Erläuterungen

Allgemeiner Teil

Hauptgesichtspunkte des Entwurfs:

Mit dem vorliegenden Entwurf eines Berufsrechts-Änderungsgesetzes 2022 sollen verschiedene Probleme in den Berufsrechten der Notare und Rechtsanwälte gelöst werden.

1. Änderungen der Notariatsordnung:

1.1. Zur Stärkung der Rechtssicherheit und -klarheit sollen in § 33 NO die Fallgruppen, die zu einer unmittelbaren Ausgeschlossenheit des Notars und damit gegebenenfalls zum Verlust der Kraft einer öffentlichen Urkunde („Solennitätsverlust“) einer dessen ungeachtet aufgenommenen Notariatsurkunde führen, präziser gefasst werden. Zudem sollen diese Fallgruppen von anderen, die einen Interessenkonflikt lediglich indizieren und damit keine automatische Ausgeschlossenheit rechtfertigen, abgegrenzt werden; in diesen Konstellationen soll nach dem Vorbild der deutschen Rechtslage eine differenzierte Offenlegungsverpflichtung des Notars, deren Nichteinhaltung durch die Rechtsfolge des Solennitätsverlusts sanktioniert ist, eingeführt werden.

1.2. Aufgrund der zuletzt mit dem Bundesgesetz BGBl. I Nr. 157/2020 erfolgten Überführung der zunächst nur befristet vorgesehenen weitreichenden Möglichkeiten zur Nutzung elektronischer Kommunikationsmöglichkeiten bei der Besorgung notarieller Amtshandlungen in das Dauerrecht ist deren verstärkte Inanspruchnahme in der Praxis zu erwarten. Hier hat sich ein Bedarf nach ergänzenden Regelungen für Konstellationen von notariellen Amtshandlungen ergeben, bei denen die Parteien teils physisch vor dem Notar präsent und teils elektronisch mit diesem (und den anderen Parteien) verbunden sind. Insofern soll es den Parteien ermöglicht werden, die jeweilige Urkunde entweder händisch zu unterfertigen oder elektronisch zu signieren (bislang war entweder die eine oder die andere Möglichkeit durch alle Parteien einzuhalten). Dies ermöglicht eine höhere Flexibilität bei der Errichtung von (elektronischen) Notariatsakten sowie bei der Beglaubigung von elektronischen Signaturen bzw. von händischen Unterschriften auf elektronisch errichteten Urkunden unter gleichzeitiger Sicherstellung der im Interesse der Rechtssicherheit normierten Anforderungen an die notarielle Amtshandlung.

1.3. Die in der Notariatsordnung im Wahlrecht vorgeschlagenen Änderungen umfassen einerseits eine zeitgemäße Ausgestaltung und Präzisierung der bisher nur rudimentären Regelungen zur möglichen Briefwahl im Rahmen einer Präsenzversammlung, um den Grundsätzen einer geheimen Wahl zu entsprechen; andererseits soll eine ausschließliche Briefwahl, die ohne Durchführung einer Präsenzversammlung zulässig ist, ermöglicht werden.

1.4. Ein Bedürfnis nach alternativen Abstimmungsmöglichkeiten hat sich während der COVID-19-Pandemie auch im notariellen Berufs- und Standesrecht ergeben. Mit der Einführung einer ausdrücklichen Bestimmung, die die Durchführung von Sitzungen und Tagungen der verschiedenen Organe der notariellen Selbstverwaltung im Rahmen von Videokonferenzen vorsieht, soll hier eine Klarstellung der schon nach bisheriger Rechtslage bestehenden Möglichkeiten erfolgen.

1.5. Schließlich soll mit der vorgeschlagenen Änderung des § 140h NO durch die Ergänzung der Eintragungsmöglichkeiten zur gesetzlichen Erwachsenenvertretung eine im Bereich des Österreichischen Zentralen Vertretungsverzeichnisses (ÖZVV) aktuell bestehende Lücke geschlossen werden.

2. Änderungen der Rechtsanwaltsordnung und des Disziplinarstatuts für Rechtsanwälte und Rechtsanwaltsanwärter:

2.1. Die Vereinbarkeit von Beruf und Familie stellt Rechtsanwältinnen wie auch Rechtsanwälte vor zum Teil große Herausforderungen. Zwar ermöglicht der selbständige Beruf der Rechtsanwältin/des Rechtsanwalts von seiner grundsätzlichen Konzeption her an sich eine flexible Zeiteinteilung; im beruflichen Alltag bleibt dies aber angesichts von verschiedensten termin- und zeitgebundenen beruflichen Verpflichtungen oft nur Theorie. Dies hat zur Folge, dass sich insbesondere viele Rechtsanwältinnen und Rechtsanwaltsanwärterinnen rund um die Geburt ihres Kindes gegen eine weitere rechtsanwaltliche Tätigkeit entscheiden.

Mit dieser insgesamt unbefriedigenden Situation hat sich die österreichische Rechtsanwaltschaft in den letzten Jahren intensiv auseinandergesetzt. Eine vom Österreichischen Rechtsanwaltskammertag zu diesem Thema veranstaltete Enquete hat ergeben, dass die mit der Streichung aus der Liste der Rechtsanwälte einhergehenden Nachteile (Verlust der Kammermitgliedschaft, Nichterwerb von Beitragszeiten für die Altersversorgung, Unsicherheit der Wiedereintragung) ein wesentlicher Grund dafür sind, warum sich viele Rechtsanwältinnen mit dem Zeitpunkt der Elternschaft für ein (häufig endgültiges) Ausscheiden aus dem Beruf entscheiden. Von zahlreichen Rechtsanwältinnen und Berufsanwärterinnen wurde in diesem Zusammenhang der Wunsch geäußert, dass sie für einen bestimmten Zeitraum nach der Geburt oder Adoption eines Kindes in der Liste der Rechtsanwälte bzw. der Rechtsanwaltsanwärter eingetragen bleiben können, ohne dass für sie daraus potenziell substanzielle Nachteile entstehen.

Diesem Anliegen trägt der vorliegende Vorschlag Rechnung. Rechtsanwältinnen und Rechtsanwälten sowie Rechtsanwaltsanwärterinnen und Rechtsanwaltsanwärtern soll danach die Möglichkeit eröffnet werden, anlässlich der Geburt oder der Adoption eines minderjährigen Kindes oder der Übernahme eines minderjährigen Kindes in unentgeltliche Pflege die Ruhendstellung der Berechtigung zur Ausübung der Rechtsanwaltschaft bzw. der Berechtigung zur Tätigkeit als Rechtsanwaltsanwärter:in zu beantragen, dies für einen Zeitraum von bis zu zwei Jahren. Während dieser Zeit soll die betreffende Person Mitglied der Rechtsanwaltskammer bleiben. Verpflichtungen wie die (die Rechtsanwälte treffende) Pflicht zur Aufrechterhaltung einer Versicherung nach § 21a RAO sollen aber entfallen; aufgrund des Ruhens der Berechtigung zur Berufsausübung kommt auch eine Bestellung nach §§ 45 und 45a RAO (insbesondere zur Verfahrenshilfe) nicht in Betracht. Hinsichtlich der Kammerbeiträge sowie der Beiträge für die Versorgungseinrichtung sollen die Rechtsanwaltskammern für solche Zeiten eines Ruhens die gänzliche oder teilweise Befreiung von der Beitragsentrichtung vorsehen können (wobei hier gleichzeitig auf die Funktionsfähigkeit der auf dem Umlagensystem beruhenden anwaltlichen Alters-, Berufsunfähigkeits- und Hinterbliebenenversorgung zu achten ist).

2.2. Darüber hinaus wird eine eigenständige datenschutzrechtliche Rechtsgrundlage im Zusammenhang mit der Bereitstellung, Verarbeitung, Übermittlung oder Weiterverarbeitung von in einem Strafverfahren ermittelten personenbezogenen Daten in Disziplinarverfahren nach dem DSt vorgeschlagen.

