3301/A(E) XXVII. GP

Eingebracht am 30.03.2023
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ENTSCHLIESSUNGSANTRAG

 

der Abgeordneten Mag. Gerhard Kaniak, Peter Wurm, Dr. Dagmar Belakowitsch

und weiterer Abgeordneter

betreffend Komplementärmedizin als wichtiger Teilbereich der heimischen Gesundheitsversorgung

 

 

Das Bundesministerium für Soziales, Gesundheit, Pflege und Konsumentenschutz hat am 6. Februar 2020 folgende Stellungnahme zur Komplementärmedizin als wichtigem Teilbereich der heimischen Gesundheitsversorgung veröffentlicht:[1]

 

Komplementärmedizin

Komplementär/Alternativmedizin

Was ist Komplementärmedizin? Was sind sonstige komplementäre Methoden?

 

Unter dem Begriff Komplementärmedizin wird ein breites Spektrum von Disziplinen und Behandlungsmethoden zusammengefasst, die auf anderen Modellen der Entstehung von Krankheiten und deren Behandlung basieren als jene der Schulmedizin. Definitionsgemäß werden sie ergänzend zur Schulmedizin eingesetzt.

 

Alternativmedizin, „Complementary and Alternative Medicine – CAM“, Ganzheitsmedizin, Integrative Medizin, Naturheilkunde, traditionelle Medizin (z.B. chinesische, europäische, tibetische …) sind verwandte Überbegriffe, die Heilmethoden oder diagnostische Konzepte bezeichnen. Die heutige Begriffsvielfalt geht zurück auf die lange Tradition der Auseinandersetzung zwischen anerkannten medizinischen Verfahren und den so genannten „Außenseitermethoden“.

 

Das Bundesministerium für Soziales, Gesundheit, Pflege und Konsumentenschutz favorisiert den Begriff Komplementärmedizin, um zu signalisieren, dass die Methoden nicht als Alternativen zur Schulmedizin angesehen werden sollen.

 

Komplementäre Methoden finden nicht nur in der Medizin Anwendung sondern werden beispielsweise auch in der Psychotherapie, der klinischen Psychologie sowie in der Gesundheitspsychologie und Musiktherapie eingesetzt.

 

Komplementäre Methoden

Je nach methodischem Ansatz können Kategorien komplementärer Methoden gebildet werden: 

 

·         Setzt eine Methode am Denken oder Erleben an, um Veränderungen am Körper zu bewirken, so spricht man von „Mind/Body Medicine“ (z.B. Meditation, Entspannungstechniken).

·         Unter körperbezogenen Praktiken werden verschiedene manuelle Techniken zusammengefasst (z.B. alternative Massagetechniken, Shiatsu, Therapeutic-Touch).

·         Weiters gibt es Methoden, die auf alternativen Bewegungskonzepten beruhen (z.B. Feldenkrais, Biodanza).

·         Energetische Methoden mit und ohne spirituellen Hintergrund arbeiten mit der Vorstellung besonderer Kräfte oder „Energien“ (z.B. Bioresonanz, Biotensor, Prana Energiearbeit).

·         Die Kräuterheilkunde und Naturheilkunde fassen Methoden zusammen, die pflanzliche bzw. natürliche Substanzen innerlich und äußerlich einsetzen (z.B. Kräuter, Tees, Salben, Hausmittel usw.). Wenn derartige Substanzen mit wirksamen Inhaltsstoffen verwendet werden, sind immer auch Nebenwirkungen oder Vergiftungen möglich. Grundsätzlich kann festgestellt werden, dass nur unwirksame Substanzen frei von potentiellen Nebenwirkungen sein können.

Mit den Begriffen Kräuterheilkunde und Phytotherapie wird weitgehend dasselbe Konzept beschrieben. In der Phytotherapie werden Pflanzen und deren Zubereitungen im Sinne einer angewandten Pharmakologie nach den Kriterien „Qualität, Wirksamkeit und Unbedenklichkeit“ beurteilt. Phytotherapie ist ein Teilgebiet der Pharmakotherapie in der Schulmedizin. Zahlreiche Medikamente wurden ursprünglich als wirksame Inhaltsstoffe von Pflanzen entdeckt. Der Vorteil der chemischen Herstellung derartiger Arzneimittel liegt in der standardisierten Herstellung, Dosierung und Sicherheitsüberprüfung.

 

Weitere Beispiele:

·         Anthroposophische Medizin

·         Homöopathie

·         Traditionelle Europäische Medizin (TEM)

·         Traditionelle Chinesische Medizin (TCM)

 

Auf welchen Ansätzen beruht Komplementärmedizin?

Viele Vertreterinnen und Vertreter der Komplementärmedizin sehen Gesundheit nicht als Fehlen von Krankheit sondern als Gleichgewicht miteinander wirkender interner oder externer Kräfte. Kommt es zu einem Ungleichgewicht zwischen Körper, Geist und Umwelt manifestiert sich dies in Krankheit. Die komplementärmedizinische Therapie besteht insbesondere in der Stärkung (selbst)heilender Kräfte. Patientinnen und Patienten wird eine aktive Rolle bei der Wiedererlangung der eigenen Gesundheit zugeschrieben.

