Allgemeiner Teil

 

A. Problem

Die wichtigste Aufgabe und größte Herausforderung der Gegenwart besteht darin, auf allen Ebenen und in allen Politikbereichen effiziente Maßnahmen zu setzen, um den bereits eingetretenen Klimawandel in seinen Dimensionen möglichst gering zu halten und seine Auswirkungen so weit wie möglich abzumildern. Um die zu diesem Zweck international vorgegebenen Klimaziele zu erreichen, ist ein breit gestreutes Spektrum an Regulierungsschritten und Handlungsanreizen erforderlich. Zwei der wichtigsten Handlungsfelder, denen sich die Klimapolitik zuwenden muss, sind der Verkehr und der Gebäudesektor; in beiden Fällen geht es um den Ausstieg aus fossilen Brennstoffen und um die Verringerung des Energieverbrauchs. Neben zahlreichen anderen Änderungserfordernissen ist hier auch das Wohnungseigentumsrecht angesprochen. Wenn man den Umstieg auf elektrisch betriebene Fahrzeuge vorantreiben will, müssen auch Lademöglichkeiten im Bereich von Wohngebäuden geschaffen werden. Und auch mit Blick auf die Notwendigkeit, den Energiebedarf für Gebäude zu verringern und hier auf umweltfreundliche Technologien und Energieträger umzusteigen, sollten die Rahmenbedingungen im Wohnungseigentumsrecht verbessert werden.

Das Regierungsprogramm 2020 bis 2024 sieht eine Novellierung und Modernisierung des Wohnungseigentumsgesetzes vor, die vornehmlich diesen Zielen dienen soll. Die Durchsetzbarkeit von notwendigen Erhaltungsmaßnahmen sowie die Schaffung von Elektro-Tankstellen und Photovoltaik-Anlagen sollen durch die Erleichterung der Beschlussfassung unter Wahrung berechtigter Minderheitsrechte erleichtert werden. Erleichterungen sollen auch für Maßnahmen zur „Dekarbonisierung“ geschaffen werden; ein wesentliches Mittel dazu ist die im Regierungsprogramm ebenfalls angekündigte Implementierung einer grundsätzlich verpflichtenden Rücklagendotierung.

 

B. Ziele des Entwurfs

Durch eine Novelle zum Wohnungseigentumsgesetz 2002 sollen die Ankündigungen im Regierungsprogramm zu diesem Rechtsbereich umgesetzt werden. Dabei ist an drei Stellen anzusetzen, nämlich erstens beim Änderungsrecht des einzelnen Wohnungseigentümers nach § 16 WEG 2002, zweitens bei den Voraussetzungen für das wirksame Zustandekommen von Beschlüssen gemäß § 24 WEG 2002 und drittens bei der Bestimmung des § 31 WEG 2002 über die Rücklage. Korrespondierend dazu sind ergänzende Änderungen bei den Pflichten des Verwalters (§ 20 WEG 2002) vorzunehmen, um es dem einzelnen Wohnungseigentümer zu erleichtern, zur Wahrnehmung bestimmter Gestaltungsmöglichkeiten an die anderen Wohnungseigentümer heranzutreten. Schließlich sind flankierend zu diesen Neuerungen geringfügige Adaptierungen im Verfahrensrecht (§ 52 WEG 2002) vonnöten.

Alle diese Maßnahmen zielen zunächst darauf ab, die Errichtung von Ladevorrichtungen für Elektro-Fahrzeuge in Wohnungseigentumsbauten zu erleichtern. Daneben sollen im Bereich des Änderungsrechts noch weitere unterstützungswürdige Innovationen begünstigt werden, nämlich die Errichtung von Einzel-Solaranlagen sowie die barrierefreie Ausgestaltung von Wohnungseigentumsobjekten und Allgemeinteilen. Die zweite wesentliche Zielsetzung der Novelle geht dahin, durch eine Vereinfachung bei der Willensbildung und durch eine betragliche Untergrenze für die Bildung der Rücklage ganz allgemein optimierte Voraussetzungen einerseits für die Erhaltung, andererseits aber auch für die Verbesserung von Gebäuden vor allem in wärme-, klima- und energietechnischer Hinsicht zu schaffen. Mit diesem Maßnahmenbündel will die Novelle einen Betrag zum Klimaschutz im Gebäudesektor sowie zur Förderung des emissionsfreien Individualverkehrs leisten. Schließlich werden mit der Novelle noch einige kleinere aktuelle Anliegen aufgegriffen, wie etwa Fragen zur Eigentümerversammlung, wie sie während der COVID-19-Pandemie aufgetreten sind, oder eine Frage im Zusammenhang mit der Kreditfinanzierung von größeren Arbeiten.

 

C. Neuerungen beim Änderungsrecht des Wohnungseigentümers (§ 16 WEG 2002)

1. Ein Wohnungseigentümer, der sein Wohnungseigentumsobjekt in einer Weise verändern möchte, dass dadurch auch schutzwürdige Interessen anderer Wohnungseigentümer beeinträchtigt werden könnten, muss dafür die Zustimmung aller anderen einholen (§ 16 Abs. 2 WEG 2002). Das kann sich allerdings in der Praxis recht schwierig gestalten, vor allem bei großen Wohnungseigentumsanlagen mit vielen Objekten. Denn der änderungswillige Wohnungseigentümer muss alle anderen von seinem Vorhaben und davon überzeugen, dass es keine negativen Auswirkungen für sie haben wird, und sie zu einer ausdrücklichen Zustimmungserklärung bewegen. Es reicht also nicht die stillschweigende Duldung der anderen aus, sondern es muss ihre aktive Zustimmung bewirkt werden. Eine weitere Hürde besteht oft darin, dass der Änderungswillige die anderen Wohnungseigentümer – besonders dann, wenn diese ihr Wohnungseigentumsobjekt nicht selbst bewohnen – mit seinem Zustimmungsanliegen nur schwer erreichen kann, weil ihm die Anschriften der anderen nicht vollständig bekannt sind und er sie auch über den Verwalter etwa deshalb nicht in Erfahrung bringen kann, weil dies dem Verwalter von dislozierten Wohnungseigentümern untersagt wurde. Freilich besteht für den Änderungswilligen die Möglichkeit, die verweigerten oder sonst nicht erlangbaren Zustimmungen durch gerichtliche Entscheidung ersetzen zu lassen, doch ist die Anrufung des Gerichts und das damit verbundene Hineinziehen aller anderen Wohnungseigentümer in ein gerichtliches Verfahren ein heikler Schritt, vor dem manch einer zurückschreckt.

2. Ein Wohnungseigentümer, der an seinem Kfz-Abstellplatz oder in seiner Garage eine Ladevorrichtung für ein Elektro-Fahrzeug anbringen will, wird in der Regel das beschriebene Procedere der Zustimmungseinholung durchlaufen müssen, weil eine solche Maßnahme – einerseits wegen der dabei meistens notwendigen Inanspruchnahme allgemeiner Teile der Liegenschaft und andererseits wegen der möglichen Implikationen des Betriebs einer solchen Ladevorrichtung auf die elektrische Versorgung der gesamten Liegenschaft – die Schwelle jener Änderungen, die ein Wohnungseigentümer ohne Befassung der anderen vornehmen dürfte, zumeist überschreiten wird. Um nun dem einzelnen Wohnungseigentümer den Weg zu einer eigenen Ladevorrichtung zu ebnen, wird für einen solchen Fall die Erreichung der Zustimmung der anderen durch eine Neuregelung in § 16 WEG 2002 erheblich erleichtert. In einem neuen Abs. 5 wird nämlich vorgesehen, dass das Schweigen eines von der beabsichtigten Installierung einer Ladestation verständigten anderen Wohnungseigentümers als Zustimmung zu dieser Maßnahme gilt. Aufgrund dieser neu eingeführten Zustimmungsfiktion benötigt der Wohnungseigentümer für den Ladestationseinbau also nicht mehr die aktive Zustimmung aller anderen, sondern es reicht bereits aus, wenn er die anderen Wohnungseigentümer davon verständigt und diese in der Folge keinen Widerspruch dagegen erheben. Die Einzelheiten dieser Neuregelung können den Ausführungen im Besonderen Teil dieser Erläuterungen entnommen werden.

3. Die Regelung über die Zustimmungsfiktion soll aber nicht nur bei E-Ladevorrichtungen zum Tragen kommen, sondern auch bei einigen anderen begünstigungswürdigen Änderungen. Zum einen soll diese Erleichterung auch für die Anbringung von Photovoltaikanlagen und Solarthermieanlagen anwendbar sein. Die Förderung von Photovoltaik wird ja in den Passagen des Regierungsprogramms zum Wohnungseigentumsrecht ebenfalls angesprochen. Freilich werden Photovoltaiksysteme im Regelfall als Gemeinschaftsanlage – beispielsweise am Dach des Gebäudes auf der Wohnungseigentumsliegenschaft – errichtet und sind daher nur ausnahmsweise Gegenstand einer Änderungsmaßnahme eines einzelnen Wohnungseigentümers. Anderes kann jedoch dann gelten, wenn die Wohnungseigentumsliegenschaft mit Reihenhäusern oder mit einzelstehenden Gebäuden bebaut ist, von denen jedes ein eigenes Wohnungseigentumsobjekt bildet. Bei solchen Gestaltungen wäre der Wunsch eines Wohnungseigentümers, sein Reihenhaus oder Einzelgebäude mit einer Photovoltaikanlage auszustatten und zu versorgen, eine nach § 16 WEG 2002 zu beurteilende Änderung. Gleiches gilt für eine Solarthermieanlage, die ein Wohnungseigentümer an seinem Reihenhaus oder Einzelgebäude anbringen möchte.

Durch die Zustimmungsfiktion des § 16 Abs. 5 WEG 2002 privilegiert sind zum anderen auch barrierefreie Ausgestaltungen eines Wohnungseigentumsobjekts oder von allgemeinen Teilen der Liegenschaft. Zwar haben solche Ausgestaltungen keinen inhaltlichen Zusammenhang mit den auf das Klima, die Umweltfreundlichkeit und die Ressourcenschonung gerichteten Zielen dieser Novelle, doch stehen sie aus anderen Gründen schon lange auf der Agenda jener Regelungsanliegen, die im Gebäudesektor anstehen. Es geht dabei etwa um die barrierefreie Umgestaltung einer Wohnung, aber auch um die Errichtung beispielsweise einer rollstuhltauglichen Rampe am Gebäudeeingang oder eines Treppenlifts für gehbehinderte Menschen. Mit der Erleichterung solcher Maßnahmen soll dem Bedürfnis Rechnung getragen werden, dass körperbehinderte oder sonst durch Alter, Krankheit oder Unfall bewegungsbeeinträchtigte Menschen ihre Mobilitätseinschränkung durch entsprechende Umgestaltungen in ihrem Wohnbereich möglichst weitgehend kompensieren und dadurch möglichst ungehindert am gesellschaftlichen Leben teilhaben können. Zu denken ist aber etwa auch an Einrichtungen und Ausstattungen, die sehbehinderten Menschen die Orientierung erleichtern.

Einen Zusammenhang mit dem Klima, nämlich mit dem Klimawandel, hat das steigende Bedürfnis nach Beschattung von Wohn- und Geschäftsräumen, um allzu hohen Raumtemperaturen – möglichst auch ohne Klimaanlagen – entgegenzuwirken. Damit sind im gegebenen Kontext in erster Linie Rollläden, Markisen oder Außenjalousien gemeint, deren Anbringung in der Regel eine zustimmungsbedürftige Änderung ist. Auch die Anbringung solcher Beschattungsvorrichtungen soll in den Kreis der durch § 16 Abs. 5 WEG 2002 begünstigten Maßnahmen aufgenommen werden, das allerdings nur unter der Voraussetzung, dass sich die jeweilige Vorrichtung harmonisch in das Erscheinungsbild des Hauses einfügt. Und schließlich soll auch der Einbau einbruchsicherer Türen in dieser Weise begünstigt werden. Die Eingangstüren zu Wohnungseigentumsobjekten gehören zwar zu den allgemeinen Teilen der Liegenschaft und fallen daher in die „Zuständigkeit“ der Eigentümergemeinschaft. Dem Bedürfnis einzelner Wohnungseigentümer, die Eingangstüre zu ihrem Objekt einbruchsicher auszugestalten oder eine neue, einbruchsichere Tür einzubauen, sollen jedoch möglichst wenig Hürden entgegengestellt werden.

4. Bei einer Zustimmungsfiktion handelt es sich um eine sehr weitgehende Maßnahme, die von den allgemeinen Grundsätzen des Zivilrechts abweicht, weil hier Schweigen in der Regel nicht als Zustimmung gewertet werden kann. Deshalb soll diese ganz besondere Erleichterung nur für die drei genannten, spezifisch privilegierungswürdigen Maßnahmen gelten. Keineswegs soll die Zustimmungsfiktion allerdings bei anderen, nicht privilegierten Änderungen zum Tragen kommen. Wenn es also – nur beispielsweise – um den Anbau eines Balkons an das Wohnungseigentumsobjekt, um einen neuen Fensterdurchbruch in der Fassade oder um eine Änderung der Widmung des Wohnungseigentumsobjekts geht, kommt dem Änderungswilligen die Zustimmungsfiktion nicht zugute.

Und auch in ihrer regulatorischen Ausgestaltung muss auf den Ausnahmecharakter der Zustimmungsfiktion Bedacht genommen werden: Das schlägt sich schon bei den Kautelen nieder, die eingehalten werden müssen, um von ihr Gebrauch machen zu können (qualifizierte Verständigung mit klarer und verständlicher Beschreibung der Änderung; Äußerungsfrist von zwei Monaten). Darüber hinaus wird aber auch inhaltlich gleichsam ein Sicherheitsnetz eingezogen: Im letzten Satz des § 16 Abs. 5 WEG 2002 wird nämlich vorgesehen, dass ein Wohnungseigentümer eine wesentliche und dauernde Beeinträchtigung seines Wohnungseigentums- oder Zubehörobjekts selbst dann nicht dulden muss, wenn er sich trotz ordnungsgemäßer Verständigung verschwiegen, also keinen Widerspruch erhoben hat. Diese Auffangregelung bietet freilich nur Abhilfe gegen wirklich ernsthaft und nicht bloß vorübergehende Beeinträchtigungen.

5. Flankiert wird die Bestimmung über die Zustimmungsfiktion durch eine Änderung des § 16 Abs. 2 Z 2 WEG 2002, mit der die Anbringung einer Vorrichtung zum Langsamladen eines elektrisch betriebenen Fahrzeugs in den Kreis der nach dieser Bestimmung privilegierten Änderungen aufgenommen wird. Damit wird inhaltlich an die Entscheidung des OGH 5 Ob 173/19f EvBl 2020/113 = Zak 2020/167 angeknüpft, die freilich – als Hauptbegehren in der damit entschiedenen Rechtssache – nur einphasiges Laden mit einer Ladekapazität bis maximal 3,7 kW betraf (das in dieser Sache eventualiter begehrte dreiphasige Laden mit einer Ladekapazität bis 22 kW wurde vom Höchstgericht nicht unter § 16 Abs. 2 Z 2 zweiter Satz WEG 2002 in der bisherigen Fassung subsumiert). In diesem Kontext ist auf die Ausführungen im Besonderen Teil zu § 16 WEG 2002 hinzuweisen, mit denen zum zutreffenden Verständnis des Begriffs des „Langsamladens“ ausführlich Stellung genommen wird. Schon an dieser Stelle sei aber gesagt, dass dieser Begriff durchaus auch dreiphasiges Laden mitumfasst, wenngleich nur mit einer moderaten Ladeleistung (nämlich 5,5 kW; Näheres in Punkt 2 zu § 16).

Als ein Ergebnis des Begutachtungsverfahrens wird auch die barrierefreie Ausgestaltung eines Wohnungseigentumsobjekts oder von allgemeinen Teilen der Liegenschaft in den Kanon jener Maßnahmen aufgenommen, die nach § 16 Abs. 2 Z 2 zweiter Satz WEG 2002 privilegiert sind. Denn dies wurde in zahlreichen Stellungnahmen als wünschenswerte Ausdehnung der Begünstigung solcher Änderungen gefordert. Diese Anregungen werden aufgegriffen, zumal die Herstellung von Barrierefreiheit in aller Regel tatsächlich einem wichtigen Interesse des änderungswilligen Wohnungseigentümers dient.

6. Zum Regelungskomplex über die erleichterte Vornahme ganz bestimmter Änderungen gehören weiters die neue Bestimmung des § 16 Abs. 8 WEG 2002 über die an ganz bestimmte zeitliche, formale und inhaltliche Voraussetzungen geknüpfte Pflicht zur Unterlassung der Nutzung einer Einzelladestation (mit der gewährleistet werden soll, dass die Errichtung solcher Einzelstationen dem späteren Betrieb einer Gemeinschaftsanlage nicht entgegensteht) sowie die Auskunftspflicht des Verwalters über die für eine Verständigung der anderen Wohnungseigentümer erforderlichen Daten in § 20 Abs. 8 WEG 2002 (auf die im sogleich nachfolgenden Punkt näher eingegangen werden wird).

