21/A XXVII. GP

Eingebracht am 23.10.2019
Dieser Text wurde elektronisch übermittelt. Abweichungen vom Original sind möglich.

Antrag

 

der Abgeordneten KO Herbert Kickl, Hermann Brückl, MA

und weiterer Abgeordneter

betreffend ein Bundesgesetz, mit dem das Bundesgesetz über die Ordnung von Unterricht und Erziehung in den im Schulorganisationsgesetz geregelten Schulen (Schulunterrichtsgesetz - SchUG) geändert wird.

Der Nationalrat wolle beschließen:

Bundesgesetz, mit dem das Bundesgesetz über die Ordnung von Unterricht und Erziehung in den im Schulorganisationsgesetz geregelten Schulen (Schulunterrichtsgesetz - SchUG), BGBl. Nr. 472/1986, zuletzt geändert mit BGBl. I Nr. 86/2019, geändert wird

Der Nationalrat hat beschlossen:

Das Bundesgesetz über die Ordnung von Unterricht und Erziehung in den im Schulorganisationsgesetz geregelten Schulen (Schulunterrichtsgesetz - SchUG), BGBl. Nr. 472/1986, zuletzt geändert mit BGBl. I Nr. 86/2019, wird wie folgt geändert:

1. In § 43a wird die Wortfolge „10. Lebensjahr“ durch „14. Lebensjahr“ ersetzt.

2. Nach § 51 Abs. 1 wird folgender Abs. 1a eingefügt:

„§ 51. (1a) Um die bestmögliche Entwicklung und Entfaltung aller Schülerinnen und Schüler sicherzustellen, ist Lehrern das Tragen weltanschaulich oder religiös geprägter Bekleidung, mit der eine Verhüllung des Hauptes verbunden ist, untersagt. Dies dient der Vorbildwirkung für die soziale Integration von Schülerinnen und Schülern sowie Eltern gemäß den lokalen Gebräuchen und Sitten, der Wahrung der verfassungsrechtlichen Grundwerte und Bildungsziele der Bundesverfassung, sowie der Gleichstellung von Mann und Frau.“

 

 

Begründung

 

Zu 1.

Der § 43a SchUG, der ein Verbot des Tragens weltanschaulicher oder religiös geprägter Bekleidung, die mit einer Verhüllung des Hauptes verbunden ist, für Schülerinnen und Schüler bis zur Vollendung des 10. Lebensjahres vorsieht, wurde am 2. Juli 2019 mit großer Mehrheit im Nationalrat beschlossen.

Dieser Antrag soll nun diese Norm auf Schülerinnen und Schüler bis zur Vollendung ihres 14. Lebensjahres ausweiten.

Die Bestimmung beruht auf einer sorgfältigen Grundrechtsabwägung, wobei die Rechte des Kindes im Vordergrund stehen. Die Übereinkunft über die Rechte des Kindes (UN-Kinderrechtskonvention) garantiert Kindern zahlreiche Rechte, unter anderem die in Art. 28 und 29 festgeschriebenen Rechte auf Bildung und Entfaltung der Persönlichkeit. Die Kinderrechtskonvention findet in der österreichischen Bundesverfassung ihre Entsprechung in Art. 14 Abs. 5a B-VG und ihre einfachgesetzliche Umsetzung in § 2 SchOG. Als wesentliche Grundwerte von Bildungseinrichtungen sind in der Bundesverfassung (Art. 14 Abs. 5a B-VG) Demokratie, Humanität, Solidarität, Friede und Gerechtigkeit sowie Offenheit und Toleranz gegenüber den Menschen festgeschrieben.

Ziel der Erziehung in österreichischen Bildungseinrichtungen ist es, Kindern die bestmögliche geistige, seelische und körperliche Entwicklung zu ermöglichen und diese zu selbständigem Urteilen zu befähigen. Es soll somit auch eine erfolgreiche soziale Entwicklung und Integration (vgl. EGMR 10.1.2017, 29086/12 (Osmanoglu ua. gg die Schweiz), in dem die besondere Rolle von Bildungseinrichtungen im Integrationsprozess hervorgehoben wurde) der Schülerinnen und Schüler in den Schulen sichergestellt werden.

