warum haben Sie das getan und warum sprachen Sie dort von einer Führungsschwäche des BVT?

Dr. Gert-René Polli: Das sind zwei verschiedene Punkte – lassen Sie mich ganz kurz darauf eingehen! (Verfahrensrichter Strauss: Bitte!)

Ich hatte in der Zeit, als ich nicht im Innenministerium war, eine eigene Firma. Das war eine Beratungsfirma, auch eine politische Beratungsfirma, und wenn ich aufgrund meiner Expertise im Verteidigungsbereich und im Inneren Interviews gegeben habe, habe ich das entgeltlich gemacht, habe Rechnungen dafür gestellt. Das war auch der Grund, warum ich dieses Interview gegeben habe. Es hat mir auch Spaß gemacht, muss ich dazusagen, denn die Expertise, die ich in diesem Bereich auf den Tisch legen kann, war zum damaligen Zeitpunkt sehr begehrt.

Verfahrensrichter Dr. Eduard Strauss: Und warum sprachen Sie dort von einer Führungsschwäche des BVT?

Dr. Gert-René Polli: Nun, das war meine Erfahrung, als ich noch Direktor BVT war, wo sich diese Dinge bereits abgezeichnet haben, und das war meine persönliche Einschätzung über einen der Gründe, warum die Situation so eskaliert ist, wie sie eskaliert ist.

Verfahrensrichter Dr. Eduard Strauss: Wie hat sich Ihrer fachlichen Erfahrung nach die Hausdurchsuchung im BVT auf diese Reputation ausgewirkt? – Ich weiß, dass das keine Frage für einen Zeugen wäre, aber Sie sind für mich ein sachverständiger Zeuge. Bitte schön.

Dr. Gert-René Polli: Na ja, das kann man aus meiner Position schwer beurteilen. Ich hatte mit dem BVT weniger zu tun, in der Zeit, in der ich außerhalb der aktiven Dienststellung war. Es gäbe eine Vielzahl von Punkten, die man anführen kann, aber es sind Beobachtungen und Spekulationen. Ich glaube, darauf möchte ich mich nicht einlassen.

Verfahrensrichter Dr. Eduard Strauss: Danke. – Haben Sie Wahrnehmungen zu den Vorgängen im BVT, die zu den Hausdurchsuchungen führten?

Dr. Gert-René Polli: Eigentlich nicht; ich war ein bisschen überrascht über die Tatsache als solche. Anführen möchte ich auch, dass es nach dem Ausscheiden aus dem BVT für jede Leitungsfunktion Usus ist, die Verbindungen dorthin zu kappen, aus einem sehr guten Grund: um sich nicht dem Verdacht auszusetzen, Informationen aus einem Bereich rauszuziehen, in dem man eigentlich nicht mehr arbeitet.

Ich habe mich sehr stringent an diesen Vorsatz gehalten und habe daher keine eigenen Erkenntnisse, warum und wieso und welche Konsequenzen diese Hausdurchsuchung dann letztlich hatte.

Verfahrensrichter Dr. Eduard Strauss: Haben Sie vor den Hausdurchsuchungen vom 28.2.2018 Gespräche mit Herrn Bundesminister Herbert Kickl über das BVT oder die dortigen Vorgänge beziehungsweise Probleme geführt?

Dr. Gert-René Polli: Ja, selbstverständlich, denn dieses ominöse Konvolut ist auch Mitte des Jahres über die Journalisten, einen „Profil“-Journalisten, zu mir gekommen. Ich habe das studiert und war eigentlich entsetzt, was ich da diesbezüglich gelesen habe, und seitdem hat mich das selbstverständlich beschäftigt.

Ja, ich habe mit dem Herrn Bundesminister auch darüber gesprochen, in der Vorphase der Regierungsverhandlungen, allerdings dann ab März 2018 nicht mehr zu dem Thema.

Verfahrensrichter Dr. Eduard Strauss: Was war Inhalt dieser Gespräche?

Dr. Gert-René Polli: Im Wesentlichen: wie das BVT aufgebaut ist und was für eine Art von Behörde das ist. Und ich wurde auch gefragt, ob es einen Reformbedarf gäbe oder ob es keinen gäbe. Das habe ich so gut ich konnte aufgrund der Expertise, die ich da auf den Tisch legen konnte, beantwortet.

Verfahrensrichter Dr. Eduard Strauss: Haben Sie derartige Gespräche mit Mag. Goldgruber geführt?

Dr. Gert-René Polli: Nein, überhaupt nicht. Ich kenne Mag. Goldgruber aus meiner Vergangenheit nur durch zwei Telefonate und habe den jetzigen Generalsekretär dann in zwei Arbeitsgruppen – oder waren es vielleicht drei? –, also erinnerlich, getroffen, aber ich habe mit ihm inhaltlich und thematisch keine Diskussion geführt.

Verfahrensrichter Dr. Eduard Strauss: Haben Sie derartige Gespräche mit Dr. Lett geführt?

Dr. Gert-René Polli: Dr. Lett ist mir persönlich nicht bekannt.

Verfahrensrichter Dr. Eduard Strauss: Kennen Sie Mag. M. W. (BVT)?

Dr. Gert-René Polli: Selbstverständlich kenne ich Herrn Mag. M. W. (BVT) aus meiner Funktion als Direktor BVT. Er war damals in Brüssel tätig. Durch die Besuche, die ich in Brüssel habe, bin ich auch mit ihm bekannt geworden. Ich habe dann Herrn M. W. (BVT) mindestens neuneinhalb Jahre nicht gesehen und habe ihn dann im Dezember vergangenen Jahres wiedergetroffen und habe ihn auch unmittelbar auf dieses Konvolut angesprochen, weil in den Medien zirkuliert ist, er wäre Urheber dieses Konvoluts, und wir haben darüber ein Gespräch geführt.

Dann habe ich ihn noch einmal gesehen, und, ich glaube, vor 14 Tagen sind wir uns auf der Kärntner Straße begegnet, ich habe ihm die Hand gegeben, ich war in Begleitung, und seitdem nicht mehr. (Verfahrensanwalt Mikesi weist die Auskunftsperson darauf hin, das Mikrofon näher zu sich zu ziehen.)

Vorsitzende Doris Bures: Das Problem ist, dass die Stenographen Sie sonst nicht verstehen können – für das Protokoll.

Dr. Gert-René Polli: Entschuldigen Sie! Dann werde ich vielleicht auch ein bisschen langsamer sprechen.

Mehr habe ich zu Mag. M. W. (BVT) nicht zu sagen.

Verfahrensrichter Dr. Eduard Strauss: Haben Sie Mag. M. W. (BVT) im Zeitraum vor dessen Zeugenvernehmung bei der WKStA getroffen?

Dr. Gert-René Polli: Wann war denn diese Zeugenvernehmung?

Verfahrensrichter Dr. Eduard Strauss: Genau weiß ich es jetzt nicht. (Abg. Krainer: 22. Februar!) – Danke.

Dr. Gert-René Polli: Dieses Jahres, nehme ich an?

Verfahrensrichter Dr. Eduard Strauss: Ja.

Dr. Gert-René Polli: Ja, selbstverständlich. Ich habe ja bereits gesagt, ich habe ihn Mitte Dezember vergangenen Jahres getroffen und habe ihn dann in derselben Umgebung noch einmal getroffen, und ich habe ihn vor 14 Tagen – erinnerlich 14 Tagen – auf der Kärntner Straße im Vorbeigehen gesehen. Die Antwort ist: ja.

Verfahrensrichter Dr. Eduard Strauss: Haben Sie sich Treffen mit ihm ausgemacht oder waren das nur zufällige Treffen?

Dr. Gert-René Polli: Das erste Treffen war zufällig, das zweite war ausgemacht. Die Begegnung auf der Kärntner Straße war zufällig.

Verfahrensrichter Dr. Eduard Strauss: Wenn Sie ein Treffen ausgemacht haben: Zu welchem Zweck haben Sie diese Treffen ausgemacht?

Dr. Gert-René Polli: Darf ich ein bisschen ausholen? (Verfahrensrichter Strauss: Bitte!) Das BVT ist nach wie vor mein Baby, so betrachte ich das, und alles, was sich im BVT abspielt, hat mich selbstverständlich interessiert, nachdem ich das Konvolut gelesen habe. Da in den Medien ja Herr Mag. M. W. (BVT) als Urheber zirkuliert ist, hat es mich interessiert, was denn tatsächlich Sache hinter diesem Konvolut ist und wer es auch tatsächlich geschrieben hat. Daher bestand mein Interesse, auch dieses Thema mit ihm zur Sprache zu bringen.

Verfahrensrichter Dr. Eduard Strauss: Ich glaube, die Antwort zu kennen, aber ich frage Sie für das Protokoll: Waren Sie Mitverfasser dieses Konvoluts?

Dr. Gert-René Polli: Keinesfalls.

Verfahrensrichter Dr. Eduard Strauss: Haben Sie eines oder mehrere dieser Konvolute von einer anderen Person oder anderen Personen verfassen lassen?

Dr. Gert-René Polli: Ich habe mit diesem Konvolut nicht irgendetwas zu tun. Ich habe schon eingangs erwähnt, das Konvolut ist mir Mitte des Jahres von einem Journalisten zugegangen und hat mich seitdem eigentlich beschäftigt – inhaltlich, emotional und auch persönlich.

Verfahrensrichter Dr. Eduard Strauss: Wissen Sie nunmehr, wer die Konvolute verfasst hat?

Dr. Gert-René Polli: Das wäre reine Spekulation, darüber eine Auskunft zu geben. Ich weiß es nicht.

Verfahrensrichter Dr. Eduard Strauss: Hatten Sie nach Beendigung Ihrer Karenz Ambitionen, wieder die BVT-Führung zu übernehmen?

Dr. Gert-René Polli: Zu keinem Zeitpunkt.

Verfahrensrichter Dr. Eduard Strauss: Danke, ich beendige meine Erstbefragung.

*****

Vorsitzende Doris Bures: Danke vielmals, Herr Dr. Strauss.

Damit gehen wir in die erste Fragerunde ein, und zu Wort gelangt Herr Abgeordneter Dr. Pilz. – Bitte.

Abgeordneter Dr. Peter Pilz (PILZ): Bleiben wir einmal bei dem Konvolut. Wissen Sie, wann genau Sie dieses Konvolut erhalten haben?

Dr. Gert-René Polli: Ja, ich kann das leicht eruieren; es muss der Juli gewesen sein. Es wurde mir dann anschließend, nach diesem Gespräch, auch per E-Mail zugesandt, und ich - -

Abgeordneter Dr. Peter Pilz (PILZ): Im Juli? Sind Sie sich sicher?

Dr. Gert-René Polli: Bitte? – Nein, ich bin mir nicht sicher. Es könnte auch im Juni, im Juli gewesen sein, aber man kann den Journalisten fragen: Es war Herr Nikbakhsh vom „Profil“, in Anwesenheit eines Zeugen.

Abgeordneter Dr. Peter Pilz (PILZ): Ja. – Haben Sie es von Herrn Nikbakhsh oder von dieser zweiten Person erhalten?

Dr. Gert-René Polli: Ich glaube, Herr Nikbakhsh hat die zweite Person ersucht, es mir zu senden.

Abgeordneter Dr. Peter Pilz (PILZ): Eben – eine andere Person hat es Ihnen übersendet. Ist das richtig?

Dr. Gert-René Polli: Das ist korrekt.

Abgeordneter Dr. Peter Pilz (PILZ): War die Übersendung am 20. September um 20.56 Uhr?

Dr. Gert-René Polli: Muss ich mir anschauen, ich weiß es nicht auswendig.

Abgeordneter Dr. Peter Pilz (PILZ): Laut dem Downlink, den ich mir angeschaut habe (Auskunftsperson Polli: Möglicherweise!), war es nicht Juni oder Juli, sondern der 20. September um 20.56 Uhr.

Dr. Gert-René Polli: Ich muss in meiner E-Mail-Korrespondenz nachschauen, das lässt sich nachvollziehen.

Abgeordneter Dr. Peter Pilz (PILZ): Ja, natürlich. Das wäre für uns hilfreich, wenn Sie in Ihrer Korrespondenz nachschauen können und uns dann schriftlich Mitteilung machen, wann das genau war, damit wir überprüfen können, ob wir die richtigen Informationen haben.

Dr. Gert-René Polli: Mache ich sehr gerne.

Abgeordneter Dr. Peter Pilz (PILZ): Danke schön.

Wer war die Person, die Ihnen diesen Downlink geschickt hat?

Dr. Gert-René Polli: Ein gewisser Herr Sacherer, den Sie, Herr Pilz, sehr gut kennen.

Abgeordneter Dr. Peter Pilz (PILZ): Ja, das ist richtig.

Was haben Sie dann mit diesem Konvolut getan?

Dr. Gert-René Polli: Ich habe es studiert, mehrmals gelesen, und das letzte Mal habe ich es gestern gelesen.

Abgeordneter Dr. Peter Pilz (PILZ): Was haben Sie damals direkt nach dem 20. September mit diesem Konvolut getan?

Dr. Gert-René Polli: Ich habe es einmal gelesen und habe es liegen gelassen, einige Wochen.

Abgeordneter Dr. Peter Pilz (PILZ): Haben Sie das an andere Personen weiterverteilt?

Dr. Gert-René Polli: Ja, das habe ich. Man hat mich von verschiedener Presseseite gefragt, was ich von diesem Konvolut halte, und ich habe es dann nach Rücksprache mit demjenigen, der mir das geschickt hat, auch weitergeleitet.

Abgeordneter Dr. Peter Pilz (PILZ): Ja, und an wen haben Sie es weitergeleitet?

Dr. Gert-René Polli: An eine Pressestelle.

Abgeordneter Dr. Peter Pilz (PILZ): Und wer war diese Pressestelle?

Dr. Gert-René Polli: „Addendum“.

Abgeordneter Dr. Peter Pilz (PILZ): „Addendum“; und wer war das bei „Addendum“?

Dr. Gert-René Polli: Der Chefredakteur.

Abgeordneter Dr. Peter Pilz (PILZ): Herr Fleischhacker?

Dr. Gert-René Polli: Korrekt.

Abgeordneter Dr. Peter Pilz (PILZ): Haben Sie es sonst noch an jemanden weitergeleitet?

Dr. Gert-René Polli: Nein.

Abgeordneter Dr. Peter Pilz (PILZ): Haben Sie irgendwann in diesem Zusammenhang ein Honorar bezogen?

Dr. Gert-René Polli: In diesem Zusammenhang, nein.

Abgeordneter Dr. Peter Pilz (PILZ): Und in anderen Zusammenhängen?

Dr. Gert-René Polli: Ja, es gab einen Konsulentenauftrag oder -vertrag zwischen meiner Firma und der FPÖ-Akademie.

Abgeordneter Dr. Peter Pilz (PILZ): Ja, das ist der nächste Punkt, zu dem ich kommen wollte: Wann ist dieser Vertrag geschlossen worden?

Dr. Gert-René Polli: Erinnerlich im Juli 2017.

Abgeordneter Dr. Peter Pilz (PILZ): Was war Ihre vereinbarte Leistung?

Dr. Gert-René Polli: Ich habe gelegentlich Vorträge gehalten, und es waren Informationen zu unterschiedlichen Themen abrufbar, die mit innerer und äußerer Sicherheit zu tun haben, wozu die Terrorlage gehört.

Abgeordneter Dr. Peter Pilz (PILZ): Also Sie haben die FPÖ gegen Honorar zur Terrorlage informiert?

Dr. Gert-René Polli: Korrekt.

Abgeordneter Dr. Peter Pilz (PILZ): Hatten Sie darüber besonderes Wissen als - -

Dr. Gert-René Polli: Selbstverständlich.

Abgeordneter Dr. Peter Pilz (PILZ): Und woher?

Dr. Gert-René Polli: Wenn man das ganze Leben in diesem Bereich arbeitet, liest man öffentliche Meldungen und Informationen ganz anders als vielleicht der Normalbürger.

Abgeordneter Dr. Peter Pilz (PILZ): Waren Sie zu diesem Zeitpunkt karenzierter Beamter des Innenministeriums?

Dr. Gert-René Polli: Korrekt.

Abgeordneter Dr. Peter Pilz (PILZ): Haben Sie das Innenministerium über diesen Vertrag informiert?

Dr. Gert-René Polli: Nein, ist nicht notwendig. (Abg. Pilz: Entschuldigung?) – Ist nicht notwendig.

Abgeordneter Dr. Peter Pilz (PILZ): Ich wollte nur wissen, ob Sie das Innenministerium informiert haben, wollte nicht - -

Dr. Gert-René Polli: Nein.

Abgeordneter Dr. Peter Pilz (PILZ): Okay. – Wie hoch war das Honorar, dass Sie mit der FPÖ vereinbart hatten?

Dr. Gert-René Polli: Im Monat waren das 5 000 Euro plus 1 000 Euro Steuer.

Abgeordneter Dr. Peter Pilz (PILZ): Ja, also 6 000 inklusive Mehrwertsteuer. Mit wem in der FPÖ haben Sie das vereinbart?

Dr. Gert-René Polli: Mit dem Leiter der Akademie, Dr. Nittmann.

Abgeordneter Dr. Peter Pilz (PILZ): Haben Sie sonst mit irgendeiner führenden Person in der FPÖ in Vorbereitung dieser Vereinbarung gesprochen?

Dr. Gert-René Polli: Nein, ich glaube nicht; erinnerlich nein, war auch nicht notwendig.

Abgeordneter Dr. Peter Pilz (PILZ): Weil ich mich einfach frage (Auskunftsperson Polli: Ja, ja, fragen Sie nur!) – ich weiß es wirklich nicht –, wie das zustande gekommen ist. (Auskunftsperson Polli: Mhm!) Sind Sie zur Freiheitlichen Akademie gegangen und haben gesagt: Ich täte Sie da gerne wegen des Terrorismus ein bisschen beraten!, oder haben die Sie gefragt oder wie war das?

Dr. Gert-René Polli: Nein, man hat mich ursprünglich gefragt, ob ich einen Vortrag zu bestimmten Themen halte, das habe ich gerne gemacht, und das hat sich dann so weiterentwickelt, und ich war nicht unglücklich darüber.

Abgeordneter Dr. Peter Pilz (PILZ): Und dann waren Sie also bezahlter FPÖ-Berater beziehungsweise Berater des Bildungsinstituts?

Dr. Gert-René Polli: Ich würde das so sagen, dass der Beratervertrag zwischen meiner Firma und der FPÖ gelaufen ist.

Abgeordneter Dr. Peter Pilz (PILZ): Ja; und dann kommt die Phase, da war bereits das Konvolut bekannt, da haben Sie es unentgeltlich weitergegeben gehabt, und dann kommt die Phase der Regierungsverhandlungen (Auskunftsperson Polli: Na ja - -!), also Nationalratswahl und die Phase der Regierungsverhandlungen. (Auskunftsperson Polli: Ja!) Haben Sie in irgendeiner Form an diesen Regierungsverhandlungen teilgenommen?

Dr. Gert-René Polli: Ich war in der Expertenrunde.

Abgeordneter Dr. Peter Pilz (PILZ): Können Sie das ein bisschen genauer schildern?

Dr. Gert-René Polli: Na ja, es gab intern Expertenrunden, in denen bestimmte Themen angesprochen worden sind. Ich habe mich selbstverständlich um das Thema Nachrichtendienste gekümmert, das habe ich ja mein ganzes Leben lang gemacht, und ein paar spezielle Themen wie zum Beispiel Bundestrojaner und Ähnliches.

Also im Vorfeld der schriftlichen Ausfertigung – letztlich dann des Übereinkommens – gab es eben diese Arbeitsgruppen, die ihre Expertise dort eingebracht haben, und ich habe meine Expertise im Bereich innere Sicherheit und auch äußere Sicherheit eingebracht.

Abgeordneter Dr. Peter Pilz (PILZ): Waren Sie da an Verhandlungen mit Vertretern oder Vertreterinnen der ÖVP beteiligt?

Dr. Gert-René Polli: Nein, war ich nicht.

Abgeordneter Dr. Peter Pilz (PILZ): Sie waren nur in der Vorbereitung (Auskunftsperson Polli: Ja, korrekt!) seitens der Freiheitlichen dabei. (Auskunftsperson Polli: Korrekt!) Okay, gut; und da haben Sie Ihre Expertise aus dem Bereich Nachrichtendienst und einigen anderen Bereichen eingebracht.

Dr. Gert-René Polli: Korrekt.

Abgeordneter Dr. Peter Pilz (PILZ): Ist das auch berücksichtigt worden?

Dr. Gert-René Polli: Das glaube ich, ja.

Abgeordneter Dr. Peter Pilz (PILZ): Inwiefern?

Dr. Gert-René Polli: Ich glaube, der eine oder andere Satz aus der Koalitionsvereinbarung stammt aus dieser Expertise.

Abgeordneter Dr. Peter Pilz (PILZ): Können Sie sagen, welche Sätze Ihnen da erinnerlich sind? Was ist Polli im Regierungsprogramm?

Dr. Gert-René Polli: Erinnerlich war es die Forderung, die österreichische Dienstelandschaft stärker zu koordinieren, was aus Sicht der nationalen Sicherheit absolut notwendig ist.

Abgeordneter Dr. Peter Pilz (PILZ): Okay, dann haben wir das, und dann haben wir bereits Anfang Dezember: Können Sie sich erinnern, wann Sie zum ersten Mal Herrn Mag. M. W. (BVT) im Zigarrenklub im Hotel Hyatt - -

Dr. Gert-René Polli: Erinnerlich war es Mitte Dezember.

Abgeordneter Dr. Peter Pilz (PILZ): Kann es der 6. Dezember – 5. oder 6. Dezember – gewesen sein?

Dr. Gert-René Polli: Ich führe über diese Dinge nicht Buch.

Abgeordneter Dr. Peter Pilz (PILZ): Können Sie das noch eruieren?

Dr. Gert-René Polli: Glaube ich nicht mehr. Man muss ihn fragen - -

Abgeordneter Dr. Peter Pilz (PILZ): Sie haben es ja nicht vereinbart, haben Sie gesagt (Auskunftsperson Polli: Ja, ja!), also wird es wahrscheinlich nicht im Kalender stehen.

Dr. Gert-René Polli: Also ich kann es versuchen, ja; aber warum ist das so wichtig?

Abgeordneter Dr. Peter Pilz (PILZ): Und da haben Sie mit Mag. M. W. (BVT) dieses Konvolut besprochen. Ist das richtig?

Dr. Gert-René Polli: Das Konvolut ja, aber nicht in der Art und Weise, dass wir jeden Paragrafen durchgegangen sind, sondern es haben mich generelle, allgemeine Fragen interessiert.

Abgeordneter Dr. Peter Pilz (PILZ): Können Sie das ein bisschen genauer erzählen?

Dr. Gert-René Polli: Ja, ich habe ihn gefragt: Hast du das geschrieben? – Das war der erste Satz, mit dem ich auf ihn zugegangen bin.

Abgeordneter Dr. Peter Pilz (PILZ): Und was hat er Ihnen überraschenderweise darauf gesagt?

