171 der Beilagen zu den Stenographischen Protokollen des Nationalrates XXVII. GP

 

Bericht

des Ausschusses für Arbeit und Soziales

über den Antrag 480/A der Abgeordneten Mag. Michael Hammer, Ralph Schallmeiner, Kolleginnen und Kollegen betreffend ein Bundesgesetz, mit dem das Bundesgesetz
über die Prüfung lohnabhängiger Abgaben und Beiträge, das Einkommensteuergesetz 1988, das Kommunalsteuergesetz 1993, das Allgemeine Sozialversicherungsgesetz,
das Bauarbeiter-Urlaubs- und Abfertigungskassengesetz und das Lohn- und Sozialdumping-Bekämpfungsgesetz geändert werden

Die Abgeordneten Mag. Michael Hammer, Ralph Schallmeiner, Kolleginnen und Kollegen haben den gegenständlichen Initiativantrag am 22. April 2020 im Nationalrat eingebracht und wie folgt begründet:

I. Allgemeiner Teil

Bereits im Rahmen des 2. Abgabenänderungsgesetzes 2002, BGBl. I Nr. 132/2002, wurde mit der Einführung der ‚Gemeinsamen Prüfung lohnabhängiger Abgaben‘ eine Vereinheitlichungsmaßnahme getroffen. Die gemeinsame Prüfung lohnabhängiger Abgaben erfolgte entweder durch ein Prüforgan eines Finanzamtes oder eines Krankenversicherungsträgers. Im Sinne einer effizienteren und serviceorientierten Verwaltungsorganisation wurde mit Inkrafttreten 1. Jänner 2020 die Kompetenz zur Prüfung der lohnabhängigen Abgaben und Beiträge einheitlich bei dem innerhalb der Finanzverwaltung eingerichteten ‚Prüfdienst für lohnabhängige Abgaben und Beiträge‘ (PLAB) gebündelt (Gesetz über die Zusammenführung der Prüfungsorganisationen der Finanzverwaltung und der Sozialversicherung - ZPFSG, BGBl. I Nr. 98/2018).

Mit Erkenntnis des VfGH vom 13.12.2019, G 78-81/2019-56 ua, wurden die Bestimmungen im PLABG mit Bezug zur Übertragung der Sozialversicherungsprüfung an die Abgabenbehörden des Bundes sowie § 41a Abs. I ASVG aufgehoben. Die Aufhebungen treten mit Ablauf des 30. Juni 2020 in Kraft. Seine Entscheidung begründet der VfGH im Wesentlichen damit, dass ein Regelungssystem, das dem in einem Verwaltungsverfahren im eigenen Wirkungsbereich entscheidenden Selbstverwaltungskörper praktisch      jeden Einfluss auf Art und Umfang des Ermittlungsverfahrens nimmt, unsachlich sei und im konkreten Zusammenhang Organisationsprinzipien der Selbstverwaltung widerspreche. Insbesondere, dass der Österreichischen Gesundheitskasse keine (fachlichen) Weisungsbefugnisse gegenüber dem Prüfdienst in Belangen der Sozialversicherungsprüfung eingeräumt waren, hat der VfGH als schädlich angesehen (VfGH 13.12.2019, G78-81/2019, Rz 264ff).

Mit den vorliegenden Änderungen wird - unter Beachtung der Vorgaben des Verfassungsgerichtshofes - am Prüfdienst als Einrichtung der Bundesfinanzverwaltung festgehalten. Der Prüfdienst wird in ‚Prüfdienst für Lohnabgaben und Beiträge – PLB‘ umbenannt.

Neben dem nur mehr im Auftrag des zuständigen Finanzamtes tätigen Prüfdienst kommt nun auch der Österreichischen Gesundheitskasse die Kompetenz zur Prüfung von lohnabhängigen Abgaben und Beiträgen (bestehend aus Lohnsteuer-, Sozialversicherungs- und Kommunalsteuerprüfung) zu. Die   Gemeinden können eine Kommunalsteuerprüfung anfordern bzw. diese unter bestimmten Voraussetzungen auch selbst durchführen. Über die Einräumung von fachlichen Weisungsrechten wird der vom Verfassungsgerichtshof geforderte Einfluss auf Art und Umfang des Ermittlungsverfahrens durch die jeweils originär erhebungsberechtigte Institution sichergestellt. Die Änderungen treten mit 1. Juli 2020 in Kraft.

