3425/A XXVII. GP

Eingebracht am 25.05.2023
Dieser Text wurde elektronisch übermittelt. Abweichungen vom Original sind möglich.

Antrag

der Abgeordneten Lukas Hammer, Tanja Graf,

Kolleginnen und Kollegen

betreffend ein Bundesgesetz, mit dem das Elektrizitätswirtschafts- und ‑organisationsgesetz 2010 (ElWOG 2010) geändert wird

Der Nationalrat wolle beschließen:

Bundesgesetz, mit dem das Elektrizitätswirtschafts- und ‑organisationsgesetz 2010 (ElWOG 2010) geändert wird

Der Nationalrat hat beschlossen:

Das Bundesgesetz, mit dem die Organisation auf dem Gebiet der Elektrizitätswirtschaft neu geregelt wird (Elektrizitätswirtschafts- und -organisationsgesetz 2010 – ElWOG 2010), BGBl. I Nr. 110/2010, zuletzt geändert durch das Bundesgesetz BGBl. I Nr. 5/2023, wird wie folgt geändert:

1. Im Inhaltsverzeichnis wird nach dem Eintrag zu § 76 folgender Eintrag eingefügt:

                  „§    76a. Vertragliche Bindungsfristen“

2. (Verfassungsbestimmung) § 1 samt Überschrift lautet:

„Kompetenzgrundlage und Vollziehung

§ 1. (Verfassungsbestimmung) Die Erlassung, Aufhebung und Vollziehung von Vorschriften, wie sie in § 2, § 3, § 8, § 9, § 10a, § 11, § 16 Abs. 2, § 16a bis § 16e, § 17a, § 18a, § 19, § 19a, § 20, § 22 Abs. 1, § 22a, § 23a bis § 23d, § 24 bis § 36, § 37 Abs. 7, § 38, § 39, § 48 bis § 65, § 69, § 72, § 73 Abs. 2 und 3, § 76, § 76a, § 77a bis § 79, § 81 bis § 84a, § 88 Abs. 2 bis 8, § 89, § 92 bis § 94, § 99 bis § 103, § 109 Abs. 2 bis 7, § 110 bis § 112, § 113 Abs. 1 und § 114 Abs. 1 und 3 enthalten sind, sind auch in den Belangen Bundessache, hinsichtlich deren das B-VG etwas anderes bestimmt. Die in diesen Vorschriften geregelten Angelegenheiten können in unmittelbarer Bundesverwaltung besorgt werden.“

3. § 65 Abs. 2 lautet:

„(2) Stromhändler und sonstige Lieferanten, die Endverbraucher beliefern, sind verpflichtet,

           1. unverzüglich nach Verfügbarkeit die erforderlichen, aktuellen Informationen zu ihren Standardprodukten für die Lieferung von Strom unter Verwendung eindeutig nachvollziehbarer Produktbezeichnungen und Angabe des Angebotsbeginns sowie allfällige automatische Preisanpassungen und die hierfür relevanten Stichtage und

           2. jene Produkte für die Lieferung von Strom, die jeweils von mindestens 3 % der von ihnen versorgten Verbraucher im Sinne des § 1 Abs. 1 Z 2 KSchG sowie Kleinunternehmen in Anspruch genommen werden

der Regulierungsbehörde zu melden und die dafür erforderlichen Daten in einer von dieser vorgegebenen elektronischen Form für die Eingabe in den Tarifkalkulator (§ 22 Z 3 E-ControlG) zu übermitteln. Stromhändler und sonstige Lieferanten, die Endverbraucher beliefern, sind verpflichtet, die Daten erforderlichenfalls umgehend zu aktualisieren. Im Tarifkalkulator der Regulierungsbehörde sind alle Wettbewerber gleich zu behandeln und alle der Regulierungsbehörde zur Verfügung gestellten Konditionen transparent und nichtdiskriminierend zu veröffentlichen.“

4. Nach § 76 wird folgender § 76a samt Überschrift eingefügt:

„Information der Kunden über Wechselmöglichkeiten

§ 76a. (1) Lieferanten haben ihre Kunden einmal jährlich in einem persönlich an sie gerichteten, gesonderten Informationsschreiben oder auf ihren Wunsch elektronisch auf die Möglichkeit eines Wechsels gemäß § 76 sowie den Tarifkalkulator der Regulierungsbehörde (§ 22 Z 3 E-ControlG) hinzuweisen.

(2) Sind Bindungsfristen gemäß § 76 Abs. 1 3. Satz vertraglich vereinbart, haben Lieferanten ihre Kunden in einem persönlich an sie gerichteten, gesonderten Informationsschreiben oder auf ihren Wunsch elektronisch über das bevorstehende Ende der vertraglichen Bindung zu informieren. Die Information hat auf die Möglichkeit eines Wechsels gemäß § 76 sowie den Tarifkalkulator der Regulierungsbehörde (§ 22 Z 3 E-ControlG) hinzuweisen und zumindest vier Wochen vor Ende der Bindungsfrist zu erfolgen.