Beurteilung der Notwendigkeit der Durchführung einer Verhältnismäßigkeitsprüfung nach dem Verhältnismäßigkeitsprüfungs-Gesetz:

Bei den vorgeschlagenen Änderungen in RAO und DSt handelt es sich allesamt um Regelungen, die die Aufnahme des Berufs/den Zugang zum Beruf der Rechtsanwältin/des Rechtsanwalts oder dessen Ausübung nicht beschränken. Eine Verhältnismäßigkeitsprüfung nach dem Verhältnismäßigkeitsprüfungs-Gesetz, BGBl. I Nr. 67/2021, kann daher unterbleiben.

Da der Beruf des Notars nach § 2 Abs. 4 der Richtlinie 2005/36/EG über die Anerkennung von Berufsqualifikationen, ABl. Nr. L 255 vom 30.9.2005 S. 22, in der Fassung der Richtlinie 2013/55/EU, ABl. Nr. L 345 vom 28.12.2013 S. 132, nicht in den Anwendungsbereich dieser Richtlinie fällt und insofern auch das Verhältnismäßigkeitsprüfungs-Gesetz nach dessen § 2 Abs. 1 nicht auf diesen Beruf anwendbar ist, besteht keine Notwendigkeit einer Verhältnismäßigkeitsprüfung hinsichtlich der in der NO vorgeschlagenen Änderungen.

Kompetenzgrundlage:

Die Zuständigkeit des Bundes ergibt sich aus Art. 10 Abs. 1 Z 6 B-VG (Angelegenheiten der Notare und der Rechtsanwälte; Zivilrechtswesen).

Besonderer Teil

Zu Art. 1 (Änderung der Notariatsordnung)

Zu Z 1 bis 3, 7, 8, 11, 17 und 26 (§ 6 Abs. 2, § 6a Abs. 1, § 11 Abs. 3, § 62 Abs. 1, § 63 Abs. 2, § 78 Abs. 1, § 119 Abs. 3, § 125a Abs. 3 und § 154 Abs. 1 dritter Satz NO)

Mit den Änderungen erfolgen jeweils Zitatberichtigungen.

Zu Z 4 bis 6 (§ 33 NO)

Die bereits in der Stammfassung der Notariatsordnung enthaltene Bestimmung zur Ausgeschlossenheit der Notare soll im Interesse der Rechtssicherheit und -klarheit überarbeitet und aktualisiert werden. Neben einer präziseren und übersichtlicheren Abgrenzung der Fälle der Ausgeschlossenheit soll dabei auch bei der Frage, unter welchen Voraussetzungen es zu einem Solennitätsverlust (also dem Verlust der Eigenschaft als öffentliche Urkunde) kommt, eine stärkere Differenzierung erfolgen.

Der vorgeschlagene Abs. 1 enthält zunächst eine Auflistung jener Fälle, die (jedenfalls) zum Solennitätsverlust (Abs. 2) führen: Dies sind nach Z 1 zunächst (wie bisher) „Sachen“, in denen der Notar „selbst beteiligt“ ist (wobei insofern an die bestehende Rechtslage und deren Verständnis angeknüpft werden kann), sodann Angelegenheiten von engen Verwandten bzw. der Ehegatten, Partner und Lebensgefährten (Z 2 und 3), Angelegenheiten der vom Notar vertretenen schutzberechtigten Personen (Z 4) sowie schließlich diejenigen Fälle, in denen eine Verfügung zum Vorteil des Notars selbst oder einer der in Z 1 bis 4 genannten Personengruppen aufgenommen werden soll (Z 5). Die genannten Fallgruppen der Z 1 bis 5 indizieren ein enges Naheverhältnis und damit eine Ausgeschlossenheit des Notars, die bei einem Tätigwerden unter Außerachtlassung dieser Ausgeschlossenheit zum automatischen Solennitätsverlust im Sinn des Abs. 2 führt.

§ 33 Abs. 1 zweiter Satz NO stellt ferner klar, dass zu den Sachen nach Z 1 bis 4 auch die Angelegenheiten von juristischen Personen zählen, an denen der Notar oder eine der in Z 2 bis 4 genannten Personen die Mehrheit am Stamm-, Grund- oder Eigenkapital oder an den Stimmrechten der juristischen Person hält oder Mitglied ihres vertretungsbefugten Organs ist.

Ausdrücklich geregelt wird in § 33 Abs. 1 letzter Satz und Abs. 3 NO darüber hinaus der Fall, dass der Notar Mitglied eines Aufsichtsorgans einer juristischen Person ist. Für solche Fälle wird vorgesehen, dass der Notar in den Angelegenheiten dieser juristischen Person (aufgrund eines Interessenkonflikts) von der Errichtung eines Notariatsakts ausgeschlossen ist (siehe ausführlich OLG Wien 6 R 202/20z mwN) und in deren Angelegenheiten auch keine notariellen Beurkundungen über Vorgänge aufnehmen darf, an denen das Aufsichtsorgan unmittelbar beteiligt ist. Hier ist etwa an den Fall zu denken, dass der Notar als Mitglied des Aufsichtsrats einer Aktiengesellschaft an deren Hauptversammlung teilnimmt (§ 116 Abs. 2 AktG), sodass er insofern von der Aufnahme und Beurkundung der Niederschrift darüber (§ 120 AktG) ausgeschlossen ist. Nicht ausgeschlossen ist der Notar dagegen von der Vornahme anderer notarieller Amtshandlungen, wobei ihn hinsichtlich solcher Notariatsurkunden aber künftig nach dem neu gefassten § 33 Abs. 3 NO eine Verpflichtung zur Offenlegung trifft.

Abs. 3 führt für diejenigen Fallgruppen, die auch ein „ausschlussgeneigtes“ Naheverhältnis des Notars nahelegen, das aber im Zweifel von seiner Intensität her hinter dem in den in § 33 Abs. 1 NO geregelten Fällen zurückbleibt, eine Offenlegungspflicht des Notars ein. Der Vorschlag nimmt hier Anleihen an der Rechtslage in Deutschland, konkret an § 3 Abs. 3 Z 1 in Verbindung mit § 3 Abs. 2 dBeurkG. Die in Z 1 und 2 genannten Fallgruppen umfassen die bisher in § 33 Abs. 1 (unterschiedslos) aufgezählten Fälle einer entfernteren Verwandtschaft; hier hat der Notar die Partei, zu der das Naheverhältnis nicht besteht bzw. bestanden hat, auf das Naheverhältnis hinzuweisen und ihr die Möglichkeit zu geben, der Durchführung der notariellen Amtshandlung durch ihn zu widersprechen; erfolgt ein solcher Widerspruch, so hat die notarielle Amtshandlung zu unterbleiben. Dies gilt freilich nur, wenn dem Notar das Vorliegen einer der im Abs. 3 genannten Konstellationen überhaupt bekannt ist – weiß er etwa nicht, dass es sich um eine Angelegenheit einer mit ihm in der Seitenlinie bis zum dritten Grad verwandten Person (Abs. 3 Z 1) handelt, muss er darauf auch nicht hinweisen, sodass auch kein Solennitätsverlust wegen Verstoßes gegen die Offenlegungspflicht eintreten kann. Der bisher in § 33 Abs. 3 NO vorgesehene Fortbestand der Ausgeschlossenheit auch nach Wegfall des Naheverhältnisses soll entfallen, an dessen Stelle soll künftig (nur) in den Fällen des Abs. 1 Z 1 bis 5 die dargestellte Verpflichtung zur Offenlegung treten (wobei insofern zu den Sachen nach Abs. 1 Z 1 bis 4 gemäß § 33 Abs. 1 zweiter Satz NO auch hier die Angelegenheiten von juristischen Personen zählen, an denen der Notar oder eine der in Z 2 bis 4 genannten Personen die Mehrheit am Stamm-, Grund- oder Eigenkapital oder an den Stimmrechten hält oder Mitglied ihres vertretungsbefugten Organs ist; nicht umfasst sind dagegen die im vorgeschlagenen § 33 Abs. 1 letzter Satz NO geregelten Fälle). Aus Gründen der Rechtssicherheit soll es auch in Fällen, in denen die gebotene Offenlegung und die Zustimmung der Partei nicht in der Urkunde vermerkt wird, zum Solennitätsverlust kommen. Kein Solennitätsverlust tritt dagegen ein, wenn der Notar von einem an sich „hinweispflichtigen“ Naheverhältnis erst im Nachhinein Kenntnis erlangt (und die entsprechende Offenlegung gegenüber der Partei somit ohne Verschulden des Notars unterblieben ist).