II. Besonderer Teil

Zu Art. 1 (Änderung des Bundesgesetzes über die Prüfung lohnabhängiger Abgaben und Beiträge)

Zu Z 6, Z 9 lit. b und c, Z 22 lit. b (§ 4 Z 2, § 6 Abs. 2 und 4, § 9 Abs. 3):

Der VfGH hat diese Bestimmungen im PLABG mit Bezug zur Übertragung der Sozialversicherungsprüfung an die Abgabenbehörden des Bundes mit Wirksamkeit 30. Juni 2020 aufgehoben. Der (verfassungskonforme) Fortbestand der Prüfung lohnabhängiger Abgaben und Beiträge (bestehend aus Lohnsteuer- Sozialversicherungs- und Kommunalsteuerprüfung) erfordert daher neben der Neuausgestaltung des Einflusses von Österreichischer Gesundheitskasse und Gemeinden auf das Ermittlungsverfahren auch die teilweise Implementierung der die Sozialversicherungsprüfung betreffenden Regelungen. Davon ausgenommen sind die §§ 15 bis 22 PLABG idF vor BGBl. I Nr. 5/2020, weil der Österreichischen Gesundheitskasse nunmehr (wieder) die Kompetenz zur Prüfung von lohnabhängigen Abgaben und Beiträgen zukommt und daher die Personalzuweisung nicht fortgesetzt wird. Auch § 8 Abs. 2 PLABG idF vor BGBl. I Nr. 5/2020 bedarf keiner Berücksichtigung, weil dessen Anwendbarkeit ohnehin mit 31. Dezember 2019 begrenzt war.

Zu Z 5, Z 8, Z 14 (§ 3, § 5, § 10):

Der Prüfdienst für Lohnabgaben und Beiträge führt Prüfungen lohnabhängiger Abgaben und Beiträge bzw. allgemeine Aufsichts- und Erhebungsmaßnahmen nur mehr im Auftrag des Finanzamtes durch. Diese Neuausrichtung wurde auch beim Informationsaustausch berücksichtigt. Die Prüfung der lohnabhängigen Abgaben und Beiträge erfolgt weiterhin im Rahmen einer einheitlichen Prüfung (anstelle von unkoordinierten Einzelprüfungen). Dies hat sich nicht nur aus Sicht der Verwaltungsökonomie bzw. aus Effizienzgesichtspunkten sondern auch aus Gründen der Rechtssicherheit für die geprüften Arbeitgeber über Jahre hinweg bewährt. Für eine verfassungskonforme Ausgestaltung der (gemeinsamen) Prüfung von lohnabhängigen Abgaben und Beiträgen durch den Prüfdienst muss ein ausreichender Einfluss auf Art und Umfang des Ermittlungsverfahrens für die beteiligten Institutionen in Form einer umfassenden fachlichen Weisungsbefugnis sichergestellt sein. § 5 Abs. 2 trägt diesen Anforderungen Rechnung und sieht für das zuständige Finanzamt, die Österreichische Gesundheitskasse und die erhebungsberechtigte Gemeinde die fachliche Weisungsbefugnis über die jeweils für sie tätig werdenden Organe des Prüfdienstes vor.

Zu Z 3, Z 4 lit. a, Z 9 lit. a, Z 16 1it. b (§ 1, § 2 Abs. 1, § 6 Abs. 1, § 11)

Der Prüfdienst wird in ‚Prüfdienst für Lohnabgaben und Beiträge‘ umbenannt.

Zu Z 10, Z 21 (§ 7, § 15 Abs. 1):

Die Aufgaben des Beirates in Angelegenheiten der Prüfung von Lohnabgaben und Beiträgen werden erweitert. Neu vorgesehen sind

-       die Festlegung von Zielen und Kennzahlen sowie deren Controlling

-       die verpflichtende Erstellung eines jährlichen Tätigkeitsberichtes (erstmals für das Kalenderjahr 2021)

-       die Festlegung gemeinsamer Budgets für den IT-Bereich und

-       die Möglichkeit der Einrichtung von Unterausschüssen zur operativen Unterstützung des Beirates.

Zu Z 22 1it. a (§ 16Abs. 3a):

Mit dieser Regelung soll sichergestellt werden, dass zum 30. Juni 2020 noch nicht abgeschlossene Prüfungen, von jener Institution fortzufuhren sind, der die im Prüfungsauftrag bezeichneten Prüforgane angehören.

Zu Z 22 1it. b (§ 16 Abs. 6):

Unter Beachtung der vom Verfassungsgerichtshof festgelegten Frist treten die Änderungen mit 1. Juli 2020 in Kraft.

Zu Art. 2 (Änderung des Einkommensteuergesetzes 1988)

Die Modalitäten für die Prüfung lohnabhängiger Abgaben ergeben sich aus dem PLABG. Dieser Umstand wird berücksichtigt.

Zu Art. 3 (Änderung des Allgemeinen Sozialversicherungsgesetzes)

Wie vormals die Gebietskrankenkassen im Rahmen der GPLA nach der Rechtslage vor dem ZPFSG führt nun die Österreichische Gesundheitskasse die Sozialversicherungsprüfung und mit dieser gemeinsam die Lohnsteuer- und Kommunalsteuerprüfung durch. An der einheitlichen Prüfung (anstelle von unkoordinierten Einzelprüfungen) wird festgehalten. Dies hat sich nicht nur aus Sicht der Verwaltungsökonomie bzw. aus Effizienzgesichtspunkten sondern auch aus Gründen der Rechtssicherheit für die geprüften Arbeitgeber über Jahre hinweg bewährt.