 

Ein ganzheitlicher Ansatz in Diagnose und Behandlung ist für die meisten komplementärmedizinischen Methoden zentral. Was als ganzheitlich betrachtet wird, ist verschieden. Damit kann gemeint sein, dass neben den körperlichen auch die psychischen Aspekte einer Erkrankung mit einbezogen werden. Darüber hinaus können auch soziale Probleme berücksichtigt werden. Spiritualität als Teil einer ganzheitlichen Auffassung von Gesundheit spielt ebenfalls häufig eine Rolle.

 

Ein weiterer Aspekt komplementärmedizinischen Denkens ist die Gesunderhaltung.

 

Grundsätzlich sind jedoch diese Ansätze kein charakteristisches Merkmal der Komplementärmedizin da diese Aspekte auch in der schulmedizinischen Behandlung über die Anwendung evidenzbasierten Wissens hinaus wesentliche Bedeutung für den Behandlungserfolg haben.

 

 

Die Ist-Situation wird jedoch dem hier geschilderten Anspruch nicht gerecht, kam es doch im Herbst 2018 in Wien zur Streichung des Wahlpflichtfaches für Homöopathie und 2020, zur Streichung des Wahlpflichtfaches Komplementärmedizin an der Johannes-Kepler-Universität in Linz. In Wien war das Wahlpflichtfach Homöopathie eines der beliebtesten, in Linz konnten die StudentInnen unter verschiedenen Angeboten wählen, eines davon war die Komplementärmedizin, auch hier die Rückmeldungen durchwegs positiv. Dadurch gibt es bis auf Graz und Innsbruck, wo es Lehrveranstaltungen zur TCM und Akkupunktur gibt, keine übergreifenden komplementärmedizinischen Lehrveranstaltungen. Die Auswirkungen dieser massiven Ausdünnung der komplementärmedizinischen Ausbildungsmöglichkeiten wurden in der Anfrage 4615/J umfassend dargestellt.[2]

 

 

Komplementärmedizin ist ein wesentlicher Teilbereich der traditionellen Medizin und sollte aktuell als Teilbereich der Gesundheitsversorgung gefördert und unterstützt werden. Der grüne Ex-Gesundheitsminister Dr. Wolfgang Mückstein (2021/2022) ist selbst Komplementärmediziner als ausgebildeter TCM-Arzt.

 

 

Bisher wurde eine Förderung und Unterstützung der Komplementärmedizin am 11. Juni 2021 und am 21. Februar 2022 durch ÖVP, SPÖ, Grüne und NEOS ohne tatsächliche Begründung abgelehnt. Da diese Ablehnung in den Zeiten des „Corona-Regimes“ und der damaligen „Blockparteibildung“ dieser gesundheitspolitischen Einheitsfront stattgefunden hat, gibt es Hoffnung darauf, dass in der „Post-Corona-Zeit“ wieder ein ganzheitlicher und vernunftbegabter Ansatz bei der Beurteilung gesundheitspolitischer Fragen herrscht.

 

 

 

 Aus diesem Grund stellen die unterfertigten Abgeordneten nachstehenden

 

ENTSCHLIESSUNGSANTRAG

 

Der Nationalrat wolle beschließen:

„Die österreichische Bundesregierung, insbesondere der Bundesminister für Soziales, Gesundheit, Pflege und Konsumentenschutz, wird aufgefordert, dem Nationalrat ein Bundesgesetz betreffend Maßnahmen für die Komplementärmedizin in Österreich zuzuleiten. Dieses Bundesgesetz hat folgende Inhalte zu umfassen:

 

1)    Die Verankerung des Fachgebietes „Komplementärmedizin“ als Integrative Medizin in der akademischen Ausbildung an den Medizinischen Universitäten.

2)    Eine entsprechende Unterstützung und Finanzierung komplementärmedizinischer Forschung, besonders auch im universitären Bereich.

3)    Die Etablierung eines breiten Angebots von Komplementärmedizin im Spitalsbereich, in der ambulanten, aber auch stationären Patientenversorgung.

4)    Die Förderung der aktiven Wissensvermittlung über Integrativ- und Komplementärmedizin innerhalb der österreichischen Ärzteschaft.

5)    Die Sicherstellung komplementärmedizinischer Ärztekammer-Diplome.“

 

 

 

 

 

 

 

 

 

 

 

 

 

 

 

 

 

 

 

 

In formeller Hinsicht wird ersucht, diesen Antrag dem Gesundheitsausschuss zuzuweisen.



[1] https://www.sozialministerium.at/Themen/Gesundheit/Medizin-und-Gesundheitsberufe/Komplement%C3%A4rmedizin.html

[2] https://www.parlament.gv.at/dokument/XXVII/J/4615/fnameorig_856624.html