Die Verhüllung des Körpers und eine Verhüllung des Hauptes sind bei Anhängern einiger islamischer Strömungen bzw. Richtungen oder Traditionen ab Erreichen der Geschlechtsreife Teil der geübten Praxis, bei anderen nicht. Bei jenen Personen, bei denen es Teil der geübten Praxis ist, kann ein Eingriff in das Grundrecht auf Religionsfreiheit vorliegen. Soweit Grundrechtseingriffe vorliegen, sind diese zulässig, wenn sie vorhersehbar sind, ein legitimes Ziel verfolgen und verhältnismäßig sind. Zu diesen Zielen zählen etwa der Schutz der öffentlichen Sicherheit und Ordnung, der Gesundheit und der Moral sowie der Schutz der Rechte Dritter. Die Orientierung an religiösen Werten darf nicht im Widerspruch zu den Zielen der staatsbürgerlichen Erziehung stehen, die sich an den genannten Grundwerten des Art. 14 Abs. 5a B-VG, den Baugesetzen und Staatszielbestimmungen der Verfassung orientiert und die auch die Gleichstellung von Mann und Frau umfasst.

Die Verhüllung des Hauptes, das Tragen eines Kopftuches in einer von mehreren bestimmten Formen, zeigt das Erreichen der Geschlechtsreife an. Es macht damit mehrere Dinge für jeden öffentlich erkennbar, insbesondere den Stand der körperlichen Reife, die Konfession (die Art der Trageweise kann vor allem auch die Anhängerschaft zu einer bestimmten Gemeinschaft anzeigen), die Einhaltung von bestimmten religiösen Regelungen und damit innerfamiliäre Situationen.

Die vorliegende Regelung soll ebenso den Schutz von Musliminnen und Muslimen, die die Verhüllung aus persönlicher Überzeugung nicht praktizieren und jener Anhänger von Richtungen des Islam, in welchen die Verhüllung keine Praxis ist und damit eine freie Entscheidung über die Religionsausübung sichern als auch eine erfolgreiche Integration ermöglichen. Integration ist ein beidseitiger Prozess, der eine Mitwirkung der jeweiligen Zielgruppe bedingt. Das Tragen des islamischen Kopftuches bis Vollendung des 14. Lebensjahres kann zu einer frühzeitigen, insbesondere geschlechtlichen, Segregation führen, welche mit den österreichischen Grundwerten und gesellschaftlichen Normen nicht vereinbar ist.


Ziele dieser Bestimmung sind die Einhaltung des Schutzes der öffentlichen Ordnung durch Vermeidung einer Segregation nach Geschlecht und damit der Gleichberechtigung von Mann und Frau gemäß Art. 7 B-VG, der Schutz der Information über den persönlichen körperlichen Entwicklungsstand von Kindern, das Religionsbekenntnis bzw. die Zugehörigkeit zu einer bestimmten Ausrichtung des Islam und damit der Schutz der Rechte Dritter sowie die bestmögliche Integration. Auch im Zusammenhang mit der Religionsfreiheit und Elternrechten (Art.2 S.2 ZPEMRK) hat der Staat seine besondere Schutzfunktion wahrzunehmen um sozialen Druck auf Mädchen hintanzuhalten und deren freie Selbstbestimmung zu gewährleisten.

Der Begriff weltanschaulich und religiös geprägter Bekleidung stellt darauf ab, wie eine Bekleidung von einem objektiven Betrachter gesehen wird. Es kommt dabei nicht auf die persönliche Absicht des Trägers an. Entscheidend ist wie diese von Dritten rezipiert wird. Unter „Verhüllung des Hauptes“ ist jede Art von Bekleidung, welche das gesamte Haupthaar oder große Teile dessen verhüllt, umfasst. Aus dem Zusammenhang des Satzes ergibt sich, dass andere Verhüllungen des Hauptes, zB Verbände aus medizinischen Gründen oder Kopfbedeckungen aus Witterungsgründen und Ähnliches nicht von dieser Regelung umfasst sind.