Klargestellt sei noch, dass auch die Legalisierungsklauseln, die der Notar im Fall der Beglaubigung einer Unterschrift auf der Papierurkunde anzubringen bzw. dem Text der elektronisch errichteten Urkunde beizufügen hat, Notariatsurkunden sind (die Urkunde selbst bleibt dagegen eine Privaturkunde). Die Offenlegungspflicht des Notars nach § 33 Abs. 3 NO bezieht sich in den Fällen der Unterschriftsbeglaubigung selbstverständlich nur auf diejenigen Parteien, deren Unterschriften der betreffende Notar beglaubigt (weil der Notar nur mit diesen die Notariatsurkunde aufnimmt).

Der neue § 33 Abs. 4 NO ordnet schließlich die Anwendung der Abs. 1 bis 3 auch auf die die beim betreffenden Notar in Verwendung stehenden substitutionsberechtigten Notariatskandidaten an, wobei es insofern keinen Unterschied macht, ob eine der in den Abs. 1 und 3 geregelten Konstellationen beim Notar oder beim Notariatskandidaten vorliegt. Soweit ein Fall der Offenlegungspflicht nach § 33 Abs. 3 NO aufgrund eines aufrechten oder früheren Nahverhältnisses betreffend den Notar vorliegt, wird es hinsichtlich der Kenntnis vom aufrechten oder früheren Naheverhältnis dabei regelmäßig auf die Kenntnis des Notariatskandidaten selbst ankommen; anderes gilt freilich dann, wenn die Besorgung des Geschäfts gerade vor dem Hintergrund einer anzunehmenden Befangenheit des Notars nach § 33 Abs. 1 oder 3 NO dem bei ihm beschäftigten Notariatskandidaten übertragen wurde. Ist dies der Fall, so hat (ausnahmsweise) eine Zurechnung der Kenntnisse des Notars zu erfolgen.

Zu Z 9, 10 und 12 bis 16 (§ 68 Abs. 1, § 69b Abs. 4a, § 79 Abs. 9 und 10 sowie § 82 Abs. 3 und 4 NO)

Mit dem Bundesgesetz BGBl. I Nr. 157/2020 wurde die zunächst befristete und auf die Verhinderung der Verbreitung von COVID-19 abzielende Möglichkeit der umfassenden Nutzung einer elektronischen Kommunikationsmöglichkeit bei notariellen Amtshandlungen durch eine Änderung des § 69b Abs. 1 NO und eine Neufassung des § 90a NO in das Dauerrecht überführt. Somit können nunmehr nach Maßgabe der verfügbaren technischen Voraussetzungen sowohl Notariatsakte als auch – über die in § 79 Abs. 9 NO vorgesehenen elektronischen Unterschriftsbeglaubigungen hinaus – alle anderen notariellen Amtshandlungen nach dem III. Abschnitt der Notariatsordnung grundsätzlich ohne Einschränkung unter Nutzung einer elektronischen Kommunikationsmöglichkeit errichtet bzw. vorgenommen werden. Somit wird die elektronische notarielle Amtshandlung in der Praxis stark an Bedeutung gewinnen. Bislang ist es dabei aber nur möglich, eine notarielle Urkunde entweder in Papierform oder in elektronischer Form zu errichten. Diese Ausschließlichkeit wird den Erfordernissen der aktuellen notariellen Praxis nicht mehr hinreichend gerecht.

Mit dem vorgeschlagenen § 69b Abs. 4a NO soll daher die Möglichkeit eröffnet werden, einen Notariatsakt mit physisch vor dem Notar präsenten Parteien sowie mit gleichzeitig im Wege einer elektronischen Kommunikationsmöglichkeit verbundenen Parteien gleichermaßen zu errichten, wobei auch diesfalls alle Parteien (virtuell oder physisch vor dem Notar) während des Errichtungsakts (bis zur Unterfertigung durch alle Parteien; vgl. RIS-Justiz RS0131957) anwesend bzw. verbunden sein müssen; die übrigen Regelungen des § 69b NO gelangen damit zur Gänze zur Anwendung. Nach der ersten Variante haben zunächst alle elektronisch verbundenen Parteien ihre elektronische Signatur auf dem elektronisch errichteten Dokument zu leisten; dies gilt auch, wenn eine physisch anwesende Partei ihre Unterschrift elektronisch leisten möchte. Von dem so elektronisch signierten elektronischen Dokument hat der Notar einen Ausdruck herzustellen, auf dem nun alle physisch anwesenden Parteien, die nicht elektronisch signiert haben, händisch unterschreiben. Der vollständig unterschriebene Ausdruck ist in einem nächsten Schritt vom Notar unter Beifügung seines Amtssiegels zu unterschreiben. Sodann hat der Notar den auf diese Weise errichteten Notariatsakt elektronisch bereitzustellen (einzuscannen), mit seiner elektronischen Beurkundungssignatur zu versehen und im Urkundenarchiv des österreichischen Notariats zu speichern (der solcherart dann gegebenenfalls auch für den elektronischen Urkundenverkehr geeignet ist). In der zweiten Variante kann der Notariatsakt unter Nutzung einer elektronischen Kommunikationsmöglichkeit auch in der umgekehrten Reihenfolge errichtet werden: Nach händischer Unterfertigung durch all jene physisch vor dem Notar anwesenden Personen, die die zu errichtende Urkunde nicht elektronisch signieren wollen, hat der Notar dieses Dokument den übrigen Parteien elektronisch bereitzustellen, damit diese ihre elektronische Signaturen auf dem Dokument anbringen. Im Anschluss ist dieses Dokument vom Notar mit seiner elektronischen Beurkundungssignatur zu versehen. Den auf diese Weise errichteten Notariatsakt hat der Notar im Urkundenarchiv (§ 140e NO) zu speichern. Die im Urkundenarchiv gespeicherte Urkunde gilt (bis zum Nachweis des Gegenteils) zufolge § 91c Abs. 2 in Verbindung mit § 91b Abs. 7 GOG als ein Original der gespeicherten Urkunde (und zwar unabhängig davon, ob im Nachhinein noch die einzelnen von den Parteien geleisteten Signaturen im Detail nachprüfbar sind oder nicht).

Durch den neu vorgeschlagenen § 79 Abs. 10 NO soll ebenfalls Flexibilität bei der Errichtung und Nutzung elektronischer Urkunden und Signaturen geschaffen werden: Der Notar soll danach die Echtheit einer händischen Unterschrift auf dem Ausdruck einer elektronisch errichteten Urkunde unter der Voraussetzung beurkunden können, dass es sich um einen vom Notar angefertigten Ausdruck der im Urkundenarchiv des österreichischen Notariats gespeicherten elektronischen Urkunde handelt. Nach der Beifügung des Amtssiegels ist dieses Dokument sodann elektronisch bereitzustellen (einzuscannen), vom Notar mit seiner Beurkundungssignatur zu versehen und im Urkundenarchiv nach § 140e NO zu speichern. Ohne Herstellung eines Ausdrucks kann die Beglaubigung einer elektronischen Signatur auf einer Urkunde, die bereits händische Unterschriften enthält, durchgeführt werden. Voraussetzung dafür ist, dass diese Urkunde in elektronischer Form im Urkundenarchiv (§ 140e NO) gespeichert ist; die zu beurkundende Signatur ist einer abgerufenen verkehrsfähigen Version dieser gespeicherten Urkunde beizufügen und sodann vom Notar mit seiner elektronischen Signatur gemäß § 79 Abs. 9 NO elektronisch zu beglaubigen. Auch hier sei angemerkt, dass die im Urkundenarchiv gespeicherte Urkunde (bis zum Nachweis des Gegenteils) als ein Original der gespeicherten Urkunde gilt (§ 91c Abs. 2 in Verbindung mit § 91b Abs. 7 GOG). Klargestellt sei ferner, dass Beglaubigungen nach § 79 Abs. 10 NO in Ansehung eines Dokuments auch wiederholt möglich sind, dies unter der Voraussetzung, dass jeweils die gesetzlich vorgegebene Vorgehensweise eingehalten wird.