 

Im Rahmen der Prüfung durch die Österreichische Gesundheitskasse, kommt dem Finanzamt für die Lohnsteuerprüfung bzw. der erhebungsberechtigten Gemeinde für die Kommunalsteuerprüfung die fachliche Weisungsbefugnis über das Prüfungsorgan der Österreichischen Gesundheitskasse zu. Diese Regelung unterscheidet sich von der ‚Gemeinsamen Prüfung lohnabhängiger Abgaben‘ nach der Rechtslage vor dem ZPFSG. Mit ihr wird der vom Verfassungsgerichtshof als notwendig erachtete Einfluss der zuständigen Behörde auf Art und Umfang des Ermittlungsverfahrens auch für die Finanzämter und die Gemeinden sichergestellt.

Zu Art. 4 (Änderung des Kommunalsteuergesetzes 1993)

Die Gemeinden haben das Recht, bei dem für die Erhebung der Lohnsteuer zuständigen Finanzamt oder bei der Österreichischen Gesundheitskasse eine Kommunalsteuerprüfung anzufordern. Nach der Rechtslage vor dem ZPFSG kam den Gemeinden lediglich ein Anforderungsrecht zu.

Kommt das Finanzamt bzw. die Österreichische Gesundheitskasse der Anforderung der Gemeinde nach, steht der erhebungsberechtigten Gemeinde die fachliche Weisungsbefugnis über das mit der Prüfung betraute Organ zu. Wird der Anforderung der Gemeinde innerhalb von drei Monaten nicht Folge geleistet, kann sie selbst eine Kommunalsteuerprüfung beauftragen und durchführen.

Zu Art. 5 (Änderung des Lohn- und Sozialdumping-Bekämpfungsgesetzes) und Art. 6 (Änderung des Bauarbeiter-Urlaubs- und Abfertigungskassengesetzes)

Die Rückübertragung der Prüfungskompetenz an die Österreichische Gesundheitskasse erfordert eine Reihe von Verweisanpassungen.“

 

Der Ausschuss für Arbeit und Soziales hat den gegenständlichen Initiativantrag in seiner Sitzung am 7. Mai 2020 in Verhandlung genommen. An der Debatte beteiligten sich außer dem Berichterstatter Abgeordneten Mag. Markus Koza die Abgeordneten August Wöginger, Mag. Christian Drobits sowie Mag. Gerald Loacker.

 

Im Zuge der Debatte haben die Abgeordneten August Wöginger, Mag. Markus Koza und Josef Muchitsch einen Abänderungsantrag eingebracht, der wie folgt begründet war:

Zu § 7 und 8 PLABG:

Die Prüfungsbeirat soll auch allgemeine Ziele für die Prüfung festlegen können.

Beschlüsse zu § 7 Abs. 1 Z 1 und Z 4 wirken sich direkt bei den für die Durchführung der Prüfung zuständigen Institutionen aus, weshalb für diese Festlegungen immer sowohl die Zustimmung beider Vertreter des Bundesministers für Finanzen als auch beider Vertreter der Österreichischen Gesundheitskasse vorliegen muss.

Das Verbot der Wiederholungsprüfung ergibt sich schon durch die generelle Anwendbarkeit der BAO im Rahmen der Lohnsteuer- Sozialversicherungs- und Kommunalsteuerprüfung, sodass ein weiterer normativer Ansatz dazu nicht notwendig ist.

Zu § 41a Abs. 5:

Die Datenschutzregelungen können aufgrund der unmittelbaren Anwendbarkeit der Datenschutz-Grundverordnung entfallen.

Zu § 737 ASVG:

Durch den Initiativantrag zu einem 9. COVID-19-Gesetz (483/A) wurde die Inkrafttretensbestimmung des § 736 ASVG bereits vergeben. Um eine doppelte Vergabe der Inkrafttretensbestimmung zu vermeiden, soll das Inkrafttreten des § 41a ASVG in der Fassung dieses Gesetzes um einen Paragrafen nach hinten gereiht werden.

 

Bei der Abstimmung wurde der Gesetzentwurf unter Berücksichtigung des oben erwähnten Abänderungsantrages der Abgeordneten August Wöginger, Mag. Markus Koza und Josef Muchitsch mit Stimmenmehrheit (dafür: V, S, F, G, dagegen: N) beschlossen.

Als Ergebnis seiner Beratungen stellt der Ausschuss für Arbeit und Soziales somit den Antrag, der Nationalrat wolle dem angeschlossenen Gesetzentwurf die verfassungsmäßige Zustimmung erteilen.

Wien, 2020 05 07

                              Mag. Markus Koza                                                              Josef Muchitsch

                                   Berichterstatter                                                                           Obmann