 

D. Auskunftspflicht des Verwalters über die für eine Verständigung der anderen Wohnungseigentümer notwendigen Daten (§ 20 Abs. 8 WEG 2002)

1. Wenn ein einzelner Wohnungseigentümer in wohnungseigentumsrechtlichen Belangen aktiv werden und an die anderen Wohnungseigentümer herantreten will, steht er nicht selten vor dem Problem, dass ihm die Zustellanschriften der nicht auf der Liegenschaft wohnhaften oder dort Geschäfte betreibenden Wohnungseigentümer nicht bekannt sind und er auch nicht etwa über deren E-Mail-Adressen verfügt. Diese Hürde kann nicht nur im Zusammenhang mit dem Änderungsrecht nach § 16 WEG 2002 relevant sein, sondern auch dann, wenn es etwa um eine Initiative zur Fassung eines Beschlusses oder um die Einberufung einer Eigentümerversammlung, um eine Anregung zum Abschluss einer Benützungsvereinbarung, um Verfügungen im Zusammenhang mit der Wohnungseigentumsliegenschaft oder um sonstige Gestaltungs- oder Handlungsmöglichkeiten geht. In solchen Fällen wird sich der in diesen Fragen engagierte Wohnungseigentümer an den Verwalter wenden, um von diesem die Anschriften der anderen Wohnungseigentümer in Erfahrung zu bringen. Allerdings stellt sich die Frage, ob der Verwalter einem Auskunftsverlangen eines einzelnen Wohnungseigentümers hinsichtlich der Anschriften der anderen Wohnungseigentümer nachkommen muss. In seiner Entscheidung 5 Ob 175/08h immolex 2009/7 = wobl 2009/66 = SZ 2008/118 hat der OGH zwar grundsätzlich anerkannt, dass es zum Umfang der einen Verwalter treffenden Pflichten gehöre, auf Verlangen Wohnungseigentümern die ihm bekanntgegebenen Zustellanschriften zu übermitteln, dass diese Verpflichtung jedoch dort ihre Grenze finde, wo der Verwalter durch entgegengesetzte Weisungen von Miteigentümern in einen Interessenkonflikt gerate. Wenn ein Wohnungseigentümer dem Verwalter auftrage, seine Anschrift einem anderen Wohnungseigentümer nicht bekanntzugeben, um von diesem nicht durch Kontaktaufnahmen behelligt zu werden, liege darin ein beachtliches Interesse. In einem solchen Fall könne vom Verwalter nicht verlangt werden, eine Interessenabwägung vorzunehmen. Im Ergebnis ist daher in einem solchen Fall eine Verpflichtung des Verwalters zur Herausgabe der Anschrift zu verneinen. In derselben Entscheidung hat der OGH darauf hingewiesen, das sich allenfalls aus den gegenseitigen Schutz- und Treuepflichten der Rechtsgemeinschaft eine Verpflichtung zur Preisgabe der Anschrift ergeben könne, diese Pflicht aber im streitigen Verfahren gegen die einzelnen Wohnungseigentümer geltend zu machen wäre. Damit ist in einem solchen Verweigerungsfall dem Einzelnen wenig geholfen, schon allein deshalb, weil er ja auch zur Einleitung eines solchen streitigen Verfahrens die Anschrift der anonym bleiben wollenden Wohnungseigentümer benötigt.

2. Um hier dem einzelnen Wohnungseigentümer eine effiziente Hilfestellung zu leisten, wird im neuen § 20 Abs. 8 WEG 2002 eine Auskunftspflicht des Verwalters über die Namen und die Zustellanschriften der anderen Wohnungseigentümer statuiert, die in ihren einzelnen Regelungselementen so ausgestaltet ist, dass sie mit den durchaus strengen Vorgaben der Datenschutz-Grundverordnung uneingeschränkt vereinbar ist. Die Auskunftspflicht des Verwalters ist nämlich an mehrere Voraussetzungen geknüpft: Erstens muss die Verständigung der anderen Wohnungseigentümer für die Ausübung von Rechten und Gestaltungsmöglichkeiten, die sich aus dem Wohnungseigentum ergeben, notwendig sein; diese Notwendigkeit ist vom Auskunft Begehrenden gegenüber dem Verwalter darzulegen. Zweitens darf der Wohnungseigentümer die mitgeteilten Daten auch ausschließlich für die genannten Verständigungszwecke verwenden. Drittens dürfen E-Mail-Adressen nur mit der Einwilligung des betreffenden Wohnungseigentümers mitgeteilt werden; diese Verschiedenbehandlung von postalischen Zustellanschriften und Mail-Adressen erklärt sich aus der höheren Sensibilität und Missbrauchsanfälligkeit der Letzteren, zumal eine Mail-Adresse sehr leicht zu anderen Zwecken als zu wohnungseigentumsrechtlichen Verständigungen missbraucht werden könnte. Mit Blick auf mögliche Geheimhaltungsinteressen wird es dem einzelnen Wohnungseigentümer viertens anheimgestellt, dem Verwalter die Weitergabe seiner Zustellanschrift zu untersagen, dies allerdings nur unter der Voraussetzung, dass er ihm gleichzeitig eine andere inländische Anschrift oder eine E-Mail-Adresse bekanntgibt, über die er verständigt werden kann. Mit diesen Regelungen ist in datenschutzrechtlich unbedenklicher Weise gewährleistet, dass ein einzelner Wohnungseigentümer, der mit einem bestimmten Anliegen an seine Rechtsgenossen herantreten will, auf einfachem Wege verlässliche Kontaktdaten der anderen erhält.

 

E. Erleichterung der Willensbildung (§ 24 Abs. 4 WEG 2002)

1. Sowohl im ABGB (§ 833) als auch im Wohnungseigentumsrecht (§ 24 Abs. 4 WEG 2002, zuvor § 13b Abs. 2 WEG 1975) ist für das wirksame Zustandekommen eines Beschlusses der Gemeinschaft die Zustimmung von so vielen Mit- bzw. Wohnungseigentümern erforderlich, die eine Mehrheit der Miteigentumsanteile (also eine Mehrheit aller Miteigentumsanteile an der Liegenschaft) repräsentieren. Allerdings wird für das Wohnungseigentumsrecht schon seit längerem eine Veränderung dieses Beschlusserfordernisses diskutiert. Hintergrund dieser Überlegungen ist, dass viele Wohnungseigentümer an den Geschehnissen in der Gemeinschaft kaum interessiert sind und sich deshalb an der Willensbildung nicht beteiligen. Dieses Phänomen hat auch damit zu tun, dass Wohnungseigentumsobjekte heute vermehrt nicht mehr selbst von den Wohnungseigentümern und ihren Familienangehörigen genutzt werden, sondern häufiger durch Vermietung verwertet werden oder von vornherein als bloße Investitionsobjekte angeschafft werden. Wegen dieser zusehends geringer gewordenen Beteiligung an Willensbildungsprozessen wurde schon vor einiger Zeit vorgeschlagen, für das Zustandekommen eines Beschlusses nicht mehr auf die Mehrheit der Miteigentumsanteile, sondern auf eine Mehrheit der abgegebenen Stimmen abzustellen, dies allenfalls in Verbindung mit gewissen zusätzlichen Erfordernissen zur Vermeidung einer uneingeschränkten Dominanz einer aktiven Minderheit.

2. Im Bereich der Erhaltung der allgemeinen Teile der Liegenschaft stellt sich das Problem nicht mit so großer Dinglichkeit, weil die Erhaltung ja zur ordentlichen Verwaltung zählt, bei der der Verwalter die notwendigen Maßnahmen aus Eigenem setzen kann, ohne sich dafür auf einen Beschluss der Eigentümergemeinschaft stützen zu müssen (wenngleich in der Praxis auch hier oft Fragen auftreten, für deren Lösung es sinnvoll ist, eine Willensbildung in der Eigentümergemeinschaft herbeizuführen, was tatsächlich ja auch oft geschieht). Wenn es aber um Verbesserungsmaßnahmen geht und damit um Maßnahmen der außerordentlichen Verwaltung, ist eine Beschlussfassung der Eigentümergemeinschaft unumgänglich. Solche Verbesserungen können nur dann in Angriff genommen werden, wenn sich eine Mehrheit der Wohnungseigentümer – berechnet nach den Miteigentumsanteilen – aktiv dafür ausspricht. Das gilt selbstverständlich auch für solche Veränderungen, die eine Optimierung der energietechnischen Ausgestaltung des Gebäudes oder bestimmter Anlagen, die Errichtung einer Ladestation für Elektro-Fahrzeuge als Gemeinschaftsanlage, die Anbringung einer Photovoltaik- oder Solarthermieanlage oder sonstige klimarelevante Standardverbesserungen zum Ziel haben.

Das aktuelle Regierungsprogramm hat nun in erster Linie solche Verbesserungen im Auge, wenn es Erleichterungen bei der Beschlussfassung ankündigt. Die mit diesem Entwurf vorgeschlagenen Änderungen bei der Beschlussfassung sollen aber nicht auf solche Maßnahmen beschränkt bleiben, weil es zum einen nicht sinnvoll wäre, zwischen einzelnen Maßnahmen zu differenzieren, und zum anderen die Gelegenheit genützt werden soll, dass alte Problem einer Minderbeteiligung an der Willensbildung zu lösen. Die im neu gefassten § 24 Abs. 4 WEG 2002 getroffene Neuregelung über die für eine wirksame Beschlussfassung erforderlichen Mehrheiten gilt daher nicht bloß für bestimmte Beschlussgegenstände, sondern ganz allgemein für jeglichen Beschluss der Eigentümergemeinschaft.

3. Die Neuerung besteht nun darin, dass der bisherigen – und weiterhin aufrecht bleibenden – Mehrheitsbildung (Erreichen der einfachen Mehrheit aller Miteigentumsanteile) eine zweite Möglichkeit der Beschlussfassung an die Seite gestellt wird. Bei dieser zweiten Variante kommt es für die Mehrheitsbildung nicht auf die Mehrheit aller Miteigentumsanteile, sondern auf eine qualifizierte Mehrheit der abgegebenen Stimmen an. Allerdings muss dabei ein zweifaches Zustimmungserfordernis erfüllt werden: Einerseits müssen sich zumindest zwei Drittel jener Wohnungseigentümer, die ihre Stimme abgegeben haben, für den Beschluss aussprechen, wobei diese Zustimmungsquote nicht etwa nach Köpfen, sondern nach dem Verhältnis der Miteigentumsanteile zu berechnen ist. Andererseits müssen die Stimmen, die sich für den Beschluss aussprechen, mindestens ein Drittel aller Miteigentumsanteile erreichen. Auf diesem Weg wird es möglich, selbst mit einer bloß niedrigen Beteiligung der Wohnungseigentümer an der Abstimmung einen wirksamen Beschluss zu erzielen. Zugleich aber wird durch das qualifizierte Mehrheitserfordernis sowie durch die absolute Wirksamkeitsschwelle von einem Drittel aller Miteigentumsanteile gewährleistet, dass ein zustande gekommener Beschluss das Meinungsbild in der Eigentümergemeinschaft gut repräsentiert und dass nicht eine Mehrheit von schweigenden Wohnungseigentümern durch eine nur sehr kleine Minderheit besonders aktiver Proponenten einer Entscheidung dominiert werden kann.

 

F. Mindestdotierung der Rücklage (§ 31 Abs. 1 WEG 2002)

1. Die Überlegung, die Wohnungseigentümer durch eine normative Vorgabe zu einer auch der Höhe nach einigermaßen ausreichenden Rücklagenbildung zu veranlassen, ist ebenfalls schon seit längerem Bestandteil der wohnrechtspolitischen Diskussion. Dem liegt das Kalkül zugrunde, dass sich Eigentümergemeinschaften umso eher bereitfinden werden, in notwendige Erhaltungsarbeiten oder auch in sinnvolle bauliche oder anlagentechnische Maßnahmen zu investieren, je mehr eine derartige Investition durch die vorhandene Rücklage gedeckt ist und je weniger die Wohnungseigentümer deshalb akute Zusatzbelastungen dafür tragen müssen. Mit anderen Worten: Wenn Investitionskapital in der Rücklage vorhanden ist, fällt es leichter, Maßnahmen zur Erhaltung und Verbesserung der Liegenschaft und der darauf errichteten Gebäude zu beschließen.

2. Das aktuelle Regierungsprogramm greift diese Überlegung auf und kündigt die Einführung einer solchen Neuerung an, wobei erkennbar auf den Erhaltungs- und Verbesserungsbeitrag nach dem Wohnungsgemeinnützigkeitsgesetz als mögliches Vorbild Bezug genommen wird. Eine eingehende Analyse hat nun freilich ergeben, dass dieses gemeinnützigkeitsrechtliche Rechtsinstitut aus mehreren Gründen nicht als Modell für die wohnungseigentumsrechtliche Rücklagendotierung dienen kann. Im Rahmen dieser allgemeinen Erläuterungen kann auf diese Gründe nicht im Einzelnen eingegangen werden; hier mag der Hinweis ausreichen, dass schon die Zielsetzung solcher Beträge jeweils eine unterschiedliche ist (Höchstbeträge im WGG; Mindestbetrag im WEG 2002), dass die Ausgangslage bei den in Österreich bereits bestehenden Eigentümergemeinschaften äußerst heterogen ist und dass vor allem der Gebäudebestand im Wohnungseigentum mit den dem Wohnungsgemeinnützigkeitsgesetz unterliegenden Baulichkeiten strukturell überhaupt nicht zu vergleichen ist. Deshalb wurde davon abgesehen, die im Wohnungsgemeinnützigkeitsgesetz statuierten Beträge hier zu übernehmen; und aus ähnlichen Überlegungen wurde schließlich auch vom Versuch Abstand genommen, für den Bereich des Wohnungseigentums eine Betragsstaffel vorzusehen. Stattdessen wurde entschieden, schlicht einen Mindestbetrag vorzugeben, der für ein effizientes Ansparen der Rücklage im Allgemeinen ausreichend ist und der – von bestimmten Ausnahmen abgesehen – auch nicht unterschritten werden darf. Nach bisherigen Erfahrungswerten kann diese Mindestgrenze derzeit mit einem Betrag von 90 Cent pro Quadratmeter Nutzfläche angesetzt werden. Bei der konkreten Berechnung jener Beiträge, die die einzelnen Wohnungseigentümer zur Bildung der Rücklage zu leisten haben, ist dieser Quadratmeterbetrag mit der Nutzfläche aller Wohnungseigentumsobjekte zu multiplizieren und das daraus errechnete monatliche Dotierungserfordernis nach Miteigentumsanteilen auf die einzelnen Wohnungseigentümer aufzuteilen.

Die Mindestdotierung von (derzeit) 90 Cent pro Quadratmeter kann nur in besonderen, im Gesetz umschriebenen Ausnahmefällen unterschritten werden. Dies ist zum einen dann der Fall, wenn die aktuelle Rücklage ohnehin schon einen außergewöhnlich hohen Stand aufweist, etwa weil bereits in der Vergangenheit sehr hohe Beiträge eingehoben, im Weiteren dann aber nicht verbraucht wurden oder weil der Rücklage beispielsweise aus dem Verkauf der früheren Hausbesorgerwohnung mit Zustimmung der Wohnungseigentümer ein hoher Kapitalbetrag zugeflossen ist. Zum anderen ist an solche Eigentümergemeinschaften zu denken, die eben erst eine durchgreifende Sanierung des Gebäudes (auch mit begleitenden Verbesserungen) durchgeführt haben, sodass auf etliche Jahre hinaus keine größeren Investitionen in die Liegenschaft anfallen. Eine gleichartige Ausgangslage ist gegeben, wenn die Neuerrichtung des Gebäudes erst kurze Zeit zurückliegt. In derartigen Fällen ist für eine gewisse Zeit eine Mindestansparung für die Bildung einer angemessenen Rücklage nicht erforderlich. Freilich wird auch in solchen Ausnahmefällen nach Verstreichen einer bestimmten Zeit dann wieder eine kontinuierliche Ansparung zumindest mit der gesetzlichen Untergrenze nötig sein.

Umgekehrt kann es freilich sehr wohl notwendig sein, Rücklagenbeiträge vorzuschreiben, die erheblich über diesem Mindestbetrag liegen, wenn dies nach den Gegebenheiten bei der jeweiligen Liegenschaft geboten ist. Bei den Kriterien für die Bemessung der Rücklagendotierung werden nun im Besonderen – und daher selbstverständlich bloß demonstrativ – künftige Aufwendungen zur thermischen Sanierung oder zur energietechnischen Verbesserung des Gebäudes genannt.