Die Änderungen in § 82 Abs. 3 und 4 NO berücksichtigen die Besonderheiten elektronischer notarieller Amtshandlungen bei der Eintragung in das Beurkundungsregister. Bei der (elektronischen) Beglaubigung einer elektronischen Signatur nach § 79 Abs. 9 oder 10 NO findet sich die zu beglaubigende elektronische Signatur im Fall der Speicherung der Urkunde im Urkundenarchiv nach § 140e NO ohnehin dort wieder – eine erneute elektronische Signatur zur Bestätigung der Eintragung in das Beurkundungsregister ist daher nicht erforderlich. Elektronisch errichtete Anerkennungserklärungen sind im Urkundenarchiv abzuspeichern.

Zu Z 19 und 20 (§ 131 Abs. 2 und § 131a NO)

Zur „Einsendung von Stimmzetteln“ – womit die Teilnahme an der in § 131 Abs. 1 NO geregelten Wahl im Weg der Briefwahl gemeint ist – findet sich in § 131 Abs. 2 NO derzeit nur eine rudimentäre Regelung, die zudem im Lichte des Grundsatzes der geheimen Wahl verbesserungsbedürftig erscheint. Diesem Verbesserungsbedarf wird mit dem neu gefassten § 131 Abs. 2 NO Rechnung getragen. Demnach soll eine stimmberechtigte Person, die ihr Wahlrecht im Weg der Briefwahl ausüben möchte, davon die Notariatskammer spätestens drei Wochen vor dem Tag der Wahl informieren müssen (vgl. dazu auch die gleichgelagerte Regelung in § 24a Abs. 1 RAO). Die näheren Regelungen zur (wirksamen) Stimmabgabe enthält der neu eingefügte § 131a, der auch im Fall der alternativen Briefwahl zur Anwendung kommen soll.

Die seit dem Frühjahr 2020 bestehenden pandemiebedingten Einschränkungen bei Präsenzversammlungen haben generell den Bedarf nach alternativen Abstimmungsmöglichkeiten verstärkt; das notarielle Berufsrecht ist hier keine Ausnahme. Auf Vorschlag der Österreichischen Notariatskammer (ÖNK) soll daher die gesetzliche Grundlage für eine ausschließliche Briefwahl in einem neuen § 131a NO geschaffen werden. Sämtliche nach der Notariatsordnung vorgesehenen Wahlen (etwa § 125 Abs. 1 und 4, § 126 Abs. 4, §§ 129 ff., § 135 Abs. 2, § 141a, § 141d Abs. 2) sollen im Fall außergewöhnlicher Verhältnisse (siehe dazu auch die neue Bestimmung zur Videokonferenz für den Delegiertentag in § 141d Abs. 3a NO) auf Anordnung des Präsidenten oder des Vorsitzenden auch im Wege einer ausschließlichen Briefwahl, also anders als nach § 131 ohne gleichzeitige Durchführung einer Präsenzwahl, abgehalten werden können. Der Begriff der „außergewöhnlichen Verhältnisse“, der im gleichen Zusammenhang beispielsweise auch in Art. 117 Abs. 3 B-VG und § 7 Abs. 3 VfGG verwendet wird, umfasst dabei etwa die durch die COVID-19-Pandemie bedingten Einschränkungen. Er ist aber bewusst weit gewählt, um auch für künftige, nicht absehbare Ereignisse vorzukehren. Die näheren Regelungen zur Durchführung der ausschließlichen Briefwahl orientieren sich an der bewährten Bestimmung des § 24a RAO. Stimmzettel, Wahlkuvert und – vom Stimmberechtigten zu unterschreibendes – Rückkuvert sind dem Stimmberechtigten spätestens zehn Tage vor dem Wahltag von der Kammer zu übermitteln. Das den Stimmzettel im Wahlkuvert enthaltende und verschlossene Rückkuvert muss zeitgerecht (Einlangen spätestens einen Tag vor dem Wahltag) zurückgeschickt und bei der Kammer bis zur Beendigung der Wahlvorgänge ungeöffnet aufbewahrt werden. Die Stimmabgabe ist nichtig, wenn die nach § 131a Abs. 1 und 2 NO vorgesehene Bestätigung der persönlichen, unbeobachteten und unbeeinflussten Abgabe der Stimme durch Unterschrift des Stimmberechtigten fehlt; Gleiches gilt, wenn das von der Kammer versendete Wahlkuvert fehlt oder dieses beschrieben ist. Durch den Verweis auf § 131 NO ist klargestellt, dass auch bei der ausschließlichen Briefwahl die für die Präsenzwahlen maßgeblichen Abstimmungsquoren gelten.

Zu Z 18, 21, 24 und 25 (§ 125b Abs. 1, § 135 Abs. 4a, § 141d Abs. 3a und § 141f Abs. 2a NO)

Die Notariatsordnung hat im Kontext der Durchführung von Sitzungen und Tagungen der verschiedenen Organe der notariellen Selbstverwaltung den Regelfall vor Augen, dass die jeweiligen Personen physisch zusammentreffen. Freilich schließt aber schon die aktuelle Rechtslage an sich nicht aus, dass solche Termine im Weg von Videokonferenzen stattfinden, wenn die Mitwirkungsrechte der Beteiligten hinreichend gewahrt sind. Möglich sind in diesem Rahmen auch Abstimmungen und nicht geheime Wahlen. Auf Vorschlag der ÖNK soll die Möglichkeit der Durchführung solcher „virtueller Sitzungen“ für die Notariatskammern, den Ständigen Ausschuss der ÖNK sowie den Delegiertentag der ÖNK auf eine ausdrückliche gesetzliche Grundlage gestellt werden, dies beim Delegiertentag allerdings mit der Einschränkung, dass dies (nur) im Fall außergewöhnlicher Verhältnisse (siehe zu diesem Begriff die Erläuterungen zu §§ 131 Abs. 2 und 131a NO) zulässig sein soll. Grund dafür ist, dass der persönliche Meinungsaustausch der Delegierten untereinander ein ganz wesentlicher Aspekt der Mitwirkung an der Meinungsbildung innerhalb des Standes ist und dieser Austausch im Rahmen von Präsenzveranstaltungen zumeist deutlich lebendiger sein wird, als dies bei einem rein virtuellen Termin der Fall ist. Eben dies ist auch der Grund dafür, dass die Möglichkeit der Durchführung der Zusammenkünfte mittels Videokonferenz bei den Sitzungen der Notariatskollegien nicht vorgesehen wird. Lassen hier die Umstände eine Zusammenkunft tatsächlich als Ganzes nicht zu, ist in § 125b NO dafür vorgekehrt, dass jedenfalls die von den Notariatskollegien zu besorgenden dringlichen Angelegenheit verlässlich erledigt werden können; um dies hinreichend zu gewährleisten, soll gleichzeitig der Kreis der dringlichen Angelegenheit in § 125b Abs. 1 NO angepasst werden.