Dr. Gert-René Polli: Nein, selbstverständlich; und ich habe mich mit dieser Antwort natürlich nicht zufriedengegeben und habe ihn diesbezüglich in ein Gespräch verwickelt – das Gespräch, weiß nicht, wie lange es gedauert hat, vielleicht eine halbe Stunde oder Ähnliches. Wir haben uns ja dann noch einmal verabredet, und ich bin inzwischen der Überzeugung und der Meinung, dass er es nicht geschrieben hat.

Abgeordneter Dr. Peter Pilz (PILZ): Und haben Sie dort eine Meinung geäußert, wer das Ihrer Vermutung nach geschrieben haben könnte, sollte?

Dr. Gert-René Polli: Nein, das war noch zu früh diesbezüglich. Ich habe mich dann - - Ich war ursprünglich auch der Meinung, dass er möglicherweise etwas damit zu tun hätte, weil ich ja auf die Medieninformationen angewiesen war, bin dann aber letztlich zur Überzeugung gekommen, dass das nicht der Fall ist.

Abgeordneter Dr. Peter Pilz (PILZ): Mag. M. W. (BVT) hat uns gestern gesagt, ich zitiere einfach: Polli hat gesagt – bei diesem Gespräch Anfang Dezember –, dass er Hinweise hat, dass CIA und FBI am Konvolut mitgearbeitet haben. – Zitatende.

Dr. Gert-René Polli: Er hätte gesagt, ich hätte Hinweise?

Abgeordneter Dr. Peter Pilz (PILZ): Ja.

Dr. Gert-René Polli: Nein, dann hat er das falsch verstanden.

Wenn man sich dieses Konvolut anschaut, ist der erste Teil in Großbuchstaben geschrieben. Dieses Schriftbild - - Und noch etwas: Es ist farblich unterlegt gewesen, und das war eine Kopie. Also wenn man zum Beispiel eine Kopie - - wenn man eine blaue Seite – gewöhnlich sind die Seiten blau – kopiert, dann hat man Schatten, nicht? Und die Großbuchstaben waren also das Schriftbild der CIA-Station in Wien, das ich seit vielen, vielen Jahre kenne, für alle Informationen, die von dieser Seite dem BVT zur Verfügung gestellt worden sind.

Es ist reine Spekulation, was ich jetzt sage, nicht? Na selbstverständlich habe ich keine Verbindungen dorthin, denn es ist auch so, dass, wenn man aus dem Dienst ausscheidet, man auch keine Verbindungen zur CIA hat. Wie das als Abgeordneter ist, Herr Pilz, weiß ich nicht, aber als ehemaliger Dienstchef ist das jedenfalls so, und ich habe keine Hinweise, die belastbar sind, dass dieses Papier in irgendeiner Art und Weise von der CIA oder von sonst jemandem stammt.

Allerdings gibt es natürlich einige Überlegungen dazu, die recht interessant sind, nicht? Man hat den Eindruck, dass mehrere Damen oder Herren Verfasser sind. Das ist ja nicht überraschend, nicht? Ich muss aber auch dazusagen, ich habe noch nie ein Papier gelesen, das eine derartige Dimension aufweist: von detaillierten österreichisch-politischen Verhältnissen und deren Schwachpunkten über die strategische Geschichte bis hin zu Drecksgeschichten, die also völlig überzogen in diesem Papier erwähnt werden.

Das ist ja das, was mich so überrascht hat. Und meine Schlussfolgerung war: Ich kenne niemanden – ich kenne sehr viele Leute in diesem Bereich –, ich kenne niemanden in Österreich, dem ich dieses Papier zutrauen würde, aufgrund der „Qualität“ – das sage ich jetzt einmal unter Anführungszeichen –, aber auch aufgrund der Dimension, die da drinnen ist, bis hin zu Sexgeschichten, die ja widerwärtig sind – es ist ja fast schon ungustiös, was da drinnen steht –, und einer detaillierten Sachkenntnis auch der Regionalpolitik in Österreich. Ich kenne niemanden, der in der Lage ist, das in dieser Qualität auf den Tisch zu legen.

Abgeordneter Dr. Peter Pilz (PILZ): Ich möchte Ihre Spekulationen da jetzt nicht durchgehen. Sie haben ja selbst gesagt, das sind Spekulationen. Wir werden nur versuchen, darauf zu kommen, wie ein Dienst, der offensichtlich nicht selbst im BVT beheimatet ist, derartiges Insiderwissen aus dem BVT haben kann, aber das ist ein anderer Punkt.

Ich komme jetzt zum zweiten Treffen. Sie hatten ein zweites Treffen mit Herrn Mag. M. W. (BVT). Wann war das?

Dr. Gert-René Polli: Das kann ich nicht sagen, vielleicht 14 Tage später, also ich führe über diese Dinge kein Buch.

Abgeordneter Dr. Peter Pilz (PILZ): Noch im Jahr 2017 oder bereits im Jahr 2018?

Dr. Gert-René Polli: Ich glaube, im Jahr 2018, und zwar deshalb, weil da schon die Weihnachtszeit war und - - Es war nicht so brisant. Ich war einfach nur neugierig.

Abgeordneter Dr. Peter Pilz (PILZ): Sind Sie in der Lage, das Datum dieses Treffens noch festzustellen?

Dr. Gert-René Polli: Nur wenn ich Herrn M. W. (BVT) kontaktiere und ihn frage.

Abgeordneter Dr. Peter Pilz (PILZ): Das können wir selber auch machen. (Auskunftsperson Polli: Ja, dann machen Sie es!) – Ja, werden wir auch tun.

Sagen Sie: Die Initiative zu diesem Treffen ist von wem ausgegangen?

Dr. Gert-René Polli: Ist von mir ausgegangen.

Abgeordneter Dr. Peter Pilz (PILZ): Ja. Und was wollten Sie mit ihm besprechen?

Dr. Gert-René Polli: Neugier.

Abgeordneter Dr. Peter Pilz (PILZ): Na, Neugier ist ja kein Thema.

Dr. Gert-René Polli: Ich habe schon gesagt, alles, was das BVT anbelangt, interessiert mich deshalb, weil ich diese Organisation seinerzeit gegründet habe und da ein sehr emotionales Verhältnis habe. Ich habe immer gesagt, das ist mein Baby.

Abgeordneter Dr. Peter Pilz (PILZ): Aha, Sie hatten also als Ex- - Sie haben uns ja berichtet, wie Sie alle Kontakte gekappt haben, weil es sinnvoll ist, da nichts mehr damit zu tun zu haben. Dann machen Sie einen Beratervertrag mit der FPÖ, beraten sie bei den Regierungsverhandlungen, haben inzwischen eine Kopie des Konvoluts, die Sie auch weiterverteilen, und dann packt Sie die Neugier (Auskunftsperson Polli: Korrekt!) als karenzierten Beamten des Innenministeriums, der nichts mehr mit dem BVT zu tun hat.

Auf was waren Sie denn so neugierig in dieser Situation? Was wollten Sie unbedingt wissen?

Dr. Gert-René Polli: Ich wollte herausfinden, wer dieses Konvolut geschrieben hat, und warum.

Abgeordneter Dr. Peter Pilz (PILZ): Aber der Herr Mag. M. W. (BVT) hat Ihnen ja schon - -

Dr. Gert-René Polli: Eigentlich hat das schon - - Halb Österreich war hinter dieser Information her, und ich habe auch ein besonderes Interesse gehabt, weil in diesem Konvolut Abläufe innerhalb des BVT beschrieben worden sind, die mich entsetzt haben, und ich konnte das nicht verifizieren.

Abgeordneter Dr. Peter Pilz (PILZ): Mit wem in der Freiheitlichen Partei haben Sie über dieses Konvolut gesprochen?

Dr. Gert-René Polli: Innerhalb der FPÖ-Spitze mit, ich glaube, niemandem, denn es war dort schon bekannt.

Abgeordneter Dr. Peter Pilz (PILZ): Haben Sie mit dem jetzigen Innenminister darüber gesprochen?

Dr. Gert-René Polli: Ich habe einmal einen Satz fallen gelassen, an das kann ich mich noch so genau erinnern. Ich habe gesagt, es gibt da ein Konvolut. Das war aber innerhalb der Partei bereits bekannt, das war nichts Neues, und ich wurde auch von dieser Seite nie darauf angesprochen.

Abgeordneter Dr. Peter Pilz (PILZ): Wann war das?

Dr. Gert-René Polli: Hm? – Das war, unmittelbar bevor die Regierung stand.

Abgeordneter Dr. Peter Pilz (PILZ): Das heißt? – Wenn Sie versuchen, es zeitlich einzugrenzen.

Dr. Gert-René Polli: Wann war die Regierungsbildung? Anfang Dezember, Mitte Dezember?

Abgeordneter Dr. Peter Pilz (PILZ): Die Angelobung Kickl war am 18. Dezember.

Dr. Gert-René Polli: Ja, dann würde ich meinen, schätzungsweise Anfang Dezember.

Abgeordneter Dr. Peter Pilz (PILZ): Anfang Dezember. Was war das für ein Gespräch, das Sie Anfang Dezember mit dem Innenminister geführt haben? Worum ist es da gegangen?

Dr. Gert-René Polli: Es ist im Wesentlichen darum gegangen, worauf sich die Partei einzustellen hat, wenn man beispielsweise auf das Innenministerium verzichtet.

Abgeordneter Dr. Peter Pilz (PILZ): Bleiben wir bei dem Punkt! Worauf hat sich Ihrer damaligen Meinung nach - - Was haben Sie Herrn Kickl gesagt, worauf sich die FPÖ einzustellen habe, wenn man auf das Innenministerium verzichtet?

Dr. Gert-René Polli: Nun, ich erinnere mich, gesagt zu haben, dass die Klientel, was die FPÖ betrifft, selbstverständlich erwartet, dass so ein wichtiges Ministerium wie das Innenministerium auch von der FPÖ geführt wird; nicht mehr und nicht weniger.

Vorsitzende Doris Bures: Eine Frage noch in dieser Runde, Herr Abgeordneter.

Abgeordneter Dr. Peter Pilz (PILZ): Dann frage ich doch in der nächsten. – Danke.

Vorsitzende Doris Bures: Gut, wie Sie wollen; dann in der nächsten Runde. – Herr Abgeordneter Obernosterer, bitte.

Abgeordneter Gabriel Obernosterer (ÖVP): Herr Polli, danke, dass Sie heute hier sind und so ausführlich berichten. Die letzte Auskunftsperson gestern hat das nicht gemacht.

Eine Frage: Sie haben von diesem Konvolut gehört und haben gesagt, Sie sind entsetzt gewesen, und haben dann - - (Auskunftsperson Polli: Sie sprechen jetzt vom Konvolut, ja?) – Bitte? (Auskunftsperson Polli: Sie sprechen vom Konvolut, ja?) – Ja. Sie waren entsetzt über den Inhalt, der da drinnen gestanden ist, und haben den Herrn Mag. M. W. (BVT) zufällig im Hyatt getroffen (Auskunftsperson Polli: Korrekt, ja!) und haben dann einen weiteren Termin ausgemacht, weil Sie sich weitere Informationen erwartet haben.

Haben Sie sonst noch mit jemandem vom BVT über dieses Konvolut gesprochen?

Dr. Gert-René Polli: Ich glaube nicht; mit niemandem, der aktiv ist. (Abg. Obernosterer: Bitte?) – Niemand, der mehr aktiv ist, außer - - Ja, es gab da noch jemanden: Frau S. R. (BVT), aber das war vor dem Konvolut. Die wollte eine Widmung für das Buch, das ich geschrieben habe. Ich glaube, da war das Konvolut schon weitgehend bekannt.

Abgeordneter Gabriel Obernosterer (ÖVP): Herr Polli, wann haben Sie das erste Mal von den Hausdurchsuchungen erfahren?

Dr. Gert-René Polli: Wie jeder Staatsbürger tags darauf aus den Medien.

Abgeordneter Gabriel Obernosterer (ÖVP): Interne Vorinformationen hat es keine gegeben?

Dr. Gert-René Polli: Keine.

Abgeordneter Gabriel Obernosterer (ÖVP): Hat es solche Hausdurchsuchungen auch während Ihrer Tätigkeit im BVT gegeben?

Dr. Gert-René Polli: Ich kann mich an keine einzige erinnern. Das wäre ja seinerzeit ein Ding der Unmöglichkeit gewesen, dass man im Bundesamt für Verfassungsschutz eine Hausdurchsuchung macht. Das ist ja abartig.

Abgeordneter Gabriel Obernosterer (ÖVP): Warum glauben Sie, dass es jetzt möglich war?

Dr. Gert-René Polli: Ich kann mir das nicht erklären.

Abgeordneter Gabriel Obernosterer (ÖVP): Haben Sie diese Hausdurchsuchung als sinnvoll angesehen, oder hätte es dazu auch andere Möglichkeiten gegeben, zum Beispiel im Wege der Amtshilfe – aus Ihrem Erfahrungsbereich?

Dr. Gert-René Polli: Das kann man nicht beurteilen, aber ich glaube, das inzwischen gemeinsame Verständnis über das Wesen der Hausdurchsuchung ist, dass sie überzogen war.

Abgeordneter Gabriel Obernosterer (ÖVP): Entschuldigung, das habe ich nicht verstanden.

Dr. Gert-René Polli: Dass sie überzogen war.

Abgeordneter Gabriel Obernosterer (ÖVP): Dass sie überzogen war. (Auskunftsperson Polli: Ja!)

Sie haben nach dem Ausscheiden vom BVT ein eigenes Unternehmen gegründet?

Dr. Gert-René Polli: Nicht ganz; ich war vorher bei Siemens, bis die deutsche Staatsanwaltschaft aus Österreich über eine anonyme Anzeige in einer Angelegenheit, die in Österreich schon lange abgeschlossen war, informiert wurde. Die Konsequenz war die, dass die deutsche Staatsanwaltschaft Ermittlungen eingeleitet hat. Dann lag das Kind allerdings schon im Brunnen, und ich musste mich mit Siemens über meine Höhe der Abfertigung herumschlagen. – Also eine klassische Denunziation aus Österreich, die mich nach meiner Funktion als Direktor BVT in Deutschland erreicht hat. Als die deutsche Staatsanwaltschaft mitbekommen hat, dass sie instrumentalisiert wurde, dann war es schon zu spät.

Abgeordneter Gabriel Obernosterer (ÖVP): Sie haben eine Unternehmensberatungsfirma gehabt, oder?

Dr. Gert-René Polli: Danach habe ich die Unternehmensberatungsfirma in Österreich gegründet; 2012 glaube ich.

Abgeordneter Gabriel Obernosterer (ÖVP): Mit was haben Sie sich da schwerpunktmäßig beschäftigt?

Dr. Gert-René Polli: Der Fokus hat sich in den letzten zwei Jahren deutlich geändert. Ich mache inzwischen Vorträge, ich schreibe an Büchern, Artikeln, ich gehe mit dieser Expertise ins Fernsehen und ins Radio, und ich berate manchmal Unternehmen in scheinbar ausweglosen Situationen.

Abgeordneter Gabriel Obernosterer (ÖVP): Haben Sie Geschäftsabschlüsse getätigt, die aufgrund von Kontakten aus Ihrer ehemaligen Zeit im BVT zustande kamen?

Dr. Gert-René Polli: Nein, denn es gibt eine strikte Trennung zwischen der Funktion im BVT, vor allem als Direktor – aber nicht nur –, und jeder Form von wirtschaftlichen Aktivitäten und Tätigkeiten. Aber selbstverständlich habe ich im Unternehmen von meinem guten Ruf und von der Expertise und meiner Vergangenheit gelebt.

Abgeordneter Gabriel Obernosterer (ÖVP): Welche Kontakte haben Sie zu ausländischen Geheimdiensten, und haben Sie im Nachhinein, nach Ihrem Ausscheiden, weiterhin Kontakte zu Mitarbeitern im BVT gehabt?

Dr. Gert-René Polli: Ich habe die Kontakte zu Mitarbeitern im BVT unmittelbar danach abgeschaltet. Ich habe nach dem Ausscheiden meines Sicherheitschefs aus dem BVT gelegentlich Kontakte zu ihm – das habe ich auch heute noch, er arbeitet inzwischen in der Sicherheitsakademie –; ansonsten nur sporadisch, wenn man sich auf der Kärntner Straße oder wo auch immer begegnet: Handshake, Grüß Gott, Wie geht’s?, Auf Wiederschauen!

Haben Sie Kontakte zu Nachrichtendiensten? – Nein, aber wenn ich sie bräuchte, kann ich sie unmittelbar und sofort herstellen. (Abg. Obernosterer: Nein, aber?) – Nein, aber wenn ich sie bräuchte, kann ich sie unmittelbar und sofort herstellen, aufgrund meiner Vergangenheit.

Abgeordneter Gabriel Obernosterer (ÖVP): Aufgrund Ihres Netzwerks, ja. Danke.

Das mit Herrn M. W. (BVT) haben wir, glaube ich, schon gehabt. – Okay. Danke für die erste Runde.

Abgeordneter Kai Jan Krainer (SPÖ): Dieser Vertrag mit der FPÖ-Akademie, den Sie vorher erwähnt haben, hat mit Beginn 1. Juli begonnen?

Dr. Gert-René Polli: Ich glaube, der Vertrag ist am 17. Juni oder Juli abgeschlossen worden. 17. ist richtig, aber Juni oder Juli? – Ich glaube, es war eher Juli.

Abgeordneter Kai Jan Krainer (SPÖ): Besteht der noch?

Dr. Gert-René Polli: Nein, er ist gekündigt worden; erinnerlich im März 2018.

Abgeordneter Kai Jan Krainer (SPÖ): Also nach den Hausdurchsuchungen?

Dr. Gert-René Polli: Nein vorher, deutlich vorher.

Abgeordneter Kai Jan Krainer (SPÖ): Was hatten Sie da für Kündigungsfristen? (Auskunftsperson Polli: Bitte?) Was hatten Sie denn für Kündigungsfristen? – Sie sagen im März 2018, und im Februar war die Hausdurchsuchung.

Dr. Gert-René Polli: Na ja, die letzte Aktivität, die ich im Zuge dieses Vertrages gesetzt habe, war im März. Danach habe ich nichts mehr gemacht.

Abgeordneter Kai Jan Krainer (SPÖ): Und wann ist der gekündigt worden?

Dr. Gert-René Polli: Wahrscheinlich unter Einhaltung der Kündigungsfrist; ich müsste nachschauen.

Abgeordneter Kai Jan Krainer (SPÖ): Also nach den Regierungsverhandlungen?

Dr. Gert-René Polli: Das kann ich nicht sagen. Ich habe keinen Bezug zu der Tätigkeit in der Akademie und den Regierungsverhandlungen herstellen können – und auch nicht, was die Kündigung anbelangt.

Abgeordneter Kai Jan Krainer (SPÖ): Sie haben vorher gesagt, dass Sie Herrn Generalsekretär Goldgruber in zwei, drei Arbeitsgruppen getroffen haben.

Dr. Gert-René Polli: Ja, er war ja auch Teil dieser Arbeitsgruppe – aber nicht nur Generalsekretär Goldgruber, sondern auch den Generalsekretär im Verteidigungsministerium.

Abgeordneter Kai Jan Krainer (SPÖ): Was waren das für Arbeitsgruppen?

Dr. Gert-René Polli: Da hat man sich mit speziellen Themen beschäftigt, zum Beispiel mit der Frage des Trojaners: Ist es sinnvoll, dass man das weiter verfolgt oder nicht?, mit Dingen, die halt weniger bekannt sind. Aber man schreibt so etwas ja nicht ins Regierungsprogramm rein.

Abgeordneter Kai Jan Krainer (SPÖ): Das heißt, diese zwei, drei Arbeitsgruppen waren im Zuge der Regierungsverhandlungen.

Dr. Gert-René Polli: Ja, da gibt es ja die Expertengruppe davor, und dann gibt es eigentlich die Regierungsverhandlungen, und ich war bei zwei oder drei Expertengruppen dabei.

Abgeordneter Kai Jan Krainer (SPÖ): Und diese Expertengruppen waren beschickt von beiden Verhandlungsparteien?

Dr. Gert-René Polli: Nein, es war rein eine FPÖ-Expertengruppe.

Abgeordneter Kai Jan Krainer (SPÖ): Okay. Und da waren Sie zwei, drei Mal dabei?

Dr. Gert-René Polli: Ja, korrekt.

Abgeordneter Kai Jan Krainer (SPÖ): Und nachher ist berichtet worden, was rausgekommen ist?

Dr. Gert-René Polli: Darüber habe ich keine Information, was dann rausgekommen ist. Wenn ich welche gebraucht hätte, hätte ich das Regierungsübereinkommen lesen müssen.

Abgeordneter Kai Jan Krainer (SPÖ): Das haben Sie auch getan, oder?

Dr. Gert-René Polli: Natürlich habe ich das getan.

Abgeordneter Kai Jan Krainer (SPÖ): Ja, denn sonst würden Sie ja nicht wissen, dass Sie sich dort verewigt haben.

Dr. Gert-René Polli: Na ja, verewigt habe ich mich nicht, ich habe einfach verschiedene Notwendigkeiten aufgezeigt und bin eigentlich sehr froh, dass die eine oder andere Notwendigkeit auf Gehör gestoßen ist.

Abgeordneter Kai Jan Krainer (SPÖ): Mhm, gut.

Und bei diesen Expertengruppen war auch der jetzige Innenminister dabei?

Dr. Gert-René Polli: Nein, überhaupt nicht. Sie ist von Abgeordnetem Rosenkranz geleitet worden, und ansonsten habe ich den Abgeordneten Lasar dort gesehen und sonst keinen Politiker.

Abgeordneter Kai Jan Krainer (SPÖ): Gut. Und Innenminister Kickl? – Sie haben selber von zumindest einem oder von zwei Gesprächen erzählt. Das war aber nicht im - -?

Dr. Gert-René Polli: Das war nicht im Zuge dieser Expertenrunde, das war weit vorher. Das war in der Parteizentrale der Freiheitlichen.

Abgeordneter Kai Jan Krainer (SPÖ): Wann war das?

Dr. Gert-René Polli: Hm? – Anfang Dezember, erinnerlich.

Abgeordneter Kai Jan Krainer (SPÖ): Und das war ein einmaliger Termin?

Dr. Gert-René Polli: Zweimal war das.

Abgeordneter Kai Jan Krainer (SPÖ): Zweimal. – Und von wem ist das ausgegangen?

Dr. Gert-René Polli: Von mir; ich war daran interessiert, zu fachspezifischen Themen Vorträge zu halten – im Wege meiner Firma, die ich leite.

Abgeordneter Kai Jan Krainer (SPÖ): Aber Sie hatten ja schon einen Vertrag mit der FPÖ-Akademie.

Dr. Gert-René Polli: Ja, aber nicht unbedingt für Vorträge. Die Vorträge waren separat, die waren separat honoriert. (Abg. Krainer: Bitte?) – Die Vorträge wurden separat honoriert.

Abgeordneter Kai Jan Krainer (SPÖ): Ach so, Sie hatten einen FPÖ-Akademievertrag (Auskunftsperson Polli: Korrekt!), in dem es worum gegangen ist? Ich habe gedacht, da geht es um Vorträge?

Dr. Gert-René Polli: Es geht auch um Vorträge, diese Vorträge sind zwar Teil des Vertrages, das ist richtig, sie wurden aber über dieses Standardhonorar hinaus entlohnt. Das heißt, jeder Vortrag, den ich mache, wird zusätzlich verrechnet. Und meine Vorstellung war, dass ich bestimmte Themenbereiche, die auf meiner Webpage aufgeführt sind, als fachspezifische Schulung anbiete. Dazu ist es allerdings nicht gekommen.