 

G. Nur punktuelle Novellierung, keine größere Reform des Wohnungseigentumsrechts

Dieses Gesetzesvorhaben beschränkt sich im Wesentlichen auf die Ankündigungen im Regierungsprogramm und solche Neuerungen, von denen positive Wirkungen auf Klimafaktoren ausgehen können. Im Fokus steht vor allem die Errichtung von Ladestationen für Elektro-Fahrzeuge einerseits als Einzel- und andererseits als Gemeinschaftsanlagen. Allgemeine Regelungsfragen und Novellierungsanliegen, wie sie in der rechtspolitischen und rechtsdogmatischen Diskussion um das Wohnungseigentumsrecht in den vergangenen Jahren geäußert wurden, bleiben bewusst ausgeklammert. Denn die Lösung dieser Fragen bedürfte zunächst einer breiten und sehr eingehenden Beratung auf Expertenebene und mit den verschiedenen Interessenvertretungen, zumal die Ausgangsbefunde und Lösungsvorschläge oft markant voneinander abweichen. Und ein derart eingehender Fachdiskurs auch mit interessenpolitischem Einschlag würde doch einige Zeit in Anspruch nehmen. Demgegenüber sollen die im Regierungsprogramm aufgezeigten Änderungen möglichst rasch realisiert werden, damit ihre Wirkungen baldestmöglich spürbar werden.

Die Diskussion über mögliche weiterreichende Reformschritte im Wohnungseigentumsrecht wird zu einem späteren Zeitpunkt eingeleitet werden.

Einige wenige Regelungsfragen, die aus unterschiedlichen Gründen rasch gelöst werden können, werden mit dieser Novelle jedoch gleichsam „mitgenommen“. Das betrifft etwa jene Fragen, die aufgrund der Beschränkungen wegen der COVID-19-Pandemie rund um die Eigentümerversammlung aufgetreten sind, nämlich zu deren Frequenz sowie zur Möglichkeit einer elektronischen Teilnahme an der Versammlung. Eine weitere Regelung räumt explizit die Möglichkeit ein, die Mittel für größere Erhaltungs- und Verbesserungsarbeiten neben der beabsichtigten Kreditfinanzierung partiell auch durch unmittelbare Zahlungen einzelner Wohnungseigentümer aufzubringen. Und schließlich wird im Übergangsrecht auch eine schon vor vielen Jahren diskutierte und konzipierte Lösung für das Problem angeboten, dass bei früheren Parifizierungen nach dem WEG 1948 und Nutzwertfestsetzungen nach dem WEG 1975 zuweilen exorbitant hohe Werte für Geschäftsräumlichkeiten angesetzt wurden, die in diesen Einzelfällen auch heute noch zu beträchtlichen Belastungen für die Betroffenen führen.

 

H. Bisheriger Werdegang des Gesetzesvorhabens

Zur Umsetzung der wohnungseigentumsrechtlichen Punkte des Regierungsprogramms erstellte das Bundesministerium für Justiz einen Diskussionsentwurf, der bereits Vorschläge zu den meisten der oben angesprochenen Neuregelungen enthielt. Sodann wurde im späten Frühjahr 2020 eine Arbeitsgruppe einberufen, die aus Vertretern der inhaltlich betroffenen Ministerien und Interessenvertretungen, der Kammern und der Rechtsberufe, der Richterschaft sowie aus namhaften Vertretern der Zivilrechtslehre, die sich mit wohnungseigentumsrechtlichen Fragen besonders befasst hatten, zusammengesetzt war. Die Beratungen dieser Arbeitsgruppe fanden aufgrund der COVID-19-Pandemie in Form von Videokonferenzen statt, bei denen der Diskussionsentwurf in allen Facetten und sehr detailliert besprochen wurde. Aufgrund der sehr aufschlussreichen Besprechungen in der Arbeitsgruppe wurde der Gesetzentwurf in zahlreichen Punkten noch verändert und weiterentwickelt; da und dort kam es dadurch noch zu durchaus grundlegenden Änderungen gegenüber den ursprünglichen Regelungsüberlegungen. Auch wurde der Entwurf – dies auch auf Grundlage einer entsprechenden rechtspolitischen Abstimmung – noch um die bereits besprochene Regelung zur Mindestdotierung der Rücklage angereichert. Dieser fortentwickelte Vorschlag wurde sodann neuerlich einer Diskussion in der Arbeitsgruppe unterzogen.

In der Folge wurden auf Regierungsebene Gespräche über das Novellierungsvorhaben geführt. Dabei wurden zusätzliche Regelungsüberlegungen eingebracht, die sodann neuerlich im Fachkreis der Arbeitsgruppe erörtert wurden. Auf Basis all dieser Beratungsergebnisse erarbeitete das Bundesministerium für Justiz schließlich im Frühjahr 2021 den Ministerialentwurf für eine WEG-Novelle 2022 samt umfassenden Erläuterungen. Dieser Entwurf wurde am 17. Juni 2021 zur allgemeinen Begutachtung versendet; die Begutachtungsfrist endete am 13. August 2021. In den rund 60 Stellungnahmen, die zum Ministerialentwurf erstattet wurden, fand das Gesetzesvorhaben größtenteils grundsätzliche Zustimmung. Im Einzelnen wurden freilich zahlreiche Änderungs- und Ergänzungsanregungen angebracht, die vom Bundesministerium für Justiz eingehend geprüft und abgewogen wurden. Unter Bedachtnahme auf diese Anregungen wurde der Entwurf noch an etlichen Stellen überarbeitet; und auf manche Fragen wird auch noch im Rahmen dieser Erläuterungen eingegangen. Der so modifizierte Gesetzentwurf wird nun als Regierungsvorlage der parlamentarischen Behandlung zugeleitet.

 

I. Kompetenzgrundlage

Die Kompetenz des Bundes zur Erlassung dieses Bundesgesetzes gründet sich auf Art. 10 Abs. 1 Z 6 B-VG (Zivilrechtswesen).

 

J. Besonderheiten des Normerzeugungsverfahrens

Keine.

 


 

Besonderer Teil

 

Zu Z 1 und 2 (§ 16 Abs. 2 bis 8)

Zu § 16 Abs. 2 allgemein und zur neuen Systematik des § 16

1. Nach § 16 Abs. 2 ist der Wohnungseigentümer zu Änderungen an seinem Wohnungseigentumsobjekt auf seine Kosten berechtigt. Bei diesem Änderungsrecht handelt es sich um ein Individualrecht des Wohnungseigentümers und nicht um eine Angelegenheit der ordentlichen Verwaltung, auch wenn von der geplanten Änderung allgemeine Teile der Liegenschaft (mit-)betroffen sind (Markl in Böhm/Pletzer/Spruzina/Stabentheiner, GeKo Wohnrecht II § 16 WEG Rz 11).

Unter welchen Voraussetzungen eine Änderung zulässig ist, hängt von ihrer Intensität und von ihren Wirkungen ab. Bloß geringfügige Änderungen im Inneren des Wohnungseigentumsobjekts, deren Effekte sich auf das Objekt selbst beschränken und daher weder die allgemeinen Teile noch andere Wohnungseigentumsobjekte berühren, kann der Wohnungseigentümer aus Eigenem vornehmen, ohne die anderen Wohnungseigentümer damit befassen zu müssen. Jede Änderung, die eine Beeinträchtigung schutzwürdiger Interessen anderer Wohnungseigentümer mit sich bringen könnte (wofür also schon die Möglichkeit einer Beeinträchtigung genügt), bedarf hingegen der Zustimmung aller anderen Wohnungseigentümer (RIS-Justiz RS0083156; RS0132624). Wenn einer der anderen Wohnungseigentümer seine Zustimmung zur Änderung nicht erteilt, kann der Änderungswillige bei Gericht die Ersetzung der verweigerten Zustimmung beantragen (§ 52 Abs. 1 Z 2). Die Kriterien für die Zulässigkeit einer solchen „außenwirksamen“ Änderung und damit für die Berechtigung einer Zustimmungsverweigerung bzw. umgekehrt für die gerichtliche Zustimmungsersetzung („Genehmigung“) sind in den ersten drei Ziffern des § 16 Abs. 2 stufenweise aufgelistet (die beiden weiteren Ziffern des bisherigen Abs. 2 betreffen nicht diese Kriterien, sondern weitere Fragen im Zusammenhang mit der Zustimmung der anderen; ihre Regelungsinhalte werden daher zur Verbesserung der Verständlichkeit und der Systematik in zwei eigene Absätze transferiert; Näheres dazu sogleich in Punkt 3).

2. All das nun Gesagte ist einhelliger Meinungsstand zu § 16 Abs. 2. Allerdings wird diese Systematik im bisherigen Einleitungssatz der Bestimmung nur unzureichend zum Ausdruck gebracht. Sie soll nun in der neu gefassten Einleitungspassage deutlicher abgebildet werden, um daran in der Folge Erleichterungen, konkret die Zustimmungsfiktion des neuen Abs. 5, knüpfen zu können. Es soll also explizit angeordnet werden, dass Änderungen der Zustimmung aller anderen Wohnungseigentümer bedürfen, sofern die Beeinträchtigung schutzwürdiger Interessen anderer Wohnungseigentümer möglich ist, und dass eine nicht erteilte Zustimmung unter den Voraussetzungen des Abs. 2 Z 1 bis 3 gerichtlich ersetzt werden kann.

3. Da der dritte Satz der neuen Einleitungspassage nun nur noch auf die Kriterien für die Frage der Zustimmungsverweigerung bzw. der gerichtlichen Ersetzung einer nicht erteilten Zustimmung abstellt (während früher im letzten Halbsatz dieser Passage ganz allgemein angeordnet wurde, dass bei Änderungen das Folgende gelte), passen die bisherigen Ziffern 4 und 5 nicht mehr in den neu gefassten Abs. 2. Denn sie regeln keine Kriterien für die Möglichkeit einer gerichtlichen Zustimmungsersetzung: Die bisherige Z 4 ordnet an, dass die anderen Wohnungseigentümer, wenn sie eine bestimmte Änderung dulden müssen, auch eine allenfalls für eine behördliche Bewilligung der Änderung erforderliche Zustimmung nicht verweigern dürfen. Diese Regelung wird in einen neuen Abs. 3 des § 16 überstellt und dabei etwas allgemeiner gefasst; es ist darin nicht mehr von „Zustimmung“ die Rede (die man ja mit der in Abs. 2 behandelten Zustimmung zur Änderung an sich verwechseln könnte), sondern von „einer für die Erlangung der Bewilligung allenfalls erforderliche[n] Mitwirkung“. Das kann etwa die Mitunterfertigung eines Antrags oder die Abgabe einer Erklärung sein.

Die bisherige Z 5 ordnet an, dass die bisherigen Z 1 und 4 sinngemäß auf Bestandsänderungen zwischen benachbarten Wohnungseigentumsobjekten und die Übertragung von Zubehörobjekten anzuwenden sind. Diese Regelung wird inhaltsgleich in einen neuen Abs. 4 des § 16 überstellt.

Zu § 16 Abs. 2 Z 2

1. Eine wesentliche inhaltliche Änderung betrifft § 16 Abs. 2 Z 2. Wenn ein Wohnungseigentümer in Ausübung seines Änderungsrechts in seiner Garage oder an seinem Kfz-Abstellplatz eine Ladevorrichtung für ein Elektrofahrzeug installieren lassen will, wird dadurch zumeist die Schwelle der „Genehmigungsbedürftigkeit“ (also des Erfordernisses der Zustimmung aller anderen Wohnungseigentümer) überschritten werden, weil dafür zum einen regelmäßig allgemeine Teile der Liegenschaft in Anspruch genommen werden (elektrische Leitungen) und zum anderen der Betrieb einer solchen Vorrichtung Implikationen für die der Liegenschaft zur Verfügung stehenden Versorgungskapazitäten haben kann. Im Regelfall wird es daher notwendig sein, für die Anbringung einer solchen Ladevorrichtung die Zustimmung der anderen Wohnungseigentümer einzuholen.

2. Nach § 16 Abs. 2 Z 1 darf die Änderung keine Schädigung des Hauses und keine Beeinträchtigung schutzwürdiger Interessen der anderen Wohnungseigentümer zur Folge haben. Sollen bei der beabsichtigten Änderung auch allgemeine Teile der Liegenschaft in Anspruch genommen werden – wie es bei der Installation von Ladestationen eben regelmäßig der Fall sein wird (siehe Punkt 1) –, so muss die Änderung nach Abs. 2 Z 2 zusätzlich entweder der Übung des Verkehrs entsprechen oder einem wichtigen Interesse des Wohnungseigentümers dienen. Bei bestimmten, im zweiten Satz der Z 2 angeführten „privilegierten“ Änderungen gelten diese zusätzlichen Voraussetzungen auf Grund ausdrücklicher gesetzlicher Anordnung jedenfalls als erfüllt.

In diese Privilegierung soll nun die Anbringung einer Vorrichtung zum Langsamladen eines elektrisch betriebenen Fahrzeugs aufgenommen werden, sofern der Anschluss an eine bestehende Einrichtung nicht möglich oder nicht zumutbar ist. Ein Ansatzpunkt für den hier neu geschaffenen Topos des „Langsamladens“ ist die Entscheidung des Obersten Gerichtshofs zu 5 Ob 173/19f, in der davon ausgegangen wurde, dass Maßnahmen wie die Verlegung einer Elektroleitung samt Errichtung einer Wallbox in einer technisch einer Steckdose vergleichbaren Ausführung (im konkreten Fall: zur Ermöglichung einphasigen Ladens mit maximal 3,7 kW) als privilegierte Verlegung einer Stromleitung samt ähnlicher Einrichtung im Sinn des § 16 Abs. 2 Z 2 zweiter Satz anzusehen sind. Doch ist der Begriff des „Langsamladens“ keineswegs auf einphasiges Laden beschränkt, sondern erfasst durchaus auch dreiphasiges Laden. Ein solches Begriffsverständnis ist schon deshalb geboten, weil – worauf im Begutachtungsverfahren mehrfach hingewiesen wurde – ein bloß einphasiges Laden durch eine Mehrzahl von Wohnungseigentümern elektrotechnisch problematisch sein könnte, insbesondere deshalb, weil dies zu Asymmetrien im Verteilungsnetz führen könnte.

Das wirft im Weiteren die Frage auf, bis zu welcher Ladeleistung noch von einem „Langsamladen“ gesprochen werden kann. Der Terminus „Langsamladen“ ist in öffentlich-rechtlichen Vorschriften nicht umschrieben; und er soll auch nicht etwa hier im Wohnungseigentumsgesetz 2002 definiert werden. Denn eine Definition, die die hier anzustrebende Regelungsbalance – nämlich wohnungseigentumsrechtliche Förderung der „Pioniere“ der Elektromobilität bei gleichzeitiger Vermeidung einer allzu raschen Überlastung der Anschlusskapazität durch sehr „leistungshungrige“ Elektrofahrzeugeigentümer – durch technische Beschreibungen und Maßeinheiten zu fassen versuchte, wäre aufgrund der technischen Entwicklungen möglicherweise bald veraltet und überholt und ließe der Praxis nicht den nötigen Spielraum. Deshalb wird davon abgesehen, im WEG 2002 eine maximale Ladeleistung für den Begriff „Langsamladen“ festzuschreiben. Doch lassen sich für deren Eingrenzung nach dem heutigen Stand der Technik ausreichende Orientierungspunkte aus den elektrotechnischen Begrifflichkeiten gewinnen: Dort wird nämlich zwischen „Normalladen“ und „Schnellladen“ unterschieden. Das „Normalladen“ erfasst – heute – dreiphasiges Laden mit einer Ladeleistung von bis zu 22 kW. Es liegt begrifflich auf der Hand, dass die Ladeleistung bei einem „Langsamladen“ niedriger sein muss als die maximale Ladeleistung beim „Normalladen“; daher kann etwa das Laden mit einer Ladeleistung von 22 kW nicht als „Langsamladen“ bezeichnet werden und wohl auch nicht jenes mit 11 kW. Eindeutig fällt aber das Laden mit 5,5 kW unter den Begriff des „Langsamladens“, zumal eine solche Ladeleistung nach den heutigen elektrotechnischen Gegebenheiten immer als Minimum mit einem dreiphasigen Laden verbunden ist.

3. Die hier für Langsamladevorrichtungen getroffene Regelung hat zur Voraussetzung, dass der Kfz-Abstellplatz oder die Garage, an dem oder in der die Vorrichtung angebracht werden soll, im Wohnungseigentum des änderungswilligen Wohnungseigentümers steht; bei Kfz-Abstellplätzen kommt auch noch Zubehör-Wohnungseigentum entsprechend der Rechtslage nach dem WEG 1948 oder nach dem WEG 1975 in Betracht. Wenn ein Kfz-Abstellplatz einem Wohnungseigentümer nur durch eine Benützungsregelung dauerhaft zur ausschließlichen Nutzung zugewiesen ist, bleibt er zwar allgemeiner Teil der Liegenschaft, doch ergibt sich aus der Benützungsvereinbarung auch ein Recht zur physischen Veränderung (OGH 5 Ob 174/02b; 5 Ob 40/12m; 5 Ob 25/13g; 6 Ob 160/18z), das freilich insofern beschränkt ist, als in die Rechtssphäre der übrigen Teilhaber eingegriffen wird oder deren wichtige Interessen berührt werden (RIS-Justiz RS0013604). Die Rechtsprechung hat § 16 Abs. 2 WEG 2002 (bzw. dessen Vorgängerregelung im WEG 1975) auch auf eine solche Konstellation angewendet (OGH 5 Ob 299/99b; 5 Ob 28/05m; RIS-Justiz RS0113011), sodass auch hier der nun verankerte Gedanke der Privilegierung von Ladevorrichtungen einfließen kann.