(3) Sofern Lieferanten zum Zeitpunkt einer Information nach Abs. 1 oder 2 über ein Standardprodukt verfügen, welches im Hinblick auf den Energieverbrauch des jeweiligen Kunden während des letzten Vertragsjahres im Tarifkalkulator der Regulierungsbehörde als günstiger als das aktuell vereinbarte Produkt ausgewiesen ist, haben sie dem jeweiligen Kunden in der Information nach Abs. 1 oder 2 einen Umstieg auf dieses Standardprodukt anzubieten.“

5. § 81 Abs. 5 lautet:

„(5) Teilbeträge sowohl für die Netznutzung als auch für die Energielieferung sind auf sachliche und angemessene Weise auf Basis des Letztjahresverbrauches zu berechnen und auf Verlangen von Verbrauchern im Sinne des § 1 Abs. 1 Z 2 KSchG sowie Endverbrauchern mit einem Jahresverbrauch von bis zu 100.000 kWh zumindest halbjährlich an den aktuellen Verbrauch und das aktuell vertraglich vereinbarte Entgelt anzupassen. Bei der Berechnung der Teilbeträge für die Energielieferung sind einmalige und wiederkehrende Rabatte, die auf den Energiepreis wirken, zu berücksichtigen. Liegt kein Jahresverbrauch vor, so sind die Teilbeträge auf Basis des zu erwartenden Stromverbrauchs, aufgrund der Schätzung des Verbrauchs vergleichbarer Kunden, zu berechnen. Die der Teilbetragsberechnung zugrundliegende Menge in kWh ist dem Kunden schriftlich oder auf dessen Wunsch elektronisch mitzuteilen.

6. § 81 Abs. 6 lautet:

„(6) Sind intelligente Messgeräte installiert, haben Endverbraucher das Wahlrecht zwischen einer monatlichen Rechnung und einer Jahresrechnung. Auf dieses sind sie bei Vertragsabschluss samt einer Information über die damit verbundenen Auswirkungen auf die Verrechnung hinzuweisen.“

7. Nach § 99 Abs. 2 Z 10 wird folgende Z 10a eingefügt:

    „10a. seinen Verpflichtungen gemäß § 76a nicht nachkommt;“

8. Dem § 109 werden folgende Abs. 9 und 10 angefügt:

„(9) § 65 Abs. 2 und § 81 Abs. 6 in der Fassung des Bundesgesetzes BGBl. I Nr. X/2023 treten mit Ablauf des Tages der Kundmachung in Kraft in Kraft.

(10) § 76a und § 81 Abs. 5 in der Fassung des Bundesgesetzes BGBl. I Nr. X/2023 treten mit 1. September 2023 in Kraft.“

 

In formeller Hinsicht wird die Zuweisung an den Ausschuss für Wirtschaft, Industrie und Energie vorgeschlagen.

 

Begründung

Zu Z 3 (§ 65 Abs. 2):

Die bestehende Verpflichtung der Stromhändler und Lieferanten, preisrelevante Daten der Regulierungsbehörde für die Eingabe in den Tarifkalkulator zu übermitteln, wird im Sinne einer weiteren Verbesserung des Tarifkalkulators erweitert. Standardprodukte im Sinne von Z 1 dieses Absatzes sind insbesondere jene Produkte, die anhand allgemeiner Vertragsbestimmungen und Preisgestaltung udgl. an einen unbestimmten Personenkreis gerichtet sind. Die Meldepflicht gemäß Z 2 soll gewährleisten, dass Kunden die Preise für ihre in der Vergangenheit abgeschlossenen Standardprodukte mit aktuellen Angeboten nach Z 1 vergleichen und somit Preisvorteile erkennen können. Durch die Meldepflicht wird die Regulierungsbehörde in die Lage versetzt, diese Daten im Vergleichsinstrument zur Verfügung stellen zu können. Die Meldeschwelle von 3% der Haushaltskundinnen und Kleinunternehmenskunden soll dabei die Administrierbarkeit für die Lieferanten sowie die Regulierungsbehörde sicherstellen.

Zu Z 4 (§ 76a):

Durch Abs. 1 sollen Kunden künftig einmal jährlich auf die Möglichkeit des Wechsels und den Tarifkalkulator hingewiesen werden. Hierdurch sollen Kunden, die das Recht auf Wechsel grundsätzlich jederzeit in Anspruch nehmen könnten, animiert und dabei unterstützt werden, das passende, günstigste Standardprodukt zu finden.