Zu Z 22 und 23 (§ 140h NO)

Mit den Ergänzungen der Eintragungsmöglichkeiten zur gesetzlichen Erwachsenenvertretung im Österreichischen Zentralen Vertretungsverzeichnis (ÖZVV) soll eine aktuell bestehende Unvollständigkeit beseitigt werden. Während in § 140h Abs. 2 Z 1 und 2 NO ausdrücklich festgehalten ist, dass auch die Änderung und Beendigung der Vorsorgevollmacht bzw. gewählten Erwachsenenvertretung im ÖZVV einzutragen sind, fehlt eine solche ausdrückliche Anordnung bislang für die gesetzliche Erwachsenenvertretung in Z 3 leg. cit. Auch im Lichte der Gesetzesmaterialien zum 2. Erwachsenenschutz-Gesetz (ErläutRV 1421 BlgNR 25. GP 93), wo in Bezug auf § 140h Abs. 2 NO ausgeführt wird, „dass auch alle Änderungen und Beendigungen der Vertretungsverhältnisse bzw. Verfügungen sowie der Vorabwiderspruch zur gesetzlichen Erwachsenenvertretung einzutragen sind“, soll insofern eine entsprechende Nachschärfung dieses Eintragungstatbestandes erfolgen.

Unter einer „Änderung“ sind dabei die Fälle einer Erweiterung oder Einschränkung der Vertretungsbefugnis eines gesetzlichen Erwachsenenvertreters um einzelne der in § 269 Abs. 1 Z 1 bis 8 ABGB vorgesehenen Vertretungsbefugnisse zu verstehen. Um hier gleichzeitig Unklarheiten zur Reichweite des Begriffs der „Änderung“ zu vermeiden, sollen darüber hinaus auch die Fälle der gerichtlichen Einschränkung der Vertretungsbefugnis („Teilbeendigung“ nach § 246 Abs. 3 Z 1 ABGB) ausdrücklich als Eintragungstatbestand im Gesetz genannt werden; eine entsprechende Präzisierung soll auch in § 140h Abs. 2 Z 1 und 2 NO (und den dort geregelten Fällen der Vorsorgevollmacht und der gewählten Erwachsenenvertretung) erfolgen. Ferner soll in § 140 Abs. 2 Z 3 NO (wie bei der gerichtlichen Erwachsenenvertretung in Gestalt der „Erneuerung“) auch die erneute Eintragung (derselben Vertretungsperson mit demselben Wirkungsbereich) angeführt werden, die, sofern sie rechtzeitig vor Fristablauf erfolgt, verhindert, dass die Vertretung nach drei Jahren automatisch endet (siehe § 246 Abs. 1 Z 5 ABGB). Eine Änderungseintragung führt diese Rechtsfolge nicht herbei, sie hat auf den Fristenlauf keinen Einfluss. Soll im Zuge der erneuten Eintragung – somit mit Fristverlängerung – (auch) eine Änderung im Wirkungsbereich erfolgen, so ist zunächst die Zusatzeintragung „Änderung des Vertretungsumfanges“ durchzuführen und sodann eine Zusatzregistrierung „erneute Eintragung gem. Pkt. 12.2. ÖZVV-RL 2018“ vorzunehmen.

Eine Änderung der Person des Vertreters ist weiterhin als Neueintragung zu behandeln. Soll für freibleibende oder freiwerdende Bereiche des § 269 Abs. 1 ABGB daher ein weiterer, bisher nicht eingesetzter nächster Angehöriger im Sinn des § 269 Abs. 2 ABGB tätig werden, ist für diesen eine Ersteintragung der gesetzlichen Erwachsenenvertretung vorzunehmen. Die nach § 270 ABGB und § 140h Abs. 6 und 7 NO für eine Errichtung einer gesetzlichen Erwachsenenvertretung vorgesehenen Belehrungen und Verständigungen sind dabei neuerlich zu beachten.

Zu Art. 2 (Änderung der Rechtsanwaltsordnung)

Zu Z 1 (§ 2 Abs. 1 RAO)

Eine der Voraussetzungen für die Ausübung der Rechtsanwaltschaft ist eine vorhergehende praktische Verwendung in der Dauer von insgesamt fünf Jahren, wovon im Inland mindestens sieben Monate bei Gericht oder einer Staatsanwaltschaft und mindestens drei Jahre bei einem Rechtsanwalt zu absolvieren sind (so genannte „Kernzeit“). Die praktische Verwendung bei einem Rechtsanwalt ist dabei nur dann anrechenbar, soweit diese Tätigkeit hauptberuflich und ohne Beeinträchtigung durch eine andere berufliche Tätigkeit ausgeübt wird, um – verfassungsrechtlich unbedenklich (VfGH 21.6.1997, B 29/97) – die umfassende Ausbildung der Rechtsanwaltsanwärterin/des Rechtsanwaltsanwärters sicherzustellen. Demgemäß kommt auch eine Anrechnung von Zeiten, während derer die Tätigkeit als Rechtsanwaltsanwärter entsprechend dem neu vorgeschlagenen § 32 RAO ruht, nicht in Betracht. Dies wird durch die vorgeschlagene Ergänzung des § 2 Abs. 1 RAO ausdrücklich klargestellt.

Zu Z 2 und 20 (§ 3 Abs. 1 und § 36 Abs. 1 Z 6 RAO)

Hierbei handelt es sich um Zitatberichtigungen bzw. -klarstellungen.

Zu Z 3 und 4 (§ 15 Abs. 5 und § 21 Abs. 3 RAO)

Mit dem Ruhen der Berechtigung zur Tätigkeit als Rechtsanwaltsanwärter nach dem vorgeschlagenen § 32 RAO entfällt gleichzeitig auch die Befugnis zum Einschreiten vor Gerichten und Behörden für den Rechtsanwalt, bei dem der Rechtsanwaltsanwärter in praktischer Verwendung steht. Dies stellt der neue § 15 Abs. 5 RAO sowohl für die Substitutionsberechtigung nach § 15 Abs. 2 RAO als auch für die Vertretungsbefugnis nach § 15 Abs. 3 RAO ausdrücklich klar; die den betreffenden Rechtsanwaltsanwärtern ausgestellten – „großen“ (§ 15 Abs. 2 RAO) oder „kleinen“ (§ 15 Abs. 3 RAO) Legitimationsurkunden haben diese unverzüglich ihrer Rechtsanwaltskammer zurückzustellen.

Eine entsprechende Verpflichtung zur Rückstellung der Ausweiskarte trifft auch die Rechtsanwältin oder den Rechtsanwalt, die oder der von der neu vorgeschlagenen Ruhensmöglichkeit Gebrauch macht (oder deren/dessen Befugnis zur Berufsausübung aus einem anderen Grund ruht oder erloschen ist). Wie schon bisher entfällt in all diesen Fällen auch die Befugnis zur Verwendung der (berufsspezifischen) elektronischen Anwaltssignatur (§ 21 Abs. 2 RAO).

Zu Z 5 (§ 21a Abs. 1 RAO)

Jeder Rechtsanwalt muss gemäß § 21a Abs. 1 RAO ab dem Beginn und während der Dauer seiner Berufstätigkeit zur Deckung der aus seiner Berufstätigkeit gegen ihn entstehenden Schadenersatzansprüche über eine Haftpflichtversicherung mit einer Mindestversicherungssumme von insgesamt 400 000 Euro für jeden Versicherungsfall verfügen. Nach der vorgeschlagenen Ergänzung des § 21a Abs. 1 RAO soll diese Verpflichtung während des Ruhens der Berechtigung zur Ausübung der Rechtsanwaltschaft nach § 34 Abs. 2 RAO entfallen. Für die Mandanten des Rechtsanwalts sind damit keine Nachteile verbunden, zumal die in § 21a Abs. 5 RAO ausdrücklich angeordnete Unzulässigkeit (der Vereinbarung) eines Ausschlusses oder eine zeitliche Begrenzung der Nachhaftung des Versicherers natürlich auch für solche Konstellationen gilt. Der Versicherungsschutz für vor dem Ruhen der Berufsberechtigung verwirklichte Versicherungsfälle bleibt daher unberührt.