Abgeordneter Kai Jan Krainer (SPÖ): Dann wollten Sie mehr dieser Vorträge machen?

Dr. Gert-René Polli: Korrekt, ja.

Abgeordneter Kai Jan Krainer (SPÖ): Hatten Innenminister Kickl oder der damalige Generalsekretär, oder was er war, irgendeine Funktion in der FPÖ-Akademie?

Dr. Gert-René Polli: An den Generalsekretär habe ich keine Erinnerung. Der Innenminister hatte damals eine Funktion in der Akademie, ja.

Abgeordneter Kai Jan Krainer (SPÖ): Welche?

Dr. Gert-René Polli: Ich glaube, er war der Vorsitzende oder Präsident oder so.

Abgeordneter Kai Jan Krainer (SPÖ): Und in dieser Eigenschaft haben Sie zweimal mit ihm Termine gehabt?

Dr. Gert-René Polli: Eigentlich in keiner Eigenschaft, sondern ich war dort, um mit ihm über unterschiedliche Dinge zu reden.

Abgeordneter Kai Jan Krainer (SPÖ): Vorher haben Sie gesagt, es ist, weil Sie zusätzliche Vorträge - -

Dr. Gert-René Polli: Das war auch einer der Gründe.

Abgeordneter Kai Jan Krainer (SPÖ): Was waren die anderen Punkte?

Dr. Gert-René Polli: Es ist auch um Themen gegangen wie – ich habe es, glaube ich, eh erwähnt (Abg. Krainer: Worauf sich die FPÖ einstellen muss, wenn sie nicht das Innenministerium übernimmt!) –: Worauf muss sich die FPÖ beispielsweise einstellen, wenn sie das Innenministerium nicht übernimmt, oder wie ist das mit dem Verteidigungsministerium? Ich kann aber nicht sagen, ob mein Statement und meine Positionierung damals tatsächlich Einfluss auf die Entscheidung genommen haben, welche Parteien dann welches Ressort genommen haben.

Abgeordneter Kai Jan Krainer (SPÖ): Haben Sie ihm gesagt, dass Sie karenzierter Beamter des Innenministeriums sind?

Dr. Gert-René Polli: Selbstverständlich, das ist ja bekannt.

Abgeordneter Kai Jan Krainer (SPÖ): Haben Sie ihm das damals explizit gesagt?

Dr. Gert-René Polli: Na selbstverständlich.

Abgeordneter Kai Jan Krainer (SPÖ): Und haben Sie ihn darauf hingewiesen, dass die Karenzierung abläuft?

Dr. Gert-René Polli: Ja, selbstverständlich.

Abgeordneter Kai Jan Krainer (SPÖ): Haben Sie da auch darüber gesprochen, was Sie dann weiter machen?

Dr. Gert-René Polli: Nein, ich hatte damals, zum damaligen Zeitpunkt eigentlich ganz andere Pläne.

Abgeordneter Kai Jan Krainer (SPÖ): Inwiefern – also außer Vorträge halten für die FPÖ?

Dr. Gert-René Polli: Ich habe mir vorgestellt, in Richtung Pension zu steuern. Ich habe mir vorgestellt, mich zurückzuziehen. Ich habe mir vorgestellt, mich um meine Familie zu kümmern. Und ich habe mir eben vorgestellt, weiter Bücher zu schreiben. Das ist das, was ich mir vorgestellt habe. Ich habe mir auch vorgestellt, die Firma weiter zu betreiben, Vorträge zu machen, und diese Dinge.

Abgeordneter Kai Jan Krainer (SPÖ): Mhm. Und was hat dann Ihre Meinung geändert?

Dr. Gert-René Polli: Die Berechnung meiner Pension. (Allgemeine Heiterkeit.)

Abgeordneter Kai Jan Krainer (SPÖ): Das hätten Sie im Dezember auch schon wissen können, das ist - -

Verfahrensrichter Dr. Eduard Strauss: Entschuldigung, wenn ich mich einschalte, aber die Nähe zum Untersuchungsgegenstand geht mir langsam verloren. – Danke.

Abgeordneter Kai Jan Krainer (SPÖ): Es geht um ein Gespräch mit dem Innenminister und den Inhalt dieses Gesprächs.

Verfahrensrichter Dr. Eduard Strauss: Ich will nicht in eine Diskussion einsteigen, ich sage nur: Vielleicht kommen wir zum Untersuchungsgegenstand zurück! – Danke.

Abgeordneter Kai Jan Krainer (SPÖ): Was waren noch die Themen dieser zwei Gespräche mit dem Innenminister?

Dr. Gert-René Polli: Ich hatte einen Folder, in dem unterschiedliche Vorträge aufgelistet sind, und den habe ich ihm auch gegeben und ihm erklärt, welche unterschiedlichen Themenbereiche das sind und dass das auch sehr interessant sein könnte. Ich hätte dasselbe auch für jede andere Partei gemacht, aber man ist da nicht an mich herangetreten. Also habe ich diese Möglichkeit ergriffen, meine Firma zu präsentieren und auch darauf zu achten, dass ich künftig gut aufgestellt bin.

Abgeordneter Kai Jan Krainer (SPÖ): Stimmt es, dass Sie auch für die Schwesterpartei der FPÖ, der AfD, Vorträge gehalten haben?

Dr. Gert-René Polli: Das ist korrekt, aber das ist kein Vortrag, das ist eine Bitte gewesen, die an mich herangetragen worden ist, ob ich nicht bei einer Podiumsdiskussion dabei sein könnte. – Ich bin viel kritisiert worden; unberechtigterweise! Ich bin der Meinung, dass man den Stier bei den Hörnern packen muss. Ich bin nicht der Meinung, dass man Flagge zeigt, indem man sich nicht beteiligt, indem man Leute ausschließt. Ganz im Gegenteil, ich bin der Meinung, dass Leute mit Expertise und mit einem ganz moderaten Hintergrund öfter zu solchen Veranstaltungen gehen und ihre Meinung auf den Tisch legen sollen. Das verstehe ich unter Demokratie, und genau das habe ich gemacht.

Abgeordneter Kai Jan Krainer (SPÖ): Wessen Bitte war das?

Dr. Gert-René Polli: Das war der dortige Leiter der Diskussion, ich weiß jetzt auswendig nicht mehr, wie er heißt. Er ist, glaube ich, der Fraktionsvorsitzende für außenpolitische Beziehungen oder für Beziehungen zu anderen Partnerorganisationen. Das lässt sich aber herausfinden. Ich glaube, Herr Pilz hat auch eine Aussendung gemacht, in der dieser Name erwähnt worden ist; und er hat auch eine entsprechende Reaktion des Herrn bekommen, habe ich gesehen.

Abgeordneter Kai Jan Krainer (SPÖ): Sind Sie von der FPÖ dorthin vermittelt worden?

Dr. Gert-René Polli: Nein, überhaupt nicht, das hat mit der FPÖ überhaupt nichts zu tun, nicht irgendetwas. Aber meine gesamten Statements sind ja im Netz nachzulesen, und wenn ich mir das heute so anschaue, kann ich sagen, ich bin eigentlich sehr stolz auf das, was ich dort gesagt habe.

Abgeordneter Kai Jan Krainer (SPÖ): War das bezahlt?

Dr. Gert-René Polli: Ausgemacht war es, bis heute habe ich noch kein Geld bekommen.

Abgeordneter Kai Jan Krainer (SPÖ): Okay.

Dieses zweite Treffen mit M. W. (BVT), das dann terminisiert war und nicht zufällig stattfand, hat auch in diesem Hotel stattgefunden?

Dr. Gert-René Polli: Ja klar, ich rauche dort gelegentlich Zigarren; das steht auch in der Zeitung.

Abgeordneter Kai Jan Krainer (SPÖ): Und da ging es auch um die Frage Konvolut, darum, wer der Verfasser ist?

Dr. Gert-René Polli: Auch, aber auch darum, was er jetzt macht und wie er sich seine Zukunft vorstellt. Solche Dinge, auch private Dinge wurden besprochen.

Abgeordneter Kai Jan Krainer (SPÖ): Die privaten Dinge interessieren mich weniger, mich interessieren die Fragen: Im Dezember haben Sie ihn zufällig getroffen, im selben Hotel?

Dr. Gert-René Polli: Ja.

Abgeordneter Kai Jan Krainer (SPÖ): Weil Sie gesagt haben, es ist so schwierig für Sie, den Termin zu eruieren: Sind Sie oft in diesem Hotel?

Dr. Gert-René Polli: Ja, gestern habe ich wieder zwei Zigarren dort geraucht – mit großem Vergnügen.

Abgeordneter Kai Jan Krainer (SPÖ): Sind Sie dort jeden Tag oder einmal in der Woche?

Dr. Gert-René Polli: Na ja, ich bin nicht so oft in Österreich, aber wenn ich in der Stadt zu tun habe und genügend Zeit habe, setze ich mich dort hin und rauche eine Zigarre.

Abgeordneter Kai Jan Krainer (SPÖ): Ja. Dann ist es ja gar nicht so schwierig, den ersten Termin zu eruieren, wenn Sie gar nicht so viel in Österreich sind?

Dr. Gert-René Polli: Na ja, das wäre schon irgendwie möglich, aber das ist vielleicht gar nicht so wichtig.

Abgeordneter Kai Jan Krainer (SPÖ): Das weiß ich nicht. Beim zweiten Termin ging es auch um die Frage des Konvolutschreibers?

Dr. Gert-René Polli: Eine bunte Mischung, an Details kann ich mich nicht erinnern, aber ich kann mir vorstellen: das Konvolut; was er persönlich macht und diese Dinge; was aus dem BVT werden soll; wie er das sieht – solche allgemeinen Dinge, die eher, glaube ich, für den Untersuchungsausschuss nicht relevant sind.

Abgeordneter Kai Jan Krainer (SPÖ): Am 18. Dezember ist die Regierung angelobt worden. Hatten Sie seither Kontakte zum Innenminister?

Dr. Gert-René Polli: Ja, zweimal. Einmal war ich persönlich im Innenministerium und habe mit ihm gesprochen, 5 Minuten oder so; und ja, das war der einzige persönliche Kontakt, den ich nach der Regierungsangelobung hatte.

Abgeordneter Kai Jan Krainer (SPÖ): Wann war das?

Dr. Gert-René Polli: Hm, das kann ich jetzt auch nicht sagen, aber das war ein offizieller Termin, den ich bekommen habe, das lässt sich auch eruieren; jedenfalls deutlich nach der Hausdurchsuchung und auch nach der Suspendierung von Gridling.

Abgeordneter Kai Jan Krainer (SPÖ): War das Thema dieses offiziellen Termins?

Dr. Gert-René Polli: Nein. Ich mache das ganz gerne, wenn ich mich in Österreich, in der Innenstadt befinde, dass ich eine Runde durch das Haus mache, um mich in Erinnerung zu rufen. Das war Sinn und Zweck des Besuchs beim Minister.

Abgeordneter Kai Jan Krainer (SPÖ): Machen Sie öfters solche Runden?

Dr. Gert-René Polli: Ja, heute wieder. (Abg. Krainer: Bitte?) – Heute wieder. (Abg. Krainer: Nein, ich meine aber auch davor?) – Ja, ja, natürlich.

Abgeordneter Kai Jan Krainer (SPÖ): Also auch im Jahr 2017 (Auskunftsperson Polli: Ja, aber nicht im BV- -!), im Jahr 2016?

Dr. Gert-René Polli: Nein, nein, nein, nein, nein. Das mache ich, seit ich - - Das mache ich nur die letzten zwei Jahre, so könnte man sagen, ja (Abg. Krainer: Gut!); das letzte Jahr sogar etwas verstärkt (Abg. Krainer: Okay!), aber nicht zum BVT.

Abgeordneter Kai Jan Krainer (SPÖ): Ja. Hatten Sie seit dem 18. Dezember Kontakt zu Generalsekretär Goldgruber?

Dr. Gert-René Polli: Ja, ich habe einmal mit ihm einen Kaffee getrunken. Das gehört zu so einer Runde. Das war deutlich nach der Hausdurchsuchung und auch deutlich nach der Suspendierung von Gridling.

Abgeordneter Kai Jan Krainer (SPÖ): Und war da das Thema das BVT?

Dr. Gert-René Polli: Nein, da war ich selber das Thema, mehr persönliche Dinge.

Abgeordneter Kai Jan Krainer (SPÖ): Ja. Kontakt mit Herrn Lett hatten Sie nie? (Auskunftsperson Polli: Mit wem?) – Mit Herrn Lett.

Dr. Gert-René Polli: Er ist mir persönlich nicht bekannt.

Abgeordneter Kai Jan Krainer (SPÖ): Deswegen werden Sie auch nie Kontakt zu ihm gehabt haben, zumindest nicht wissentlich.

Dr. Gert-René Polli: Ja, so würde ich das auch sehen.

Abgeordneter Kai Jan Krainer (SPÖ): War bei diesen Gesprächen mit Kickl und Goldgruber die Frage des Schadens, den die Hausdurchsuchung in der internationalen Zusammenarbeit angerichtet hat, Thema?

Dr. Gert-René Polli: Nein, nein. Man hat mich bis zu diesem Thema weder vorher noch nachher befragt.

Abgeordneter Kai Jan Krainer (SPÖ): Na, aber Sie hätten ja was sagen können.

Dr. Gert-René Polli: Ich werde mich hüten. Was geht es mich an?

Abgeordneter Kai Jan Krainer (SPÖ): Sie hätten es ja zum Thema machen können.

Dr. Gert-René Polli: Nein, warum soll ich? Man kann ja nichts gewinnen dadurch.

Abgeordneter Kai Jan Krainer (SPÖ): Weil Sie das öffentlich zum Thema gemacht haben.

Dr. Gert-René Polli: Nur aufgrund meiner Expertise; ich werde mich hüten, Primärinformationen zu bekommen, um damit zur Presse zu gehen. Da mache ich mich ja strafbar. Ich kann nicht zum Minister gehen und sagen: Wie war das?, und: Sagen Sie dieses und jenes!, und dann gebe ich ein Interview. Das ist - -

Abgeordneter Kai Jan Krainer (SPÖ): Nein, aber Sie hätten ja Ihre Expertise einfach in dieses Gespräch einbringen können.

Dr. Gert-René Polli: Meine Expertise ist im Haus bekannt und sie ist abrufbar. Wenn sie abgerufen wird, stelle ich sie gern zur Verfügung. Aber ich laufe den Leuten nicht hinterher damit.

Abgeordneter Kai Jan Krainer (SPÖ): Hat irgendjemand vom Haus seit dem Regierungsantritt Ihre Expertise abgerufen? (Auskunftsperson Polli: Nein!) Und unter der Regierung davor? (Auskunftsperson Polli: Bitte?) – Hat unter Regierung davor irgendjemand Ihre Expertise abgerufen?

Dr. Gert-René Polli: Nein.

Abgeordneter Kai Jan Krainer (SPÖ): Hat irgendein Mitarbeiter des BVT in den letzten fünf Jahren Ihre Expertise abgerufen?

Dr. Gert-René Polli: Nein.

Abgeordneter Kai Jan Krainer (SPÖ): Okay; dann ist es vielleicht doch nicht so bekannt.

Dr. Gert-René Polli: Nein, das stimmt nicht, sondern man weiß sehr genau, dass man zu diesem Themenbereich, wenn man einmal ausgeschieden ist, nicht Stellung nimmt.

Abgeordneter Kai Jan Krainer (SPÖ): Das heißt, es ist bekannt, dass Sie eine Expertise haben, aber die will keiner abrufen, weil man das nicht tut. (Zwischenbemerkung der Vertrauensperson.) – Ich versuche nur, es zu verstehen. (Die Vertrauensperson berät sich mit dem Verfahrensanwalt und dem Verfahrensrichter.)

Verfahrensrichter Dr. Eduard Strauss: Wenn Sie nicht wollen, müssen Sie darauf nicht antworten. (Zwischenbemerkung der Vertrauensperson.)

Abgeordneter Kai Jan Krainer (SPÖ): Gut. Hatten Sie im Vorfeld der Hausdurchsuchung irgendwelche Hinweise darauf, dass eine Hausdurchsuchung stattfinden wird?

Dr. Gert-René Polli: Nicht im Geringsten.

Abgeordneter Kai Jan Krainer (SPÖ): Sie haben gesagt, Sie haben das einen Tag nach der Hausdurchsuchung aus den Medien erfahren? (Auskunftsperson Polli: Ja!) Meines Wissens ist das, glaube ich, das erste Mal fünf Tage nachher in einem Medium gestanden.

Dr. Gert-René Polli: Ich habe das so aus den Medien erfahren wie jeder andere, ob das jetzt der erste Tag, der zweite oder der dritte war. Ich lese täglich mehrere Zeitungen.

Abgeordneter Kai Jan Krainer (SPÖ): Ja. Haben Sie irgendwelche persönlichen Wahrnehmungen über die Auswirkungen dieser Hausdurchsuchung? (Auskunftsperson Polli: Nein!) – Also nur aus den Medien?

Dr. Gert-René Polli: Da ich keine Kontakte aktiver Art zu Diensten pflege, auch keinen Einblick in Arbeitsgruppen habe, in denen das BVT vertreten oder nicht vertreten ist - - Ja, meinen Senf zu diesen Angelegenheiten zu geben ist unnötig.

Abgeordneter Kai Jan Krainer (SPÖ): Zwischen der Regierungsangelobung und der Hausdurchsuchung hatten Sie keinen Kontakt, weder zum Minister noch zum Generalsekretär noch zu anderen Beamten des BMI?

Dr. Gert-René Polli: Zum Generalsekretär definitiv nicht und zum Minister erst nach der Angelobung oder nach der Hausdurchsuchung, jedenfalls nach der Suspendierung von Peter Gridling.

Abgeordneter Kai Jan Krainer (SPÖ): Also gab es zwischen Angelobung und Hausdurchsuchung keinen Kontakt? (Auskunftsperson Polli: Erinnerlich nicht!) – Ja. Weder zum Minister noch zum Generalsekretär noch zu anderen Beamten des BMI?

Dr. Gert-René Polli: Na ja, das kann ich jetzt nicht ausschließen – nicht? –, denn wenn Sie in der Innenstadt, im ersten Bezirk herumgehen - -

Abgeordneter Kai Jan Krainer (SPÖ): Abgesehen von Zufallsbegegnungen, bei denen man sich grüßt.

Dr. Gert-René Polli: Ja, mit der internationalen Abteilung; ein Jahr vor der Hausdurchsuchung war ich öfter mit Herrn Sandrisser verabredet.

Vorsitzende Doris Bures: Eine Frage noch in dieser Runde, Herr Abgeordneter.

Abgeordneter Kai Jan Krainer (SPÖ): Aber das war vor der Regierungsbildung? (Die Auskunftsperson berät sich mit ihrer Vertrauensperson.) Zwischen Regierungsbildung und Hausdurchsuchung gab es keinen Kontakt?

Dr. Gert-René Polli: Nein, ich würde das ausschließen.

Abgeordneter Kai Jan Krainer (SPÖ): Gut. Danke schön.

Abgeordneter Hans-Jörg Jenewein, MA (FPÖ): Ich möchte das vielleicht unkonventionell mit einer Feststellung beginnen: Wir beide kennen uns nicht, wir begegnen uns heute zum ersten Mal. Sie sind mir aus den Medien bekannt. Da hier von einem Rahmenvertrag mit der FPÖ gesprochen wurde: Ich habe Herrn Polli heute das erste Mal in natura gesehen. Ich halte das für wichtig, um eine Befangenheit in irgendeiner Form von Haus aus auszuschließen.

Ich darf vielleicht so beginnen, Herr Polli: Sie haben zuerst auf die Frage nach der Hausdurchsuchung vom 28. Februar gesagt, das wäre zu Ihrer Zeit undenkbar gewesen, Sie hielten so eine Hausdurchsuchung für undenkbar. Meine Frage dahin gehend ist erstens: Hat es zu Ihrer Zeit, als Sie Direktor des BVT waren, Anschuldigungen – nicht in dieser Dichte, das wissen wir schon, dass das jetzt ein einmaliger Vorfall ist –, Verdachtsmomente gegeben, dass es zu Mobbingvorfällen, zu sexistischen Übergriffen oder zu sonstigen Dingen gekommen ist, bei denen man sagt: Es stehen strafrechtlich relevante Vorwürfe im Raum, die geklärt werden müssen? Haben Sie dazu Wahrnehmungen?

Dr. Gert-René Polli: Habe ich keine Wahrnehmungen. Würden strafrechtliche Delikte vorliegen oder bekannt geworden sein, wäre man ja anzeigepflichtig. Aber das hat ja mit der Hausdurchsuchung nichts zu tun. Aber anzunehmen, dass alle diese Vorfälle dem Direktor zur Kenntnis gebracht werden, in welcher Konstellation auch immer, ist weit überzogen.

Abgeordneter Hans-Jörg Jenewein, MA (FPÖ): Das ist weit überzogen. Jetzt gehen wir einmal von diesem Konvolut aus, zu dem Sie anfangs gesagt haben, dass Sie so etwas noch nie in dieser Dichte und dieser Massivität wahrgenommen haben. Sie sagen selbst aufgrund Ihrer beruflichen Erfahrung ja, dass das eine größere Personengruppe geschrieben haben muss, die wirklich Sachkenntnisse bis in Details hat. Sie sagen, Sie kennen niemanden in Österreich, der als Einzelperson diese Sachkenntnis haben könnte. Ihnen wurde dieses Konvolut ja auch zur Kenntnis gebracht, Sie kennen ja den Inhalt.

Halten Sie diese Vorwürfe, die da drinnen erhoben werden, für denkmöglich? Beziehungsweise, da ja hier auch spekuliert wird (Auskunftsperson Polli: Mhm!), dass vielleicht, unter Umständen andere Dienste in gewisser Weise eine Interessenlage (Auskunftsperson Polli: Mhm, verstehe schon!) haben könnten: Halten Sie es für denkbar, dass das im Großen und Ganzen stimmt, oder halten Sie es für denkbar, dass das Ganze ein riesengroßer Hoax ist?

Dr. Gert-René Polli: Na ja, schauen Sie, es steht mir nicht zu, das zu beurteilen. Nur vielleicht einen Kommentar: Als ich dieses Konvolut gelesen habe, war ich entsetzt. Ich habe es für möglich gehalten. Heute weiß ich, dass es in vielen Bereichen überzogen ist. Ich weiß aber auch, dass die Tendenz, die dieses Papier verkörpert, korrekt ist.

 Abgeordneter Hans-Jörg Jenewein, MA (FPÖ): Diese Einschätzung teilt auch die Staatsanwältin, die hier vorige Woche gesagt hat, dass sich die Vorwürfe grosso modo bestätigt haben.

Ich habe Sie nach Ihrer Einschätzung gefragt, weil Sie zuerst gesagt haben, es wäre während Ihrer Zeit als Direktor völlig undenkbar gewesen, eine Hausdurchsuchung durchführen zu lassen. Wie beurteilen Sie diese Hausdurchsuchung im Nachhinein? Sie haben ja Informationen aus den Medien, aber Sie werden ja auch eine persönliche Meinung haben. Sind Sie bereit, diese dem Ausschuss mitzuteilen?