In Umsetzung dessen soll bei Verstoß einer Schülerin bzw. eines Schülers gegen das Verbot die Schulleiterin bzw. der Schulleiter tätig werden und unverzüglich die jeweils zuständige Bildungsdirektion verständigen. Die Erziehungsberechtigten sind innerhalb eines kurzen Zeitraums von maximal 4 Schultagen zu einem Gespräch zu laden. Die Teilnahme an diesem ist verpflichtend. Bei diesem Gespräch werden die Erziehungsberechtigten über das Verbot und ihre Verantwortung für die Einhaltung aufgeklärt. Am Ende dieses Gesprächs wird von den Erziehungsberechtigten schriftlich festgehalten, dass sie über das Verbot und die daraus erwachsenden Konsequenzen aufgeklärt wurden und sich zur Einhaltung verpflichten. Erst nach Durchführung dieses aufklärenden Gesprächs und bei weiterem Verstoß gegen das Verbot liegt eine Verwaltungsübertretung vor, die mit einer Geldstrafe bzw. einer Ersatzfreiheitsstrafe zu sanktionieren ist. Eine Verwaltungsvertretung liegt ebenfalls vor, wenn die Erziehungsberechtigten der verpflichtenden Ladung nach nochmaliger Aufforderung nicht nachkommen. Das Verfahren folgt analog den Bestimmungen zu Schulpflichtverletzungen.

 

Zu 2.

Der neue § 51 Abs 1a SchUG ist eine Bestimmung, die ein Verbot des Tragens weltanschaulicher oder religiös geprägter Bekleidung, die mit einer Verhüllung des Hauptes verbunden ist, für Lehrer und Lehrerinnen vorsieht.

Die Bestimmung beruht auf der Überzeugung, dass die Gedanken-, Gewissens- und Religionsfreiheit, wie sie in Artikel 9 EMRK verankert ist, eine wichtige Grundlage einer demokratischen Gesellschaft im Sinne der EMRK darstellt. Der neue § 51 Abs 1a SchUG anerkennt, dass die Anhänger verschiedener Glaubensrichtungen ein Leben geprägt von ihren Vorstellungen führen, aber anerkennt ebenso, dass sich aus Artikel 9 EMRK auch entscheidende Rechte für Atheisten, Agnostiker, Skeptiker und Unbeteiligte ergeben. Davon hängt nicht zuletzt ein im Laufe der Jahrhunderte gewonnener Glaubenspluralismus ab, der untrennbar mit einer demokratischen Gesellschaft verbunden ist.


Religionsfreiheit ist in erster Linie eine Frage des individuellen Gewissens, aber sie impliziert auch die Freiheit, die eigene Religion und die damit verbundenen Überzeugungen auszudrücken. Der EGMR hat mehrfach festgestellt, dass es in demokratischen Gesellschaften, in denen mehrere Religionen innerhalb ein und derselben Bevölkerung nebeneinander bestehen, unter Umständen notwendig sein kann, diese Freiheit einzuschränken, um die Interessen der verschiedenen Gruppen miteinander in Einklang zu bringen und sicherzustellen, dass die Überzeugungen aller respektiert werden (zB. EGMR 25.05.1993, 14307/88 (Kokkinakis gg. Griechenland)).

Die Verhüllung des Körpers und eine Verhüllung des Hauptes sind bei Anhängern einiger islamischer Strömungen bzw. Richtungen oder Traditionen ab Erreichen der Geschlechtsreife Teil der geübten Praxis, bei anderen nicht. Bei jenen Personen, bei denen es Teil der geübten Praxis ist, kann durch eine Einschränkung der Freiheit, den Glauben im öffentlichen Dienst auszuleben, ein Eingriff in das Grundrecht auf Religionsfreiheit vorliegen. Soweit Grundrechtseingriffe vorliegen, sind diese zulässig, wenn sie vorhersehbar sind, ein legitimes Ziel verfolgen und verhältnismäßig sind. Zu diesen Zielen zählen etwa der Schutz der öffentlichen Sicherheit und Ordnung, der Gesundheit und der Moral sowie der Schutz der Rechte Dritter. Die Orientierung an religiösen Werten darf nicht im Widerspruch zu den Zielen der staatsbürgerlichen Erziehung stehen, die sich an den genannten Grundwerten des Art. 14 Abs. 5a B-VG, den Baugesetzen und Staatszielbestimmungen der Verfassung orientiert und welche auch die Gleichstellung von Mann und Frau umfasst.

Die vorliegende Regelung schützt muslimische Schülerinnen und Schülern, sowie deren Eltern, welche die Verhüllung aus persönlicher Überzeugung nicht praktizieren und darüber hinaus jene Anhänger von Richtungen des Islam, in welchen die Verhüllung keine Praxis ist. In Anerkenntnis der Tatsache, dass Integration ein beidseitiger Prozess ist, der eine Mitwirkung der jeweiligen Zielgruppen bedingt, wird durch dieses Gesetz eine freie Entscheidung über die Religionsausübung sichergestellt und eine erfolgreiche Integration durch Vorbildwirkung ermöglicht. Dem liegt auch der Erziehungsanspruch in österreichischen Bildungseinrichtungen, Kindern die bestmögliche geistige, seelische und körperliche Entwicklung zu ermöglichen und diese zu selbständigem Urteilen zu befähigen, sowie somit eine erfolgreiche soziale Entwicklung und Integration zu ermöglichen, zugrunde (vgl. EGMR 10.1.2017, 29086/12 (Osmanoglu ua. gg die Schweiz)).