Zu Z 6 (§ 21c Z 3 RAO)

Neben den schon bisher vorgesehenen Fallgruppen des § 21c Z 3 RAO („vorläufige Einstellung oder Untersagung der Ausübung der Rechtsanwaltschaft“) soll auch die Ruhendstellung der Berechtigung zur Berufsausübung nichts an der Zugehörigkeit zu einer Rechtsanwalts-Gesellschaft ändern; die unmittelbare Berufsausübung – Vertretung und Geschäftsführung sowie Ausübung einer erteilten Prokura – ist dem betreffenden Rechtsanwalt für die Dauer des Ruhens aber auch im Rahmen einer Rechtsanwalts-Gesellschaft nicht gestattet.

Zu Z 7 und 9 (§ 22 Abs. 1 und § 24 Abs. 2 RAO)

Bei Inanspruchnahme der neu geschaffenen Möglichkeit der Ruhendstellung der Berufsausübungs- bzw. Tätigkeitsberechtigung soll die/der Betreffende für die Dauer des Ruhens nicht nur in der Liste der Rechtsanwälte oder Rechtsanwaltsanwärter eingetragen, sondern ausdrücklich auch Kammermitglied bleiben. Dies wird durch die vorgeschlagene Änderung des § 22 Abs. 1 RAO klargestellt.

Für die Zeit eines Ruhens nach §§ 32 oder 34 Abs. 2 RAO (wobei von dem entsprechenden Verweis alle Ruhenstatbestände nach § 34 Abs. 2 RAO umfasst sind) ausgeschlossen sein soll aber die Wählbarkeit in eine der Funktionen der Organe der rechtsanwaltlichen Selbstverwaltung; das aktive Wahlrecht bleibt davon unberührt. Bereits gewählte Personen scheiden bei Ruhendstellung der Berechtigung zur Berufsausübung aus ihrem Amt aus. Grund (und gleichzeitig sachliche Rechtfertigung) für diese Einschränkung des passiven Wahlrechts ist, dass eine Person, die die Rechtsanwaltschaft (wenn auch bloß vorübergehend) aktuell nicht ausübt oder nicht als Rechtsanwaltsanwärter:in tätig ist, kein Amt als Kammerfunktionär:in innehaben soll. Bei den Ruhenstatbeständen nach § 34 Abs. 2 Z 1 lit. a bis c und § 34 Abs. 2 Z 2 RAO sind dafür insbesondere in der Person der/des Betreffenden liegende Umstände ausschlaggebend; ferner ist zu beachten, dass mit der (grundsätzlich ehrenamtlichen) Tätigkeit in den verschiedenen Funktionen der rechtsanwaltlichen Selbstverwaltung regelmäßig ein sehr erheblicher Zeit- und Arbeitsaufwand einhergeht, was insbesondere in den Fällen einer Ruhendstellung über Antrag nach § 32 oder § 34 Abs. 2 Z 1 lit. d RAO der Intention dieser Bestimmungen, nämlich eine berufliche und zeitliche Entlastung zur Kinderbetreuung, zuwiderlaufen würde.

Zu Z 8 (§ 22 Abs. 2a RAO)

Anders als beim Präsidenten des Österreichischen Rechtsanwaltskammertags und dessen Stellvertretern (§ 42b RAO) fehlt es in der Rechtsanwaltsordnung bislang an einer ausdrücklichen Regelung zur Vertretungsbefugnis des Präsidenten der Rechtsanwaltskammer und der Präsidenten-Stellvertreter nach außen. Dies soll mit dem vorgeschlagenen neuen § 22 Abs. 2a RAO nachgeholt werden.

Zu Z 10 (§ 27 Abs. 2 RAO)

Bereits bisher sieht § 27 Abs. 2 letzter Satz RAO vor, dass die Kammerbeiträge der Rechtsanwälte und Rechtsanwaltsanwärter (§ 27 Abs. 1 lit. d RAO) durch den Ausschuss in berücksichtigungswürdigen Fällen gestundet oder nachgesehen werden können. Dies gilt künftig auch für die Fälle des Ruhens der Berechtigung zur Berufsausübung (§ 34 Abs. 2) oder des Ruhens der Berechtigung zur Tätigkeit als Rechtsanwaltsanwärter (§ 32). Neu ist, dass eine solche Nachsicht insbesondere in den in § 53 Abs. 2 Z 4 lit. a bis c RAO geregelten Fällen (wozu auch das Ruhen nach §§ 32 oder 34 Abs. 2 RAO zählt) auch (generell) durch die Plenarversammlung beschlossen werden kann.

Zu Z 11 (§ 30 Abs. 4 RAO)

Die vorgeschlagene Änderung in § 30 Abs. 4 erweitert den Rechtsbehelf der Berufung an den Obersten Gerichtshof um die Entscheidungen in Angelegenheiten der Ruhendstellung der Berechtigung zur Tätigkeit als Rechtsanwaltsanwärter:in nach dem vorgeschlagenen § 32 RAO. Bei Entscheidung in Angelegenheiten der Ruhendstellung der Berechtigung zur Berufsausübung nach dem neu gefassten § 34 Abs. 2 RAO folgt die entsprechende Rechtsmittelbefugnis bereits aus dem geltenden § 34 Abs. 3 RAO, sodass es hier keiner Änderung bedarf.

Zu Z 12 bis 17 (§ 32 RAO, Abschnittsüberschrift des IV. Abschnitts sowie § 34 Abs. 2 RAO)

Mit dem neu vorgeschlagenen § 34 Abs. 2 Z 1 lit. d RAO wird die Möglichkeit eines Antrags auf Ruhendstellung der Berechtigung zur Tätigkeit als Rechtsanwältin/als Rechtsanwalt für den Fall der Geburt eines eigenen Kindes, der Adoption eines minderjährigen Kindes oder der Übernahme eines minderjährigen Kindes in unentgeltliche Pflege geschaffen, wobei der Zeitraum des (an keine weiteren Voraussetzungen geknüpften) Ruhens längstens zwei Jahre ab der Geburt/der Annahme/der Übernahme ausmachen darf. In § 32 wird dies in gleicher Weise auch für Rechtsanwaltsanwärter:innen vorgesehen (wobei bei der Antragstellung diesfalls die Zustimmung zur beabsichtigten Ruhendstellung durch den Rechtsanwalt, bei dem die antragstellende Person in praktischer Verwendung steht, nachzuweisen ist). Eine Verpflichtung zu einer entsprechenden Antragstellung durch die Rechtsanwaltsanwärterin/den Rechtsanwaltsanwärter besteht dann, wenn die im Rahmen einer aus Anlass der Geburt eines eigenen Kindes, der Annahme eines minderjährigen Kindes an Kindes Statt oder der Übernahme eines minderjährigen Kindes in unentgeltliche Pflege vereinbarten Teilzeitbeschäftigung zu erbringende wöchentliche Normalarbeitszeit das Ausmaß von acht Stunden unterschreitet; diesfalls ist ein Antrag auf Ruhendstellung binnen vier Wochen nach Abschluss der Vereinbarung zu stellen, widrigenfalls die Löschung aus der Liste der Rechtsanwaltsanwärter zu erfolgen hat. Der Vollständigkeit halber sei damit im Zusammenhang auch festgehalten, dass die in § 2 Abs. 1 RAO in Ansehung der erforderlichen Praxiszeit normierten Voraussetzungen unberührt bleiben und insofern aus der Anordnung des § 32 Abs. 1 letzter Satz RAO keine weiterreichenden Anrechnungsmöglichkeiten auf die Dauer der praktischen Verwendung abgeleitet werden können; unverändert ist insofern auch die praktische Verwendung, die zwingend bei einem Rechtsanwalt zu verbringen ist, grundsätzlich nur dann anrechenbar, wenn diese Tätigkeit hauptberuflich und ohne Beeinträchtigung durch eine andere berufliche Tätigkeit ausgeübt wird (§ 2 Abs. 1 dritter Satz RAO).

