1044/A(E) XXVII. GP

Eingebracht am 19.11.2020
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Entschließungsantrag

 

der Abgeordneten Gabriele Heinisch-Hosek, Sabine Schatz,

Genossinnen und Genossen

 

betreffend den Schutz für die ungarische LGBTI-Community.

Schon seit Jahren entwickelt sich die Lage für Schwule, Lesben, bisexuelle, transidente und intergeschlechtliche Menschen in unserem Nachbarland Ungarn in eine besorgniserregende Richtung. Sowohl aus demokratiepolitischer als auch aus menschenrechtlicher Sicht haben zahlreiche Entwicklungen für eine massive Verschlechterung der Situation für die dortige LGBTI-Community gesorgt. Erst im Frühjahr 2020 wurde im Zuge des Omnibus-Gesetz T/9934, das von der Fidesz-Partei eingebracht und beschlossen wurde, die Möglichkeit für eine legale Änderung des bei der Geburt eingetragenen Geschlechtes für transidente und intergeschlechtliche Personen de facto abgeschafft. In Österreich und ganz Europa regte sich dagegen unter dem Titel „Drop 33“, bezogen auf Artikel 33 dieses Sammelgesetzes, massiver Widerstand über alle politischen Grenzen hinweg.

Nun wurde von der ungarischen Regierung ein neuer Schritt gegen die Rechte der LGBTI-Community angekündigt. Mit einem von Justizministerin Judit Varga im November 2020 eingebrachten Entwurf für eine Verfassungsänderung sollen unter anderem Formulierungen wie „die Mutter eine Frau ist und der Vater ein Mann“ oder die alleinige Geschlechtsfestlegung über jenes, das bei der Geburt zugwiesen wird, im Verfassungsrang verankert werden. Gleichzeitig legte die Ministerin laut der ungarischen LGBTI-Organisation Háttér-Gesellschaft eine einfachgesetzliche Reform vor, die die Adoption von Kindern nur noch verheirateten Paaren ermöglichen würde. Das kommt einem Adoptionsverbot für Regenbogenfamilien gleich. All das bedeutet nichts anderes als eine Festschreibung von Homo- und Transphobie in der ungarischen Verfassung und der Entrechtung von Regenbogenfamilien, Trans*-Personen und anderen Minderheiten gleich. Sollte dieser Vorschlag beschlossen werden, steht er nicht nur im klaren Gegensatz zu den gemeinsamen Werten eines vielfältigen Europas, sondern auch zur Grundrechtecharta der Europäischen Union.

Schon heute sind LGBTI-Personen in Ungarn von massiver Ungleichbehandlung und Diskriminierung betroffen. Der „Rainbow Europe“ Index des europäischen Dachverbandes „International Lesbian, Gay, Bisexual, Trans and Intersex Association Europe“ (ILGA Europe) stellt Ungarn für das Jahr 2020 ein niederschmetterndes Urteil aus: Unser Nachbarstaat verliert im Antidiskriminierungs-Ranking knapp 8,5 % im Vergleich zum Vorjahr, was vor allem an der geänderten Rechtslage für transidente Personen und dem Fehlen von angemessenem staatlichen Schutz für LGBTI-Personen liegt. Kritisiert werden auch die Entwicklungen in Fragen von Hate Speech und Hate Crimes, im Bereich der Bildungspolitik und der Gesundheitsversorgung. Erst Anfang Mai 2020 veröffentliche die europäische Grundrechte-Agentur FRA ihre zweite Erhebung zur Situation von LGBTI-Personen in ganz Europa: Darin wird nochmals deutlich, dass LGBTI-Personen, aber insbesondere auch intergeschlechtliche und Trans*-Personen, in Ländern wie Ungarn nicht nur unter Diskriminierung und Ausgrenzung, sondern auch in besonderem Maße unter Gewalt zu leiden haben. Am selben Tag, an dem die Verfassungsänderung eingebracht wurde, beschloss der Justizausschuss des ungarischen Parlaments auch die Auflösung der Gleichstellungs- und Antidiskriminierungsbehörde des Landes bis zum Januar 2021. All das passiert, wie von ungarischen AktivistInnen betont wird, wie schon im Frühjahr 2020 zu einer Zeit, in der Demonstrationen in Ungarn nicht erlaubt sind.

Im Gefolge der angekündigten Verfassungsänderung ist zu erwarten, dass sich nicht nur die rechtliche Lage, sondern auch die Alltagssituation für Angehörige der LGBTI‑Community weiter verschlechtert. All das macht klar, dass die Republik Österreich nicht zu den menschenrechtlichen Problemen in unserem Nachbarland schweigen darf.

 

Die unterfertigenden Abgeordneten stellen daher folgenden

Entschließungsantrag

Der Nationalrat wolle beschließen:

 

„Die Bundesregierung, insbesondere die Bundesministerin für Frauen und Integration wird aufgefordert umgehend sowohl auf EU-, als auch auf bilateraler Ebene die geplanten LGBTI-feindlichen Verfassungsänderungen in Ungarn aufs Schärfste zu verurteilen und sich für eine menschenrechtskonforme Neuregelung in Ungarn einzusetzen. Außerdem wird die Bundesministerin für Frauen und Integration aufgefordert, diese Frage in den bilateralen Beziehungen zu thematisieren.“

 

 

 

 

 

 

 

 

 

 

 

 

 

Zuweisungsvorschlag: Gleichbehandlungsausschuss