Ziele dieser Bestimmung sind die Einhaltung des Schutzes der öffentlichen Ordnung durch Vermeidung einer Segregation nach Geschlecht und damit der Gleichberechtigung von Mann und Frau gemäß Art. 7 B-VG, der Schutz der Information über das Religionsbekenntnis bzw. die Zugehörigkeit zu einer bestimmten Ausrichtung des Islam und damit der Schutz der Rechte Dritter sowie die bestmögliche Integration. Insbesondere im Zusammenhang mit der Religionsfreiheit und Elternrechten (Art.2 S.2 ZPEMRK) hat der Staat seine besondere Schutzfunktion wahrzunehmen um sozialen Druck auf Mädchen, insbesondere durch Lehrer mit Vorbildwirkung, hintanzuhalten und deren freie Selbstbestimmung zu gewährleisten.

Schülerinnen und Schüler unter 15. Jahren denken über viele Dinge nach und sind leichter beeinflussbar als Erwachsene. In Anerkenntnis dieses Umstandes lässt es sich nicht leugnen, dass das Tragen eines Kopftuchs eine beeinflussende Wirkung hat, da es den Frauen durch ein im Koran festgelegtes Gebot vorgeschrieben zu werden scheint, was kaum mit dem Grundsatz der Geschlechtergleichstellung zu vereinbaren ist. Daher scheint es schwierig, das Tragen eines islamischen Kopftuchs, mit der Botschaft der Toleranz, der Achtung vor anderen und vor allem der Gleichberechtigung und Nichtdiskriminierung in Einklang zu bringen, welche alle Lehrer in einer demokratischen Gesellschaft ihren Schülern zu vermitteln haben.

Der Begriff weltanschaulich und religiös geprägter Bekleidung stellt darauf ab, wie eine Bekleidung von einem objektiven Betrachter gesehen wird. Es kommt dabei nicht auf die persönliche Absicht des Trägers an. Entscheidend ist wie diese von Dritten rezipiert wird. Unter „Verhüllung des Hauptes“ ist jede Art von Bekleidung, welche das gesamte Haupthaar oder große Teile dessen verhüllt, umfasst. Aus dem Zusammenhang des Satzes ergibt sich, dass andere Verhüllungen des Hauptes, zB Verbände aus medizinischen Gründen oder Kopfbedeckungen aus Witterungsgründen und Ähnliches nicht von dieser Regelung umfasst sind.

Zur Vermeidung einer möglichen Beeinträchtigung der religiösen Überzeugungen der eigenen Schüler und anderer Schüler der Schule, sowie deren Eltern und zur Vorbildwirkung aufgrund des gem. §43a SchUG bestehenden Verbots des Tragens weltanschaulich oder religiös geprägter Bekleidung mit der eine Verhüllung des Hauptes verbunden ist, um die bestmögliche Entwicklung und Entfaltung aller Schülerinnen und Schüler sicherzustellen und die soziale Integration von Kindern gemäß den lokalen Gebräuchen und Sitten, der Wahrung der verfassungsrechtlichen Grundwerte und Bildungsziele der Bundesverfassung sowie der Gleichstellung von Mann und Frau, sicherzustellen, ist diese Gesetzgebung notwendig.

In Abwägung des Rechts einer Lehrerin oder eines Lehrers, die eigene Religion nach außen zu bekunden, mit der Notwendigkeit des Schutzes der Schülerinnen und Schüler, für welche die Republik verantwortlich ist, handelt es sich daher um eine im Rahmen des Ermessensspielraums liegende Maßnahme, die angemessen und notwendig ist um die Rechte und Freiheiten anderer, die öffentliche Ordnung sowie die öffentliche Sicherheit zu schützen (vgl. EGMR 15.2.2001, 42393/98 (Dahlab gg. die Schweiz)).

 

 

 

In formeller Hinsicht wird beantragt, eine erste Lesung gemäß § 69 Abs. 4 GOG-NR durchzuführen und diesen Antrag dem Budgetausschuss zuzuweisen.