Während des Ruhens soll die betreffende Person Mitglied der Rechtsanwaltskammer bleiben (siehe dazu auch die entsprechende weitere Klarstellung in § 22 Abs. 1 RAO); Erfordernisse wie etwa die (die Rechtsanwälte treffende) Pflicht zur Aufrechterhaltung einer Versicherung nach § 21a RAO sollen aber entfallen; aufgrund des Ruhens der Berechtigung zur Berufsausübung kommt auch eine Bestellung einer Rechtsanwältin/eines Rechtsanwalts nach §§ 45 und 45a RAO (insbesondere zur Verfahrenshilfe) nicht in Betracht.

Die Anfügung des Schlussteils in § 34 Abs. 2 RAO betrifft alle der vorgenannten Fallgruppen des Ruhens (somit beispielsweise auch die Fälle mangelnder Haftpflichtversicherung oder disziplinarrechtlicher Untersagung): Hier wird zunächst (nochmals) klargestellt, dass die Mitgliedschaft zur Rechtsanwaltskammer samt Eintragung in die Liste der Rechtsanwälte während des Ruhens aufrecht bleibt. Darüber hinaus wird ein in der Liste der Rechtsanwälte bzw. (so die/der Betreffende in der von der Rechtsanwaltskammer nach § 28 Abs. 1 lit. o RAO zu führenden Liste von zur Übernahme von Vorsorgevollmachten und gerichtlichen Erwachsenenvertretungen besonders geeigneten Rechtsanwälten eingetragen ist) in der Liste nach § 28 Abs. 1 lit. o anzubringender „Ruhensvermerk“ vorgesehen, mit dem der Umstand und gegebenenfalls (d.h. sofern ein im Vorhinein zeitlich abgegrenzter Fall des Ruhens vorliegt) die Dauer des Ruhens in der Liste ersichtlich zu machen ist; dieser Vermerk ist mit dem Wegfall des Ruhensgrundes oder der Erklärung des Verzichts auf die Fortsetzung des Ruhens nach § 34 Abs. 2 Z 1 lit. d RAO von Amts wegen zu streichen.

Zu Z 18 und 19 (§ 34a Abs. 5 und § 34b Abs. 1 RAO)

Erlischt oder ruht die Berechtigung zur Ausübung der Rechtsanwaltschaft (§ 34 Abs. 1 und 2 RAO), so ist nach § 34a Abs. 2 RAO durch den Ausschuss der Rechtsanwaltskammer ein Kammerkommissär zu bestellen. Die Bestellung eines Kammerkommissärs hat jedoch gemäß § 34a Abs. 5 RAO zu unterbleiben, wenn ein anderer Rechtsanwalt innerhalb einer Woche nach dem Eintritt des Erlöschens oder Ruhens bei der Rechtsanwaltskammer anzeigt, dass er die ansonsten einem Kammerkommissär zukommenden Aufgaben wahrnehmen wird (und dem Ausschuss keine Gründe bekannt sind, die gegen die Besorgung der Aufgaben durch diesen anderen Rechtsanwalt sprechen würden). Über Vorschlag des Österreichischen Rechtsanwaltskammertags soll für diesen „eintretenden“ anderen Rechtsanwalt die Bezeichnung „Rechtsanwaltskommissär“ eingeführt werden.

Zu Z 21 (§ 50 Abs. 2 RAO)

Nach § 50 Abs. 2 Z 2 lit. a RAO kann in der Satzung der Versorgungseinrichtungen vorgesehen werden, dass Rechtsanwältinnen und Rechtsanwaltsanwärterinnen jener Zeitraum, in dem sie auf der Grundlage einer nach § 53 Abs. 2 Z 4 lit. b RAO getroffenen Regelung von der Leistung der Umlage befreit sind, zur Gänze als Beitragszeit in der Versorgungseinrichtung angerechnet wird. Zur Sicherstellung eines Gleichklangs zwischen den insofern parallel gelagerten Fällen soll diese Möglichkeit künftig ausdrücklich auch für die Fälle einer Befreiung von der Umlagenzahlungspflicht nach dem neuen § 53 Abs. 2 Z 4 lit. c RAO vorgesehen werden, dies (auch hier) für die Dauer eines Beschäftigungsverbots nach § 3 Abs. 1 bis 3 und § 5 Abs. 1 und 2 Mutterschutzgesetz 1979 oder des einem solchen Beschäftigungsverbot entsprechenden Zeitraums.

Zu Z 22 bis 24 (§ 53 Abs. 2 Z 4 lit. a, b und c RAO)

Nach § 53 Abs. 2 Z 4 RAO kann in den von den Rechtsanwaltskammern zu erlassenden Umlagenordnungen bereits bisher vorgesehen werden, dass in bestimmten berücksichtigungswürdigen Fällen eine gänzliche oder teilweise Befreiung von der Leistung der Beiträge für die Versorgungseinrichtung erfolgt. Diese Möglichkeit soll künftig ausdrücklich auch für die Fälle des Ruhens der Berechtigung zur Berufsausübung bzw. der Berechtigung zur Tätigkeit als Rechtsanwaltsanwärter vorgesehen werden, und zwar in zweierlei Hinsicht: Zum einen soll § 53 Abs. 2 Z 4 lit. a RAO dahin erweitert werden, dass die (eine dahingehende Antragstellung voraussetzende) Reduzierung der von Rechtsanwältinnen und Rechtsanwälten zu leistenden Umlage auf die Höhe des für Rechtsanwaltsanwärterinnen oder Rechtsanwaltsanwärter maßgeblichen Betrags in der Umlagenordnung auch in Fällen des Ruhens der Berufsausübungsberechtigung nach § 34 Abs. 2 Z 1 lit. d RAO erfolgt. Zum anderen soll nach dem neu vorgeschlagenen § 53 Abs. 2 Z 4 lit. c RAO eine Regelung in der Umlagenordnung vorgesehen werden können, nach der Rechtsanwältinnen und Rechtsanwälte sowie Rechtsanwaltsanwärter:innen für die gesamte oder einen Teil der Zeit des Ruhens der Berechtigung zur Ausübung der Rechtsanwaltschaft oder der Berechtigung zur Tätigkeit als Rechtsanwaltsanwärter:in ganz oder teilweise von der Leistung der Umlage befreit werden, ohne dass es dazu einer gesonderten Antragstellung bedarf. Auch in einem solchen Fall soll die betreffende Person aber erklären können, die Befreiung nicht in Anspruch zu nehmen; Grund dafür ist zum einen, dass solcherart die einzelne betroffene Person unter Berücksichtigung ihrer konkreten persönlichen (finanziellen) Situation und ihrer weiteren Berufs- und Lebensplanung in die Lage versetzt wird, individuell die Vorteile einer vorübergehenden Aussetzung von Beitragszahlungen gegen den Nachteil des damit verbundenen (teilweisen) Nichterwerbs von Beitragsmonaten abzuwägen (wobei die Satzung der Versorgungseinrichtungen Teil A des Österreichischen Rechtsanwaltskammertags in ihren §§ 7 ff. den Nachkauf von Versicherungsmonaten zu einem späteren Zeitpunkt bereits jetzt ermöglicht; dass eine solche Nachkaufsmöglichkeit durch die Satzung sowie die Umlagenordnung zu eröffnen ist, soll künftig auch ausdrücklich gesetzlich vorgesehen werden). Zum anderen ist gleichzeitig auf die Funktionsfähigkeit der auf dem Umlagensystem beruhenden anwaltlichen Alters-, Berufsunfähigkeits- und Hinterbliebenenversorgung zu achten, das auf der Aufbringung der für die Leistungen benötigten Gelder durch die Beitragsleistungen der aktiven Kammermitglieder beruht.

Vervollständigt werden diese Anpassungen noch durch eine Überarbeitung des § 53 Abs. 2 Z 4 lit. b RAO, der inhaltlich zwar nicht verändert, aber zur Vermeidung von Unklarheiten präziser gefasst werden soll.