4. Soweit also eine Ladestation die für die neue Privilegierung nach Abs. 2 Z 2 zweiter Satz erforderlichen Anforderungen (Langsamladen, Anschluss an eine bestehende Einrichtung nicht möglich oder nicht zumutbar) erfüllt, brauchen die generellen Voraussetzungen für die Inanspruchnahme allgemeiner Teile (Übung des Verkehrs oder wichtiges Interesse) nicht geprüft zu werden, weil sie durch die Privilegierung unwiderlegbar vermutet werden. Wenn sich also ein anderer Wohnungseigentümer der Installation einer solchen Ladestation widersetzt, muss er davon ausgehen, dass die gerichtliche Zustimmungsersetzung nicht an diesem Kriterium scheitern wird.

An dieser Stelle ist freilich auf Folgendes hinzuweisen: Ein für Ladevorrichtungen – vor allem bei einer Mehrzahl solcher Vorrichtungen – allenfalls erforderlicher Nachkauf von Anschlusskapazität oder eine allenfalls erforderliche Leitungsverstärkung im Bereich der allgemeinen Teile der Liegenschaft wäre – wenn keine andere vertragliche Vereinbarung darüber getroffen wird – kostenmäßig von allen Wohnungseigentümern zu tragen. Derartige Folgewirkungen können dem Änderungswunsch des einen von den anderen Wohnungseigentümern – auch in einem allfälligen gerichtlichen Zustimmungsersetzungsverfahren – entgegengehalten werden, zumal der Einwand der Beeinträchtigung schutzwürdiger Interessen nach § 16 Abs. 2 Z 1 durch die Privilegierung nach § 16 Abs. 2 Z 2 zweiter Satz ja in keiner Weise beschnitten wird.

5. Die hier statuierte Privilegierung einer bestimmten Art von Ladestationen schließt nicht aus, dass auch andere Ladestationen die allgemeinen Voraussetzungen der Z 2 erfüllen. Freilich ist das Vorliegen dieser Voraussetzungen – anders als bei privilegierten Ladestationen – dann im jeweiligen Einzelfall zu prüfen.

6. Der Kreis der nach Abs. 2 Z 2 zweiter Satz privilegierten Änderungen erfährt aber noch eine zweite Erweiterung, nämlich jene um die barrierefreie Ausgestaltung eines Wohnungseigentumsobjekts oder von allgemeinen Teilen der Liegenschaft. Siehe dazu die Ausführungen in Punkt C.5 des Allgemeinen Teils.

Zu § 16 Abs. 5

1. Zu den Hürden, denen sich ein Wohnungseigentümer bei der Wahrnehmung seines Änderungsrechts gegenübersehen kann, und zu den hier vorgesehenen Erleichterungen sei zunächst auf die Ausführungen in Punkt C des Allgemeinen Teils verwiesen.

Vor Vornahme einer in ihren Wirkungen über das Wohnungseigentumsobjekt hinausreichenden Änderung nach Abs. 2 muss also die Zustimmung der anderen Wohnungseigentümer eingeholt werden, wobei eine nicht erteilte Zustimmung allenfalls durch einen Beschluss des Außerstreitrichters ersetzt werden kann. Ein änderungswilliger Wohnungseigentümer muss also mit den anderen Wohnungseigentümern in Kontakt treten, ihnen die geplante Änderung erläutern, sie um ihre Zustimmung ersuchen und auf eine positive Rückmeldung hoffen. Auf die dabei möglicherweise zusätzlich auftretende Problematik fehlender Kontaktdaten wird in Punkt D des Allgemeinen Teils sowie in den Erläuterungen zu § 20 eingegangen. Vor allem stellt sich für den Änderungswilligen in der Praxis häufig das Problem, dass andere Wohnungseigentümer auf die Bitte um Zustimmung oft weder im positiven noch im negativen Sinn reagieren, zumeist aus Desinteresse und Gleichgültigkeit gegenüber der geplanten Änderung. In solchen Fällen muss nach der bisherigen Rechtslage ein Antrag auf gerichtliche Ersetzung der nicht erteilten Zustimmung eingebracht und darüber ein Verfahren geführt werden.

2. Hier soll für bestimmte, objektiv besonders unterstützungswürdige Änderungswünsche Abhilfe durch eine Zustimmungsfiktion geboten werden. Nach dem neu angefügten Abs. 5 ist bei bestimmten Änderungen im Fall einer unterbliebenen Äußerung anderer Wohnungseigentümer keine gerichtliche Zustimmungsersetzung mehr erforderlich, sondern gilt die Zustimmung eines Wohnungseigentümers, der einer geplanten Änderung nicht binnen zwei Monaten nach Verständigung davon widerspricht, als erteilt. Wenn ein Wohnungseigentümer also die anderen Wohnungseigentümer verständigt und binnen zwei Monaten – allenfalls neben Zustimmungserklärungen einiger Wohnungseigentümer – keine Rückmeldungen erhält, darf er die gewünschte Änderung vornehmen.

3. Diese Erleichterungsregelung des Abs. 5 kommt freilich nicht etwa allgemein, sondern lediglich für einige wenige Änderungen zum Tragen, die aus umwelt- und klimapolitischen Gründen oder wegen der speziellen Bedürfnisse behinderter Menschen oder wegen einer Kombination aus einem nachvollziehbaren Bedürfnis mit sehr geringer Eingriffswirkung besonders begünstigt werden sollen. In erster Linie gilt das für die Anbringung einer Vorrichtung zum Langsamladen eines elektrisch betriebenen Fahrzeugs, die zu fördern ja eines der Grundanliegen dieses Gesetzesvorhabens ist („right to plug“). Darüber hinaus soll die Zustimmungsfiktion aber auch für die barrierefreie Ausgestaltung eines Wohnungseigentumsobjekts oder von allgemeinen Teilen der Liegenschaft Platz greifen, mit der ebenfalls einem wichtigen gesellschaftlichen Desiderat Rechnung getragen wird; auch Änderungswünsche dieser Art wurden in der Judikatur zu § 16 Abs. 2 bereits positiv beurteilt (5 Ob 218/19y Zak 2020/348, Treppenlift). Weiters soll die Erleichterung auch für die Anbringung einer Solaranlage an einem als Reihenhaus oder Einzelgebäude errichteten Wohnungseigentumsobjekt nutzbar gemacht werden, denn auch diese Maßnahme dient einem wichtigen Zweck und birgt kaum die Gefahr, andere Wohnungseigentümer nachteilig zu berühren, weshalb es auch dafür sachgerecht ist, eine unterbliebene Reaktion gesetzlich als Zustimmung zu werten. Im Ministerialentwurf wurden lediglich Photovoltaikanlagen an Reihen- und Einzelhäusern genannt, doch wurde im Begutachtungsverfahren zu Recht darauf hingewiesen, dass auch Solarthermieanlagen in den Genuss dieser Privilegierung kommen sollten, weshalb nun Photovoltaik- und Solarthermieanlagen unter dem Überbegriff der Solaranlage zusammengefasst werden. Ähnliches gilt für die Anbringung von Vorrichtungen zur Beschattung eines Wohnungseigentumsobjekts, die dazu beitragen können, in der warmen Jahreszeit erträgliche Raumtemperaturen auch ohne den Betrieb einer Klimaanlage zu erzielen. Hier steht die Privilegierung allerdings unter dem Vorbehalt, dass sich die Vorrichtung harmonisch in das Erscheinungsbild des Hauses einfügt. Dieses Kriterium korrespondiert mit der generellen Negativvoraussetzung der Beeinträchtigung der äußeren Erscheinung des Hauses in § 16 Abs. 2 Z 1. Schließlich wird auch der Einbau einer einbruchsicheren Eingangstüre zum Wohnungseigentumsobjekt (bzw. die einbruchsichere Ausgestaltung der bestehenden Eingangstüre) in den Kreis der hier begünstigten Änderungen einbezogen, weil diese Maßnahme zwar allgemeine Teile der Liegenschaft betrifft, daraus aber in der Regel kaum Beeinträchtigungen allgemeiner Interessen zu erwarten sind.

4. Wenn ein Wohnungseigentümer der geplanten Änderung rechtzeitig widerspricht, bleibt kein Raum für die Zustimmungsfiktion. Der Änderungswillige muss in diesem Fall die gerichtliche Ersetzung der Zustimmung („Genehmigung“) beantragen. Allerdings kommt in der Begünstigung einer Maßnahme durch die gesetzliche Zustimmungsfiktion ein gesetzgeberischer Förderungswille zum Ausdruck, der auch in die Beurteilung der Zulässigkeitskriterien nach § 16 Abs. 2 einfließen wird. Freilich muss im Fall eines Widerspruchs die Frage der Genehmigungsfähigkeit der Änderung immer nach den jeweiligen Gegebenheiten des Einzelfalls geprüft werden.

5. Damit ein fehlender Widerspruch die Zustimmungsfiktion auslösen kann, muss die Verständigung von der geplanten Änderung bestimmte Anforderungen erfüllen. Die Verständigung muss auf die in § 24 Abs. 5 bestimmte Weise geschehen. Das bedeutet, dass die Übersendung entweder in Papierform oder – wenn der empfangende Wohnungseigentümer das verlangt hat – durch elektronische Übermittlung zu erfolgen hat. Eine bloß mündliche Verständigung wäre nicht ausreichend, um eine Zustimmungsfiktion auszulösen. Da in § 16 Abs. 5 nur von der „Übersendung auf die in § 24 Abs. 5 bestimmte Weise“ die Rede ist, muss die Verständigung nicht etwa auch noch zusätzlich durch einen – in § 24 Abs. 5 ebenfalls erwähnten – Hausanschlag bewerkstelligt werden.

Überdies muss die Verständigung auch bestimmten inhaltlichen Kriterien entsprechen: Die geplante Änderung muss darin klar und verständlich beschrieben werden; und es müssen die Rechtsfolgen des Unterbleibens eines Widerspruchs genannt werden. Es muss also darauf hingewiesen werden, dass die Zustimmung als erteilt gilt, wenn der verständigte Wohnungseigentümer der geplanten Änderung nicht binnen zweier Monate widerspricht. Welche Anforderungen an die Beschreibung der ins Auge gefassten Änderung zu richten sind, lässt sich nicht auf einer generellen Ebene näher spezifizieren, sondern hängt von der jeweiligen Maßnahme ab. Allgemein lässt sich aber sagen, dass die Beschreibung den anderen Wohnungseigentümern ein nachvollziehbares Bild darüber vermitteln muss, worin die Änderung besteht und in welcher Weise die anderen Wohnungseigentümer davon tangiert sein könnten. Bei Vorrichtungen zum Laden eines elektrisch betriebenen Fahrzeugs gehören zur klaren und verständlichen Beschreibung der geplanten Änderung im Sinn des Abs. 5 zweiter Satz auch die Angabe der vorgesehenen Ladekapazität sowie die wesentlichen Daten der technischen Ausgestaltung (etwa die Zahl der Phasen).

6. Im Rahmen der Begutachtung wurde in zahlreichen Stellungnahmen angeregt, für die Erhebung eines Widerspruchs gegen eine geplante Änderung Schriftlichkeit vorzusehen. Die Wirksamkeit eines bloß mündlich erklärten Widerspruchs würde nämlich in der Praxis zu erheblichen Beweisschwierigkeiten führen; bei nachträglichen Meinungsverschiedenheiten müssten die Gerichte mit beträchtlichem Aufwand prüfen, ob ein mündlicher Widerspruch erhoben worden sei. Und vor allem hätte der änderungswillige Wohnungseigentümer für sein Vorhaben keine Planungssicherheit, weil er stets gewärtigen müsste, dass ein anderer Wohnungseigentümer im Nachhinein behauptet, er habe der Änderung mündlich widersprochen und der Änderungswillige habe sich über den Widerspruch hinweggesetzt. Diese Überlegungen und Hinweise treffen zu. Deshalb wird nun in § 16 Abs. 5 dritter Satz vorgesehen, dass ein Widerspruch zu seiner Wirksamkeit dem die Änderung anstrebenden Wohnungseigentümer auf Papier oder in dauerhaft speicherbarer elektronischer Form übermittelt werden muss. Damit soll kein Schriftformgebot im Sinn des § 886 ABGB statuiert werden. Es soll hier gerade nicht darauf ankommen, dass der widersprechende Wohnungseigentümer ein Schriftstück unterfertigt oder etwa eine elektronische Nachricht mit einer qualifizierten elektronischen Signatur im Sinn des § 4 Abs. 1 SVG versehen hat, denn die Identität des Erklärenden steht im hier gegebenen Kontext ja zumeist nicht in Frage. Regelungszweck des Schriftlichkeitserfordernisses ist hier primär die Dokumentation und Beweisbarkeit eines erhobenen Widerspruchs. Dafür reicht aber die Anordnung aus, dass der Widerspruch auf einem bestimmten archivier- oder speicherbaren Medium erhoben werden muss. In anderen Regelungszusammenhängen wird dies etwa mit dem Erfordernis der „geschriebenen Form“ oder der „Textform“ zum Ausdruck gebracht; im unionsrechtlich determinierten Verbraucherschutzrecht entspricht dem das Gebot, die Information oder die Erklärung auf Papier oder einem anderen dauerhaften Datenträger zu erteilen bzw. abzugeben. All dies ist hier nicht passend, weil es hier weder um Versicherungsverträge noch sonst um Unternehmer-Verbraucher-Verträge geht. Daher wird hier eine eigenständige Formulierung gewählt. Die dadurch statuierte Wirksamkeitsvoraussetzung wird im Besonderen auch durch eine normale Mailnachricht erfüllt, weil diese sowohl beim Absender als auch beim Empfänger abgespeichert werden kann. 

7. Auch wenn grosso modo nur solche Änderungen durch die Zustimmungsfiktion begünstigt werden, denen auch gesamtgesellschaftlich positive Wirkungen zugeschrieben werden, wäre es dennoch überschießend, wenn durch sie dauerhaft einzelnen Wohnungseigentümern erhebliche Nachteile aufgebürdet würden, nur weil sie sich nicht rechtzeitig dagegen ausgesprochen haben. Um das zu vermeiden, muss ein Sicherungsmechanismus in die Regelung des Abs. 5 eingefügt werden. Ein Wohnungseigentümer soll trotz Unterlassung eines Widerspruchs nicht gezwungen sein, eine durch die Änderung verursachte wesentliche und dauernde Beeinträchtigung seines Wohnungseigentums- oder Zubehörobjekts zu dulden. Vielmehr soll einem in dieser Weise erheblich beeinträchtigten Wohnungseigentümer nach dem letzten Satz dieser Bestimmung ein Unterlassungs- oder Wiederherstellungsanspruch zustehen. Es ist allerdings davon auszugehen, dass derartige Fälle nur selten vorkommen werden, weil mit den Maßnahmen, für die eine Zustimmungsfiktion in Betracht kommt, derartige Beeinträchtigungen kaum einhergehen werden. Dennoch soll auch für solche Konstellationen vorgesorgt werden. Im Begutachtungsverfahren wurde die Frage aufgeworfen, was unter einer wesentlichen und dauerhaften Beeinträchtigung zu verstehen sein solle. Das dabei angesprochene Element der Dauer kann wohl kaum besondere Auslegungsschwierigkeiten hervorrufen; es muss sich jedenfalls um eine Beeinträchtigung handeln, die über die Zeit etwaiger Bauarbeiten zur Durchführung der Änderung weit hinausreicht. Bei der Frage, welche Beeinträchtigungen „wesentlich“ sind, geht es um die Intensität des Nachteils, der für das betroffene Wohnungseigentums- oder Zubehörobjekts entsteht. Diese muss nach der Systematik des § 16 über eine bloße Beeinträchtigung eines schutzwürdigen Interesses im Sinn des § 16 Abs. 2 Z 1 deutlich hinausgehen. Ein – nicht etwa aus der Judikatur entnommenes, sondern fiktives – Beispiel für eine Beeinträchtigung eines solchen Intensitätsgrades wäre etwa eine betonierte Behindertenrampe, die so unsachgemäß konstruiert ist, dass sie dem betroffenen Wohnungseigentümer den Zutritt zu seinem Wohnungseigentumsobjekt erheblich erschwert.

