9.49

Abgeordnete Dipl.-Ing. Karin Doppelbauer (NEOS): Sehr geehrter Herr Präsident! Sehr geehrter Herr Bundesminister! Werte Kolleginnen und Kollegen! Liebe Zuse­he­rinnen und Zuseher! Ich glaube zwar nicht an Magie und an Zauberei, aber manchmal geschehen doch auch in der Politik Zeichen und Wunder.

Seit Jahren haben wir NEOS uns im wahrsten Sinne des Wortes den Mund fusselig geredet und haben uns dafür eingesetzt, dass das Schuldenmachen in Österreich endlich beendet wird. Wir haben uns dafür starkgemacht, dass wir eine Schulden­bremse im Verfassungsrang bekommen. Jahr für Jahr haben Sie, werte Kolleginnen und Kollegen, unsere Anträge für genau diese Schuldenbremse in den entsprechenden Budgetausschüssen blockiert, vertagt, und als wir einen Dringlichen Antrag im Plenum eingebracht haben, haben Sie alle abgelehnt.

Deswegen ist es umso erfreulicher, dass wir uns heute gemeinsam mit ÖVP und FPÖ und mit der Hilfe des Herrn Finanzministers dafür entscheiden werden und die Schul­denbremse tatsächlich beschließen werden. Das hartnäckige Bohren dicker Bretter hat sich also ausgezahlt, und man könnte dazu auch ganz einfach sagen: NEOS wirkt. (Beifall bei den NEOS.)

Nun haben wir einen wirklich wichtigen rechtlichen Eckpfeiler eingeschlagen, das ist die eine Sache, aber in der Folge geht es natürlich auch um die Umsetzung. Wenn wir zur praktischen Umsetzung schreiten, dann geht es vor allem darum, dass wir be­ginnen, zu sparen, nämlich mit tatsächlichen Einsparungen, und zwar in Bereichen, in denen es möglich und vor allem auch sinnvoll ist. Das ist dieses viel zitierte Sparen im System – an diesem Sparen hapert es noch ganz gewaltig. Eine nachhaltige Budget­politik – das ist ja das Thema unserer Aktuellen Stunde – ist in Österreich noch nie mehr als ein schönes Schlagwort gewesen. Ich möchte in diesem Zusammenhang auch an die türkis-blauen Versprechen im Wahlkampf 2017 erinnern. Sebastian Kurz hat damals Einsparungen in der Höhe von 14 Milliarden Euro angekündigt; die FPÖ war auch nicht scheu und hat 12 Milliarden Euro angekündigt.

Zwei Jahre und eine geplatzte Regierung später haben wir die ersten Zahlen im Bundesrechnungsabschluss 2018, und die zeichnen ein ganz anderes Bild: Statt einzusparen, meine Damen und Herren – das muss man sich wirklich auf der Zunge zergehen lassen –, wurde tatsächlich in jedem einzelnen Bereich mehr Geld ausge­geben als 2017. Was wir gesehen haben, war ein ungebremster Spendierföderalismus: leichtfüßig, befeuert durch sprudelnde Einnahmen, die wir in wirtschaftlich guten Zeiten haben. Sie haben die Chance vertan, in der Zeit der Hochkonjunktur zu konsolidieren – und das, obwohl Sie keine Banken retten mussten, obwohl es keine unvorhergesehene Flüchtlingskrise und auch keine Finanzkrise zu bewältigen gab. Es wäre also alles angerichtet gewesen, trotzdem hat sich der Schuldenstand letztes Jahr weiter erhöht, und unter dem Strich haben wir im Bundesrechnungsabschluss ein administratives Defizit von 1,1 Milliarden Euro, trotz Niedrigzinsen und trotz unerwarteter Mehrein­nahmen aus der Hypo-Abwicklung. Müssten wir Sie nach Schulnoten beurteilen – und es war Ihnen sehr wichtig, dass es diese wieder gibt –, dann bekämen Sie von meiner Seite ein glattes Nicht genügend. (Abg. Hanger: ... Oberlehrerin!)

Die vielfach versprochene Senkung der Abgabenquote ist ein anderes gutes Beispiel. 40 Prozent war doch die Richtung, oder? – Fehlanzeige: Tatsächlich haben Sie die Abgabenquote letztes Jahr erhöht, und zwar von 41,9 Prozent auf 42,2 Prozent. Wenn Sie es mit diesen 40 Prozent tatsächlich ernst meinen, dann müssen Sie sparen, und zwar im System sparen, Sie müssen die Ausgaben senken. In jedem einzelnen Bud­get­ausschuss – viele von Ihnen hier im Saal waren ja anwesend – haben ich und mehrere andere Kollegen gefragt, wo Sie denn konkret in diesem System gespart haben. Die Antwort liegt auf der Hand, nämlich: nirgends. Der betreffende ÖVP-Finanzminister ist jetzt zwar nicht mehr im Amt, aber das ändert eben auch nichts an der offensichtlichen Problematik, dass Sparen im System umso schwieriger wird, wenn man selbst das System ist.

Genau deshalb haben wir NEOS ganz konkrete Vorschläge, um diese system­immanente Lähmung endlich zu überwinden. Punkt eins: Verankern wir diese Schul­denbremse! Punkt zwei: Schaffen wir sofort danach die unfaire kalte Progression ab! Punkt drei: Führen wir endlich die Verantwortungsebene für Ausgaben und für Steuer­autonomie zusammen - -, für Ausgaben und Einnahmen zusammen. – Ich habe es gerade eben natürlich verraten: Wir wollen Steuerautonomie für die Länder und für die Gemeinden.

Legen wir bitte auch generell einen stärkeren Fokus auf den Output, da können wir viel aus der Wirtschaft lernen! Wir brauchen einen Rechnungsabschluss. Wir verbringen hier im Hohen Haus sehr viel Zeit mit der Planung des Budgets, aber wir reden dann eigentlich nicht mehr darüber, wie es ausgegangen ist – das ist dann irgendwie unter dem Radar. Das heißt, es braucht diese Jahresbilanz. Das sind genau die Dokumente, in denen man sich für das Ergebnis verantworten muss, in denen man also Rechen­schaft trägt.

Meine Damen und Herren! Die Schuldenbremse, von der wir NEOS durch hartnäckige Arbeit, durch Drängen und Bohren ÖVP und FPÖ erfreulicherweise erfolgreich über­zeugen konnten, ist ein wirklich guter Anfang, aber im Sinne der nachfolgenden Gene­rationen braucht es noch mehr Arbeit. Verfolgen wir diesen Weg doch weiter und schaffen wir die unfaire kalte Progression auch noch ab! – Herzlichen Dank. (Beifall bei den NEOS.)

9.54

Präsident Mag. Wolfgang Sobotka: Zu Wort gemeldet ist Abgeordneter Rossmann. – Bitte.