Dr. Gert-René Polli: Sehr gerne, auch wenn es nur Spekulation ist. Das BVT ist zerstört. Wir, der ganze Ausschuss, tanzen derzeit auf der Asche des BVT. Wir werden vom Ausland intensivst beobachtet. Ich kenne keinen Staat, in dem so ein Ausschuss in dieser Öffentlichkeit möglich gewesen wäre, bei dem das unterste einer Behörde, die an sich verdeckt arbeiten sollte, in vielen Bereichen an die Öffentlichkeit gezogen wird. Das ist eine massive Beschädigung der Außenreputation dieser Organisation und eine massive Beschädigung der nationalen Sicherheit.

Abgeordneter Hans-Jörg Jenewein, MA (FPÖ): Ist diese Beschädigung durch die Hausdurchsuchung passiert oder durch das, was im Vorfeld im BVT passiert ist?

Dr. Gert-René Polli: Na, der ganze Komplex beginnt mit der Hausdurchsuchung, beginnt mit der medialen Aufarbeitung und endet mit der Zeugenbefragung im Untersuchungsausschuss, die öffentlich ist – eine Katastrophe, meine Damen und Herren!

Abgeordneter Hans-Jörg Jenewein, MA (FPÖ): Halten Sie die Umstände, die zu dieser Hausdurchsuchung geführt haben, ebenfalls für problematisch?

Dr. Gert-René Polli: Also die Umstände kenne ich nicht. Es kann aber nicht sein, dass es nur das Konvolut mit diesen etwas oberflächlichen Anschuldigungen ist. Ich habe zur Staatsanwaltschaft diesbezüglich weder einen Gesprächsfaden noch entsprechende Kontakte – brauche ich ja nicht. Das kann ich nicht beurteilen.

Abgeordneter Hans-Jörg Jenewein, MA (FPÖ): Sie haben zuerst von massiven Anschuldigungen gesprochen. Jetzt haben Sie gerade in Ihrer Stellungnahme von „oberflächlichen Anschuldigungen“ gesprochen. Wie wurde zu Ihrer Zeit, als Sie Direktor waren, im BVT mit klassifizierten Daten umgegangen? Können Sie das kurz schildern?

Dr. Gert-René Polli: Ja, wenn Sie mir sagen, was Sie unter klassifizierten Daten verstehen. Sie haben ja – ich darf das vielleicht ausführen – unterschiedliche Formen von Klassifizierungen, nicht? Sie haben Dokumente, die von der Europäischen Union als geheim klassifiziert werden, da gibt es bestimmte Standards, wie diese Dokumente gehandhabt werden. Sie haben elektronische Dokumente, die von Verschluss bis geheim klassifiziert werden. Sie haben eigene Berichte, die Sie selbst klassifizieren können – Verschluss, geheim und streng geheim –, mit bestimmten Auflagen. Und – was das Sensibelste ist – Sie haben Informationen von anderen Nachrichtendiensten, die reinkommen – und selbst wenn das die Geburtstagseinladung der britischen Dienstchefin ist; aber da kommen auch andere Informationen über diese Kanäle –, die auch klassifiziert sind. Das ist das Schützenswerte an der Organisation. Wenn Sie diese Informationen der Öffentlichkeit aussetzen, dann werden Sie nie mehr etwas kriegen.

Abgeordneter Hans-Jörg Jenewein, MA (FPÖ): Das ist eine interessante Information. Wir wissen eben auch durch Zeugenbefragungen in diesem Untersuchungsausschuss, dass klassifizierte Daten, ohne die jetzt im Detail aufschlüsseln zu wollen, bei Bediensteten des BVT zu Hause herumgelegen sind, am Frühstückstisch. Wir wissen, dass seit neun Jahren im BVT mit einem Computerprogramm gearbeitet wird, das nicht zertifiziert ist und mit dem trotzdem, wie wir gestern gehört haben, als geheim klassifizierte Daten gespeichert und analysiert wurden. Das ist seit neun Jahren im BVT offenbar State of the Art. Würden Sie das als einen vernünftigen Umgang mit Dokumenten sehen, der in einem Nachrichtendienst so vonstattengehen sollte?

Dr. Gert-René Polli: Das ist eine Katastrophe, genau genommen. Ich komme ja vom Heeres-Nachrichtenamt und war dort über zehn Jahre. Die Vorstellung alleine, dass da etwas, das unter Verschluss ist, das Haus verlässt oder sogar bei einem Mitarbeiter zu Hause ist, hätte unmittelbar ein Disziplinarverfahren zur Folge gehabt. Das sind Erscheinungsformen einer erodierten, führungslosen Organisation.

Abgeordneter Hans-Jörg Jenewein, MA (FPÖ): Ich darf Ihnen auch noch, weil es hier ja schon medienöffentlich verhandelt wurde, mitteilen, dass man im Zuge der Hausdurchsuchungen bei Mitarbeitern Festplatten, die bei diesen Personen zu Hause herumgelegen sind, sichergestellt hat, auf denen sowohl private als auch berufliche Daten, also neben beruflichen auch klassifizierte Daten, gefunden wurden. Wie würden Sie das beurteilen?

Dr. Gert-René Polli: Es gibt dafür keine Entschuldigung, also nur das Straf- und das Disziplinarrecht.

Abgeordneter Hans-Jörg Jenewein, MA (FPÖ): Ich möchte zu einem anderen Fragekomplex kommen und darf Ihnen zu diesem Zweck das Dokument 787 vorlegen und ersuche Sie, die Seite 12 aufzuschlagen. Sie haben genug Zeit, sich das durchzulesen. Ich sage Ihnen dann gleich, welcher Absatz das ist. (Der Auskunftsperson wird ein Schriftstück vorgelegt.)

Dr. Gert-René Polli: Sagen Sie mir, was es für eine Seite ist? (Abg. Jenewein: Zwölf!) Der letzte Absatz?

Abgeordneter Hans-Jörg Jenewein, MA (FPÖ): Es ist der dritte Absatz, bitte.

Dr. Gert-René Polli: Mmh. (Die Auskunftsperson liest in dem ihr vorgelegten Schriftstück.)

Abgeordneter Hans-Jörg Jenewein, MA (FPÖ): Ich möchte in der Zwischenzeit vielleicht auch für die Zuhörer erklären, worum es hier geht. Es ist die Zeugeneinvernahme des Zeugen M. W. (BVT), der da schreibt: „Ganz allgemein kann ich angeben, dass im Jahr 2003 Polli Direktor des BVT war, 2008 war es Gridling, wobei zu dieser Zeit auch [...] Wahrnehmungen gemacht haben könnte, der jetzt in der Abteilung internationales im BVT ist.“

Dr. Gert-René Polli: Darf ich Sie bitten, ein bisschen einzuhalten? Ich bin noch nicht so weit. (Die Auskunftsperson blättert in den Unterlagen.)

Entschuldigen Sie, können wir noch einmal beginnen?

Abgeordneter Hans-Jörg Jenewein, MA (FPÖ): Ja, sicherlich. Es geht um den dritten Absatz, und zwar um den Themenkomplex Lösegelder, Geiselnahme 2006.

Dr. Gert-René Polli: Mhm. (Die Auskunftsperson liest in dem ihr vorgelegten Schriftstück.) Ja, was darf ich - -

Abgeordneter Hans-Jörg Jenewein, MA (FPÖ): In dieser Befragung des Herrn M. W. (BVT) durch die WKStA gibt Herr M. W. (BVT) zu Protokoll, dass zur Geiselnahme 2006 neben Polli auch noch jemand anderer Angaben machen könnte.

Dr. Gert-René Polli: Mein Sicherheitschef.

Abgeordneter Hans-Jörg Jenewein, MA (FPÖ): Genau, der jetzt in der Siak ist.

Ich möchte Sie zu diesem Komplex Lösegeldforderungen Folgendes fragen: Sind Sie jemals von der Staatsanwaltschaft zu diesem Verdacht, dass Lösegelder offenbar oder vermeintlich zweckentfremdet verwendet wurden, befragt worden?

Dr. Gert-René Polli: Noch nie (Abg. Jenewein: Nie?), weder als Direktor BVT noch danach.

Vorsitzende Doris Bures: Eine Frage noch in dieser Runde, Herr Abgeordneter.

Abgeordneter Hans-Jörg Jenewein, MA (FPÖ): Haben Sie die Möglichkeit, dem Ausschuss Ihre Wahrnehmung zu diesem Komplex Lösegeldforderungen mitzuteilen?

Dr. Gert-René Polli: Nur allgemein (Abg. Jenewein: Ja, ja!), und ich kann nicht etwas wissen, was nach meiner Zeit passiert, aber: Das ist einer der kritischsten Sicherheitsbereiche überhaupt. Wenn Sie nicht gerade amerikanischer und britischer Staatsbürger sind, haben Sie in bestimmten Sicherheitsländern ein Problem. Sie laufen nämlich unsichtbar mit einem T-Shirt herum, da steht drauf: Catch me, 5 million dollar! – Zwischen drei und fünf Millionen sind also immer die Lösegeldforderungen, wenn Österreicher in der Wüste oder wo auch immer - -

Dann ist es erforderlich, dass entweder das Heeres-Nachrichtenamt oder das BVT – oder gemeinsam in Absprache – mit den jeweiligen Behörden vor Ort Kontakt aufnimmt, um zu eruieren: Lebt der überhaupt noch? Unter welchen Bedingungen kann er zurückgeführt werden? Gibt es Forderungen für Geiselnahmen? Und Ähnliches.

Dann gibt es eine professionelle Vorgangsweise und eine unprofessionelle Vorgangsweise. In aller Regel: Wenn die Sache nicht geklärt ist, bevor im Außenministerium die Gruppe aus Äußeres, Inneres und Verteidigung zusammenkommt, wenn das nicht vorher geklärt wird, sinkt mit dem Einsetzen dieser Gruppe im Außenministerium – das wird jetzt auch noch sein – die Überlebenschance der Geisel um 50 Prozent. Das bedeutet, alle Bemühungen zur Geiselbefreiung müssen vorher gesetzt werden, bevor der gesamte Apparat anzulaufen beginnt.

Es ist aber auch kein Geheimnis, dass da mitunter sehr viel Geld im Spiel ist, und Geiselnahmen sind – ich würde einmal sagen – beliebt, außer bei den Opfern und den Angehörigen, denn alle Personen, die involviert sind, haben nicht nur ein unendliches Ausmaß von Überstunden zur Lösung dieses Problems zur Verfügung, sondern es geht auch um Dienstreisen, wo sich wochenlang vor Ort nichts tut, und Ähnliches.

Es gibt aber auch die Möglichkeit, mit dem jeweiligen Dienst, ob das jetzt in Saudi-Arabien oder im Oman oder in Nordafrika ist, Kontakte herzustellen und diese Kontakte dann über die Geiselnahme hinaus in den Dienst mitzunehmen, um sie dann dort weiter zu betreiben und zu beleben.

So gesehen ist eine Geiselnahme - - Ich würde einmal sagen, das ist die Oberliga eines Nachrichtendienstes, die allerhöchste Professionalität erfordert, wenn man das positiv abschließen möchte.

 Abgeordnete Dr. Stephanie Krisper (NEOS): Herr Professor! Ich komme zurück zum Standing des BVT und lege ein Interview vor (der Auskunftsperson wird ein Schriftstück vorgelegt), das Sie in der „ZIB 24“ gegeben haben – entgeltlich, wie ich annehme, weil Sie ja nur entgeltlich Interviews geben –, und zwar vom 9. März 2018, in dem Sie, wie auf der fünften Seite steht, sagen:

„Jetzt stellen Sie sich vor, dass Informationen aus dem Allerheiligsten des BVT bei der Staatsanwaltschaft sind. Stellen Sie sich auch vor, dass diese Informationen irgendwann einmal in ein Gerichtsverfahren einfließen. Stellen Sie sich vor, dass wir hier mit Akteneinsicht zu tun haben. Und jetzt sage ich Ihnen noch etwas: Diese Informationen setzen sich zusammen aus Quelleninformationen nicht nur interner Art, sondern auch von ausländischen Diensten. Womit wir es hier zu tun haben, ist der Beginn oder der vorläufige Höhepunkt einer Vertrauenskrise der Zusammenarbeit europäischer Nachrichtendienste und darüber hinaus und den heimischen Behörden. Es ist ja kein Wunder, warum die österreichischen Dienstchefs anlässlich einer hochrangigen Versammlung fast aller europäischen Dienstchefs bei Sicherheitskonferenz letztes Monat in München nicht eingeladen waren. Das ist ja mehr als ein alarmierendes Signal. Das sind die Konsequenzen.“

Die Konsequenzen wovon?

Sie beginnen mit: „dass Informationen aus dem Allerheiligsten des BVT“; und Sie reden im Satz davor über das Extremismusreferat.

Dr. Gert-René Polli: Nein! Das ist nicht das Allerheiligste des BVT!

Abgeordnete Dr. Stephanie Krisper (NEOS): Im Satz davor reden Sie über Extremismus, und dann sagen Sie: „Jetzt stellen Sie sich vor, dass Informationen aus dem Allerheiligsten des BVT bei der Staatsanwaltschaft sind.“

Jetzt ist es ja so, dass auch die Deutschen damit reagiert haben, dass sie gesagt haben, dass alleine die Tatsache, dass Informationen das BVT verlassen haben, für sie schon ein Grund ist, die Zusammenarbeit mit dem BVT zu hinterfragen.

Das heißt: Ich nehme an, für Sie war der ausschlaggebende Moment für den Vertrauensverlust die Hausdurchsuchung mit diesen Konsequenzen, dass Informationen das BVT verlassen haben. Ist das richtig?

Dr. Gert-René Polli: Darf ich die Frage für Sie stellen?

Abgeordnete Dr. Stephanie Krisper (NEOS): Ich habe gefragt: Ist das richtig?

Dr. Gert-René Polli: Gut. – Ja. Aber das ist kein Mirakel. Die Nachrichtendienste leben im Austausch von Informationen von Vertrauen, und es gibt einen Besitzvorbehalt. Informationen, die von anderen Nachrichtendiensten zur Verfügung gestellt werden, haben einen Eigentumsvorbehalt. Das heißt, der Gesetzgeber hätte eigentlich in Österreich und auch anderswo den Auftrag, dass man nicht so ohne Weiteres dieses Vertrauensverhältnis im Zuge von öffentlich gewordenen Aussagen, Ausschüssen, Vernehmungen oder auch Anklagen publik werden lässt.

Ja, selbstverständlich: Diese Informationen von ausländischen Diensten müssen nicht unbedingt eine hohe Qualität haben, aber sie können eine hohe Qualität haben. Wenn sie eine hohe Qualität haben und ausgetauscht werden, kommen diese aufgrund von Quelleninformationen zustande, die ganz sensibel sind, etwa aufgrund von Gesprächsabschöpfungen und Ähnlichem. Je höher qualifiziert ein solcher Bericht ist, desto größer ist das Vertrauen zwischen diesen beiden Organisationen, die das austauschen. Dazu brauchen Sie nicht den ehemaligen Direktor BVT im Zeugenstand, sondern Sie können sich selbst beantworten, was es für die Beziehung der ehemaligen Liebhabenden bedeutet, wenn Liebesbriefe – darf ich das auf diese Ebene transferieren? – plötzlich nach zehn oder 15 Jahren in der „Kronen Zeitung“ abgedruckt werden. – Ich möchte das jetzt vielleicht so beschreiben.

Abgeordnete Dr. Stephanie Krisper (NEOS): Ich habe mir die Frage eh schon selbst beantwortet. Es gab zu dieser Tatsache jedoch auch noch andere Meinungen von anderen Fraktionen.

Dazu habe ich noch die Frage, ob allein nicht schon die Regierungsbeteiligung der FPÖ gewisse Konsequenzen hatte für die Kooperation mit den Partnerdiensten.

Dr. Gert-René Polli: Ich bin Beamter und kann auf diese Frage nicht antworten, weil es eine politische Frage ist und eigentlich mit dem BVT gar nichts zu tun hat.

Abgeordnete Dr. Stephanie Krisper (NEOS): Dann komme ich zur nächsten Frage: Haben Sie mit Lanksy je Kontakt gehabt?

Dr. Gert-René Polli: Mit?

Abgeordnete Dr. Stephanie Krisper (NEOS): Mit Lanksy.

Dr. Gert-René Polli: Nicht in dieser Causa und auch nicht die letzten sieben Jahre.

Abgeordnete Dr. Stephanie Krisper (NEOS): Das Treffen mit Herrn Kickl war ja nach der Regierungsbildung, aber bevor klar war, welches Ministerium der FPÖ zugeteilt wird.

Dr. Gert-René Polli: Ja, das war damals in Verhandlung. Ich war aber nicht in diese Verhandlungen eingebunden, sondern ich war ein Beobachter.

Abgeordnete Dr. Stephanie Krisper (NEOS): Bei dem Gespräch mit Herrn Kickl, bei dem Sie geraten haben, dass sich die FPÖ das BMI aufgrund der Bedeutung für die Wählerklientel nehmen soll, war da das Konvolut auch Thema?

Dr. Gert-René Polli: Nein, das Konvolut war nie Thema. Ich habe dazu auch nie geraten – vielleicht habe ich mich falsch ausgedrückt –, ich habe meine Meinung dazu gesagt.

Abgeordnete Dr. Stephanie Krisper (NEOS): War das Treffen mit Herrn Kickl vor oder nach dem Treffen mit Herrn M. W. (BVT)?

Dr. Gert-René Polli: Deutlich vorher.

Abgeordnete Dr. Stephanie Krisper (NEOS): Sie sagten, das war Anfang Dezember, und auch Herrn M. W. (BVT) haben Sie angeblich am 5. oder 6. Dezember getroffen.

Dr. Gert-René Polli: Nein. Ich würde das mit Herrn M. W. (BVT) mit Mitte Dezember terminisieren.

Abgeordnete Dr. Stephanie Krisper (NEOS): Herr M. W. (BVT) meinte gestern, er hat Sie nur einmal getroffen.

Dr. Gert-René Polli: Nein, wir haben uns dreimal getroffen.

Abgeordnete Dr. Stephanie Krisper (NEOS): Zweimal ausgemacht, einmal zufällig.

Dr. Gert-René Polli: Einmal zufällig, ja.

Abgeordnete Dr. Stephanie Krisper (NEOS): Herr M. W. (BVT) hat dann Kontakt zum Innenministerium aufgenommen und - -

Dr. Gert-René Polli: Entschuldigung, ich habe Sie jetzt nicht verstanden!

Abgeordnete Dr. Stephanie Krisper (NEOS): Herr M. W. (BVT) hat später Kontakt mit dem Innenministerium, mit dem Kabinett aufgenommen, nur um seine Karenzierung zu besprechen. Mit Ihnen war aber das Konvolut das Hauptthema?

Dr. Gert-René Polli: Ich habe dazu überhaupt keine Informationen, welche Kontakte Herr M. W. (BVT) ins Innenministerium hatte.

Abgeordnete Dr. Stephanie Krisper (NEOS): Haben Sie sonst Informationen über diese Treffen mit den Zeugen, von denen Sie jetzt schon wissen, mit dem Innenministerium?

Dr. Gert-René Polli: Entschuldigung! Ich habe die Frage jetzt nicht verstanden.

Abgeordnete Dr. Stephanie Krisper (NEOS): Haben Sie sonst Informationen über die Treffen zwischen den Zeugen zu dieser Causa und dem Innenministerium?

Dr. Gert-René Polli: Überhaupt nichts, zur Zeitungswissen.

Abgeordnete Dr. Stephanie Krisper (NEOS): Sie haben gemeint, Sie drehen seit den letzten zwei Jahren Runden im BMI: Aus welcher Motivation heraus?

Dr. Gert-René Polli: Erstens möchte ich nicht in Vergessenheit geraten. Ich bin ja Bundesbeamter und wollte mir immer die Option offenlassen, irgendwann aus unterschiedlichen Gründen zurückzukommen. Außerdem ist mein ganzer Freundeskreis auch im Innenministerium, ich war ja immerhin zehn Jahre dort, so wie ein anderer Teil meines Freundeskreises in der Landesverteidigung ist.

Abgeordnete Dr. Stephanie Krisper (NEOS): Das heißt, das Interesse war, Freundschaften zu halten und sich vielleicht für einen neuen Posten in Erinnerung zu bleiben.

Dr. Gert-René Polli: Nein, da geht es nicht um Posten, und die Leute, die ich auch getroffen habe, sind nicht maßgeblich für eine Postenvergabe. Ich wollte einfach einmal schauen, was es Neues gibt, mit den Leuten einen Kaffee trinken, plaudern und sagen: Jetzt bin ich wieder da! Vielleicht komme ich wieder, oder vielleicht komme ich auch nicht.

Abgeordnete Dr. Stephanie Krisper (NEOS): Nun ja: Sie haben gesagt, Sie haben gerade bei einer dieser Runden Herrn Generalsekretär Goldgruber auf einen Kaffee getroffen. Der ist schon recht relevant, nicht wahr?

Dr. Gert-René Polli: Das war nicht so besonders relevant, denn das ist normal.

Abgeordnete Dr. Stephanie Krisper (NEOS): Aber als Person ist er recht relevant.

Dr. Gert-René Polli: Ja, als Person ist er relevant. Aber ich habe ihn seitdem gar nicht gesehen, vielleicht schaue ich heute in seinem Büro vorbei.

Abgeordnete Dr. Stephanie Krisper (NEOS): Vorher haben Sie gesagt, dass Sie ihn zweimal beruflich, aber viel früher gesehen haben. Beim zweiten Mal haben Sie gesagt, dass Sie ihn doch bei einer dieser Runden auf einen Kaffee getroffen haben.

Dr. Gert-René Polli: Nein, Entschuldigung! Zweimal habe ich ihn bei diesen Runden getroffen, und erinnerlich habe ich mit ihm als Direktor BVT zweimal telefoniert, in einer logistischen Angelegenheit, weil wir eine Konferenz hatten, um mich bei ihm für die logistische Unterstützung zu bedanken. Das ist meine Erinnerung an Generalsekretär Goldgruber während meiner Zeit als Direktor.

Abgeordnete Dr. Stephanie Krisper (NEOS): Was haben Sie bei den Kaffees besprochen?

Dr. Gert-René Polli: Das war nur Plausch.

Abgeordnete Dr. Stephanie Krisper (NEOS): Was ist Inhalt eines Plauschs?

Dr. Gert-René Polli: Ja, wie es im Innenministerium weitergeht und diese Dinge. (Zwischenbemerkung der Vertrauensperson.)

Verfahrensrichter Dr. Eduard Strauss: Bitte Beweisthemenbezug!

Abgeordnete Dr. Stephanie Krisper (NEOS): Es geht um Gespräche mit einer für die Hausdurchsuchung höchst relevanten Person in einem Zeitrahmen, der auch für die Hausdurchsuchung massiv relevant ist. (Zwischenbemerkung der Vertrauensperson.)

Vorsitzende Doris Bures: Herr Dr. Rifaat! (Zwischenruf der Abg. Krisper. Entschuldigung! Es ist jetzt eh das dritte Mal oder so. – Herr Dr. Rifaat, Herr Dr. Strauss hat Sie auf die Verfahrensordnung aufmerksam gemacht und auch die Rechtsbelehrung vorgenommen. Sie sind Vertrauensperson. Sie können Herrn Dr. Polli beraten, wenn er sich an Sie wendet, und Sie können sich von sich aus an Dr. Strauss oder an Dr. Mikesi wenden, aber Sie haben kein Rederecht in diesem Ausschuss!