8. Hinweise zu Fragen, die im Begutachtungsverfahren zu § 16 Abs. 5 aufgeworfen wurden:

a) Die Privilegierung umfasst – da der Gesetzeswortlaut nicht differenziert oder einschränkt – auch Ladevorrichtungen für einspurige Fahrzeuge (das gilt auch für § 16 Abs. 2 Z 2 zweiter Satz).

b) Der maßgebliche Zeitpunkt für den Lauf und für die Wahrung der zweimonatigen Widerspruchsfrist ist die Übersendung der Verständigung von der geplanten Änderung (wobei es auf den Zugang der Verständigung ankommt). Dies gilt auch in personeller Hinsicht. Wenn der änderungswillige Wohnungseigentümer die Verständigung an alle Personen übersendet, die zu diesem Zeitpunkt Wohnungseigentümer sind, hat er alles getan, was von ihm in diesem Kontext verlangt werden kann. Ein späterer Eigentümerwechsel berührt seine – bereits erfüllte – Verständigungsobliegenheit nicht mehr. Er ist also nicht gehalten, einem neuen Wohnungseigentümer die Verständigung – gleichsam nochmals (für den betreffenden Miteigentumsanteil) – zu übersenden. Es ist vielmehr Sache des früheren Wohnungseigentümers, seinen Rechtsnachfolger auf diesen Änderungswunsch und die bestehende Widerspruchsmöglichkeit aufmerksam zu machen. Freilich kann dann der neue Wohnungseigentümer Widerspruch erheben, muss dabei aber die zweimonatige Frist beachten. Er muss sich den Teil der Frist, der vor dem Eigentümerwechsel bereits verstrichen ist, auf seine Widerspruchsmöglichkeit zeitlich anrechnen lassen; die Frist beginnt durch den Eigentümerwechsel also nicht etwa von Neuem zu laufen. Eine vom Rechtsvorgänger bereits erklärte Zustimmung zur geplanten Änderung entfaltet Bindungswirkung auch für den Rechtsnachfolger.

c) Die Stromkosten für den Betrieb einer Einzelladestation sind – selbstverständlich – vom betreffenden Wohnungseigentümer zu tragen. Gleiches gilt für die Wartung und Erhaltung der Wallstation, zumal diese ja nicht zu den allgemeinen Teilen der Liegenschaft gehört, sondern Bestandteil des Kfz-Abstellplatzes ist.

d) Denkbar ist es auch, dass sich mehrere an einer Lademöglichkeit interessierte Wohnungseigentümer zusammenschließen, um in der Art einer „E-Mobilitätsgemeinschaft“ für ihre jeweiligen Kfz-Abstellplätze eine übergreifende Lademöglichkeit zu schaffen. Allein aufgrund der Mehrheit der solcherart versorgten Abstellplätze ist eine derartige Initiative nicht bereits als Errichtung einer Gemeinschaftsanlage zu qualifizieren, die sich ja auf einen Beschluss gemäß § 29 WEG 2002 gründen müsste. Es ist durchaus auch im Rahmen des Änderungsrechts nach § 16 WEG 2002 möglich, dass mehrere Wohnungseigentümer eine Ladestation für ihre Abstellplätze gemeinschaftlich installieren.

e) Im Zusammenhang mit Vorrichtungen zum Laden eines elektrisch betriebenen Fahrzeugs wird immer wieder auf eine spezifische Brandgefahr sowie darauf hingewiesen, dass das Löschen eines in Brand geratenen E-Fahrzeugs besondere Anforderungen an den Löschvorgang (Stichwort „Container“) stelle. Dabei wird freilich übersehen, dass eine Brandgefahr nicht erst durch das Laden eines elektrisch betriebenen Fahrzeugs entsteht, sondern ein solches Fahrzeug – ebenso wie herkömmliche Benzin- oder Dieselfahrzeuge – auch außerhalb eines Ladevorgangs in Brand geraten kann. Daher gilt es diese Gefahr bereits bei den öffentlich-rechtlichen Vorschriften über das Abstellen von elektrisch betriebenen Fahrzeugen zu berücksichtigen. Wenn das Abstellen an einem bestimmten Ort unter Berücksichtigung auch dieses Risikos erlaubt ist, können der Ausstattung dieses Ortes mit einer Ladevorrichtung keine rechtlichen Hindernisse entgegenstehen. Hinzuweisen ist allerdings darauf, dass solche öffentlich-rechtlichen Vorschriften zur Vermeidung einer Brandgefahr in jedem Fall und auch unabhängig von der wohnungseigentumsrechtlichen Frage der Zulässigkeit einer Installation von Ladevorrichtungen zu beachten sind.

Zu § 16 Abs. 6

Als Ergebnis der Beratungen in der Arbeitsgruppe wird in Abs. 6 vorgesehen, dass der Wohnungseigentümer, der eine Änderung unter Inanspruchnahme allgemeiner Teile der Liegenschaft im Sinn des § 16 Abs. 2 Z 2 vorgenommen hat, allfällige Mehrkosten tragen muss, die wegen dieser Änderung künftig für die Erhaltung dieser allgemeinen Teile aufzuwenden sind. Als Beispiel wurde die Anbringung einer Markise an der Außenfassade des Hauses genannt (vgl. dazu auch etwa die Entscheidung 5 Ob 188/15f immolex 2016/2 = wobl 2016/16). Wenn diese Maßnahme bei künftigen Erhaltungsarbeiten an der Fassade, wie etwa einem neuen Anstrich, Mehrkosten beispielsweise durch das Erfordernis der Demontage und anschließenden Wiederanbringung der Markise, verursacht, so sind diese Mehrkosten vom Wohnungseigentümer zu tragen, der die Markise vor seinem Objekt angebracht hat. Das bedeutet aber nicht, dass der Wohnungseigentümer, der mit seiner Änderung allgemeine Teile in Anspruch nimmt, für alle Zukunft zur Erhaltung des entsprechenden Gebäudebereichs verpflichtet wäre. Im genannten Beispiel etwa hat für die Erhaltung der Fassade nach wie vor die Eigentümergemeinschaft Sorge und die Kosten zu tragen; nur die dabei anfallenden Mehrkosten wegen der Markise fallen dem betreffenden Wohnungseigentümer zur Last.

Zu § 16 Abs. 7

Der neue Abs. 7 entspricht ohne Abweichungen dem bisherigen Abs. 3 des § 16.

Zu § 16 Abs. 8

1. Wenn auf einer Liegenschaft mehrere einzelne Ladevorrichtungen für Elektrofahrzeuge errichtet werden, ist damit zu rechnen, dass ab einer bestimmten Anzahl von Elektro-Einzelladestationen das Hinzufügen weiterer Ladevorrichtungen aus Kapazitätsgründen technisch nicht mehr möglich ist. Bei einer gemeinsamen Elektro-Ladeanlage können hingegen durch „intelligentes Laden“ deutlich mehr Elektrofahrzeuge versorgt werden. So sorgt das Lastmanagementsystem einer Gemeinschaftsanlage etwa dafür, dass sich die verfügbare Ladeleistung optimal auf alle zu ladenden Elektroautos verteilt und übermäßige Lastspitzen vermieden werden. Aufgrund der höheren Ladeleistung ermöglicht eine Gemeinschaftsanlage überdies ein schnelleres Laden. Nach heutigem Kenntnisstand sind Gemeinschaftsanlagen gegenüber Einzelladestationen daher klar zu bevorzugen.

2. Um ein aus Kapazitätsgründen für die elektrische Versorgung der Liegenschaft ungünstiges Nebeneinander von (mehreren) Einzelladestationen und einer Gemeinschaftsanlage weitestgehend zu vermeiden, wird in Abs. 4 unter gewissen Voraussetzungen eine Pflicht des Wohnungseigentümers zur Unterlassung der Nutzung einer von ihm errichteten Einzelladestation nach Inbetriebnahme einer gemeinsamen Elektro-Ladeanlage statuiert. Voraussetzung für das Entstehen dieser Unterlassungspflicht ist zum einen eine entsprechende Beschlussfassung durch die Eigentümergemeinschaft, wobei hier der Wohnungseigentümer, der die Einzelladestation betreibt, nach der allgemeinen Kollisionsregelung des § 24 Abs. 3 vom Stimmrecht ausgeschlossen ist (Näheres dazu unten in Punkt 3). Zum anderen muss die elektrische Versorgung der Liegenschaft bei einer Gesamtbetrachtung durch eine Beteiligung an der gemeinsamen Anlage besser genützt werden können als durch die weitere Nutzung der Einzelladestation. Um aber einem Wohnungseigentümer, der eine einzelne Ladevorrichtung in seiner Garage oder an seinem Kfz-Abstellplatz anbringt, jedenfalls eine für einen erheblichen Zeitraum gesicherte Nutzungsperspektive zu bieten, kann die Unterlassungspflicht frühestens fünf Jahre nach Errichtung seiner Einzelladestation eintreten. Bis zu diesem Zeitpunkt ist dem Wohnungseigentümer – trotz einer mittlerweile allenfalls bereits errichteten Gemeinschaftsanlage – der Betrieb und die Benützung der von ihm errichteten Einzelladeanlage uneingeschränkt möglich.

3. Um den Ausschluss des Wohnungseigentümers, der die Einzelladestation betreibt, von der Willensbildung über die Errichtung einer gemeinsamen Elektro-Ladeanlage oder ein Unterlassungsverlangen nach § 16 Abs. 8 (jedenfalls bei Letzterem handelt es sich zweifelsfrei um eine Maßnahme, die mit seinen Interessen kollidiert) sicherzustellen, wurde in einer früheren Entwurffassung eine Ergänzung der Kollisionsregelung des § 24 Abs. 3 vorgesehen, wonach dem betreffenden Wohnungseigentümer in diesen Fragen kein Stimmrecht zukommen solle. In den weiteren Beratungen wurde die Auffassung vertreten, dass eine explizite Gesetzesregelung dieser Art nicht erforderlich sei, weil es ohnehin auf der Hand liege, dass der Betreiber der Einzelladestation in diesen Fällen kollisionsbehaftet sei; ein Hinweis darauf in den Erläuterungen sei ausreichend. Aus diesem Grund wurde von einer solchen Ergänzung des Gesetzes Abstand genommen. Zur Illustration dieser Interessenkollision sei hier aber Folgendes ausgeführt:

Im Zusammenhang mit Vorrichtungen zum Laden von Elektrofahrzeugen kann eine spezifische Ausprägung einer Interessenkollision auftreten. Wenn ein Wohnungseigentümer zunächst an seinem Kfz-Abstellplatz eine Wallstation errichtet und benützt und einige Jahre später in der Eigentümergemeinschaft ein Projekt zur Errichtung einer Ladestation als Gemeinschaftsanlage lanciert wird, wird der einzelne „Ladepionier“ zumeist kein Interesse daran haben, dass ein positiver Beschluss über eine solche gemeinsame Elektro-Ladeanlage zustande kommt. Denn zum einen ist er ja ohnehin bereits durch die eigene Ladevorrichtung versorgt; und zum anderen könnte dann ja die Eigentümergemeinschaft gemäß § 16 Abs. 4 von ihm die Unterlassung der Nutzung seiner Vorrichtung verlangen. Deshalb ist ein solcher Wohnungseigentümer bei der Beschlussfassung über die Errichtung einer gemeinsamen Elektro-Ladeanlage sowie über die Stellung eines Unterlassungsverlangens nach § 16 Abs. 8 wegen des beschriebenen Interessenkonflikts vom Stimmrecht ausgeschlossen. Das ist deshalb von Bedeutung, weil es zum Zeitpunkt der Gemeinschaftsinitiative bereits mehrere Wohnungseigentümer mit individuellen Ladevorrichtungen geben kann. Wenn sich nun diese mehreren, bereits individuell versorgten Wohnungseigentümer rechtswirksam gegen das Gemeinschaftsprojekt Ladestation stellen könnten, würde dieses in vielen Fällen mangels positiver Beschlussfassung nicht realisiert werden können. Langfristig liegt aber die vorzugswürdige Lösung der Ladeproblematik in solchen Gemeinschaftsanlagen.

4. Hinweise zu Fragen, die im Begutachtungsverfahren zu § 16 Abs. 8 aufgeworfen wurden:

a) Der Beschluss über die Errichtung und Inbetriebnahme einer gemeinsamen Elektro-Ladeanlage betrifft zweifellos eine Angelegenheit der außerordentlichen Verwaltung. Ein damit einhergehender Beschluss, von einem oder mehreren Wohnungseigentümern, der bzw. die eine Einzelladeanlage installiert hat bzw. haben, die Nutzung dieser Anlage(n) zu unterlassen, steht mit dem Beschluss über die Errichtung und Inbetriebnahme der gemeinsamen Elektro-Ladeanlage in einem untrennbaren sachlichen Zusammenhang und ist daher – wenn man ihn überhaupt als eigenständigen Beschluss verstehen wollte – ebenfalls der außerordentlichen Verwaltung zuzurechnen.

b) Wenn ein Wohnungseigentümer aufgrund eines solchen Verlangens die Nutzung seiner Einzelladeanlage unterlassen muss, entsteht ihm daraus nicht etwa ein Anspruch auf Ersatz frustrierter Kosten oder ein vergleichbarer Abgeltungsanspruch. Denn nach der gesetzlichen Konzeption des § 16 Abs. 8 kann der Wohnungseigentümer von vornherein nur für einen Zeitraum von fünf Jahren gesichert damit rechnen, seine Einzelladestation nutzen zu können. Das ist gleichsam der jedenfalls gegebene Amortisationszeitraum für seine Investition. Diese begrenzte zeitliche Perspektive dient dazu, die weiteren, die E-Mobilität betreffenden Entwicklungen auf der Liegenschaft nicht zu blockieren.

 

Zu Z 3 (§ 20 Abs. 1, § 22 Abs. 2, § 28 Abs. 1, § 29 Abs. 1, § 32 Abs. 4)

1. Diese Änderungen sind aufgrund der Neuregelung über die Erfordernisse einer wirksamen Beschlussfassung erforderlich. In mehreren Bestimmungen des Wohnungseigentumsgesetzes 2002 wird auf die „Mehrheit der Wohnungseigentümer“ Bezug genommen. Durch Einfügung jeweils des Klammerausdrucks „(§ 24 Abs. 4)“ soll darauf hingewiesen und Bedacht genommen werden, dass eine solche Mehrheit nicht nur – wie bisher – durch die Mehrheit aller Miteigentumsanteile erzielt werden kann, sondern nun auch durch eine Zweidrittelmehrheit der abgegebenen Stimmen, die gleichzeitig ein Drittel aller Miteigentumsanteile erreicht (siehe dazu Näheres in den Ausführungen zu § 24 Abs.4).

2. In § 36 Abs. 1 ist im Zusammenhang mit der Ausschließung von Wohnungseigentümern die „Klage der Mehrheit der übrigen Wohnungseigentümer“ erwähnt. Hier soll auch weiterhin die Mehrheit aller (übrigen) Miteigentumsanteile erforderlich sein, sodass hier kein Klammerausdruck einzufügen ist.

3. Keine Änderungen ergeben sich auch für die §§ 41 und 44, in denen auf die „nach Köpfen berechnete Mehrheit der Wohnungseigentumsbewerber“ abgestellt wird.

 

Zu Z 4 (§ 20 Abs. 4)

Größere Erhaltungs- und Verbesserungsarbeiten werden von Eigentümergemeinschaften zumeist durch eine Kreditaufnahme finanziert, weil oft die Rücklage zur Abdeckung der Kosten nicht ausreicht. In solchen Fällen wären gar nicht selten einzelne Wohnungseigentümer dazu bereit, den auf ihren Miteigentumsanteil entfallenden Teil der Kosten für diese Arbeiten sogleich aus eigenen liquiden Mitteln zu zahlen. Mehr noch – sie würden eine solche Einmalzahlung ihres Kostenanteils auch präferieren und wünschen, um sich auf diese Weise die auf ihren Miteigentumsanteil rechnerisch entfallende Quote der Kreditkosten zu ersparen. Dem Vernehmen nach werden solche „Direktzahlungswünsche“ in der Praxis durchaus von vielen Verwaltern berücksichtigt, indem sie den Wohnungseigentümern diese Möglichkeit schon vor der Kreditaufnahme einräumen und in der Folge nur noch jene Kreditsumme aufnehmen, die unter Bedachtnahme auf diese Einmalzahlungen noch erforderlich ist. Andere Verwalter finden sich zu einem solchen Vorgehen offenbar in der Meinung nicht bereit, dass eine derart „duale“ Art der Finanzierung nicht zulässig sei. Um solchen Bedenken entgegenzutreten und den Verwaltern einen Anstoß für die – allenfalls auch aktiv angebotene – Einräumung dieser Möglichkeit zu geben, wird dem § 20 Abs. 4 ein Satz angefügt, in dem ausdrücklich die Zulässigkeit solcher unmittelbaren Zahlungen klargestellt wird. Ob eine solche Vorgangsweise für eine konkrete Finanzierung sinnvoll und praktikabel ist, muss nach den Gegebenheiten des jeweiligen Einzelfalls beurteilt werden.

Nur zur Klarstellung sei dazu noch Folgendes angemerkt: Wenn der Verwalter unter Berücksichtigung solcher „Direktzahlungswünsche“ einen betraglich entsprechend verminderten Kredit aufnimmt, handelt es sich dabei ebenso um eine Kreditaufnahme der Eigentümergemeinschaft wie bei einem Kredit, der das gesamte Finanzierungserfordernis abdeckt. Der duale Modus der Finanzierung ändert nichts daran, dass für den kreditweise finanzierten Teil die Eigentümergemeinschaft (und nicht etwa der nicht direkt zahlende Teil der Wohnungseigentümer) Kreditschuldnerin ist.