Kunden, die einen Liefervertrag abgeschlossen haben, der sie für eine gewisse Dauer an den Vertrag bindet (Bindungsfrist; beispielhaft etwa durch einen Kündigungsverzicht für 12 Monate), sollen durch Abs. 2 animiert und dabei unterstützt werden, nach Ablauf der Bindungsfrist das für sie günstigste Standardprodukt zu finden. Im Falle von vereinbarten Bindungsfristen minimiert die rechtzeitige Erinnerung zumindest vier Wochen vor Ende der Bindungsfrist einerseits das Risiko, dass Kunden die Möglichkeit der ordentlichen Kündigung zum Ende des ersten Vertragsjahres (§ 76 Abs. 1) verpassen, andererseits gewährleistet diese Vorlaufzeit, dass ein allfälliges Verfahren für einen Lieferantenwechsel rechtzeitig zum Ende der Bindungsfrist abgeschlossen ist (§ 76 Abs. 2).

Der Hinweis auf den Tarifkalkulator der Regulierungsbehörde soll Kunden die Möglichkeit aufzeigen, selbstständig das für sie günstigste Standardprodukt zu finden. Indem Lieferanten dem jeweiligen Kunden zugleich mit dem Informationsschreiben ein für den Kunden günstigeres Standardprodukt aus ihrem Produktportfolio anbieten müssen, sofern ein solches verfügbar ist, ist zudem gewährleistet, dass auch jenen Kundengruppen, die das Instrument des Tarifkalkulators nicht nutzen (können), eine einfache Möglichkeit aufgezeigt wird, anstelle der automatischen Vertragsverlängerung zu den bisherigen Bedingungen ein für sie günstigeres Angebot wahrzunehmen. „Günstiger“ bedeutet finanziell vorteilig und stellt auf eine den Energieverbrauch des letzten Vertragsjahres berücksichtigende Analyse unter Heranziehung der Ergebnisse im Tarifkalkulator ab. Die Gültigkeitsdauer des Angebots muss jeweils so bemessen sein, dass ausreichend Zeit für Angebotsvergleiche zur Verfügung steht.

Zu Z 5 (§ 81 Abs. 5):

Die Bestimmung stellt nunmehr klar, dass Rabatte (einmalige sowie wiederkehrende Vergünstigungen) auch bei der Berechnung von Teilbeträgen und nicht erst bei der Jahresabrechnung zu berücksichtigen sind. Energiepreis ist der zahlende Preis für die Lieferung von Strom in Cent/kWh, der alle verrechneten Bestandteile des Energieanteils, wie insbesondere den Arbeitspreis und den Grundpreis, umfasst. Beispiele für einmalige oder wiederkehrende Rabatte, die direkt auf den Energiepreis wirken sind abrechnungsbezogene Boni (z.B. „Online-Bonus", Bonus für Zahlung per Lastschrift, Bonus für papierlose Rechnung), Gratisstromzeiträume, Neukundenrabatt und -bonus, Treuerabatte und -bonus oder Wärmepumpenbonus.

Anpassung der Teilbeträge an den aktuellen Verbrauch und das aktuell vertraglich vereinbarte Entgelt verringern das Risiko unerwarteter Nachzahlungen oder potentiell inflationsfördernder überhöhter Vorauszahlungen.

Der explizite Hinweis auf die Möglichkeit der Verbraucher im Sinne des § 1 Abs. 1 Z 2 KSchG sowie Endverbraucher mit einem Jahresverbrauch von bis zu 100.000 kWh, eine Anpassung der Teilbeträge zu verlangen, soll diese animieren, die Möglichkeit stärker wahrzunehmen. Die Möglichkeit besteht für alle Kunden, unabhängig davon, ob sie ein Zählgerät mit Prepaymentfunktion nutzen.

Zu Z 6 (§ 81 Abs. 6):

Die Ergänzung der Bestimmung soll sicherstellen, dass Endverbraucher im Zeitpunkt des Vertragsabschlusses über ihr Wahlrecht zwischen Jahres- und Monatsrechnung informiert sind. Im Falle einer Monatsrechnung rückt die Zahlung näher an den Verbrauch, wodurch die Kunden ihre tatsächlichen Kosten leichter verfolgen können. Im Falle eines stark variierenden Verbrauchsverhaltens ergeben sich mitunter größere Unterschiede zwischen den einzelnen Monatsrechnungen, die im Rahmen einer jährlichen Abrechnung mit monatlichen Teilzahlungsbeträgen geglättet werden würden. Der Hinweis auf das Wahlrecht hat deshalb auch Informationen zu den jeweiligen Auswirkungen auf die Verrechnung zu enthalten, damit die Kunden in die Lage versetzt werden, eine fundierte Entscheidung zu treffen.