2469/A(E) XXVII. GP

Eingebracht am 27.04.2022
Dieser Text wurde elektronisch übermittelt. Abweichungen vom Original sind möglich.

Entschließungsantrag

der Abgeordneten Andreas Kollross, Petra Wimmer,

Genossinnen und Genossen

betreffend 5-Stufen-Plan für den Rechtsanspruch auf Kinderbetreuung – handeln wir gemeinsam im Interesse unserer Kinder!

 

 

Jedes Kind hat ein Recht auf Bildung und Betreuung – unabhängig davon, welches Einkommen die Eltern haben. Es braucht daher einen Rechtsanspruch auf Kinderbetreuung, denn Kinderbetreuungseinrichtungen sind die erste Bildungseinrichtung für unsere Kinder und Kinder haben ein Recht auf Bildung.

Beim Rechtsanspruch auf Kinderbetreuung gibt es bereits seit längerem einen breiten Konsens in Österreich: Industriellenvereinigung, Wirtschaftskammer, Arbeiterkammer, Österreichischer Gewerkschaftsbund sowie fast alle politische Parteien Österreichs sind sich bei diesem wichtigen Zukunftsthema einig. Dass es bisher zu keiner Umsetzung kam liegt alleine daran, dass der ehemalige Außenminister und spätere Bundeskanzler Kurz ein bereits geschürtes Kinderbildungs- und betreuungs-Paket in der Höhe von 1,2 Milliarden Euro verhindert hat. Und die ÖVP‑Blockade geht weiter!

Am 21. April 2022 wendete sich der Sozialdemokratische Gemeindevertreter*innenverband  in einem offenen Brief an die Mitglieder der Bundesregierung und die Abgeordneten von ÖVP und Grünen im Nationalrat und Bundesrat. Darin wird die Umsetzung des Rechtsanspruchs durch folgenden Fünf-Stufen-Plan gefordert:

 

„1. Schritt: Evaluierung der fehlenden Kindergartenplätze.

Die Bundesregierung wird aufgefordert, bis Sommer 2022 zu evaluieren, wie viele Kindergartenplätze derzeit in Österreich in jeder der 2.093 Kommunen fehlen.

 

2. Schritt: Budgetäre Mittel für den Ausbau der Einrichtungen.

Für die Budgetjahre 2023 und 2024 sollen finanzielle Mittel in Höhe von mindestens je 1 Milliarde Euro zur Verfügung gestellt werden, damit die Einrichtungen für fehlende Kinderbetreuungsplätze in den Städten und Gemeinden gebaut werden können. Positiver Nebeneffekt: Das kurbelt das regionale Bau- und Baunebengewerbe an. (Zum Vergleich: Die ab 2023 geltende Senkung der KöSt reißt ein jährliches Loch in der Höhe von 800 Millionen Euro ins Budget und bringt kaum zusätzliche Wirtschaftsleistung.)

 

3. Schritt: Ausbildungsoffensive im Bereich der Elementarpädagogik ab September 2022.

Die Corona-Pandemie hat noch einmal verdeutlicht, wie schwierig der Arbeitsalltag für Elementarpädagog*innen ist. Viele sind ausgebrannt und wechseln den Job. Das führt dazu, dass es zu einem Mangel an Elementarpädagog*innen kommt. Auf zu viele Kinder kommen zu wenige Elementarpädagog*innen. Aufgrund der schwierigen Arbeitsbedingungen treten viele ausgebildete Elementarpädagog*innen ihren Job auch gar nicht erst an. Mit dem Rechtsanspruch auf Kinderbetreuung und der Schaffung zusätzlicher Kinderbetreuungs-plätze braucht es auch zusätzliche Elementarpädagog*innen. Derzeit gibt es in Österreich rund 42.000 Elementarpädagog*innen. Laut einer Umfrage des ÖGB gibt es bereits jetzt einen Mangel. Es bedarf eines massiven Ausbaus von Ausbildungsplätzen per sofort für Elementarpädagog*innen, um den Rechtsanspruch auf Kinderbetreuung auch personell zu ermöglichen.

 

4. Schritt: Gemeindekooperationen forcieren.

In einwohner*innenschwachen und strukturschwachen Gemeinden wird bereits jetzt in Gemeindekooperationen gearbeitet. Diese Kooperationen sollen beibehalten und ausgebaut werden.

 

5. Schritt: Jährliches Budget für Kinderbetreuung in Höhe von zumindest

                   1,7 Milliarden Euro fix im Bundesbudget verankern.

Ab 2025 sollen im Bundesbudget jährlich fix verankert die budgetären Mittel zur Verfügung stehen, damit der Rechtsanspruch auf Kinderbetreuung in den Städten und Gemeinden umgesetzt werden kann. Hier schließen wir uns einer Berechnung der IV an, die für eine Aufstockung der finanziellen Mittel für Kinderbetreuung um 1,7 Milliarden Euro pro Jahr plädiert. Um den IV-Präsidenten zu zitieren: „Jeder in die Qualität früher Bildung investierte Euro kommt volkswirtschaftlich gesehen mindestens achtfach zurück. Anders betrachtet: Jeder nicht investierte Euro kostet uns mindestens acht Euro in der Zukunft.“ Auch eine aktuelle Studie vom Institut für Wirtschaftsforschung hat ergeben, dass der Ausbau der Kinderbetreuung nach den VIF‑Kriterien[1] rund 1,6 Milliarden Euro kosten würde. Wichtig dabei ist, dass diese Summe nicht als Anschubfinanzierung betrachtet wird, sondern fixer budgetärer Bestandteil des Bundesbudgets bleibt, der jedes Jahr auf Basis der Inflation den Städten und Gemeinden für die Umsetzung des Rechtsanspruchs auf Kinderbetreuung bereitgestellt wird.“

 

Die Umsetzung des 5-Stufen-Plans für den Rechtsanspruch auf Kinderbetreuung ist dringend notwendig, um jedem Kind das Recht auf Bildung - unabhängig vom Einkommen der Eltern - zukommen zu lassen.

 

Die unterfertigten Abgeordneten stellen daher nachstehenden

Entschließungsantrag

Der Nationalrat wolle beschließen:

„Die Bundesregierung, insbesondere der Bundesminister für Finanzen und die Bundesministerin für Frauen, Familie, Integration und Medien im Bundeskanzleramt, wird aufgefordert, Kindern endlich jenen Stellenwert zu geben, den sie verdienen, die Vereinbarkeit von Beruf und Familie zu verbessern und durch die Umsetzung des 5‑Stufen‑Plans für den Rechtsanspruch auf Kinderbetreuung jedem Kind in Österreich das Recht auf Bildung zu garantieren.“

 

 

Zuweisungsvorschlag: Ausschuss für Familie und Jugend



[1] Der Vereinbarkeitsindikator für Familie und Beruf (VIF) wurde von 2006 der Arbeiterkammer Wien entwickelt, um zu erfassen, wie viele Plätze in der Kinderbetreuung mit einer Vollzeitbeschäftigung der Eltern vereinbar sind. Die VIF-Kriterien sind: Mindestens 45 Stunden pro Woche (Montag bis Freitag) geöffnet; an 4 Tagen pro Woche mindestens 9,5 Stunden geöffnet; Angebot eines Mittagessens; maximal 5 Wochen im Jahr geschlossen.