 

Zu Z 5 und 6 (§ 20 Abs. 7 bis 10, im Besonderen neuer § 20 Abs. 8)

1. Zum Bedarf nach einer Regelung über die Weitergabe von Kontaktdaten durch den Verwalter an einen einzelnen Wohnungseigentümer sei zunächst auf die Ausführungen in Punkt D des Allgemeinen Teils verwiesen.

2. Wenn ein Wohnungseigentümer eine außenwirksame Änderung nach § 16 Abs. 2 vornehmen und dafür die Zustimmung der anderen Wohnungseigentümer einholen will, muss er mit den anderen in Kontakt treten. Gleiches gilt bei Ausübung von sonstigen Rechten und Gestaltungsmöglichkeiten, die sich aus dem Wohnungseigentum ergeben, wie zum Beispiel die Initiative für eine Beschlussfassung. Die Kontaktnahme mit anderen Wohnungseigentümern kann insbesondere dann schwierig sein, wenn diese ihr Wohnungseigentumsobjekt nicht selbst nutzen, sondern dieses etwa vermieten. Wenn der änderungswillige oder sonst aktiv werdende Wohnungseigentümer die Kontaktdaten dieser dislozierten Wohnungseigentümer nicht kennt, wird er sich im Regelfall an den Verwalter wenden und diesen um Bekanntgabe der Anschriften (von denen der Verwalter aufgrund seiner Tätigkeit ja Kenntnis hat) ersuchen. Im bisherigen Recht fehlen allerdings explizite Gesetzesregelungen darüber, unter welchen Voraussetzungen der Verwalter in einem solchen Fall Daten der anderen Wohnungseigentümer herausgeben darf (siehe zur diesbezüglichen Judikatur die Ausführungen in Punkt D des Allgemeinen Teils). Die unionsrechtlichen Rahmenbedingungen dafür werden durch die Datenschutz-Grundverordnung (Verordnung [EU] 2016/679 vom 27. April 2016 zum Schutz natürlicher Personen bei der Verarbeitung personenbezogener Daten – DSGVO) gesteckt.

3. Eine „Verarbeitung“ der Kontaktdaten durch einen einzelnen Wohnungseigentümer kann, soweit es sich um Verständigungspflichten handelt, auf Art. 6 Abs. 1 lit. c DSGVO (Erfüllung einer rechtlichen Verpflichtung) gestützt werden, sonstige Kontaktaufnahmen mit den übrigen Wohnungseigentümern im Zusammenhang mit dem Wohnungseigentumsobjekt auf berechtigte Interessen (Art. 6 Abs. 1 lit. f DSGVO). Es kann daher im Allgemeinen davon ausgegangen werden, dass die Wohnungseigentümer zur Verarbeitung der Kontaktdaten der übrigen Wohnungseigentümer im Zusammenhang mit dem Wohnungseigentumsobjekt aus datenschutzrechtlicher Sicht zumindest abstrakt berechtigt sind.

Vor diesem Hintergrund kann eine Auskunftspflicht von Verwaltern über Namen und Kontaktdaten von Wohnungseigentümern gegenüber den übrigen Wohnungseigentümern gesetzlich vorgesehen werden, zumal hier auch ein sachlicher Zusammenhang zum ursprünglichen Verarbeitungszweck (Verwaltung des Wohnungseigentumsobjekts) besteht. Diese Regelung wird im neuen § 20 Abs. 8 getroffen.

4. Im Sinn des Grundsatzes der Zweckbindung (Art. 5 Abs. 1 lit. b DSGVO) sind dabei allerdings die Zwecke festzulegen, zu denen die aufgrund der Auskunftspflicht übermittelten Daten vom Empfänger verarbeitet werden dürfen. Deshalb wird in Abs. 8 angeordnet, dass ein Wohnungseigentümer die Daten nur zur Verständigung der anderen Wohnungseigentümer im Zusammenhang mit der Ausübung von Rechten und Gestaltungsmöglichkeiten, die sich aus dem Wohnungseigentum ergeben, verlangen und die Daten auch nur zu diesen Zwecken verwenden darf. Er kann also die Daten nicht bloß aus Interesse oder im Hinblick auf eine spätere, derzeit noch gar nicht geplante Kontaktaufnahme verlangen, sondern nur dann, wenn er eine Verständigung der anderen Wohnungseigentümer zu den genannten Zwecken zeitnah beabsichtigt. Konkret wird es zumeist um das Ersuchen um Zustimmung nach § 16 Abs. 2 oder um die Vorbereitung einer Beschlussfassung gehen, doch kommen auch andere mit dem Wohnungseigentum zusammenhängende Zwecke in Frage.

5. Um dem Grundsatz der Datenminimierung (Art. 5 Abs. 1 lit. c DSGVO) Rechnung zu tragen, müssen die herauszugebenden Daten auf das zur Erreichung des Verarbeitungszwecks (Kontaktaufnahme) notwendige Ausmaß beschränkt werden. Die Bekanntgabeverpflichtung soll daher nur die Namen und die Zustellanschriften der anderen Wohnungseigentümer umfassen. Gemeint sind damit jene Anschriften, an die der Verwalter Übersendungen nach § 24 Abs. 5 vornimmt.

E-Mail-Adressen dürfen hingegen nur weitergegeben werden, wenn der betreffende Wohnungseigentümer dazu seine Einwilligung erteilt. Das gilt auch dann, wenn der Wohnungseigentümer gegenüber dem Verwalter verlangt hat, dass Zustellungen an ihn per E-Mail durchgeführt werden sollen (§ 24 Abs. 5 letzter Satz). Für diese Einschränkung ist zunächst zu bedenken, dass E-Mail-Adressen nicht Bestandteil öffentlicher Register sind und daher vom anfragenden Wohnungseigentümer – anders als postalische Adressen – auch durch Einsicht in öffentliche Register nicht ermittelt werden können. Die Bindung der Weitergabe einer E-Mail-Adresse an die Einwilligung des Wohnungseigentümers ist darin begründet, dass eine missbräuchliche oder belästigende Nutzung von E-Mail-Adressen (z. B. „Zuspammen“ der anderen Wohnungseigentümer mit mehr oder weniger berechtigten Anliegen im Zusammenhang mit dem Wohnungseigentumsobjekt) deutlich wahrscheinlicher ist als bei postalischen Zuschriften, die mit höherem (auch finanziellen) Aufwand verbunden sind. Wird im Rahmen der Auskunftserteilung eine postalische Anschrift bekanntgegeben, so ist die zusätzliche Kenntnis der E-Mail-Adresse für den beabsichtigten Verarbeitungszweck (Kontaktaufnahme) auch nicht zwingend erforderlich, sondern dient lediglich dessen Erleichterung. Aus all diesen Gründen soll die Bekanntgabe der E-Mail-Adresse durch den Verwalter die Einwilligung des betreffenden Wohnungseigentümers voraussetzen.

Nur zur Klarstellung sei dazu noch Folgendes angemerkt: Wenn in § 20 Abs. 8 erster Satz letzter Halbsatz angeordnet wird, dass E-Mail-Adressen nur mit der Einwilligung des betreffenden Wohnungseigentümers mitgeteilt werden dürfen, so bezieht sich dieses Dürfen des Verwalters nur auf sein Verhältnis zum einwilligenden Wohnungseigentümer. Gegenüber einem anfragenden anderen Wohnungseigentümer, der die E-Mail-Adresse etwa zur Verständigung von einer geplanten Änderung nach § 16 Abs. 5 benötigt, hat der Verwalter hingegen eine Verpflichtung zur Bekanntgabe der E-Mail-Adresse im Sinn des Art. 6 Abs. 1 lit. c DSGVO.

6. Im Einzelfall könnte aber auch eine Weitergabe der dem Verwalter bekannten postalischen Anschrift eines Wohnungseigentümers an andere Wohnungseigentümer Geheimhaltungsinteressen des betroffenen Wohnungseigentümers verletzen, beispielsweise wenn es sich um die Wohnadresse eines Stalking-Opfers oder einer Person, für die im Melderegister eine Auskunftssperre besteht, handelt. Für derartige Fälle soll dadurch vorgesorgt werden, dass dem Wohnungseigentümer die Möglichkeit eingeräumt wird, dem Verwalter die Weitergabe seiner Zustellanschrift zu untersagen. Da dem Verwalter nicht die Prüfung aufgebürdet werden kann, ob in einem konkreten Fall tatsächlich ein Geheimhaltungsinteresse gegeben ist, soll diese Untersagungsmöglichkeit nicht an das Vorliegen eines solchen Interesses geknüpft werden. Doch besteht das Untersagungsrecht nur dann, wenn dem Verwalter gleichzeitig eine andere Kontaktmöglichkeit genannt wird, die an andere Wohnungseigentümer weitergegeben werden kann. Bei diesen alternativen Kontaktdaten kann es sich um eine andere inländische Postanschrift, aber auch um eine E-Mail-Adresse handeln. Wenn der Verwalter dem anfragenden Wohnungseigentümer im Weiteren eine solche alternative Kontaktschiene bekanntgibt, so steht diese für den verständigungswilligen Wohnungseigentümer jenen Anschriften gleich, an die der Verwalter Übersendungen nach § 24 Abs. 5 vornimmt.

7. Mit den weiteren Änderungen des § 20 werden lediglich bereits bestehende Regelungen derart verschoben, dass sie insgesamt zueinander wieder in einer schlüssigen Abfolge stehen. Inhaltliche Änderungen sind damit nicht verbunden.

 

Zu Z 7 (§ 24 Abs. 4)

1. Bislang wird eine Mehrheit der Stimmen der Wohnungseigentümer nur mit der Mehrheit aller Miteigentumsanteile erreicht. Das bedeutet, dass für das Zustandekommen eines Beschlusses Wohnungseigentümer mit insgesamt mehr als 50 Prozent der Miteigentumsanteile an der Liegenschaft zustimmen müssen. Es kommt also auf die Zustimmungsquote nach Miteigentumsanteilen an, unabhängig davon, wie viele Wohnungseigentümer an der Abstimmung teilgenommen haben.

An diesen Vorgaben können Beschlussfassungen in der Praxis leicht scheitern, weil sich viele Wohnungseigentümer aus Desinteresse gar nicht an der Abstimmung beteiligen und ihre nicht abgegebenen Stimmen dem Zustandekommen eines Beschlusses entgegenstehen, obwohl sie den Gegenstand der beabsichtigten Beschlussfassung vielleicht neutral oder allenfalls sogar positiv bewerten. Wenn beispielsweise Wohnungseigentümer mit 40 % der Miteigentumsanteile zustimmen und der Rest an der Abstimmung nicht teilnimmt, dann kommt der Beschluss nicht zustande. Dabei spielt es keine Rolle, wenn die fehlenden 60 % gar keine oder nur sehr wenige Gegenstimmen abgegeben haben, weil es derzeit eben nicht auf die Mehrheit der abgegebenen Stimmen ankommt, sondern auf die gesamten Miteigentumsanteile (vgl. zur Problematik auch Stabentheiner, Gedanken zum Wohnungseigentumsrecht und zur Erhöhung seiner Praxistauglichkeit, in Liber Amicorum Helmut Böhm [2019] 243 [249]).

Diese Rechtslage erschwert Beschlussfassungen generell, aber im Besonderen auch solche über Gemeinschaftsanlagen für die Ladung von Elektrofahrzeugen.

2. Die Mehrheitserfordernisse sollen daher so modifiziert bzw. ergänzt werden, dass Beschlüsse nicht mehr an der bloßen Passivität von Wohnungseigentümern scheitern, wenn die geplante Maßnahme von einem großen Teil der Wohnungseigentümer gewünscht wird.

Es soll daher – neben der weiterhin aufrecht bleibenden Möglichkeit der Beschlussfassung durch eine Anzahl von Wohnungseigentümern, die gemeinsam die einfache Mehrheit der Miteigentumsanteile repräsentieren – als zweite mögliche Variante der Willensbildung auch ausreichen, wenn die Mehrheit von zwei Dritteln der abgegebenen Stimmen, berechnet nach dem Verhältnis der Miteigentumsanteile, zustimmt, sofern die Mehrheit überdies zumindest ein Drittel aller Miteigentumsanteile erreicht. In einem ersten Schritt sind daher die Mehrheitsverhältnisse bloß anhand der abgegebenen Stimmen zu prüfen, wobei eine Zweidrittelmehrheit dieser Stimmen erforderlich ist, und zwar auch hier nicht etwa nach Köpfen, sondern nach Miteigentumsanteilen. In einem zweiten Schritt ist sodann zu untersuchen, ob diese Mehrheit zumindest ein Drittel aller Miteigentumsanteile an der Liegenschaft repräsentiert. Nur wenn beide Voraussetzungen erfüllt sind, liegt die für eine positive Beschlussfassung erforderliche Mehrheit der Stimmen vor.

Eine Zweidrittelmehrheit wird vorgesehen, um zu verhindern, dass auch sehr umstrittene Maßnahmen nur anhand der abgegebenen Stimmen beschlossen werden können. Wenn beispielsweise 34 % der Wohnungseigentümer (berechnet nach Miteigentumsanteilen) für die Beschlussvorlage stimmen, 30 % aber dagegen, dann wäre zwar eine absolute Mehrheit der abgegebenen Stimmen erreicht, doch sollen derart knappe Entscheidungen nicht auf Basis bloß der abgegebenen Stimmen zustande kommen können. Vielmehr sollen zumindest zwei Drittel der abgegebenen Stimmen erforderlich sein, um eine eindeutige Willensbildung zu gewährleisten, die auch nicht Gefahr läuft, bei einer allfälligen weiteren Abstimmung wieder umgedreht zu werden.

Als zusätzliche Anforderung muss die Mehrheit zumindest ein Drittel aller Miteigentumsanteile erreichen. Damit soll gewährleistet werden, dass die Maßnahme von einem relevanten Teil aller Wohnungseigentümer mitgetragen wird. Gleichzeitig wird verhindert, dass ein kleiner Kreis von besonders aktiven Wohnungseigentümern laufend Abstimmungen initiiert, an denen sich die anderen Wohnungseigentümer beteiligen müssten, um eine Beschlussfassung zu verhindern. Das Mindesterfordernis von einem Drittel aller Miteigentumsanteile soll hier stabilisierend wirken und gleichsam eine „Richtigkeitsgewähr“ bieten.

3. Soweit in § 24 Abs. 4 auf die „abgegebenen Stimmen“ Bezug genommen wird, soll dafür jede Rückmeldung von Wohnungseigentümern mitgezählt werden, auch wenn sie keine klare Meinungsäußerung enthält, was insbesondere bei schriftlichen Abstimmungen vorkommen kann („Mir ist alles recht.“) Während also indifferente Äußerungen ebenfalls als abgegebene Stimmen zu werten sind, gilt für die gänzliche Passivität eines Wohnungseigentümers – selbstverständlich – anderes: Wer gar keine Rückmeldung erstattet, wer schweigt, der hat eben seine Stimme nicht abgegeben.

Bei Abstimmungen, die im Rahmen einer Eigentümerversammlung stattfinden, sind nur jene Wohnungseigentümer dem Kreis der abgegebenen Stimmen zuzurechnen, die erstens zum Zeitpunkt der Abstimmung anwesend sind und die sich zweitens an der Abstimmung beteiligen, nicht aber jene, die entweder die Eigentümerversammlung vorzeitig verlassen haben oder bei der Abstimmung keine Meinungsäußerung abgeben.

4. Wie bisher soll für die Mehrheit der Stimmen der Wohnungseigentümer freilich auch die Mehrheit der Miteigentumsanteile ausreichen. Stimmt eine solche Mehrheit zu, so ist es – wie bisher – nicht erforderlich, dass damit auch eine Zweidrittelmehrheit der abgegebenen Stimmen erreicht wird. Die weiterhin aufrecht bleibende erste Mehrheitsalternative ist also uneingeschränkt identisch mit der bisherigen Rechtslage.

5. Mit dieser Neuregelung ändert sich das System der Willensbildung in der Eigentümergemeinschaft durchaus markant. Erstens gibt es nun zwei Varianten der Erzielung eines gültigen Mehrheitsbeschlusses. Zweitens ist die zweite Variante über die qualifizierte Mehrheit der abgegebenen Stimmen deutlich komplexer als die bisher einzige Konzeption der Beschlussfassung über die Mehrheit der Miteigentumsanteile. Und drittens führt diese zweite Variante insofern zu einem Paradigmenwechsel, als eine unterbleibende Stimmabgabe künftig nicht mehr gleichsam automatisch als Gegenstimme gegen die Beschlussvorlage wirkt. Während eine positive Beschlussfassung bisher allein schon dadurch verhindert wurde, dass sich Wohnungseigentümer, die die Hälfte der Miteigentumsanteile repräsentieren, passiv verhalten oder sich der Stimme enthalten, kann in Zukunft in diesem Fall über die zweite Variante sehr wohl noch ein Beschluss zustande kommen. Stimmenthaltung hat also künftig – zumindest potentiell – ein anderes Gewicht und andere Rechtsfolgen als bisher.