Ich habe eingangs auch gesagt, dass Sie die Zeit bekommen, die Sie brauchen, wenn Sie sich hier kurz besprechen möchten. Ich würde Sie also wirklich bitten, dass wir uns da so an die Verfahrensordnung halten!

Bitte, Frau Abgeordnete Dr.in Krisper.

Abgeordnete Dr. Stephanie Krisper (NEOS): Was war der Inhalt der Gespräche mit Generalsekretär Goldgruber?

Dr. Gert-René Polli: Ich habe ihn gefragt, wie es ihm im Innenministerium so geht, wo sein Büro ist, ob es irgendwelche Absichten mit dem BVT in diese Richtung gibt; aber er ist mir ausgewichen, und ich habe das auch so zur Kenntnis genommen. Ich habe ihm erzählt, welche Pläne ich habe. Das Ganze hat 15 Minuten gedauert, wir sind dann im Einvernehmen aufgestanden, und das war es.

Abgeordnete Dr. Stephanie Krisper (NEOS): Wie es im BVT weitergeht, war eben auch schon Thema bei diesen Arbeitsgruppen im Rahmen der Regierungsverhandlungen. Sie haben nämlich gesagt, da war der Reformbedarf schon Thema. Können Sie dazu mehr ausführen?

Dr. Gert-René Polli: Ja, sehr gerne. Wir standen seinerzeit, 2000 – ich habe ja erwähnt, dass ich mit einer Arbeitsgruppe das BVT gegründet habe –, vor der Alternative, dass wir es zweigeteilt machen. Es gab zwei Optionen: Die erste Option war, einen richtigen Geheimdienst zu machen, damit eben das nicht passiert, was jetzt passiert ist. Die zweite Option war, dass wir eine Behörde machen, die ein bisschen von beidem ist, nämlich Polizei, Gerichtspolizei und Nachrichtendienst.

Ich kann jetzt nur den KD 1-Chef seinerzeit zitieren, der mir gesagt hat: Die nachrichtendienstliche Variante ist deshalb von der ÖVP nicht mehr weiter verfolgt worden, weil ein Grünenabgeordneter, Pilz, massiv dagegen aufgetreten ist. – Ich weiß das nur vom Hörensagen.

Aber tatsächlich gibt es diese zwei Optionen nach wie vor, und ich glaube, dass es dringend wäre, den gerichtlichen Teil des Staatsschutzes vom restlichen Teil zu trennen. Das ist aber eine Monsteraufgabe, die nicht einfach zu bewältigen ist, und schon gar nicht derzeit, wenn man die EU-Präsidentschaft innehat.

Das ist nach wie vor eine Option, ob das vom Tisch ist, weiß ich nicht. Ich bin über die Reform des BVT nicht informiert und auch nicht in die Arbeitsgruppe eingebunden. Aber das ist ein objektiver Bedarf, der tatsächlich diskutiert wird.

Abgeordnete Dr. Stephanie Krisper (NEOS): Wenn das Konvolut in diesen Arbeitsgruppen nicht Thema war: Was war sonst in dieser Zeitphase Thema bei Ihren Kontakten?

Dr. Gert-René Polli: Alle Themen, die letztlich Eingang in den Koalitionsbereich gefunden haben. Mein Steckenpferd war es immer, dass man die Dienste, nämlich das Heeres-Nachrichtenamt, eingeschränkt als Abwehramt, und auch das BVT so koordiniert, wenn nicht in Teilen zusammenführt, dass man endlich so etwas wie ein Miteinander und nicht ein Gegeneinander hat. Das war mein oberstes Anliegen.

Ich habe mich auch dafür starkgemacht, den Cyberbereich in Österreich aufzubauen, weil das eine absolute Notwendigkeit im Hinblick auf die Bedrohung ist, die auf uns, auf unsere Wirtschaft und auch auf die Politik zukommt.

Das waren meine Themenbereiche, die ich dort eingebracht und auch argumentiert habe. Es waren auch Details ein Thema, wie zum Beispiel der Bundestrojaner, ob es Sinn macht, dass man das einführt, oder ob das nicht weit überzogen ist, weil das technisch nicht zu bewältigen ist, und Ähnliches. SIM-Karten und diese Dinge waren auch ein Thema.

Abgeordnete Dr. Stephanie Krisper (NEOS): Ich lege ein Dokument vor, das noch keine Nummer hat, weil es noch nicht ins System gespielt wurde, und zwar eine Entscheidung des Landesgerichts für Zivilrechtssachen Wien. (Der Auskunftsperson wird ein Schriftstück vorgelegt.) Ich würde Sie bitten, mir zu erklären, was die Hintergründe dazu sind, was da auf Seite 18 im unteren Drittel steht.

Dr. Gert-René Polli: Können Sie ein bisschen darstellen, worum es da geht? Dann beantworte ich Ihre Frage gern.

Abgeordnete Dr. Stephanie Krisper (NEOS): Ich weiß selbst nicht, worum es in diesem Urteil geht, aber der Sachverhalt, um den es mir geht, zu dem ich Sie bitte, mir die Hintergründe zu erklären, findet sich im unteren Drittel. – Ich zitiere: „Zwischen der Nebenintervenientin“ – das ist S. G. (BVT) – „und Dr. Polli bestanden schwere Zerwürfnisse, die auch zu einem Mobbingverfahren der Nebenintervenientin gegen Dr. Polli führten, das die Nebenintervenientin ‚gewann‘.“

Dr. Gert-René Polli: Ein solches Verfahren kenne ich nicht, ich höre davon jetzt zum ersten Mal. Ich war dort als Zeuge tatsächlich in einem Mobbingprozess zwischen Oberst F. F. (BVT) – das ist ein Oberst des BVT – und Frau S. G. (BVT), glaube ich, die auch als Zeugin da war. Irgendwelche Mobbingangelegenheiten, die mit mir oder mit der S. G. (BVT) zu tun haben, gab es nicht. Ich kann mich daran überhaupt nicht erinnern, ich weiß gar nicht, was das ist!

Abgeordnete Dr. Stephanie Krisper (NEOS): Das Gericht führt das aus.

Dr. Gert-René Polli: Na, dann hat sich das Gericht geirrt! Was ich dort aber auch gespürt habe, ist, dass es, ich würde es nicht Mobbing nennen, aber ein Spannungsverhältnis gab, das es bis heute zwischen der Verwaltung – Sie würden es Analyse oder Referatsleitung nennen – und den angestammten Kriminalbeamten gibt. Das war immer eine Art Konkurrenzverhältnis, wer über wem steht und wer wem untersteht.

Frau S. G. (BVT) ist seinerzeit sehr stark gegen alles aufgetreten, was mit E1 zu tun hat, also mit Offizieren innerhalb der Organisation des BVT. Die Offiziere haben aber eine ganz wesentliche Funktion als Kriminalbeamte und als Leitungsfunktionäre an sich.

Wenn es Mobbing gegeben hätte, dann hat das mit mir nichts zu tun, sondern das ging von Frau S. G. (BVT) in Richtung F. F. (BVT). Daher habe ich Herrn F. F. (BVT) auch zugesagt, dass ich als sein Zeuge dorthin komme. – Das, was da drinnen steht, ist völliger Unsinn!

Abgeordnete Dr. Stephanie Krisper (NEOS): Wie war denn Ihr Verhältnis zu Frau S. G. (BVT)?

Dr. Gert-René Polli: Von meiner Seite oder von Herrn F. F. (BVT)?

Abgeordnete Dr. Stephanie Krisper (NEOS): Ihr Verhältnis.

Dr. Gert-René Polli: Es war ein angespanntes Verhältnis, und das ist auch sehr leicht zu erklären: Frau S. G. (BVT) war in meiner Zeit Gleichberechtigungsbeauftragte und hatte eine Schlüsselfunktion innerhalb dieses Ressorts inne, weil sämtliche Personalbesetzungen mit ihr abgeglichen wurden. Sie ist eine sehr machtvolle und sehr geschickte und gescheite Frau.

Als Direktor BVT glaube ich, dass Politik in einer Organisation wie dem BVT nichts zu suchen hat. Ich habe also immer mit einem scheelen Auge auf die Aktivitäten der Frau S. G. (BVT) geschaut, weil ich die Politik aus meinem BVT heraushalten wollte. Das ist der Grund für die leichten Spannungen seinerzeit zwischen meiner Person als Direktor und Frau S. G. (BVT).

Abgeordnete Dr. Stephanie Krisper (NEOS): Was hat sie gemacht, was nicht in Ihrem Sinne war, nämlich das BVT von der Politik fernzuhalten?

Dr. Gert-René Polli: Ich war der Meinung, dass Personalpolitik im BVT besprochen wird und nicht im Kabinett. Ich war der Meinung, dass man den überwiegenden Teil der Arbeitszeit dort verbringt, wofür man letztlich bezahlt wird. Ich bin der Meinung, dass die Qualität der Arbeit, die auf den Tisch gelegt wurde, hätte besser sein können und verschiedene andere Punkte.

Ich muss aber dazusagen, dass Frau S. G. (BVT) ausgesprochen bemüht ist. Es gibt niemanden im Innenministerium – niemanden! –, der eine derartige Bilderbuchkarriere hingelegt hat wie Frau S. G. (BVT).

Abgeordnete Dr. Stephanie Krisper (NEOS): Welche Personen wurden Ihrer Meinung nach zu Unrecht von ihr unterstützt in ihrer - -

Dr. Gert-René Polli: Das ist, glaube ich, nicht Thema der Befragung.

Nur ein kleiner Hinweis: Das, was ihre Führungsrolle von Amts wegen infrage gestellt hat, war überwiegend der Konflikt mit den E1.

Abgeordnete Dr. Stephanie Krisper (NEOS): Danke.

*****

Vorsitzende Doris Bures: Damit kommen wir zur zweiten Fragerunde. – Bitte, Herr Abgeordneter Dr. Pilz.

Abgeordneter Dr. Peter Pilz (PILZ): Sie haben sich ja Sorgen um eine mögliche Rufschädigung des BVT in der Öffentlichkeit gemacht.

Dr. Gert-René Polli: Sie machen sich auch Sorgen um Ihre eigene Rufschädigung, oder? Ich finde das ja einfach großartig - -

Abgeordneter Dr. Peter Pilz (PILZ): Herr Dr. Polli! Ihre Kontakte zum iranischen Geheimdienst, zum iranischen MOIS, und die Kabel, die es deshalb von der amerikanischen Botschaft in großer Sorge um illegale Waffenlieferungen gegeben hat, Ihre Abberufung als Direktor des BVT und so weiter sind nicht Beweisthema. Wenn Sie das ansprechen, ich werde hier nicht darauf eingehen, sondern Sie jetzt - -

Dr. Gert-René Polli: Ich werde das jetzt ansprechen.

Abgeordneter Dr. Peter Pilz (PILZ): Das ist nicht Beweisthema. Sie haben es versucht - -

Verfahrensrichter Dr. Eduard Strauss: Die Auskunftsperson soll bitte auf Fragen zum Beweisthema antworten. Wir sind sowieso immer sehr weit weg gewesen jetzt. Wenn Sie Ihre Einschätzungen machen wollen - - (Zwischenruf des Abg. Pilz.) Bitte stellen Sie Fragen, und leiten Sie nicht ein, was Sie nicht fragen! – Danke.

Abgeordneter Dr. Peter Pilz (PILZ): Ich habe nur, was ich an und für sich nicht tue, eine kurze Antwort auf einen Einwurf des Herrn Dr. Polli gegeben.

Dr. Gert-René Polli: Sie werden auch eine Antwort von mir bekommen.

Abgeordneter Dr. Peter Pilz (PILZ): Das können Sie auch gerne tun. Ich frage Sie trotzdem etwas. Am 9. März 2018 sagen Sie im „ZIB 24“-Interview kurz nach der Hausdurchsuchung – ich zitiere –: „Das ist eine Entwicklung, die schon 2009, 2010 und 2013 eingesetzt hat, hauptsächlich dadurch, dass Personen in Führungspositionen gebracht wurden, die außer das Parteibuch selbst keine Qualifikation aufwiesen.“

Um welche Personen hat es sich da gehandelt? (Zwischenbemerkung der Vertrauensperson.)

Dr. Gert-René Polli: Erstens ist das nicht Beweisthema, wie ich von meiner Vertrauensperson höre. Zweitens möchte ich zum Thema Iran etwas sagen: Aufs Allerschärfste weise ich alles zurück, was meine Kontakte zum iranischen Nachrichtendienst über das hinaus betrifft, was ein Direktor BVT als tägliche Arbeit zu tun hat.

Wir hatten eine Geisellage im Zusammenhang mit Nussbaumer, die wir mit den Iranern zu lösen versucht haben. – Erstens.

Zweitens: Der Herr Pilz unterstellt mir immer, ich wäre als Direktor verantwortlich für einen Waffenexport. Im Gegenteil: Ich war derjenige, der die zweite Tranche als solche gestoppt hat. Für Waffenexporte ist in Österreich die Bundesregierung zuständig. Vier Ministerien müssen diesbezüglich zustimmen! Und der Akt ist nicht einmal im BVT eingegangen.

Verfahrensrichter Dr. Eduard Strauss: Herr Dr. Polli! Ich muss Sie jetzt einbremsen. (Auskunftsperson Polli: W- -) Tut mir leid! Das war vielleicht indiziert durch die Feststellung des Herrn Abgeordneten Pilz, aber ich bitte Sie, nicht jetzt Stellungnahmen zu Ihrer Tätigkeit abzugeben, außer es hat mit dem Untersuchungsgegenstand – das ist Datensicherung und Hausdurchsuchungen – zu tun. Aber ich bitte, auch die Fragen in diese Richtung zu stellen. – Danke.

Dr. Gert-René Polli: Vielen Dank, aber ich musste das sagen, weil das immer wieder kommt und das völlig hanebüchen ist und ich glaube, dass das ganz bewusst vom Herrn Abgeordneten Pilz geschürt wurde. Das war auch einer der Gründe, warum diese Verleumdungskampagne nach Deutschland durchgeschlagen ist und dann letztlich bei Siemens aufgeschlagen ist.

Nein, solche Waffenexporte haben im BVT weder mit mir persönlich noch mit irgendjemandem von dort auch nur irgendetwas zu tun. – So!

Es ist richtig, dass ich das in der „ZIB 2“ gesagt habe, dass diese Entwicklung, was die Personalfluktuation anbelangt, schon früher eingesetzt hat. Eine Organisation wie das BVT, die in diesen Bereichen arbeitet, in denen das BVT arbeitet, verträgt nur einen bestimmten Prozentsatz an neuen Kräften, vor allem dann, wenn diese Leute nicht als solche ausgebildet sind. Werden zu viele solche Leute in die Organisation eingeschleust, kollabiert diese Organisation. Und genau das ist eigentlich passiert.

Ja, ich hatte als Direktor BVT ein sehr ernstes Gespräch mit der leider verstorbenen Frau Bundesminister Prokop, in dem ich mich – schriftlich – bei ihr über die Aktivitäten im BVT beschwert habe, als also Personen, die unseres Erachtens damals nicht über die Qualifikation verfügten, ins BVT aufgenommen worden sind. Es ist einmalig in Europa, dass der Direktor BVT – und das ist heute auch noch so – nicht die Personalhoheit über jene Leute, die in diese Organisation einzugliedern wären, hat. Das ist einer der Hauptkritikpunkte, die schon 2006, 2007, 2008 und 2009 aufgekommen sind. Diese Entwicklung scheint sich, und das ist eine Spekulation von mir, dann auch noch weiter beschleunigt zu haben.

Abgeordneter Dr. Peter Pilz (PILZ): Ich wiederhole meine Frage: Wer sind diese Personen, die in Führungspositionen gebracht wurden, die außer das Parteibuch selbst keine Qualifikation aufwiesen?

Dr. Gert-René Polli: Ich werde auf dieses Thema nicht eingehen, weil das nicht Thema des Ausschusses ist.

Abgeordneter Dr. Peter Pilz (PILZ): Das ist selbstverständlich ein Thema des Ausschusses. Sie haben das selbst in einem Interview im Zusammenhang mit der Hausdurchsuchung gesagt. Das war auch Teil des Konvoluts. Das war auch mit eine Begründung für die Hausdurchsuchung. Das steht im Zusammenhang mit dem Beweisthema, und zwar ganz eng.

So, ich frage Sie noch einmal (Auskunftsperson Polli: Ich sag’s Ihnen - -), denn Sie sind ja offensichtlich der Meinung, die Erörterung derartiger Vorgänge im zuständigen Untersuchungsausschuss sei ein Problem. Möglicherweise ist es ein Problem, wenn sich ein ehemaliger Direktor des BVT öffentlich über Korruption, über parteipolitische Postenpolitik im BVT und so weiter äußert. Aber da haben Sie recht, das ist jetzt nicht unsere Aufgabe, über mögliche Rufschädigungen des BVT durch einen ehemaligen Direktor des BVT zu sprechen; das kann man anderswo öffentlich erörtern.

Ich möchte die Antwort auf meine Frage: Wer sind die Personen, von denen Sie behaupten, dass sie in Führungspositionen gebracht wurden, die außer das Parteibuch selbst keine Qualifikation aufwiesen, und zwar im BVT?

Dr. Gert-René Polli: Ich glaube, der Herr Richter wird entscheiden, ob diese Frage zulässig ist. Ich glaube nicht.

Verfahrensrichter Dr. Eduard Strauss: Lassen Sie mich kurz nachdenken!

Abgeordneter Dr. Peter Pilz (PILZ): Ich ersuche, kurz die Sitzung zu unterbrechen, damit wir das - -

Vorsitzende Doris Bures: Nein, ich möchte dem Dr. Strauss schon die Möglichkeit geben, darüber nachzudenken.

Ich habe Ihre Fragen und auch den Zusammenhang verstanden. Ich möchte diese Nachdenkpause auch dazu nützen, um darauf hinzuweisen, dass dieser parlamentarische Untersuchungsausschuss eines der wichtigsten Kontrollinstrumente ist, die dem Parlament zur Verfügung stehen, dass dieser auf einer klaren gesetzlichen Grundlage stattfindet und dass die Frage, welche Dokumente und Unterlagen in welchen Klassifizierungsstufen sind – und damit, in welchen Vertraulichkeitsstufen das Verfahren stattzufinden hat, nicht dieser Ausschuss festlegt, sondern die übermittelnde Behörde dieser Unterlagen.

Das ist eine Information auch an Sie, Herr Dr. Polli, weil ich natürlich die Ansicht ganz und gar nicht teile, dass, wenn dieser Ausschuss der Aufgabe nachkommt, mögliche Missbräuche oder Missstände in einer Behörde und die politische Verantwortung dafür aufzuklären, dies möglicherweise zu einem Schaden führt. Es mögen alle Ausführungen, die Sie hier noch über den nachrichtendienstlichen Nutzen von Geiselnahmen gemacht haben, nicht im Zusammenhang mit dem Untersuchungsgegenstand stehen, andere Themen möglicherweise schon.

Daher bitte ich dann Dr. Strauss, die Frage zu beantworten, ob diese Frage im Unterschied zu anderen, bei denen das nicht der Fall war, nicht doch im Zusammenhang mit dem Untersuchungsgegenstand steht.

Abgeordneter Dr. Peter Pilz (PILZ): Darf ich nur noch etwas Ergänzendes zu dieser Frage vorbringen?

Vorsitzende Doris Bures: Um das zu erklären, warum das zum Untersuchungsgegenstand gehört? (Abg. Pilz: Ja, um das zu erklären!) – Ja, bitte.

Abgeordneter Dr. Peter Pilz (PILZ): Es findet sich nämlich vorher im Interview folgende Passage – die wollte ich erst nachher zitieren, aber die erklärt deutlicher den Zusammenhang mit dem Untersuchungsgegenstand –:

„Es riecht nach Korruption auf der einen Seite und Führungslosigkeit auf der anderen Seite. Was wir über viele, viele Jahre im BVT beobachten, ist nichts anderes als Führungsmangel auf der einen Seite und die Herrschaft eines Netzwerks. Und das nicht als wäre das polit-, ein parteipolitisches Netzwerk, das ist ein Netzwerk eigentlich rund um Personen, die sich als Günstlinge sehen.“

Der zentrale Vorwurf im Zusammenhang mit den Hausdurchsuchungen ist ja die Existenz eines Netzwerkes, das Informationen gezielt sammelt, weitergibt und so weiter. Und das wird in einer späteren Passage in diesem Interview in Zusammenhang gebracht mit der Hausdurchsuchung selbst und mit den Anzeigen und mit den Berichten, über die Dr. Polli in diesem Zusammenhang auch Kenntnis zu haben erklärt. Dazu möchte ich ihn aber später befragen.

Verfahrensrichter Dr. Eduard Strauss: Ich teile diese Einschätzung, dass es grundsätzlich zum Untersuchungsgegenstand gehört. Was mich beschäftigt, ist folgende Frage – ich sage ganz offen, warum ich jetzt so nachdenke –: Die Namensnennung von Leuten, die in medienöffentlicher Sitzung sozusagen desavouiert werden, weil sie Günstlinge sind oder so, könnte ja dann wiederum zu rechtlichen Auseinandersetzungen zwischen diesen Personen und der Auskunftsperson führen. Das ist meine Überlegung.

Abgeordneter Dr. Peter Pilz (PILZ): Aber Sie weisen ja selbst zu Recht immer – und ich halte das auch für sehr wichtig – auf unser Schutzinstrument hin, indem Sie selbst die Medienöffentlichkeit darauf aufmerksam machen, dass hier ein Schutzinteresse in Bezug auf Namen besteht. Da haben wir auch keine andere Möglichkeit.

Das Zweite ist: Das sind schwerwiegende Beschuldigungen in Bezug auf das Bestehen eines Netzwerkes. Wenn wir nicht darüber reden können, wer die Personen und die Mitglieder dieses Netzwerkes sind, können wir unserem Untersuchungsauftrag nicht nachkommen.

Vorsitzende Doris Bures: Ich würde jetzt trotzdem ganz kurz die Sitzung unterbrechen und die Fraktionsvorsitzenden zu mir bitten.

Die Sitzung ist kurz unterbrochen.

*****

(Der medienöffentliche Teil der Sitzung wird um 10.48 Uhr unterbrochen und um 10.54 Uhr als solcher wieder aufgenommen.)

*****

10.54

Vorsitzende Doris Bures: Ich nehme die unterbrochene Sitzung wieder auf, bedanke mich für die Beratung mit den Fraktionsvorsitzenden und erteile Herrn Dr. Strauss das Wort.

Verfahrensrichter Dr. Eduard Strauss: Ich möchte an dieser Stelle, bevor wir die Frage noch einmal wiederholen lassen und die Antwort abwarten, die Medienvertreter noch extra wieder auf ihre Verantwortung hinweisen, was die Veröffentlichung von Namen betrifft. – Der Ausschuss wird über die Veröffentlichung von Namen in Protokollen, die nach außen gehen, noch gesondert entscheiden.