Festgehalten sei auch noch, dass der Umstand, dass im insgesamt überarbeiteten § 53 Abs. 2 Z 4 RAO künftig bei allen Tatbeständen durchgehend sowohl die weibliche als auch die männliche Sprachform vorgesehen wird, selbstverständlich keinerlei Auswirkungen auf sonstige Bestimmungen der RAO hat, bei denen dies aktuell nicht der Fall ist.

Zu Art. 3 (Änderung des Disziplinarstatuts für Rechtsanwälte und Rechtsanwaltsanwärter)

Zu Z 1 und 2 (§ 7 Abs. 2 und § 13 erster Satz DSt)

Ebenso wie in der RAO – siehe dort die zu § 24 Abs. 2 vorgeschlagene Änderung und die Erläuterungen dazu – soll für die Zeit eines Ruhens nach §§ 32 oder 34 Abs. 2 RAO die Wählbarkeit in eine der in § 7 Abs. 1 DSt genannten Funktionen (Präsident des Disziplinarrats; Kammeranwalt und dessen Stellvertreter; Mitglied des Disziplinarrats) ausgeschlossen sein. Parallel dazu sollen diese Ämter mit dem Ruhen der Berechtigung zur Ausübung der Rechtsanwaltschaft oder der Berechtigung zur Tätigkeit als Rechtsanwaltsanwärter:in auch erlöschen. Die insofern notwendige Anpassung des § 13 erster Satz DSt soll dazu genutzt werden, diesen übersichtlicher zu gestalten; inhaltlich soll sich bei den weiteren Erlöschenstatbeständen des § 13 DSt nichts ändern.

Zu Z 3 (§ 16 Abs. 10 DSt)

Um eine Umgehung des Strafzwecks einer nach § 16 Abs. 1 Z 3 DSt verhängten Strafe – Untersagung der Rechtsanwaltschaft bis zur Dauer eines Jahres oder bei Rechtsanwaltsanwärterinnen und Rechtsanwaltsanwärtern Verlängerung der Dauer der praktischen Verwendung um höchstens ein Jahr – durch eine Ruhendstellung der Berufsausübungs- bzw. Tätigkeitsberechtigung nach §§ 32 oder 34 Abs. 2 RAO zu verhindern, wird hinsichtlich der Zeiten eines solchen Ruhens deren Nichtanrechnung auf Strafen nach § 16 Abs. 1 Z 3 DSt angeordnet.

Zu Z 4 (§ 24 Abs. 3 und 4 DSt)

Die Datenverarbeitung im Zusammenhang mit Disziplinarverfahren für Rechtsanwälte und Rechtsanwaltsanwärter erfolgt in Wahrnehmung einer Aufgabe im öffentlichen Interesse bzw. in Ausübung öffentlicher Gewalt im Sinne des Art. 6 Abs. 1 lit. e DSGVO (vgl. Kastelitz/Hötzendorfer/Tschohl in Knyrim, DatKomm Art 6 DSGVO Rz 46; Jahnel, Kommentar zur Datenschutz-Grundverordnung Art. 6 DSGVO Rz 59). Der Datenverarbeitung im Disziplinarverfahren vorgelagert ist aber die Ermittlung der entsprechenden Daten und die Einhaltung der dabei zu beachtenden datenschutzrechtlichen Anforderungen. 

Für die Übermittlung von in einem Strafverfahren ermittelten personenbezogenen Daten bedarf es nach § 76 Abs. 4 StPO einer ausdrücklichen gesetzlichen Ermächtigung zur Übermittlung personenbezogener Daten an den Kammeranwalt bzw. den Disziplinarrat der jeweiligen Rechtsanwaltskammer. Zu diesem Zweck wird mit dem neu vorgeschlagenen § 24 Abs. 3 DSt zunächst klargestellt, dass Kriminalpolizei, Staatsanwaltschaften und Gerichte personenbezogene Daten, die im Rahmen eines Disziplinarverfahrens benötigt werden, in Erfüllung der Amtshilfe an den Kammeranwalt sowie den Disziplinarrat auf deren Ersuchen zu übermitteln haben. Zu beachten ist in diesem Zusammenhang, dass die Übermittlung von Daten nach § 24 Abs. 3 DSt stets voraussetzt, dass der jeweilige Empfänger zu deren Verarbeitung ermächtigt ist (siehe in diesem Zusammenhang § 40 Abs. 2 DSG). Somit gilt der im daran anknüpfenden, die Verarbeitung personenbezogener Daten durch den Disziplinarrat und den Kammeranwalt regelnden § 24 Abs. 4 DSt festgelegte Umfang der Datenverarbeitungsermächtigung (siehe dazu gleich im Anschluss) implizit auch für die Übermittlungsregelung in § 24 Abs. 3 DSt. Anzumerken ist ferner, dass es bei der Datenübermittlung nicht von vornherein um jeweils vollständige Aktenübermittlungen geht, sondern nur um die Übermittlung jener Aktenteile, die tatsächlich im Rahmen eines Disziplinarverfahrens benötigt werden (d.h. einen unmittelbaren Sachzusammenhang zum verfolgten Disziplinarvergehen aufweisen).

In § 24 Abs. 4 DSt wird in Anlehnung an der vergleichbar gelagerten Regelung des § 280c Abs. 1 BDG und in Ergänzung des (unverändert beibehaltenen) § 24 Abs. 2 erster Satz DSt zunächst klargestellt, dass der Disziplinarrat und der Kammeranwalt zur Verarbeitung personenbezogener Daten für Zwecke des Disziplinarverfahrens ermächtigt sind. Dies beinhaltet auch besondere Kategorien personenbezogener Daten nach Art. 9 Abs. 1 DSGVO – dies sind Daten, aus denen die rassische und ethnische Herkunft, politische Meinungen, religiöse oder weltanschauliche Überzeugungen oder die Gewerkschaftszugehörigkeit hervorgehen, sowie genetische Daten, biometrische Daten zur eindeutigen Identifizierung einer natürlichen Person, Gesundheitsdaten oder Daten zum Sexualleben oder der sexuellen Orientierung einer natürlichen Person – und Daten über strafrechtliche Verurteilungen und Straftaten oder damit zusammenhängende Sicherungsmaßregeln nach Art. 10 DSGVO. Von dieser Formulierung umfasst sind somit insbesondere auch Daten über Verwaltungsstrafverfahren und Verfahren nach der StPO.

Eine Verarbeitung, Übermittlung oder Weiterverarbeitung von besonderen Kategorien personenbezogener Daten sowie von personenbezogenen Daten über strafrechtliche Verurteilungen und Straftaten oder damit zusammenhängende Sicherungsmaßregeln ist dann im Sinn des vorgeschlagenen § 24 Abs. 4 zweiter Satz DSt unbedingt erforderlich, wenn lediglich durch diese Verarbeitung, Übermittlung oder Weiterverarbeitung hinsichtlich der Erreichung der Ziele und Erfüllung der Zwecke das Auslangen gefunden werden kann und eine alternative Verarbeitung, Übermittlung oder Weiterverarbeitung von personenbezogenen Daten anderer Art nicht möglich ist oder die Zielerreichung und Zweckerfüllung dadurch nicht bewerkstelligt werden könnten.

Weitere Datenverarbeitungs- und Übermittlungsvoraussetzungen können sich aus anderen Rechtsgrundlagen, insbesondere aus der DSGVO beziehungsweise dem Disziplinarstatut der Rechtsanwälte und Rechtsanwaltsanwärter selbst, ergeben. So hat beispielsweise bei besonderen Kategorien personenbezogener Daten gemäß Art. 9 Abs. 1 DSGVO jedenfalls zumindest einer der in Art. 9 Abs. 2 DSGVO angeführten Fälle vorzuliegen. Sollte eine Einhaltung oder Erfüllung der weiteren Übermittlungsvoraussetzungen nicht möglich sein, so hat eine solche Übermittlung gegebenenfalls zu unterbleiben. Im Falle einer Übermittlung ist eine spezifische Prüfung der Erforderlichkeit dahingehend vorgesehen, dass die Erforderlichkeit der jeweiligen Daten im Einzelfall offenkundig ist oder dargelegt wurde.