Über diese neuen Gegebenheiten der Willensbildung sollen die Wohnungseigentümer vor der Abstimmung informiert werden, um sich mit ihrem Stimmverhalten auf die neue Gesetzeslage einstellen zu können. Aus diesem Grund wird in den § 24 Abs. 4 ein abschließender Satz aufgenommen, in dem der die Beschlussfassung Initiierende – das wird im Regelfall der Verwalter, kann aber auch ein Wohnungseigentümer sein – dazu verpflichtet wird, in seinem Vorschlag für den Beschluss über die gesetzlichen Regelungen über die Stimmabgabe zu informieren und darauf hinzuweisen, dass demnach ein auch mehrheitliches Unterbleiben der Stimmabgabe eine wirksame Beschlussfassung nicht jedenfalls verhindert (dass also Stimmenthaltung nicht mehr quasi als Gegenstimme zählt). Ein Verstoß gegen diese Aufklärungspflicht führt zu einem formellen Mangel der Beschlussfassung, weshalb ein solcher Beschluss gemäß § 24 Abs. 6 angefochten werden kann.

 

Zu Z 8 (§ 25 Abs. 2a)

Der Eigentümerversammlung wird vom Gesetzgeber eine prioritäre Stellung unter den verschiedenen Möglichkeiten der Beschlussfassung eingeräumt (§ 24 Abs. 1). In den Erläuterungen wird das damit begründet, dass bei der Eigentümerversammlung „am ehesten eine Diskussion, eine synchrone Auseinandersetzung mit unterschiedlichen Meinungen und dadurch eine möglichst umfassende und differenzierte Meinungsbildung möglich ist.“ Daran im Anschluss wird der Stellenwert der Versammlung nochmals besonders hervorgehoben: „Die Eigentümerversammlung ist gleichsam das demokratische Forum der Eigentümergemeinschaft.“ (RV 989 BlgNR 21. GP 59).

Die Eigentümerversammlung ist als ein persönliches Zusammenkommen der Wohnungseigentümer konzipiert; und dabei soll es auch bleiben. Freilich können sich die Wohnungseigentümer auch etwa über eine Videokonferenz verständigen und so auch Beschlüsse fassen – nur ist das eben keine Eigentümerversammlung. Allerdings kann es ein Bedürfnis danach geben, bei einer regulären, also als Präsenzveranstaltung durchgeführten Eigentümerversammlung, einzelne Wohnungseigentümer auf elektronischem Wege – etwa durch eine Videokonferenzverbindung – in die Versammlung „hereinzuholen“ (in den Zeiten der COVID-19-Pandemie ein auch in anderen Bereichen praktiziertes Procedere, das häufig als „Hybridveranstaltung“ bezeichnet wird). Typische Beispielfälle eines solchen Bedürfnisses wären etwa die alters- oder krankheitsbedingte Verhinderung eines Wohnungseigentümers, in das Gastlokal oder in die Gemeinschaftsräumlichkeit zur Eigentümerversammlung zu kommen, oder der im Ausland lebende Wohnungseigentümer, der zur Versammlung eigens anreisen müsste. Für solche Fälle gibt der neue Abs. 2a des § 25 dem Verwalter die Befugnis, einzelnen Wohnungseigentümern die Möglichkeit zur Teilnahme an der Eigentümerversammlung im Wege elektronischer Kommunikation einzuräumen. Ob der Verwalter von dieser Befugnis Gebrauch macht, liegt in seinem pflichtgebundenen Ermessen und wird auch von den jeweiligen Gegebenheiten (Größe der Eigentümergemeinschaft; Zahl der Wohnungseigentümer, die eine elektronische Teilnahme wünschen; Möglichkeit der Identitätsfeststellung; Gegenstand der Erörterungen und Beschlussfassungen; Notwendigkeit der Visualisierung von Dokumenten und Plänen; etc.) abhängen. Denn es darf ja nicht übersehen werden, dass die ordnungsgemäße Durchführung einer in diesem Sinn hybriden Versammlung schon mit einem wesentlich höheren logistischen Aufwand verbunden ist als eine bloße Präsenzveranstaltung.

Die elektronische Teilnahmemöglichkeit bezieht sich nur auf einzelne Wohnungseigentümer. Freilich wäre es auch zulässig, wenn der Verwalter mit sämtlichen Wohnungseigentümern etwa in Gestalt einer Videokonferenz in Kontakt tritt; und auch ein bei einer solchen Videokonferenz zustande kommender Beschluss wäre durchaus rechtswirksam, weil ja die Willensbildung auf ganz unterschiedliche Weise vonstattengehen kann. Allerdings kann eine solche Videokonferenz die periodisch abzuhaltende Eigentümerversammlung nicht ersetzen, weil diese nach wie vor grundsätzlich in Präsenz stattzufinden hat.

 

Zu Z 9 (§ 25 Abs. 3, § 30 Abs. 2)

Diese Änderungen sind aufgrund der Neuregelung über die Erfordernisse einer wirksamen Beschlussfassung erforderlich. In den genannten zwei Bestimmungen des Wohnungseigentumsgesetzes 2002 wird auf die „Mehrheit der Miteigentumsanteile“ Bezug genommen. Mit der Ersetzung dieser Wortfolge durch die Wendung „Mehrheit der Stimmen (§ 24 Abs. 4)“ soll darauf hingewiesen und Bedacht genommen werden, dass eine solche Mehrheit nicht nur – wie bisher – durch die Mehrheit aller Miteigentumsanteile erzielt werden kann, sondern nun auch durch eine Zweidrittelmehrheit der abgegebenen Stimmen, die gleichzeitig ein Drittel aller Miteigentumsanteile erreicht (siehe dazu Näheres in den Ausführungen zu § 24 Abs.4).

 

Zu Z 10 (§ 30 Abs. 2)

1. § 30 Abs. 2 enthält die „Dominatorregelung“, die dem Schutz der Minderheit gegen unverhältnismäßig nachteilige Handlungen oder Unterlassungen des Mehrheitseigentümers (oder von mehreren, miteinander in einem Naheverhältnis stehenden Wohnungseigentümern, die gemeinsam die Mehrheit der Miteigentumsanteile haben) dient (vgl. zu dieser Regelung Spruzina in Böhm/Pletzer/Spruzina/Stabentheiner, GeKo Wohnrecht II § 30 WEG Rz 46 ff.; Vonkilch in Hausmann/Vonkilch, Österreichisches Wohnrecht4 § 30 WEG Rz 47 ff.; Stabentheiner, Die miet- und wohnungseigentumsrechtlichen Teile der Wohnrechtsnovelle 1999, wobl 1999, 285 [300 ff.]).

Nach bisheriger Rechtslage war klar, wann eine solche Dominatorsituation vorliegt, nämlich wenn mehr als 50 % der Miteigentumsanteile von einem Wohnungseigentümer (oder von einer „verbundenen Dominatorgemeinschaft“) gehalten werden. Nur unter dieser Voraussetzung konnte ein einzelner Wohnungseigentümer die Geschehnisse innerhalb der Eigentümergemeinschaft im Sinn dieser Regelung dominieren.

2. Mit der Änderung der Regelung des § 24 Abs. 4 über die Willensbildung ist diese Beurteilung etwas komplexer geworden. Klar ist, dass ein Wohnungseigentümer, der über mehr als 50 % der Miteigentumsanteile verfügt, so wie bisher als „Dominator“ gilt; er kann nach der ersten Variante der Beschlussfassung mit seiner Anteilsmehrheit das Geschehen in der Eigentümergemeinschaft weitgehend bestimmen. Nach der zweiten Variante des § 24 Abs. 4 kann eine Entscheidung unter gewissen Voraussetzungen aber auch schon mit lediglich einem Drittel der Miteigentumsanteile getroffen werden. Deshalb kann – zumindest abstrakt – schon ein Wohnungseigentümer, der über ein Drittel der Miteigentumsanteile verfügt, die Rolle eines Dominators einnehmen. Das bedeutet freilich nicht, dass ein Dritteleigentümer jedenfalls Dominator wäre. Denn nach der zweiten Variante des § 24 Abs. 4 hängt – wie zu dieser Bestimmung im Einzelnen ausgeführt – das wirksame Zustandekommen eines Beschlusses von zwei Umständen ab: von der Zustimmungsquote innerhalb der abgegebenen Stimmen (berechnet nach Miteigentumsanteilen) und von der Zustimmungsquote bezogen auf die Gesamtheit der Miteigentumsanteile. Das wiederum hat zur Folge, dass sich immer nur anhand der konkreten Abstimmungssituation beurteilen lässt, ob einem Wohnungseigentümer mit einem Miteigentumsanteil zwischen einem Drittel und der Hälfte dabei Dominatorposition zugekommen ist oder nicht. Einflussfaktoren dafür sind – neben dem genauen Ausmaß des Miteigentumsanteils des potentiellen Dominators – die konkrete Beteiligung anderer Wohnungseigentümer an der Beschlussfassung und das jeweilige Abstimmungsergebnis.

3. Die Handhabung der Regelung des § 30 Abs. 2 wird damit schwieriger, doch muss das zugunsten des übergeordneten Ziels einer Erleichterung der Willensbildung durch die zweite Beschlussfassungsvariante hingenommen werden. Das ist auch deshalb nicht sehr problematisch, weil § 30 Abs. 2 in der bisherigen judikativen Praxis keine allzu große Rolle gespielt hat.

Für die Textierung des § 30 Abs. 2 bedingt die konstruktive Änderung des Mehrheitserfordernisses in § 24 Abs. 4 nur geringfügige Adaptierungen. Eine dieser Anpassungen ergibt sich bereits aus der oben besprochenen Z 9, durch die die Wortfolge „Mehrheit der Miteigentumsanteile“ in Abs. 2 erster Satz durch die Wendung „Mehrheit der Stimmen (§ 24 Abs. 4)“ ersetzt wird. Der Terminus „Mehrheitseigentümer“ im selben sowie im folgenden Satz kann unverändert bleiben; er bezieht sich nun allerdings auf die Mehrheit der Stimmen in einer der beiden Beschlussfassungsmöglichkeiten des § 24 Abs. 4. Für die Umschreibung der „Dominatorgemeinschaft“ in § 30 Abs. 2 dritter Satz ist hingegen im Lichte des neuen Beschlussfassungsrechts eine Neuformulierung erforderlich; diese wird mit der Z 10 vorgesehen.

 

Zu Z 11 (§ 31 Abs. 1)

1. Schon die bisherige Rechtslage statuiert die gesetzliche Anforderung, eine angemessene Rücklage zur Vorsorge für künftige Aufwendungen zu bilden. Dennoch werden in der Praxis oftmals nicht ausreichend hohe Beiträge für die Rücklage eingehoben. Als Folge dessen sind Eigentümergemeinschaften häufig nicht ausreichend auf Investitionen vorbereitet, die – auch mittel- oder langfristig –­ für notwendige Erhaltungsmaßnahmen, aber auch für sachlich gebotene Sanierungen oder energietechnische Verbesserungen anfallen können. Das bringt zum einen die Gefahr mit sich, dass einzelne Wohnungseigentümer durch die später aufzubringenden Beträge finanziell überfordert sind; zum anderen führt das dazu, dass notwendige oder wünschenswerte Maßnahmen aufgeschoben werden. Vgl. zu dieser Ausgangsproblematik auch die Ausführungen in Punkt F des Allgemeinen Teils).

2. Zur Lösung dieses Problems wird nun ein gesetzliches Mindestmaß für die monatliche Dotierung der Rücklage festgelegt, und zwar in Höhe von derzeit 0,90 Euro pro Quadratmeter der Nutzfläche. Ein Mindestdotierungsbetrag von 90 Cent pro Quadratmeter der Nutzfläche ist nach den Erfahrungen in der Immobilienbranche grundsätzlich in der Regel ausreichend, um langfristig die Erhaltung der Liegenschaft und der auf ihr errichteten Baulichkeiten sicherzustellen. Besonders aufwändige Verbesserungen können damit freilich nicht finanziert werden. Doch darf sich der Gesetzgeber bei der Festlegung einer solchen Untergrenze nicht allein an Finanzierungserfordernissen orientieren, sondern muss dabei auch die soziale Verträglichkeit im Blick behalten. Unter diesem Aspekt kann gesagt werden, dass ein Betrag von 90 Cent pro Quadratmeter der Nutzfläche für den einzelnen Wohnungseigentümer im Regelfall ohne weiteres leistbar ist und daher durchaus „allgemeintauglich“ ist. Nur zur Klarstellung sei erwähnt, dass sich die Nennung der Nutzfläche in diesem Kontext – selbstverständlich – auf den wohnungseigentumsrechtlichen Nutzflächenbegriff gemäß § 2 Abs. 7 WEG 2002 bezieht.

3. Die konkrete monatliche Mindestzuführung zur Rücklage errechnet sich für jede Wohnungseigentumsliegenschaft aus einer Multiplikation des Geldbetrags von (wertgesichert) 0,90 Euro mit der Summe der Quadratmeter Nutzfläche, die sämtliche Wohnungseigentumsobjekte zusammen erreichen. Daraus ergibt sich für die Liegenschaft ein Gesamtbetrag, der nach den allgemeinen Regeln des § 32, also nach dem Verhältnis der Miteigentumsanteile, auf die einzelnen Wohnungseigentümer aufzuteilen ist.

4. Freilich passt ein einheitlicher Mindestbeitrag für die Speisung der Rücklage nicht für jede Liegenschaft, an der Wohnungseigentum begründet ist, zumal sich die Liegenschaften und die auf ihnen errichteten Gebäude selbstredend hinsichtlich des Alters, des Erhaltungs- und Ausstattungszustandes, der Verbesserungsbedürftigkeit und hinsichtlich der bereits vorhandenen Rücklagenbeträge markant unterscheiden. Den in der Praxis so unterschiedlichen Gegebenheiten könnten im Hinblick auf die Vielzahl möglicher Einflussfaktoren aber auch gestaffelte Mindestbeträge nicht gerecht werden.

Daher muss die praktische Handhabung der gesetzlichen Mindestdotierung im Rahmen der Verwaltung der Liegenschaft flexibel geschehen, und zwar grundsätzlich sowohl nach oben als auch nach unten. Allerdings soll eine Unterschreitung des Mindestbetrags nur in Ausnahmefällen stattfinden; siehe dazu die Ausführungen im nachfolgenden Punkt 6 sowie in Punkt F.2 des Allgemeinen Teils.

5. Im Hinblick auf die Konstruktion der gesetzlichen Rücklagenzuführung als bloßer Mindestbeitrag und auf die konkreten Gegebenheiten der jeweiligen Liegenschaft kann es im Einzelfall durchaus geboten sein, deutlich höhere Beiträge zur Rücklage einzuheben, um die Vorgabe zu erfüllen, eine angemessene Rücklage zu bilden. Wenn etwa erforderliche Erhaltungsmaßnahmen und naheliegende Verbesserungen bereits absehbar sind und bislang keine relevante Rücklage gebildet oder diese für unvorhergesehene Ausgaben aufgebraucht wurde, wird es notwendig sein, den Betrag von 0,90 Euro pro Quadratmeter Nutzfläche zu überschreiten. Allerdings darf bei der Bemessung der Rücklagenzuführung im jeweiligen Einzelfall nicht davon ausgegangen werden, dass künftige Maßnahmen zu 100 % aus der Rücklage finanziert werden sollten. Denn gerade bei größeren, teureren Arbeiten muss nicht von vornherein eine vollständige Deckung aus der Rücklage angestrebt werden; in der Regel wird in solchen Fällen ein Teil des Finanzierungsvolumens auch durch eine Kreditaufnahme aufgebracht.

Im zweiten Satz des neu gefassten § 31 Abs. 1 wird durch die beispielhafte Nennung „künftige[r] Aufwendungen zur thermischen Sanierung oder energietechnischen Verbesserung des Gebäudes“ klargestellt, dass nicht nur auf kurzfristig anstehende oder bereits konkret geplante Maßnahmen Bedacht zu nehmen ist. Zu berücksichtigen sind also nicht etwa nur solche Aufwendungen zur Erhaltung oder Verbesserung des Gebäudes, die aufgrund einer öffentlich-rechtlichen Vorschrift verpflichtend sind oder für die es schon eine positive Willensbildung in der Eigentümergemeinschaft gibt. Vielmehr sind in die Überlegungen zur Festsetzung der Rücklagendotierung auch mittel- oder langfristig anstehende Maßnahmen (bei einem noch überschaubaren Betrachtungszeitraum von rund zehn Jahren) einzubeziehen, die im Zeitverlauf für ein Gebäude notwendig werden. Und zu denken wäre auch an energietechnische oder sonst klimabezogene Verbesserungen, wie beispielsweise an die Umstellung des Heizsystems auf erneuerbare Energieträger, allenfalls auch etwa an die Anbringung von Beschattungssystemen.