Vorsitzende Doris Bures: Bitte, Herr Abgeordneter Pilz, formulieren Sie noch einmal die Frage, und dann bitte ich die Auskunftsperson, die Frage auch zu beantworten. – Bitte, Herr Dr. Pilz.

Abgeordneter Dr. Peter Pilz (PILZ): Herr Dr. Polli, Sie sagten wörtlich in der „ZIB 24“: „[...] Personen in Führungspositionen gebracht wurden, die außer das Parteibuch selbst keine Qualifikation aufwiesen“, und Sie beziehen sich da auf das BVT. – Wer sind diese Personen?

Vorsitzende Doris Bures: Bevor Sie, Herr Dr. Polli, die Antwort geben, weise ich Sie, Herr Dr. Rifaat, zum zweiten Mal darauf hin, dass die Verfahrensordnung klar vorsieht, dass sich Dr. Polli als Auskunftsperson, wenn er sich beraten möchte, an Sie wenden kann – aber nicht Sie permanent Dr. Polli, bevor er die Antwort gibt, sozusagen offensichtlich Hinweise oder Informationen oder Verhaltensregeln geben. Das heißt, ich bitte Sie, sich nur dann mit der Auskunftsperson zu beraten, wenn die Auskunftsperson sich an Sie wendet, und nicht umgekehrt. – Bitte, Herr Dr. Polli.

Dr. Gert-René Polli: Sie erwarten von mir jetzt nicht, dass ich Personen nenne? Sonst müsste ich Ihre Informanten, die Sie im BVT hatten und über viele Jahre geführt haben, auch noch aufdecken. Das wollen Sie sicher nicht.

Was ich aber gerne sagen werde: Was ich in der „ZIB 24“ gesagt habe, ist ein allgemeines Statement, und das ist allgemein bekannt. Ich habe auch gesagt, dass diese Organisation in den letzten - -, schon unter meiner Zeit, zu viel an Zugängen verkraften musste, und das hat sich noch dynamisiert, sodass die Organisation ein gemeinsames Wir, ein gemeinsames Leitbild, hinter dem die Leute gestanden sind, nicht entwickeln konnte.

Und jetzt zur Frage: Nein, Herr Pilz, ich werde keine Namen nennen.

Vorsitzende Doris Bures: Herr Dr. Polli, es gibt Aussageverweigerungsgründe. Hinsichtlich der Nennung der Namen, für deren Veröffentlichung die Verantwortung einerseits beim Ausschuss – das hat Dr. Strauss ausgeführt –, andererseits auch, mit relevanten Folgen, bei den Vertretern und Vertreterinnen der Medien liegt, besteht für diese Aussage kein Entschlagungsgrund, es liegt keine Glaubhaftmachung eines Aussageverweigerungsgrundes, wie sie die Verfahrensordnung vorsieht, vor, wie Dr. Strauss ja auch ausgeführt hat.

Ich fordere Sie daher auf, die Frage zu beantworten, wenn Sie noch wissen, welche Wahrnehmungen Sie haben, wen Sie bei diesem Interview gemeint haben, weil das zweifelsohne – laut Rücksprache mit Dr. Strauss – zum Untersuchungsgegenstand gehört.

Dr. Gert-René Polli: Was der Herr Abgeordnete Pilz hier zitiert hat, ist ein allgemeiner Eindruck, den ich hier wiedergegeben habe, aufgrund der Erfahrungen, die ich gemacht habe. Wenn Sie Namen wollen, dann müssen Sie den ehemaligen Personalchef – nur den kenne ich in meiner Funktion – oder vielleicht den Kabinettschef befragen.

Vielleicht eignet sich das nicht, aber ich möchte es trotzdem sagen – nur ein Bonmot, wie weit das gegangen ist –: Selbst aufgrund des Umstandes, dass jemand bei sich zu Hause eine Reinigungskraft beschäftigt hat und die Reinigungskraft einen Sohn hatte, der Kriminalbeamter war, nämlich schon ein gestandener Kriminalbeamter, musste die betreffende Person im BVT untergebracht werden. Und das war kein Einzelfall! Das war kein Einzelfall, nein, es war eine allgemeine Beobachtung. Wenn Sie Namen wollen, laden Sie sich den Personalchef vor und schauen Sie sich die Personalzugänge an!

Abgeordneter Dr. Peter Pilz (PILZ): Das war keine Antwort auf meine Frage. – Haben Sie irgendwelche Entschlagungsgründe?

Dr. Gert-René Polli: Ja, die Anständigkeit eines ehemaligen Direktors. (Abg. Amon: Zur Geschäftsbehandlung!)

Vorsitzende Doris Bures: Zur Geschäftsbehandlung hat sich Herr Abgeordneter Amon zu Wort gemeldet. – Bitte.

*****

Abgeordneter Werner Amon, MBA (ÖVP) (zur Geschäftsbehandlung): Die Auskunftsperson kann keinen der Verfahrungsordnung entsprechenden Entschlagungsgrund nennen.

 Ich denke, man muss eigentlich schon darauf bestehen, dass die Frage beantwortet wird, denn es kann ja wohl nicht sein, dass hier Behauptungen in den Raum gestellt werden, insbesondere in einem „Zeit im Bild“-Interview, und dass, wenn es dann konkret wird, einem nichts einfällt. Also das passt irgendwie nicht zusammen, und ich meine, dass dem Ausschuss Auskunft zu geben ist.

Verfahrensrichter Dr. Eduard Strauss: Ja, ich glaube auch, dass diese Frage zu beantworten ist. Auf die medienrechtlichen Konsequenzen habe ich hingewiesen. Ich glaube, dass, wie gesagt, der Ausschuss über die Veröffentlichung der Namen noch entscheiden wird. Ich glaube, Sie müssen die Frage beantworten.

*****

Dr. Gert-René Polli: Ich kann mich an die einzelnen Namen nicht erinnern (allgemeine Heiterkeit), wohl aber an eine Situation.

Es war vor etwa ziemlich genau zehn Jahren, als wir die EU-Präsidentschaft hatten. Und wir haben auch die Gelegenheit beim Schopf gepackt, die akademische Expertise im BVT entsprechend aufzupolieren, und haben es tatsächlich geschafft, mindestens zehn Akademiker innerhalb des BVTs zu verankern. Ich war der Meinung, es handelt sich überwiegend um sehr hoffnungsfrohe, loyale Mitarbeiter, die sich an dieses System erst gewöhnen müssen. Tatsächlich habe ich dann aber letztlich erfahren, dass diese zehn Personen durch einen sehr internen Selektionsprozess, der durchaus parteipolitisch war – oder um es zu sagen: fast ausschließlich parteipolitisch –, gegangen sind, und diese Leute sind dann dort aufgeschlagen.

Wer diese Leute waren: Einer zum Beispiel war der ehemalige Leiter der Spionage, der hier als Zeuge aufgetreten ist, und die anderen können Sie leicht eruieren. Das ist jene Gruppe, die 2006 erinnerlich in das BVT eingeschifft ist.

Ist die Frage damit beantwortet?

Abgeordneter Dr. Peter Pilz (PILZ) (erheitert): Nein. Ich kann gerne eine zu Ihrer Antwort passende Frage suchen, aber ich habe Sie nach den Namen gefragt. Sie haben gesagt, Sie haben sie vergessen. Gut, das kommt vor, das kann ja passieren, das kann dem anständigsten Ex-Direktor passieren.

Jetzt frage ich Sie ein bisschen etwas anderes: Haben Sie zum Zeitpunkt des Interviews in der „Zeit im Bild 24“ die Namen der Personen gekannt, die in Führungspositionen gebracht wurden, die außer dem Parteibuch selbst keine Qualifikationen hatten?

Dr. Gert-René Polli: Wenn ich das gesagt habe, war das mein allgemeiner Eindruck, zu dem ich auch stehe.

Abgeordneter Dr. Peter Pilz (PILZ): Aha, dann haben Sie es also zwischen März dieses Jahres und jetzt vergessen. Ist das richtig?

Dr. Gert-René Polli: Wenn Sie das so sagen.

Abgeordneter Dr. Peter Pilz (PILZ): Schauen wir, ob Sie sich an etwas anderes erinnern können, was Sie im März noch gewusst haben.

Vorsitzende Doris Bures: Eine Frage noch in dieser Runde. Die Wiederholung ist nicht auf Ihre Zeit gegangen.

Abgeordneter Dr. Peter Pilz (PILZ): Sie sagen in diesem Interview: Es riecht nach Korruption auf der einen Seite und Führungslosigkeit auf der anderen Seite.“ – Und Sie beschreiben das in einem Interview mit „Österreich“ und erheben auch dort den Vorwurf der Korruption.

Worauf und auf welche Personen bezieht sich der Vorwurf der Korruption im BVT?

Dr. Gert-René Polli: Der Hintergrund dieser Beobachtung, dieser Analyse und dieser Einschätzung war tatsächlich das Konvolut. Das Konvolut, ich sagte das bereits, ergab einen generellen Eindruck, was sich im BVT abspielt. Meine Schlussfolgerung daraus war, wenn auch nur ein Teil davon stimmt, selbst wenn die Tendenz stimmt, die innerhalb dieses Papiers aufgezeigt wird, kann ich mir nicht vorstellen, dass ein aktiver Direktor von diesen Vorgängen nichts gewusst hat oder nicht eingeschritten ist. Das war der Hintergrund meiner Aussage, wozu ich auch heute noch stehe.

Abgeordneter Dr. Peter Pilz (PILZ): Danke.

Abgeordneter Gabriel Obernosterer (ÖVP): Herr Polli, Sie sind 2008 ausgeschieden. Ist das richtig?

Dr. Gert-René Polli: Ja, das ist richtig.

Abgeordneter Gabriel Obernosterer (ÖVP): Und wann sind Sie wieder zurückgekommen? Zehn Jahre waren Sie karenziert, oder?

Dr. Gert-René Polli: Jetzt im September.

Abgeordneter Gabriel Obernosterer (ÖVP): Im Jahr 2017 sind Sie zurückgekommen?

Dr. Gert-René Polli: Nein jetzt, 2018.

Abgeordneter Gabriel Obernosterer (ÖVP): Ah, erst 2018.

Dr. Gert-René Polli: Ja, ja.

Abgeordneter Gabriel Obernosterer (ÖVP): In Ihren Ausführungen haben wir gehört, dass Sie eigentlich Kontakt mit Herrn M. W. (BVT) und Herrn Goldgruber gehabt haben – zufällig und dann halt nochmal nachgestoßen. Sie haben auch Referate in der Politischen Akademie gehalten.

Könnte man von diesen ganzen Besprechungen und von diesen Kontakten im Vorfeld, wenn man alles noch einmal durchgeht, einen Zusammenhang mit dieser Hausdurchsuchung herstellen?

Dr. Gert-René Polli: Nein, es hat sich nichts diesbezüglich abgezeichnet. Vielleicht –rückblickend – wäre es nicht ganz blöd gewesen, mit mir über diese Dinge vorher zu reden. Es wäre vielleicht ganz geschickt gewesen, mit mir über diese Dinge vorher zu reden. Das ist nicht passiert.

Abgeordneter Gabriel Obernosterer (ÖVP): Obwohl Sie dieses Konvolut gekannt haben und die gewusst haben, Sie sind Experte – deshalb sind Sie auch Referent in der Politischen Akademie gewesen –, hat man das eigentlich nie angesprochen, dass es dort zu einer Hausdurchsuchung kommt?

Dr. Gert-René Polli: Nie, überhaupt nicht, nein. Es gab keine Verbindung zwischen mir oder der Hausdurchsuchung oder der Intention, eine Hausdurchsuchung zu machen, oder sogar der Vorgangsweise.

Ich kenne zwar dieses Gebäude, aber nur von außen. Ich war derjenige Direktor, der das BVT in die Rennwegkaserne übersiedelt hat, aus gutem Grund. Aber ich habe keine Ahnung, wo welche Abteilung ist. Ich war dort nie auf Besuch.

Abgeordneter Gabriel Obernosterer (ÖVP): Danke vielmals. – Jetzt haben wir gehört, Sie haben dieses „ZIB 2“-Interview gegeben, Sie haben Zeitungsinterviews gegeben. Sie sind im Jahr 2008 ausgeschieden. Woher haben Sie diesen Wissensstand vom BVT intern? Woher ist der Wissensstand, dass man dazu unmittelbar in einem „ZIB 2“-Interview Stellung nehmen kann, in Zeitungen Stellung nehmen kann? Da muss man ja auch ein bisschen Fleisch haben, denn sonst kann man ja nicht Stellung nehmen, oder sehe ich das falsch?

Dr. Gert-René Polli: Ich bin seit fast 30 Jahren im Nachrichtendienst. (Abg. Obernosterer: Bitte?) Ich bin seit fast 30 Jahren in Nachrichtendiensten tätig.

Abgeordneter Gabriel Obernosterer (ÖVP): Ja.

Dr. Gert-René Polli: Die Gesetzmäßigkeiten, wonach Nachrichtendienste funktionieren, sind immer gleich, ganz unabhängig von den handelnden Personen. Die Thematiken sind immer dieselben, und es hat etwas mit der Bedrohungsrelevanz zu tun, die ändert sich natürlich als solche. Ich war immer ein Experte und habe nie losgelassen, nämlich mich da entsprechend weiterzubilden, nicht nur im Hinblick auf Zeitungswissen, sondern auch im Hinblick auf Bücher.

Ich habe vor Kurzem ein sehr bemerkenswertes – ich darf ein bisschen Eigenwerbung machen – Buch geschrieben: „DEUTSCHLAND zwischen den FRONTEN“. Da geht es ausschließlich um den deutschen BND, um die politische Involvierung in der Snowden-Affäre – das zu Ihrer Frage, wie ich den Kontakt zu den Nachrichtendiensten oder zu diesen Thematiken der Nachrichtendienste aufrechterhalte. Das war immer mein Leben. Das ist meine Expertise und das wird auch weiter meine Expertise auch in künftigen Büchern sein.

Abgeordneter Gabriel Obernosterer (ÖVP): Sie haben keinen Kontakt oder jemanden, der Ihnen Informationen zugespielt hat, aus dem Mitarbeiterstand vom BVT?

Dr. Gert-René Polli: Nein, das wäre ja unprofessionell, denn solche Situationen sind ja wie aufgelegt. In dem Augenblick, wo man regelmäßig Kontakte zu einer Organisation wie dieser unterhält, ist es unweigerlich, dass einen der Vorwurf trifft, dass man Informationen rauszieht. Den Teufel habe ich getan, um genau das zu vermeiden.

Abgeordneter Gabriel Obernosterer (ÖVP): Aber dann darf ich den Schluss daraus so ziehen, dass Sie alle Ihre Interviews, die Sie gegeben haben, und Ihre Statements, die Sie zu diesem Thema abgegeben haben, aus der Ferne analysiert haben, oder?

Dr. Gert-René Polli: Mehr oder weniger. Ich habe etwas vergessen, so wie in meiner - - Das möchte ich jetzt nachholen.

Auf die Frage: Haben Sie Kontakt zu Leuten vom BVT? – Das habe ich ganz vergessen. Ja. Ich habe mich einmal im Jahr, manchmal zweimal mit dem Direktor auf einen Kaffee getroffen, von Kollege zu Ex-Kollege, und wir haben über bestimmte Dinge gesprochen, ohne dass der aktive Direktor BVT auch nur Fälle angesprochen hat oder Ähnliches. Manchmal hat er mir sein Leid geklagt, wie schwierig es im BVT ist – und er hat mir leidgetan.

Ich halte sehr viel von Peter Gridling. Ich muss aber auch dazusagen, bei der Art und Weise, wie rund um ihn herum regiert worden ist, hat mir dieser Mann manchmal leidgetan, denn er ist voller Enthusiasmus und Energie.

Abgeordneter Gabriel Obernosterer (ÖVP): Entschuldigung, nochmal die Wiederholung: Das heißt, Sie haben das aus der Ferne aufgrund von Berichten, et cetera, et cetera analysiert?

Dr. Gert-René Polli: Schauen Sie, ich sage Ihnen, wie das heute in Nachrichtendiensten ist. Sie finden heute fast alles in der Zeitung, in den Medien, in den Social Media, in einer Qualität, die ein Nachrichtendienst nicht einmal in der Lage ist, auf den Tisch zu legen. Das führt auch international dazu, dass man sagt: Wenn man Zeitung liest, weiß man eigentlich mehr als das, was der Nachrichtendienst auf den Tisch blättert. Ich kann aufgrund meiner Erfahrung zwischen den Zeilen lesen. Ich weiß, wo die Probleme liegen. Ich weiß, was nicht analysiert wird und was das bedeutet. Das ist die Expertise, die ich habe, und deshalb habe ich das entgeltlich gemacht. Ich habe davon gelebt.

Abgeordneter Gabriel Obernosterer (ÖVP): Okay, dann habe ich das richtig zusammengefasst. Wissen Sie, warum ich das frage? – Nur als Nebensatz, das gehört nicht zum Untersuchungsgegenstand: Ich arbeite in einem Unternehmen, in welchem auch viel kommuniziert wird. Ich weiß, was dort geredet wird, und wenn es von externen Leuten dann kommuniziert wird, was dort geredet wurde, glaube ich, ich war nicht mehr dabei – so weit geht das auseinander.

Deswegen habe ich jetzt gefragt: Hatten Sie direkt Kontakt und direkte Information, oder haben Sie es nur aus der Ferne analysiert? Das haben Sie beantwortet. Keine weiteren Fragen. Danke.

Abgeordnete Sabine Schatz (SPÖ): Sehr geehrter Herr Dr. Polli, haben Sie noch diese Visitenkarten, auf denen Sie beim Innenministerium als Senior Security Advisor ausgewiesen sind?

Dr. Gert-René Polli: Ich glaube, ich habe noch welche, die ich schon viele Jahre nicht mehr benutze. Manchmal hat mir das geholfen, wenn ich in einer Krisenregion unterwegs war, aber jahrelang benutze ich diese Visitenkarte nicht mehr.

Abgeordnete Sabine Schatz (SPÖ): Das Innenministerium bestätigte auf Anfrage des „Kurier“ im September 2018 – also erst kürzlich –, dass Sie dann einen Werkvertrag mit dem Innenministerium hatten, als Sicherheitsberater zu fungieren. Ist dieser Werkvertrag noch aufrecht?

Dr. Gert-René Polli: Der Werkvertrag ist als solcher nicht mehr aufrecht, das ist ausgelaufen.

Abgeordnete Sabine Schatz (SPÖ): Wann ist der ausgelaufen?

Dr. Gert-René Polli: Erinnerlich 2009 oder 2010 oder so, nicht allerdings das Tragen des Titels und der Visitenkarte. (Abg. Schatz: Bitte, das habe ich jetzt nicht - - ) – Nicht allerdings das Tragen des Titels und der Visitenkarte. Das ist jetzt zu Ende, wo ich wieder aktiver Bundesbeamter bin.

Vorsitzende Doris Bures: Das heißt, Sie durften das weiter verwenden (Auskunftsperson Polli: Korrekt!), obwohl dieser Werkvertrag nicht mehr aufrecht ist?

Dr. Gert-René Polli: Korrekt. Das letzte Set - -

Abgeordnete Sabine Schatz (SPÖ): Spannend, ja.

Dr. Gert-René Polli: Das letzte Set habe ich 2012 bekommen, vom Generaldirektor für öffentliche Sicherheit.

Abgeordnete Sabine Schatz (SPÖ): Nach Beendigung dieses Werkvertrages (Auskunftsperson Polli: Ja, ja!) 2009 oder 2010?

Dr. Gert-René Polli: Korrekt.

Abgeordnete Sabine Schatz (SPÖ): Haben Sie dann später noch einmal im Rahmen von Werkverträgen oder anderen Beraterverträgen für das Innenministerium gearbeitet?

Dr. Gert-René Polli: Nein, ich bin gelegentlich zu Meinungen gefragt worden, aber das war alles.

Abgeordnete Sabine Schatz (SPÖ): Entgeltlich, vermutlich?

Dr. Gert-René Polli: Unentgeltlich.

Abgeordnete Sabine Schatz (SPÖ): Okay. Das heißt, Sie haben jetzt auch den Innenminister in dieser ganzen Frage der Umstrukturierung des BVT nicht beraten? Ist das so?

Dr. Gert-René Polli: Nein, habe ich nicht.

Abgeordnete Sabine Schatz (SPÖ): Sie haben sich kürzlich daran erinnert, dass Sie mit dem Herrn Gridling auch Kontakt hatten, Sie hatten mit M. W. (BVT) und S. R. (BVT) Kontakt. Sonst ist Ihnen im letzten Jahr kein Kontakt zu BVT-Mitarbeitern und Mitarbeiterinnen mehr erinnerlich? Ist das richtig?

Dr. Gert-René Polli: Wenn es nicht gerade eine Begegnung im 1. Bezirk war, en passant, nein.

Abgeordnete Sabine Schatz (SPÖ): Begegnungen im 1. Bezirk, wo man sich zufällig über die Straße läuft und - -

Dr. Gert-René Polli: So ist es.

Abgeordnete Sabine Schatz (SPÖ): - - dann Konvolute bespricht?

Dr. Gert-René Polli: So ist es.

Abgeordnete Sabine Schatz (SPÖ): Sie haben vorhin auch zur Einschätzung des Konvoluts gesagt, dass Sie mittlerweile herausgefunden haben, dass das überzogen ist, aber die Tendenz stimmt. Was oder wer bestätigt Sie in dieser Meinung?

Dr. Gert-René Polli: Meine eigene Erfahrung, die ich als Direktor BVT gehabt habe, aber auch ein bisschen die Gespräche mit Peter Gridling, die aber sehr oberflächlich geblieben sind.

Abgeordnete Sabine Schatz (SPÖ): Aber Sie haben auch mit M. W. (BVT) und S. R. (BVT) über die aktuelle Situation im BVT gesprochen, ist das richtig?

Dr. Gert-René Polli: Ja, danach, wir haben das angedeutet. Nicht im Detail, denn es geht nicht um den Austausch von operativen Informationen, sondern es geht um die Darstellung eines Klimas. Das ist ja entscheidend. Das Arbeitsklima innerhalb einer Organisation wie des BVT ist von ganz entscheidender Bedeutung für die Qualität und für die Ruhe dieser Organisation, denn nur so kann sie arbeiten.

Abgeordnete Sabine Schatz (SPÖ): Sie haben vorhin davon gesprochen, dass ein Freundeskreis von Ihnen im BMI beheimatet ist, mit dem Sie auch laufend Kontakt haben. Können Sie uns das genauer beschreiben? Wer zählt zu diesem Freundeskreis?

Dr. Gert-René Polli: Na ja, ich würde es nicht Freundeskreis nennen, ich würde es ehemalige Kollegen nennen.

Abgeordnete Sabine Schatz (SPÖ): Sie haben es selbst Freundeskreis genannt.

Dr. Gert-René Polli: Ja, da war ich ein bisschen zu forsch. Wenn ich in Wien war, habe ich mich gelegentlich im Kabinett anschauen lassen, habe einen Kaffee mit dem Kabinettschef damals getrunken, auch mit dem jetzigen Sektionschef beispielsweise, habe also mit Herrn Sandrisser gesprochen, weil ich den noch aus der Zeit des Militärs kenne. Und ansonsten, wenn man sich am Gang begegnet, erinnert man sich an gemeinsame Aktivitäten, die man vor vielen Jahren gehabt hat. Das ist nichts anderes als Kontaktpflege.

Abgeordnete Sabine Schatz (SPÖ): Sie unterhalten sich da logischerweise auch über das BVT, oder?

Dr. Gert-René Polli: Überhaupt nicht über das BVT. Das BVT ist ein geschlossener Klub, über den innerhalb des Ministeriums nach außen zu Dritten – und zu diesen Dritten habe ich damals gehört – nichts durchdringt. Und das ist auch gut so.

Abgeordnete Sabine Schatz (SPÖ): Ich möchte einen anderen Fragenkomplex ansprechen. Er wurde vorher schon gesagt, dass im Windschatten dieser BVT-Affäre jetzt auch im Innenministerium darüber geredet wird, wie man den Verfassungsschutz neu aufstellen kann. Sie haben im Dezember 2017 im „Kurier“ ein Interview gegeben und sich für die Fusion der Geheimdienste ausgesprochen. Ich zitiere: „Es ist höchst an der Zeit, dass äußere und innere Aspekte der Sicherheitsdienste zusammengeführt werden“. – Jetzt, im Nachhinein, da wir diese Razzia im BVT hatten, wozu Sie selbst gerade gesagt haben, dass im Moment auf der Asche des BVT getanzt wird und es sich ja beim BVT um Ihr Baby handelt: Wie ist Ihre Wahrnehmung oder Ihre Einschätzung nun im Nachhinein – das Interview war ja im Dezember –, sind Sie immer noch der Meinung, dass das richtig und wichtig ist, vor allem, wenn man bedenkt, dass die FPÖ sozusagen dann die Hand über diesen Supergeheimdienst hätte?

Dr. Gert-René Polli: Ich glaube, dass die parteipolitische Herausstellung von Strukturen, ob das das Innen- oder das Verteidigungsministeriums ist, bei Weitem überzogen und überbewertet wird als solche. Zweitens: Was ich angedeutet habe, ist, dass wir in Österreich zwei Organisationen, sehr potent und für den Steuerzahler eminent teuer, nebeneinanderher haben, die nebeneinander leben, mit teilweise überschneidenden Aufgaben, die sich gelegentlich konkurrenzieren. Das ist nicht notwendig, wenn man einen gemeinsamen Aufklärungsplan, gemeinsame Direktiven, gemeinsame Arbeitsgruppen einrichtet, sofern das aus rechtlicher Sicht möglich ist. Bei Ermittlungen ist das ja nicht möglich, wohl aber beispielsweise bei der erweiterten Gefahrenerforschung oder bei der Terrorabwehr und Ähnlichem. Oder wenn Informationen im Zuge von Geiselnahmen gebraucht werden, dann gibt es schon solche Arbeitsgruppen zwischen Innerem und Äußerem.

Ich habe nicht von einer Verschmelzung des BVT mit dem Heeres-Nachrichtenamt gesprochen, das ist ein Ding der Unmöglichkeit, das sind zwei völlig unterschiedliche Kulturen. Ich habe davon gesprochen, dass wir einen Überbau bauen, einen strategischen Überbau, der diese beiden Organisationen koordiniert. Und das ist absolut notwendig.

Vorsitzende Doris Bures: Eine Frage noch in dieser Runde, Frau Abgeordnete.

Abgeordnete Sabine Schatz (SPÖ): Ich zitiere ein allseits bekanntes Zitat vom oberösterreichischen Sicherheitslandesrat Elmar Podgorschek, der bei der AfD in Thüringen gesagt hat: „Wir haben ja auch jetzt eine Affäre, eine sogenannte BVT-Affäre. BVT ist der Verfassungsschutz, der eine eigene Zelle gebildet hat, die derzeit, so hoffe ich, ausgetrocknet wird.“ – Ist Ihnen Herr Podgorschek im Rahmen Ihrer Beratertätigkeiten für die FPÖ-Akademie jemals bekannt geworden? Er ist Sicherheitslandesrat, das ist ja auch Thema.

Dr. Gert-René Polli: Vielleicht ist es eine Schande für mich, aber ich kenne ihn nicht.

Abgeordnete Sabine Schatz (SPÖ): Danke.

Abgeordneter Hans-Jörg Jenewein, MA (FPÖ): Ich möchte noch einmal auf den Themenkomplex zurückkommen, den ich vorhin angesprochen habe, Thema Datensicherheit, Umgang mit Dokumenten. Wir wissen seit diesem Untersuchungsausschuss auch, dass eine Reihe von Mitarbeitern, die im BVT beschäftigt sind, vornehmlich in der IKT, also in der EDV, nebenberuflich private Firmen betreiben. Können Sie sich erinnern, war das in der Zeit, als Sie Direktor im BVT waren, auch so?

Dr. Gert-René Polli: Ich habe keine solchen privaten Firmen genehmigt, noch ist es mir zur Kenntnis gelangt worden, und ich halte das grundsätzlich in einer Organisation wie dem BVT als höchst problematisch.

Abgeordneter Hans-Jörg Jenewein, MA (FPÖ): Das wäre meine Frage gewesen. Jetzt wissen wir aber auch, das gibt es nicht nur im BVT, das gibt es im BKA, das ist offenbar etwas, was momentan sehr modern ist, dass Leute, die sich ihre berufliche Expertise durch den Bundesdienst erwerben, diese auch in einer privaten Nebenbeschäftigung anbieten.

Welche Problematiken könnten Sie als ehemaliger Direktor des BVT, des Nachrichtendienstes daraus ableiten?

Dr. Gert-René Polli: Für den EDV-Bereich, das ist einer der sensibelsten Bereiche eines Nachrichtendienstes oder einer Sicherheitsbehörde, muss man jeden Fall separat prüfen und sich sehr genau anschauen, ob da nicht eine Unvereinbarkeit auf der einen Seite oder die Möglichkeit von Datenabfluss besteht. Aber gerade im EDV-Bereich ist das sehr, sehr kritisch.

Abgeordneter Hans-Jörg Jenewein, MA (FPÖ): Ich habe in der Runde keine weiteren Fragen.

Abgeordnete Dr. Stephanie Krisper (NEOS): Sehr geehrter Herr Professor, ich möchte noch einmal bei den Postenbesetzungen durch Protektion einhaken und Sie um Namen ersuchen. Schließlich haben Sie auf meine Frage zu S. G. (BVT) schon Ihren Ärger über ihre Interventionen bei Postenbesetzungen, die Ihrer Meinung nach das BVT politisiert haben, kundgetan. Sie können sich sogar an ein Beispiel mit einer Putzfrau und ihrem Sohn erinnern, hierarchisch jetzt nicht so hochstehend. Sie haben sich jahrelang darüber geärgert, das war ein Hauptthema während Ihrer Arbeit im BVT. Ich glaube nicht, dass Ihnen das alles an Namen jetzt abhandengekommen ist. (Auskunftsperson Polli: Ah - - ) Das heißt, B. P. (BVT) haben Sie vorher genannt, nicht namentlich, aber es ist einer dieser Namen – oder?

Dr. Gert-René Polli: Ich glaube, diese Frage habe ich schon beantwortet. (Abg. Krisper: Nein!) Wenn Sie auf Namen aus sind, brauchen Sie nur die Personalzugänge anzuschauen, das ist kein Geheimnis.

 Abgeordnete Dr. Stephanie Krisper (NEOS): Ich frage Sie! Ist B. P. (BVT)eine von diesen Personen?

Dr. Gert-René Polli: Ich werde keine Personen nennen. (Abg. Pilz: Was soll das?)

Abgeordnete Dr. Stephanie Krisper (NEOS): Aus welchem Grund? Das müssen Sie begründen.

Dr. Gert-René Polli: Weil man das einfach nicht tut, dass man Leute irgendwie preisgibt.

Abgeordnete Dr. Stephanie Krisper (NEOS): Das ist hier kein Grund für eine Aussageverweigerung.

Dr. Gert-René Polli: Es tut mir leid, ich kann Ihnen keine Namen nennen.

Verfahrensrichter Dr. Eduard Strauss: Bitte, Sie müssen die Aussageverweigerung gemäß dem Gesetz begründen.

Vorsitzende Doris Bures: Der Einwand von Benimmregeln oder Ihren Vorstellungen dazu sind kein begründeter Einwand.

Dr. Gert-René Polli: Nun, meine Meinung ist, dass, wenn ich hier Namen preisgebe, das ja mit Kreditschädigungen zu tun hat, und man auch damit rechnen muss, dass es zu Klagen kommt. Das kann nicht die Aufgabe des Ausschusses sein, derartige Klagsfälle auszulösen. Es ist auch völlig egal, wie die Namen sind, das Entscheidende ist ja, dass die Masse der Leute, die da reingekommen ist (Abg. Krisper: Es ist nicht egal!) – darf ich fertig machen? –, zu groß und zu einseitig ausgerichtet ist und das Schiff BVT daher zum Kippen gebracht hat.

Abgeordnete Dr. Stephanie Krisper (NEOS): Deswegen interessiert uns ja das Thema, deswegen sind die Namen wichtig, Herr Professor.

Dr. Gert-René Polli: Von mir werden Sie die Namen nicht bekommen.

Abgeordnete Dr. Stephanie Krisper (NEOS): Aus welchem Grund?

Dr. Gert-René Polli: Aus Loyalität gegenüber der Organisation und auch den Personen.

Abgeordnete Dr. Stephanie Krisper (NEOS): Das ist kein Grund, der hier eine Aussageverweigerung rechtfertigt.

Dr. Gert-René Polli: Ja, eigentlich schon.

Abgeordnete Dr. Stephanie Krisper (NEOS): Wo findet sich das?

Dr. Gert-René Polli: Kreditschädigungsklagen.

Verfahrensrichter Dr. Eduard Strauss: Ja, das können vermögensrechtliche Nachteile für Sie sein. Das ist ein Punkt, wenn Sie darauf Bezug nehmen, dann muss ich es wohl zulassen. (Auskunftsperson Polli: Ja, das mache ich!) Eine Klage nach § 1330 ABGB auf Unterlassung und Schadenersatz.

Vorsitzende Doris Bures: Ich unterbreche die Sitzung kurz und bitte die Fraktionsvorsitzenden zu mir.

Die Sitzung ist unterbrochen.

*****

(Der medienöffentliche Teil der Sitzung wird um 11.22 Uhr unterbrochen und um 11.30 Uhr als solcher wieder aufgenommen.)

*****

11.30

Vorsitzende Doris Bures: Ich nehme die unterbrochene Sitzung wieder auf und ersuche nach allen Gesprächen und Beratungen über den weiteren Verlauf der Befragung Frau Abgeordnete Dr.in Krisper, Ihre Frage noch einmal zu formulieren. – Bitte.

Abgeordnete Dr. Stephanie Krisper (NEOS): Herr Professor, welche Personen wurden Ihrer Wahrnehmung nach aufgrund von Protektion im BVT mit einem Posten gesegnet?

Dr. Gert-René Polli: Vielen Dank für die Frage. Sie beziehen sich wahrscheinlich auf dieses ORF-Interview, nehme ich an, in dem diese Aussage vorkommt. Ich möchte den Inhalt dieser ORF-Aussage teilweise zurückziehen. Das war ein allgemeiner Eindruck, und vielleicht war das eine oder andere in der Formulierung etwas übers Ziel hinausgeschossen.

Abgeordnete Dr. Stephanie Krisper (NEOS): Sie haben heute auch auf meine Frage zu Frau S. G. (BVT) gesagt, dass Sie mit ihr im Zerwürfnis waren, weil es während Ihrer Arbeit als Chef im BVT passiert sei, dass durch sie Personen eine Position bekommen haben oder dass sie sich dafür eingesetzt hat, aber das Ergebnis in jedem Fall war, dass während Ihrer Arbeit als Chef im BVT Personen in Positionen gehievt wurden, deren Besetzung parteipolitisch und nicht aufgrund der Qualifikation motiviert war.

Dr. Gert-René Polli: Ich glaube, das sind zwei verschiedene Dinge, die da miteinander vermischt werden. Was das Thema S. G. (BVT) und ihre Funktion im BVT anbelangt, hat das nichts mit Personalbesetzungen oder Parteibesetzungen oder Ähnlichem zu tun, sondern was ich gesagt habe - - Es gab auch kein Zerwürfnis zwischen mir und der Frau S. G. (BVT), das ist auch zwischen einem Direktor und einem Referatsleiter gar nicht vorgesehen.

Es gab aber schon Spannungen, und ich war teilweise unzufrieden – habe ich ja gesagt –, weil die Funktion, die sie im Innenministerium ausgeübt hat, so machtvoll und auch so zeitintensiv war, dass ich der Meinung war, dass man sich um den Arbeitsplatz vielleicht intensiver hätte kümmern können, dass man ihn vielleicht personalmäßig sogar aufstockt. Das ist aber nicht passiert. Aber in diesem Lichte habe ich also die Spannungen zwischen Frau S. G. (BVT) und mir als damaligem Direktor beschrieben, nicht im Hinblick auf Postenbesetzungen.

Es ist aber richtig, dass die Funktion als Gleichberechtigungsbeauftragte, die Frau S. G. (BVT) damals innehatte, eine intensive Zusammenarbeit mit dem damaligen Kabinettschef beziehungsweise mit dem Personalchef notwendig machte. Aber das hat nicht unmittelbar das BVT betroffen, das hat das gesamte Ministerium betroffen.

Abgeordnete Dr. Stephanie Krisper (NEOS): Sie haben heute hier auch gesagt, dass kein Korpsgeist innerhalb des BVT entstehen konnte, weil eben auch Personen Positionen erhalten haben, bei denen das Erhalten dieses Jobs parteipolitisch motiviert war. Das heißt, Sie haben heute dieses Thema selbst wieder aufgebracht.

Dr. Gert-René Polli: Ich habe das damit in Zusammenhang gestellt, wohin das BVT sich zwischen – ich würde einmal sagen: 2006, 2007, 2008 und heute – entwickelt hat. Ich habe vom Korpsgeist gesprochen, der auch deshalb schwer aufrechtzuerhalten ist, wenn man zu viel an jungem neuem Personal hineingibt – dann kippt dieses Schiff. Genau das ist passiert, genau das habe ich gesagt.

Abgeordnete Dr. Stephanie Krisper (NEOS): Nein, es ging ja um die parteipolitische Besetzung. Sie haben auch das Beispiel der Putzfrau genannt.

Dr. Gert-René Polli: Das ist etwas anderes, das hat damit nichts zu tun. Das hat mit parteipolitischen Besetzungen überhaupt nichts zu tun.

Abgeordnete Dr. Stephanie Krisper (NEOS): Es war zu diesem Themenkomplex, und als ich nach konkreten Namen gefragt habe, haben Sie gemeint, dass Sie sie aus Loyalität nicht nennen. Ist das richtig?

Dr. Gert-René Polli: Ich habe Sie jetzt nicht verstanden.

Abgeordnete Dr. Stephanie Krisper (NEOS): Als ich Sie nach konkreten Namen gefragt habe, haben Sie gemeint, dass Sie diese Namen aus Loyalität nicht nennen.

Dr. Gert-René Polli: Ich werde deshalb auch Namen nicht nennen, weil das überinterpretiert worden ist. Das sagte ich auch schon. Grundsätzlich und ganz allgemein hat man aber, wenn Sie Namen nennen, mit Vermögensnachteilen zu tun, und deshalb, glaube ich, nicht einmal Vermutungen - -

Abgeordnete Dr. Stephanie Krisper (NEOS): Sie haben zuerst gesagt, aus Loyalität nennen Sie die Namen nicht. Dann haben Sie gesagt, Sie erinnern sich nicht. Welche diesen Aussagen im dem U-Ausschuss war jetzt die Unwahrheit?

Dr. Gert-René Polli: Keine davon, beides hat seine Gültigkeit. Darüber hinaus war die Aussage, die ich im ORF getroffen habe, allgemeiner Art, und ich habe vielleicht das eine oder andere etwas überzogen. Mehr habe ich dazu nicht zu sagen.

Abgeordnete Dr. Stephanie Krisper (NEOS): Wissen Sie es jetzt und sind loyal oder wissen Sie es nicht? Welche dieser beiden Aussagen ist jetzt die Wahrheit?

Dr. Gert-René Polli: Man kann es vermuten und vielleicht nachvollziehbar machen, aber ich bin nicht hier, um Vermutungen zu äußern.

Abgeordnete Dr. Stephanie Krisper (NEOS): Wissen Sie es jetzt und sind loyal oder haben Sie es vergessen? Welche dieser beiden Aussagen war die Unwahrheit?

Dr. Gert-René Polli: Weder das eine noch das andere. Meine Funktion liegt jetzt mehr als zehn Jahre zurück, über Postenbesetzungen, die nach 2008 gelaufen sind, habe ich also keine eigenen Wahrnehmungen.

Abgeordnete Dr. Stephanie Krisper (NEOS): Ich glaube Ihnen nicht, dass Sie es nicht mehr wissen, wenn Sie von den 2006er-Leuten reden, über die wir uns selber einmal informieren sollen, wer das war. Wer war das?

Dr. Gert-René Polli: Ja, ich kann die Namen nicht aufzählen, aber ich kann mich erinnern, wir haben in dieser Zeit mindestens sechs oder acht Zugänge gehabt.

Abgeordnete Dr. Stephanie Krisper (NEOS): Sagen Sie mir bitte die Namen!

Dr. Gert-René Polli: Frau Abgeordnete, an die Namen kann ich mich nicht erinnern.

Abgeordnete Dr. Stephanie Krisper (NEOS): Ich dachte, das war die Loyalität?

Dr. Gert-René Polli: Beides vielleicht.

Abgeordnete Dr. Stephanie Krisper (NEOS): M. W. (BVT)?

Dr. Gert-René Polli: M. W. (BVT) ist ein altes Pferd im BVT. Der war schon Gründungsmitglied der EBT.

Abgeordnete Dr. Stephanie Krisper (NEOS): Ist er einer derjenigen?

Dr. Gert-René Polli: Bitte?

Abgeordnete Dr. Stephanie Krisper (NEOS): Ist er einer derjenigen?

Dr. Gert-René Polli: Einer der- -?

Abgeordnete Dr. Stephanie Krisper (NEOS): Derjenigen Personen, die aufgrund von parteipolitischer Unterstützung - -

Dr. Gert-René Polli: Nein, ich sagte schon, M. W. (BVT) ist einer der Gründungsmitglieder der EBT, das geht 20 Jahre zurück.

Abgeordnete Dr. Stephanie Krisper (NEOS): Ja, trotzdem.

Dr. Gert-René Polli: Nein, das hat damit nichts zu tun. Der ist ja nicht neu in die Organisation gekommen, der war immer dort.

Abgeordnete Dr. Stephanie Krisper (NEOS): Ja, dennoch kann er am Anfang seiner Karriere eine parteipolitisch - -

Dr. Gert-René Polli: Ich habe zu M. W. (BVT) überhaupt keine eigenen Erkenntnisse, denn M. W. (BVT) war, ich glaube, sogar gar nicht im BVT, als er in Brüssel war, sondern er war dort, glaube ich, Verbindungsbeamter oder etwas Ähnliches und ist dann erst ins BVT gekommen, und das war nach meiner Zeit. Aber zu M. W. (BVT) habe ich überhaupt keine diesbezüglichen Beobachtungen.

Abgeordnete Dr. Stephanie Krisper (NEOS): Welche hierarchisch höherstehenden Posten wurden in Ihrer Zeit als BVT-Chef neu besetzt?

Dr. Gert-René Polli: Na, alles! Ich habe ja die Organisation gegründet.

Abgeordnete Dr. Stephanie Krisper (NEOS): Ja, dann fragen wir halt alle durch, ob Sie sich erinnern.

Dr. Gert-René Polli: Na ja, das waren ungefähr 400 Leute.

Abgeordnete Dr. Stephanie Krisper (NEOS): Jede Bestellung.

Dr. Gert-René Polli: Soll ich mich jetzt an alle 400 Leute erinnern?

Abgeordnete Dr. Stephanie Krisper (NEOS): Na ja, dann halt 2006!

Dr. Gert-René Polli: Na ja, schauen Sie, wie ist die - - Sie müssen zwischen der Zeit, als das BVT gegründet wurde, unterscheiden, da wurde die alte Staatspolizei in das neue BVT übergeführt. Es wurden 300 Arbeitsplätze beschrieben und entsprechend bewertet. Es wurden alle neuen Leitungsfunktionen nicht nur neu besetzt, sondern eigentlich besetzt. Auch wenn Sie mich jetzt danach fragen, ich hatte den Eindruck, es gab eine politische Wunschliste, wer was wird. Gesehen habe ich diese Wunschliste nicht, das ist also eine Educated Guess von mir.

Abgeordnete Dr. Stephanie Krisper (NEOS): Wer war dieser Sohn der Putzfrau?

Dr. Gert-René Polli: An den kann ich mich wirklich nicht erinnern. Ich kann mich nur an die Situation erinnern, weil sie total skurril war. Das muss 2003 oder 2004 gewesen sein, ich weiß es nicht mehr.

Abgeordnete Dr. Stephanie Krisper (NEOS): Das heißt, Sie haben in der „ZIB 24“ die Unwahrheit gesagt?

Dr. Gert-René Polli: Nein, die richtige Sache. Ich bin vielleicht ein bisschen übers Ziel hinausgeschossen, das mag schon sein. Sie wissen ja, bei Interviews in der „ZIB“ steht man nicht unbedingt unter Wahrheitspflicht, da schon. (Allgemeine Heiterkeit. – Abg. Amon: Das sollte man dem ORF sagen! – Abg. Jenewein: Ich glaube, das weiß er!)

Abgeordnete Dr. Stephanie Krisper (NEOS): Ist das Ihr Zugang?

Dr. Gert-René Polli: Das war eine launische Bemerkung, ja, bitte das genau als solche zu klassifizieren.

Abgeordnete Dr. Stephanie Krisper (NEOS): Ist das Ihr Zugang, in öffentlichen Interviews so übers Ziel hinauszuschießen, dass es der Unwahrheit nahekommt, und in einem U-Ausschuss zuerst zu behaupten, Sie würden aus Loyalität nicht antworten und sich dann nicht erinnern?

Dr. Gert-René Polli: Na, sicher nicht, sicher nicht.

Vorsitzende Doris Bures: Herr Dr. Strauss hat sich zu Wort gemeldet.

Verfahrensrichter Dr. Eduard Strauss: Bitte, diese Spindel jetzt nicht weiterdrehen! Das war, glaube ich, eher eine Scherzerklärung, wie Sie gemeint haben. Bitte, dann korrigieren Sie das in dieser - -

Dr. Gert-René Polli: Selbstverständlich, ich habe das auch genauso gesagt. Das war eine launische Bemerkung von mir. (Abg. Krainer: Mit einem wahren Kern!) Nebenbei erwähnt: Mit dem Thema hat es ja gar nichts zu tun.

Abgeordnete Dr. Stephanie Krisper (NEOS): Über das Ziel hinausgeschossen – Sie können sich jetzt an gar keinen Namen außer B. P. (BVT) mehr erinnern, behaupten aber in der „ZIB“, es gab da systemisch massive Freunderlwirtschaft.

Dr. Gert-René Polli: Ich kann mich an das System erinnern; den einen oder anderen Namen müsste ich mir irgendwo ausgraben, aber die Konsequenz dieser Politik ist doch entscheidend.