6. Auf der anderen Seite ist auch ein Unterschreiten des Mindestbetrags nicht ausgeschlossen. Eine solche Unterschreitung soll aber nur dann statthaft sein, wenn auch bei Einhebung eines geringeren Beitrags eine angemessene Rücklage gebildet werden kann, was nur in Ausnahmefällen der Fall sein wird. Die Konstellationen, in denen eine solche Unterschreitung in Betracht kommt, werden im dritten Satz des § 31 Abs. 1 angesprochen.

Bei einem neuerrichteten Gebäude wird etwa in den ersten drei Jahren ab der Fertigstellung eine Rücklageneinhebung zur Gänze entbehrlich sein. Gleiches gilt für den Fall der umfassenden Sanierung eines Gebäudes. Freilich ist das nur eine generelle Orientierungslinie; im Einzelfall müssen immer die konkreten Gegebenheiten und Besonderheiten berücksichtigt werden.

Vgl. dazu auch die ausführlichen Erläuterungen im Punkt F.2 des Allgemeinen Teils. Eine dort noch nicht erwähnte Ausnahme betrifft Reihen- oder Einzelhausanlagen im Wohnungseigentum. Bei diesen kommt es in der Praxis häufig dazu, dass sich die Wohnungseigentümer bereits im Wohnungseigentumsvertrag (einhellig) dazu verpflichten, die Kosten für die Erhaltung ihres Reihen- oder Einzelhauses selbst zu tragen. In solchen Fällen wäre es nicht gerechtfertigt, den Wohnungseigentümern zusätzlich noch zwingend eine Mindestdotierung der Rücklage abzuverlangen.

 

Zu Z 12 (§ 31 Abs. 5)

Abs. 5 enthält eine neue Valorisierungsregelung zu dem in Abs. 1 statuierten Mindestdotierungsbetrag von 90 Cent. Sie sieht eine erstmalige Anhebung dieses Betrags mit Jahresbeginn 2024 und sodann weitere Erhöhungen alle zwei Jahre ebenfalls jeweils zum Jahresbeginn vor. Dadurch wird eine unterjährige Erhöhung vermieden, sodass eine Veränderung der monatlichen Vorschreibung während des laufenden Jahres wegen der Rücklagendotierung entbehrlich ist. Die Erhöhung vollzieht sich von Gesetzes wegen und bedarf zu ihrer Wirksamkeit keiner Kundmachung. Lediglich als Service für die beteiligten Verkehrskreise wird im letzten Satz des Abs. 5 vorgesehen, dass die Wirtschaftskammer Österreich den neuen Betrag bis spätestens Ende November des jeweiligen Vorjahrs auf der Homepage des Fachverbandes der Immobilien- und Vermögenstreuhänder zu veröffentlichen hat.

 

Zu Z 13 (§ 34 Abs. 1)

Im ersten Satz dieser Bestimmung wird angeordnet, dass die Abrechnung „an die in § 24 Abs. 5 bestimmte Anschrift zu übermitteln“ ist. Im Schrifttum wird zum Teil bezweifelt, ob aufgrund dieser Regelung die Übermittlung auch auf elektronischem Weg geschehen kann (E. M. Hausmann in Hausmann/Vonkilch, Österreichisches Wohnrecht4 § 34 Rz 10).

Nun wird klargestellt, dass auch eine elektronische Übermittlung der Abrechnung möglich ist, indem nicht mehr auf eine Übermittlung an eine bestimmte „Anschrift“ Bezug genommen wird. Stattdessen wird angeordnet, dass die Abrechnung auf die in § 24 Abs. 5 bestimmte Weise zu „übersenden“ ist. Dadurch wird deutlich gemacht, dass die Übermittlung unter der in § 24 Abs. 5 letzter Satz vorgesehenen Voraussetzung, nämlich auf Verlangen des Wohnungseigentümers, auch auf elektronischem Weg erfolgen kann.

Durch das Abstellen auf das „Übersenden“ ergibt sich im Übrigen, dass – weiterhin – kein Hausanschlag der Abrechnung erforderlich ist.

 

Zu Z 14 (§ 52 Abs. 1 Z 2)

1. Abs. 1 zählt jene wohnungseigentumsrechtlichen Angelegenheiten auf, die in das außerstreitige Verfahren verwiesen sind. In der Z 2 ist bisher die „Duldung von Änderungen und Erhaltungsarbeiten“ genannt und wird im abschließenden Klammerzitat auf § 16 Abs. 2 und 3 verwiesen. Unter anderem ist in einem Verfahren nach dieser Ziffer entsprechend den Kriterien des § 16 Abs. 2 zu prüfen, ob die Voraussetzungen für eine gerichtliche Ersetzung einer von einem Wohnungseigentümer verweigerten Zustimmung zu einer geplanten Änderung im Sinn dieser Bestimmung (in der Rechtspraxis wird diese Zustimmungsersetzung oft als „Genehmigung“ bezeichnet) vorliegen. Eine stattgebende Entscheidung über einen Antrag auf Zustimmungsersetzung hat rechtsgestaltenden Charakter. All dies wird nun durch die veränderte Formulierung „Zustimmung zu Änderungen“ besser abgebildet (die bisher allgemein genannte „Duldung“ bezieht sich nun nur noch auf Erhaltungsarbeiten).

2. Durch die zusätzliche Erwähnung auch von § 16 Abs. 5 im Klammerzitat sollen von der Z 2 auch jene Fälle erfasst werden, in denen der Antragsteller davon ausgeht, die erforderlichen Zustimmungen anderer Wohnungseigentümer bereits im Wege der in § 16 Abs. 5 vorgesehenen Zustimmungsfiktion erhalten zu haben. Dem änderungswilligen Wohnungseigentümer soll die Möglichkeit eingeräumt werden, in einem außerstreitigen Verfahren eine feststellende Entscheidung darüber zu begehren, dass die Zustimmung zu der gewünschten Änderung durch die Zustimmungsfiktion erreicht wurde. Die Erwirkung einer solcher Feststellungsentscheidung kann insbesondere bei sehr kostenintensiven Änderungen zweckmäßig sein, um nicht im Nachhinein durch eine Beurteilung überrascht zu werden, dass die Voraussetzungen für die Zustimmungsfiktion gar nicht vorlagen. Gegenstand eines solchen Verfahrens wäre zum einen die Frage, ob die geplante Änderung zum eingeschränkten Kreis jener Maßnahmen zählt, für die die Zustimmungsfiktion vorgesehen ist, und zum anderen die Frage, ob alle Voraussetzungen für den Eintritt der Zustimmungsfiktion gegeben waren (also eine den formalen und inhaltlichen Anforderungen entsprechende Verständigung und das Unterbleiben eines Widerspruchs innerhalb der dafür vorgesehenen Frist von zwei Monaten).

 

Zu Z 15 (§ 52 Abs. 1 Z 6)

In dieser Ziffer wird der erste Teil des Klammerzitats an die Änderung des § 20 angepasst. Durch die Miteinbeziehung des neuen § 20 Abs. 8 wird auch die neue Auskunftspflicht hinsichtlich der Kontaktdaten der anderen Wohnungseigentümer in den Kreis der durchsetzbaren Verwalterpflichten aufgenommen.

 

Zu Z 16 (§ 58g)

1. Die Abs. 1 und 2 enthalten Regelungen über das Inkrafttreten der Änderungen. Grundsätzlich sollen die mit dieser Novelle herbeigeführten Neuerungen mit Jahresbeginn 2022 in Kraft treten (Abs. 1). Das soll aber nicht für die neuen Regelungen über die Willensbildung und über die Rücklagendotierung gelten, weil die Praxis bei diesen Neuerungen eine etwas längeren zeitlichen Vorlauf braucht, um sich auf die damit verbundenen Umstellungen vorbereiten zu können. Zu diesem Zweck werden die Bestimmungen zu diesen Themenfeldern erst ein halbes Jahr später, also mit Beginn des Monats Juli 2022, in Kraft gesetzt (Abs. 2).

2. Die Abs. 3 und 4 enthalten Übergangsbestimmungen für zwei Konstellationen, für die eine Regelung über die intertemporale Anwendbarkeit der mit dieser Novelle geschaffenen Neuerungen erforderlich ist. Die Bestimmung des § 16 Abs. 8 über die Pflicht zur Unterlassung der Nutzung einer Ladevorrichtung (unter gewissen Voraussetzungen und frühestens fünf Jahre nach Errichtung) wird zur Vermeidung einer verfassungsrechtlich problematischen Rückwirkung nur für solche Einzelladestationen in Geltung gesetzt, die erst nach dem Inkrafttreten der Novelle errichtet werden (§ 25 Abs. 2).

Die Neuerungen bei der Beschlussfassung sind nur auf solche Willensbildungsvorgänge anzuwenden, die nach dem Inkrafttreten der Novelle eingeleitet werden. Diese „Einleitung“ liegt etwa in der Einberufung einer Eigentümerversammlung unter Bekanntgabe der dafür ins Auge gefassten Beschlussgegenstände (§ 25 Abs. 3).

3. Heute entspricht es dem Standard der Bewertungswissenschaft, dass bei der Erfassung von Geschäftsräumlichkeiten im Rahmen der Nutzwertermittlung das Verhältnis zwischen der Vergleichswohnung und einer Geschäftsräumlichkeit im Regelfall 1 : 2 nicht überschreiten sollte. Früher, nämlich jedenfalls vor dem Inkrafttreten des Wohnungseigentumsgesetzes 2002, wurde Geschäftsräumlichkeiten nicht selten ein Nutzwert (nach dem WEG 1975) oder Jahresmietwert (nach dem WEG 1948) in einer wesentlich höheren Relation zugeschrieben. Daraus entsteht den Wohnungseigentümern dieser Geschäftsräume eine überproportional hohe Belastung an Aufwendungen für die Liegenschaft. In den letzten zwei Jahrzehnten wurde dies noch durch veränderte strukturelle Gegebenheiten in bestimmten urbanen Bereichen verschärft. Deshalb wird für solche Konstellationen schon seit mehr als 15 Jahren eine gesetzliche Lösung durch die Möglichkeit einer temporär zulässigen Neufestsetzung oder Jahresmietwerte erwogen.

Allerdings muss ein solches Unterfangen mit großer Behutsamkeit angegangen werden. Denn erstens bedeutet der Abbau überproportionaler Belastungen eines oder mehrerer Geschäftsraum-Wohnungseigentümer in einer Eigentümergemeinschaft, dass jemand anderer die abgebauten Lasten zu tragen hat – nämlich die anderen Wohnungseigentümer. Die Interessen sind in diesem Kontext daher der Natur nach gegenläufig; und bei einer solchen Ausgangslage hat der Gesetzgeber einen möglichst ausgewogenen Interessenausgleich anzustreben. Zweitens steht hier auch der „Frieden im Haus“ auf dem Spiel, zumal eine solche Neufestsetzung der Nutzwerte oder Jahresmietwerte – von der einvernehmlichen Sonderlösung des § 9 Abs. 6 abgesehen – nur durch ein gerichtliches Verfahren möglich ist, dem alle Wohnungseigentümer beizuziehen sind. Die Verwicklung in ein derartiges gerichtliches Verfahren wird aber von den meisten Wohnungseigentümern zumindest als Unannehmlichkeit, manchmal auch als gravierende Zumutung empfunden. All dies legt nahe, die gesetzliche Möglichkeit eines „Reset“ bei den Jahresmietwerten und Nutzwerten wirklich als singuläre Ausnahme zu konstruieren und nicht auf diesem Weg gleichsam flächendeckend sehr viele alte Wohnungseigentumsanlagen mit solchen Neufestsetzungen zu überziehen.

In der Übergangsbestimmung des Abs. 5 wird nun eine solche Neufestsetzungsmöglichkeit geschaffen. Aus den oben erörterten Gründen wird die Schwelle für die Neufestsetzung bei den Nutzwerten aber recht hoch angesetzt; sie ist dann erreicht, wenn der Nutzwert für Geschäftsräume mit dem Dreifachen der Nutzfläche oder höher festgesetzt wurde oder für selbständige Geschäftsräume ein Regelnutzwert zugrunde gelegt wurde, der das Dreifache des für Wohnungen zugrunde gelegten Regelnutzwerts oder mehr betrug. Die Festlegung der Schwelle in dieser Höhe entspricht dem ganz überwiegenden Meinungsbild in einer Expertengruppe von anerkannten Bewertungssachverständigen, die vor etlichen Jahren zur Diskussion dieser Thematik einberufen worden war.

Bei den Jahresmietwerten wird ein ähnlicher, im Einzelnen aber doch etwas differenzierter Ansatz verfolgt. Die Bezugnahme auf einen Regelnutzwert ist hier nicht möglich; und die Bezugnahme auf ein bestimmtes Vielfaches der Nutzfläche könnte dazu führen, dass ein Großteil der früheren Parifizierungen unter die nunmehrige Neufestsetzungsregelung fiele, die jedoch nur als ausnahmsweise zum Tragen kommende Gestaltungsmöglichkeit gedacht ist. Deshalb wurde gemeinsam mit einschlägig ausgewiesenen Immobiliensachverständigen für die Jahresmietwerte nach einem Weg gesucht, der dem Ausnahmecharakter der Bestimmung eher gerecht wird. Die daraus gefundene Lösung knüpft an den Jahresmietwert pro Quadratmeter Nutzfläche an. Dazu sei zunächst angemerkt, dass aus den Parifizierungen nach dem WEG 1948 die Nutzfläche der einzelnen Wohnungseigentumsobjekte – anders als in manchen Stellungnahmen ausgeführt – sehr wohl hervorgeht. Um nun zu prüfen, ob bei Jahresmietwerten ein Fall der Neufestsetzungsmöglichkeit nach § 58g Abs. 5 vorliegt, muss zunächst der Durchschnitt – also das arithmetische Mittel – des für die Wohnungen auf der Liegenschaft festgesetzten Jahresmietwerts pro Quadratmeter Nutzfläche berechnet werden. Wenn der Jahresmietwert eines selbständigen Geschäftsraums pro Quadratmeter Nutzfläche diesen Durchschnitt mindestens um das Dreifache übersteigt, ist eine Neufestsetzung der Jahresmietwerte zulässig. Bei der Untersuchung dieser Relation zwischen dem Geschäftsraum und dem Durchschnittswert für die Wohnungen sind auch die angesetzten Zuschläge und Abstriche und ist auch allfälliges Zubehör zu berücksichtigen. Nur zur Klarstellung sei erwähnt, dass eine Neufestsetzungsmöglichkeit bereits dann besteht, wenn von mehreren Geschäftsräumen auch nur einer diese Schwelle von 300 % erreicht oder übersteigt.

Um zu vermeiden, dass durch die Neufestsetzung der Nutzwerte oder Jahresmietwerte die Wohnungseigentümer der Wohnungen exorbitant mehr zu den Aufwendungen für die Liegenschaft beizutragen haben als zuvor, wird im zweiten Satz des § 58g Abs. 5 die dadurch eintretende Veränderung mit 20 % des früheren Nutzwerts oder Jahresmietwerts gedeckelt

Eine weitere Eingrenzung dieses Erneuerungsgeschehens liegt darin, dass die Möglichkeit zur Stellung eines Antrags auf gerichtliche Neufestsetzung nach dieser Bestimmung zeitlich limitiert ist; sie steht nur bis Jahresende 2024 und damit nur für drei Jahre zur Verfügung.

4. Während der COVID-19-Pandemie konnten wegen der zu ihrer Eindämmung erlassenen Beschränkungen Eigentümerversammlungen zumeist nicht durchgeführt werden. Deshalb konnten die Verwalter in dieser Zeit die zweijährige Frist des § 25 Abs. 1 in der Regel nicht wahren. Wenn beispielsweise die letzte Eigentümerversammlung in einer Wohnungseigentumsanlage im April oder November 2018 durchgeführt wurde und die nächste Versammlung in etwa in zweijährigem Abstand vorgesehen war, scheiterte deren Durchführung am jeweiligen Lockdown. Dadurch ist nun bei den Verwaltungen gleichsam ein „Rückstau“ an Eigentümerversammlungen eingetreten, der erst allmählich abgebaut werden kann. Dafür bietet die Übergangsregelung des Abs. 6 einen gesetzlichen Rahmen. Sie sieht vor, dass zunächst die Versammlungen, die nach § 25 Abs. 1 spätestens in den Monaten März 2020 bis Juni 2021 hätten durchgeführt werden sollen, bis Jahresmitte 2022 nachzuholen sind. Und jene Versammlungen, die im zweiten Halbjahr 2021 „fällig“ geworden wären, erhalten eine Durchführungsnachfrist bis Jahresende 2022. Mit dieser zeitlich gestaffelten Regelung sollte es den Verwaltungen bei einigem Bemühen möglich sein, die eingetretenen Rückstände abzuarbeiten und sich ab Jahresbeginn dann wieder in die zweijährige Normalität des § 25 Abs. 1 einzuklinken.