Abgeordnete Dr. Stephanie Krisper (NEOS): Ein System besteht nicht aus einer Person. Können Sie sich an eine Person erinnern? Haben Sie in der „ZIB“ die Unwahrheit gesagt, weil Sie von einem System gesprochen haben. Ist das nicht über das Ziel hinausgeschossen?

Dr. Gert-René Polli: Personalbesetzungen im BVT – und mehr kann ich dazu nicht sagen – haben mit dem Direktor des BVT in aller Regel nichts zu tun, sondern die Personalhoheit darüber hat das Innenministerium, entweder das Kabinett oder der Personalchef selbst. Dieser ist auch die Anlaufstelle für sämtliche Interventionen, politischer und anderer – Landespolitiker, Bundespolitiker, Verbände, alles Mögliche –, aber da sage ich Ihnen noch nichts Neues.

Abgeordnete Dr. Stephanie Krisper (NEOS): Das heißt: Das ist Ihre letztliche Begründung für die Nichtaussage irgendwelcher Namen?

Dr. Gert-René Polli: Ich denke, ich habe das ausreichend mehrfach beantwortet.

Abgeordnete Dr. Stephanie Krisper (NEOS): Bei welcher Begründung bleiben Sie jetzt? Es gab ja heute mehrere.

Dr. Gert-René Polli: Wie lautet die Frage?

Abgeordnete Dr. Stephanie Krisper (NEOS): Womit begründen Sie Ihre Aussageverweigerung bezüglich Namen?

Dr. Gert-René Polli: Weil das ein allgemeiner Eindruck ist, den ich wiedergegeben habe.

Abgeordnete Dr. Stephanie Krisper (NEOS): Ihre gültige Begründung, bitte.

Dr. Gert-René Polli: Ich glaube, das ist schon geklärt.

Verfahrensrichter Dr. Eduard Strauss: Die Passage im Interview, auf die sich die Frage bezieht, hat er zurückgezogen, hat er gesagt.

*****

Vorsitzende Doris Bures: Damit kommen wir zur dritten Fragerunde – Herr Abgeordneter Dr. Pilz, bitte.

Abgeordneter Dr. Peter Pilz (PILZ): Herr Dr. Polli, Sie haben das „ZIB“-Interview vor sich. Damit wir uns auskennen: Können Sie uns sagen, welche Passagen Sie jetzt zurückziehen? Gehen Sie es einfach durch und sagen Sie uns – damit wir es uns anzeichnen können –, welche Passagen Sie zurückziehen.

Dr. Gert-René Polli: Das ist ja irgendwie fast wie ein Kasperltheater.

Abgeordneter Dr. Peter Pilz (PILZ): Ja, da gehört auch ein Kasperl dazu. (Zwischenbemerkung der Vertrauensperson.)

Dr. Gert-René Polli: Ja, der sitzt ja auch da.

Vorsitzende Doris Bures: Ich würde jetzt wirklich bitten! Wir sind in der dritten Fragerunde. Ich weiß, es gestaltet sich ein wenig schwierig, aber ich würde wirklich bitten, dass wir bei der sachlichen Form, so wie wir es in 13 Sitzungen auch bei schwierigen Situationen geschafft haben, bleiben, sodass wir auch noch in der dritten Runde die Befragung ordentlich durchführen.

Herrn Dr. Polli würde ich auch bitten, diese Unterstellungen dem Ausschuss gegenüber zu unterlassen. (Die Auskunftsperson berät sich mit ihrer Vertrauensperson.)

Dr. Gert-René Polli: Also vielleicht lassen Sie mich das so beantworten. Den Konnex zwischen Parteibuch und fachlichen Qualifikationen würde ich so nicht aufrechterhalten.

Abgeordneter Dr. Peter Pilz (PILZ): Ich möchte, dass Sie uns genau sagen, welche Passagen Sie zurückziehen. Wir brauchen das für die Ausschussprotokolle.

Dr. Gert-René Polli: Ist das eine zulässige Frage?

Verfahrensrichter Dr. Eduard Strauss: Zur Beurteilung der Zulässigkeit der Aussageverweigerung würde ich das jetzt als Zusatzfrage sehen.

Dr. Gert-René Polli: Ist das überhaupt Beweisthema?

Verfahrensrichter Dr. Eduard Strauss: Es geht jetzt nicht um das Beweisthema als ersten Schritt, sondern als zweiten Schritt. Es geht um Ihre Aussageverweigerung und die Frage, ob sie relevant ist. (Die Auskunftsperson berät sich mit ihrer Vertrauensperson.)

Dr. Gert-René Polli: Die Nichtqualifikation, die da drinnen angeführt ist, ist meine persönliche Meinung.

Abgeordneter Dr. Peter Pilz (PILZ): Ich habe Sie ersucht, die Passagen zu bezeichnen, die Sie zurückziehen.

Dr. Gert-René Polli: „[...] selbst keine Qualifikation aufwiesen.“

Abgeordneter Dr. Peter Pilz (PILZ): Also, Korruption bleibt aufrecht?

Dr. Gert-René Polli: Ich beziehe mich hier auf das Konvolut, und das ist ja allgemein gehalten.

Abgeordneter Dr. Peter Pilz (PILZ): Sonst ziehen Sie von dem Interview nichts zurück? (Die Auskunftsperson berät sich mit ihrer Vertrauensperson.)

Dr. Gert-René Polli: Gut, wir nehmen - -, also ich nehme den Zusammenhang zwischen Parteibuch und fehlender Qualifikation zurück.

Abgeordneter Dr. Peter Pilz (PILZ): Okay. Sonst noch etwas?

Dr. Gert-René Polli: Vorläufig nicht.

Abgeordneter Dr. Peter Pilz (PILZ): Vorläufig nicht, gut. Zu dem von Ihnen bezeichneten Netzwerk: War Herr B. P. (BVT), der BVT-Beamte B. P. (BVT), Teil dieses Netzwerkes?

Dr. Gert-René Polli: Herr B. P. (BVT) ist erst nach meiner Zeit reingekommen, über seine - -, oder während meiner Zeit reingekommen, aber zu seinen Aktivitäten habe ich keine eigene Wahrnehmung. Dazu war er von einer Führungsposition viel zu weit weg.

Abgeordneter Dr. Peter Pilz (PILZ): Haben Sie ihn jemals als Teil dieses Netzwerkes bezeichnet?

Dr. Gert-René Polli: Nein.

Abgeordneter Dr. Peter Pilz (PILZ): Okay. Ich will das nur im Protokoll haben. Es hat schon einen Sinn.

Was ist jetzt Ihre Tätigkeit im BMI?

Dr. Gert-René Polli: Ich bin Migrationsbeauftragter der Sektion III.

Abgeordneter Dr. Peter Pilz (PILZ): Aha. Sind Sie für irgendeine Auslandsverwendung vorgesehen?

Dr. Gert-René Polli: Ja, für Spanien.

Abgeordneter Dr. Peter Pilz (PILZ): Ist das schon entschieden?

Dr. Gert-René Polli: Ich glaube nicht, aber es gibt eine Arbeitsplatzbeschreibung diesbezüglich, die erst bestätigt werden muss.

Abgeordneter Dr. Peter Pilz (PILZ): Und was ist es genau? Ist das Attaché oder was ist das?

Dr. Gert-René Polli: Es ist so etwas Ähnliches wie Attaché.

Abgeordneter Dr. Peter Pilz (PILZ): Können Sie das beschreiben?

Dr. Gert-René Polli: Ja, es geht um Informationen, die also entweder über den Attachéweg verfügbar sind, die dem Innenministerium dann gemeldet werden. Es geht um sehr spezielle Aufträge über Anlandungen oder über die Entwicklungen in Nordafrika, in Marokko. Es geht um Rückführübereinkommen und Ähnliches. Es geht auch um Briefings im Innenministerium, um laufende Berichterstattung – mündlich oder schriftlich.

Abgeordneter Dr. Peter Pilz (PILZ): Kriegen Sie dazu einen Diplomatenpass?

Dr. Gert-René Polli: Ich habe keinen Diplomatenpass.

Verfahrensrichter Dr. Eduard Strauss: Bitte, das scheint sich vom Thema für mich zu entfernen.

Abgeordneter Dr. Peter Pilz (PILZ): Herr Dr. Strauss, ich muss Ihnen da vollkommen recht geben. Da haben Sie vollkommen recht. Zu sonstigen Strafverfahren und so weiter, die sicherlich nicht Beweisthema sind, möchte ich Sie nicht befragen. Sie haben sich doch an einiges erinnern können. Ich bin Ihnen sehr dankbar für Ihre Aussage. Sie haben uns sehr weitergeholfen.

Abgeordneter Werner Amon, MBA (ÖVP): Herr Dr. Polli, ich komme nochmals kurz auf das ORF-Interview zurück. Da geht es ja nicht um das Konvolut einerseits, sondern da geht es um Geruchswahrnehmungen am Beginn. Kollege Strolz ist der Meinung, es stinkt im BVT. Sie meinen, es riecht nur, und Sie sagen: „Es riecht nach Korruption auf der einen Seite und Führungslosigkeit auf der anderen“ – also Sie meinen da Gridling. Ist das eine Passage, die Sie zurücknehmen?

Dr. Gert-René Polli: Nein, es ist keine Passage, die ich zurücknehme, und die betrifft nicht ausschließlich Gridling, sondern Führungsschwäche - - Das ist eine Aufgabe jeglicher Leitungsfunktion als solcher. Ein solches Konvolut, wie wir es vor uns liegen haben, mit Informationen, die aus Insiderwissen kommen, dürfte nie geschrieben werden. Das ist die Passage, die mich ein bisschen bedenklich gestimmt hat.

Das hat mich also zur Schlussfolgerung kommen lassen, dass vielleicht das eine oder andere im BVT nicht so ist, wie es sein sollte.

Abgeordneter Werner Amon, MBA (ÖVP): Also hat‘s nicht die CIA geschrieben?

Dr. Gert-René Polli: Bitte?

Abgeordneter Werner Amon, MBA (ÖVP): Hat es nicht die CIA geschrieben?

Dr. Gert-René Polli: Das wird man letztendlich wahrscheinlich nicht beweisen können.

Abgeordneter Werner Amon, MBA (ÖVP): Dann heißt es weiter: Was wir über viele, viele Jahre im BVT beobachten, ist nichts anderes als Führungsmangel auf der einen Seite und die Herrschaft eines Netzwerks.“ – Das halten Sie aufrecht, oder nehmen Sie es zurück?

Dr. Gert-René Polli: Ich halte das aufrecht.

Abgeordneter Werner Amon, MBA (ÖVP): „Und das nicht als wäre das polit-, ein parteipolitisches Netzwerk, das ist ein Netzwerk eigentlich rund um Personen, die sich als Günstlinge sehen“, halten Sie aufrecht?

Dr. Gert-René Polli: Halte ich auch für richtig, ist meine persönliche Auffassung.

Vorsitzende Doris Bures: Eine Frage noch, Herr Abgeordneter.

Abgeordneter Werner Amon, MBA (ÖVP): Welche Personen sind die, die sich als Günstlinge sehen?

Dr. Gert-René Polli: Auch das ist allgemein gehalten, aber ich würde meinen, dass es sich um Personen handelt, die Hin- oder Umleitungsfunktionen in den letzten fünf, sechs, sieben Jahren - - (Abg. Amon: Wer?!) Das ist eine Beobachtung von mir, und ich kann keine Namen nennen. (Abg. Pilz: Namenlose Günstlinge! – Allgemeine Heiterkeit.)

Abgeordneter Werner Amon, MBA (ÖVP): In Führungspositionen, die Ihnen nicht einfallen.

Dr. Gert-René Polli: Das hat mit Einfallen nichts zu tun.

Abgeordneter Werner Amon, MBA (ÖVP): Fallen Ihnen nicht ein?

Dr. Gert-René Polli: Nein, das ist eine allgemeine Beurteilung aus Beobachtungen, die ich gemacht habe.

Abgeordneter Werner Amon, MBA (ÖVP): Fällt Ihnen niemand ein?

Dr. Gert-René Polli: Nein.

Abgeordneter Werner Amon, MBA (ÖVP): Es ist traurig, dass jemand, der BVT-Chef war, so ein schlechtes Gedächtnis hat.

Dr. Gert-René Polli: Ja, manchmal ist das so. Mit Namen hat es gar nichts zu tun. Das ist ein allgemeiner Eindruck, der die Organisation gewissermaßen erodiert hat.

Vorsitzende Doris Bures: Herr Abgeordneter, das - -

Abgeordneter Werner Amon, MBA (ÖVP): Ich habe eh nix mehr, oder habe ich noch 5 Sekunden?

Vorsitzende Doris Bures: Nein, das war Ihre letzte Frage. – Herr Abgeordneter Krainer, bitte.

Abgeordneter Kai Jan Krainer (SPÖ): Das heißt, Sie waren seit 2008 nie im BVT, hatten keinen Kontakt zu aktiven BVTlern, aber Sie können diesen Befund des namenslosen Günstlingsnetzwerkes erstellen.

Dr. Gert-René Polli: Das ist richtig. Ich war nie im BVT. Ich war auch nie in der Rennwegkaserne, wo das BVT untergebracht war. Als ich 2008 ausgeschieden war, waren wir noch am Schubertring.

Unmittelbare Kontakte ins BVT habe ich, außer dass ich mich mit Herrn Generaldirektor Gridling einmal oder zweimal im Jahr auf einen Plausch oder auf einen Meinungsaustausch getroffen habe, nicht, und Informationen als solche habe ich dort auch nicht herausgezogen.

Abgeordneter Kai Jan Krainer (SPÖ): Sie haben vorher gesagt, Sie haben alle Verbindungen zum BVT gekappt. Das gehört sich auch.

Dr. Gert-René Polli: Außer die zum Direktor.

Abgeordneter Kai Jan Krainer (SPÖ): Außer die zum Direktor. Seit damals, seit 2008?

Dr. Gert-René Polli: Seit 2008, ja.

Abgeordneter Kai Jan Krainer (SPÖ): Das heißt, Ihre einzige Kontaktperson im aktiven Bereich des BVT in den letzten zehn Jahren war Herr Gridling.

Dr. Gert-René Polli: Ja, aber es gibt auch Informationen, die man nicht unmittelbar vom BVT rauskriegt, sondern in Gesprächen mit dem Kabinettschef, dem Personalchef und Ähnlichen. Man sieht ja, was sich da tut.

Abgeordneter Kai Jan Krainer (SPÖ): Welche Informationen haben Sie zu dem namenslosen Günstlingsnetzwerk geführt?

Dr. Gert-René Polli: Na ja, die Zunahme des Personalstandes beispielsweise oder die mangelnde Qualität von Berichtslegungen, die ich dem Hörensagen entnehme, oder die schleppende Kooperation mit dem Heeres-Nachrichtenamt und Ähnliches.

Abgeordneter Kai Jan Krainer (SPÖ): Sie haben vorher von zehn Personen gesprochen, die 2006 im Zuge der damaligen EU-Präsidentschaft ins BVT gekommen sind und sich allesamt nachher als parteipolitisch ausgewählte Personen entpuppt hätten.

Dr. Gert-René Polli: Überwiegend ja, aber das ist nur meine Beobachtung.

Abgeordneter Kai Jan Krainer (SPÖ): Sie waren damals Direktor?

Dr. Gert-René Polli: Ja, trotzdem.

Vorsitzende Doris Bures: Eine Frage noch.

Abgeordneter Kai Jan Krainer (SPÖ): Wer waren diese zehn Personen?

Dr. Gert-René Polli: Ich erwähnte auch, dass der Direktor BVT keine Personalvollmacht hat. Das, glaube ich, wird heute genauso sein. Ich kann mich nicht an zehn Namen erinnern, aber diese Personen sind nachvollziehbar. Die sind im Rahmen der EU-Präsidentschaft ins BVT gekommen, überwiegend Akademiker.

Abgeordneter Kai Jan Krainer (SPÖ): Sie müssen jetzt ja nicht alle zehn wissen, aber wenn Sie sieben oder acht wissen, dann wäre das immerhin einer Gedächtnisleistung eines BVT-Direktors halbwegs würdig. (Die Auskunftsperson berät sich mit ihrer Vertrauensperson.)

Dr. Gert-René Polli: Ja, was diese zehn Personen anbelangt, glaube ich, war das ja eigentlich nur der Auftakt.

Es gibt ein Schreiben über diesen Umstand aus dem Jahr 2006 an Frau Minister Prokop – ich glaube, ich habe es in einem Nebensatz erwähnt –, in dem dargestellt wird, in welcher Art und Weise innerhalb des BVT Partei-, Personal- und Günstlingswirtschaft betrieben wurde. Darauf habe ich mich bezogen, und auf Gespräche, die ich rund ums BVT auch mit anderen Leuten außerhalb geführt habe. Das hat mir den Eindruck gegeben, dass sich das nicht nur nicht verbessert, sondern sogar verschlechtert hat.

Vorsitzende Doris Bures: Nächster Fragesteller wäre Herr Abgeordneter Jenewein. – Keine Fragen. – Frau Abgeordnete Dr.in Krisper, bitte.

Abgeordnete Dr. Stephanie Krisper (NEOS): Ich lege Ihnen das Dokument 372 vor. (Der Auskunftsperson wird ein Schriftstück vorgelegt.) Es ist ein Bericht von A. H. (BVT) an die Staatsanwaltschaft, „Zusammenfassende Darstellung der Causa Polli“ mit einem „Sachverhalt“, vom 19. Februar 2010. Da berichtet A. H. (BVT), dass er Sie getroffen hat und Sie gemeint haben – erste Seite des Sachverhalts –: Wenn Sie redeten, „würde die Republik brennen“.

Dr. Gert-René Polli: Ich sehe das Schriftstück zum ersten Mal. (Die Auskunftsperson liest in dem ihr vorgelegten Schriftstück.)

Abgeordnete Dr. Stephanie Krisper (NEOS): Dann lesen Sie es! Sie können es gerne in Ruhe lesen.

Dr. Gert-René Polli: Ja, ich kann mich an diesen Sachverhalt erinnern.

Abgeordnete Dr. Stephanie Krisper (NEOS): Wollen Sie es erläutern?

Dr. Gert-René Polli: Stellen Sie vielleicht eine Frage, dann kommen wir schneller zum Punkt.

Abgeordnete Dr. Stephanie Krisper (NEOS): Das habe ich schon! – Dass Sie darin meinen, wenn Sie reden würden, würde „die Republik brennen“.

Dr. Gert-René Polli: Ich glaube, das ist ein geflügeltes Wort. Das darf man nicht wirklich als wahr nehmen und auf die Waagschale legen. (Abg. Krainer: Das ist der Zweite, der das sagt, nach ...!)

Abgeordnete Dr. Stephanie Krisper (NEOS): Folgender Satz: Sie haben alle E-Mails aus Ihrer Zeit als Direktor des BVT aufgehoben, „und diese E-Mails seien für manchen belastend“.

Dr. Gert-René Polli: Nein, das geht gar nicht. Man kann die E-Mails aus dem zentralen Server ja gar nicht abnehmen. Das sind ja nicht meine eigenen. Nein.

Vielleicht habe ich Herrn Dr. A. H. (BVT) ein bisschen erschreckt. Wir hatten eine Kanzlei nebeneinander und haben sehr viele Kaffeegespräche geführt. Ich würde auf die Brisanz dieses Inhaltes nicht allzu viel geben.

Abgeordnete Dr. Stephanie Krisper (NEOS): Das heißt, nichts strafrechtlich Relevantes?

Dr. Gert-René Polli: Bitte?

Abgeordnete Dr. Stephanie Krisper (NEOS): Nichts strafrechtlich Relevantes?

Dr. Gert-René Polli: Natürlich nicht.

Abgeordnete Dr. Stephanie Krisper (NEOS): Herr A. H. (BVT) hat aber aufgrund der Einsicht in diese Dokumente an die zuständigen Stellen seine Zusammenfassung weitergeleitet, und es kam daraufhin zu einem Strafverfahren, weil er gesagt hat, er leite strafrechtlich relevante Inhalte weiter.

Dr. Gert-René Polli: Ich sehe das zum ersten Mal.

Abgeordnete Dr. Stephanie Krisper (NEOS): Sie sahen keine strafrechtlich relevanten Inhalte?

Dr. Gert-René Polli: Ja.

Abgeordnete Dr. Stephanie Krisper (NEOS): Vorletzte Seite, obere Hälfte: „Im Verlauf eines Gespräches während dieser Einsichtnahme in die Unterlagen erklärte Gert Polli auch, dass er auf keinem Fall der ÖVP schaden wolle, schließlich habe seine Frau einen Job bekommen und er selbst möchte auch wieder einen im BMI haben.“ – Wollen Sie dazu etwas sagen?

Dr. Gert-René Polli: Ja, tatsächlich hat sich meine Frau im Integrationsfonds beworben, war allerdings nicht allzu lange dort, weil sie mit dem Ablauf unzufrieden war. Das hat nichts mit meiner Intervention zu tun.

Abgeordnete Dr. Stephanie Krisper (NEOS): Was hat das mit der ÖVP zu tun?

Dr. Gert-René Polli: Es gibt in dieser Hinsicht auch keinen Zusammenhang mit der ÖVP. Als ich das BVT übernommen habe, war ich ja, glaube ich, nirgends Mitglied, in keiner politischen Partei.

Abgeordnete Dr. Stephanie Krisper (NEOS): Sie haben dann die E-Mails verloren, weil Sie Ihren Laptop verloren haben?

Dr. Gert-René Polli: Nein, ich habe die E-Mails nie gehabt, aber ich gebe zu, dass ich A. H. (BVT) ein bisschen in die Irre geschickt habe.

Abgeordnete Dr. Stephanie Krisper (NEOS): Also die Unwahrheit gesagt?

Vorsitzende Doris Bures: Eine Frage noch, Frau Abgeordnete.

Dr. Gert-René Polli: Nicht die Unwahrheit. Das sind zwei Kollegen. Dr. A. H. (BVT) war zum damaligen Zeitpunkt schwerst unter Beschuss, auch deshalb, weil er Informant zum Herrn Pilz war; und wir haben viele Gespräche über viele Dinge geführt. – Ja, ich würde da nicht sehr viel auf die Waagschale werfen. Ich bin überrascht, dass er sich Notizen darüber gemacht hat, denn ich war der Meinung, wir waren eigentlich kollegial sehr nett miteinander verbunden.

Abgeordnete Dr. Stephanie Krisper (NEOS): Sie sagen ganz am Anfang, Sie hätten bei A. H. (BVT) seinen Mut bewundert, sich gegen die ÖVP aufzulehnen und das alles durchzuziehen. Sie würden einen anderen Weg gehen. Sie sind nach München gegangen. Aber nochmal meine Frage: Gab es nichts strafrechtlich Relevantes, das Sie als anzeigepflichtig angesehen hätten?

Dr. Gert-René Polli: Nein, dann hätte ich es ja als solches angezeigt.

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Vorsitzende Doris Bures: Frau Abgeordnete, die Fragezeit ist ausgeschöpft.

Ich frage Herrn Dr. Strauss, ob er noch ergänzende, abschließende Fragen hat. – Das ist nicht der Fall.

Dann bedanke ich mich bei Ihnen, Herr Dr. Polli, und auch bei Ihnen, Herr Dr. Rifaat, dass Sie dem Ausschuss zur Verfügung gestanden sind.