2002 der Beilagen zu den Stenographischen Protokollen des Nationalrates XXVII. GP

Berichtigte Fassung vom 25. April 2023

Bericht

des Landesverteidigungsausschusses

über den Antrag 2414/A(E) der Abgeordneten Dr. Reinhard Eugen Bösch, Kolleginnen und Kollegen betreffend Überarbeitung der Österreichischen Sicherheitsstrategie

Die Abgeordneten Dr. Reinhard Eugen Bösch, Kolleginnen und Kollegen haben den gegenständlichen Entschließungsantrag am 24. März 2022 im Nationalrat eingebracht und wie folgt begründet:

„Die Gefahr eines Blackouts war schon in den letzten Jahren in Europa im Steigen begriffen, einer der Gründe für die Sicherheitsinseln des Bundesheeres. Ein Blackout wird nicht einmal erwähnt in der geltenden Sicherheitsstrategie. Dies liegt daran, dass, die Österreichische Sicherheitsstrategie mehr als 10 Jahre alt ist. In einem Jahrzehnt kann sich vieles verändern. Was wir gestern für undenkbar gehalten haben, ist heute leider Realität: Ein Krieg in Europa.

Der Ukraine-Krieg hat Europa komplett überrascht. Alle EU-Staaten hätten eine derartige Entwicklung im 21. Jahrhundert in Europa nicht mehr für möglich gehalten. In der Ukraine führen Streitkräfte mit starken Panzer-Verbänden und anderen schweren Waffensystemen mit massiver Luftunterstützung einen konventionellen Krieg. Der 24. Februar 2022 hat einen europäischen Epochenwechsel eingeleitet, dessen Konsequenz eine wesentlich verbesserte Verteidigungsfähigkeit Europas sein muss.

Auch in Deutschland kommt es zum Umdenken. Am 27. Februar 2022 berichtete die APA über das Vorhaben von Deutschlands Bundeskanzler Olaf Scholz (SPD), die Bundeswehr mit einem Sondervermögen von 100 Milliarden Euro ausstatten zu wollen. Der Verteidigungsetat soll von nun an jedes Jahr mehr als zwei Prozent des Bruttoinlandsprodukts ausmachen.

Die Salzburger Nachrichten berichteten am 28.2.2022 über das Österreichische Bundesheer:

‚Ohne ausreichende Luftabwehr wäre das Bundesheer bei einer Aggression binnen weniger Stunden ausgeschaltet. Die Eurofighter sind mangels Ausrüstung nicht konkurrenzfähig. Ohne Nachtsichtgeräte können sie den Luftraum in der Nacht nicht einmal überwachen, geschweige denn können sie ihn verteidigen. Weiters fehlen leichte Trainingsjets. Sie wurden 2020 ersatzlos außer Dienst gestellt.

Artillerie und Kampfpanzer sind im Bundesheer nur noch rudimentär vorhanden. Auch die Abwehr von Drohnen, die im Ukraine-Konflikt eine wesentliche Rolle spielen, wäre ausbaufähig. Eine weitere Lehre aus dem Krieg lautet: Die Vorkehrungen gegen Cyberangriffe müssen verbessert werden.

Ein Problem des Bundesheeres ist schließlich auch die geringe Mannstärke. Die Milizverbände fordern daher aus Anlass des Ukraine-Kriegs nun die Reaktivierung des Milizsystems mit verpflichtenden Truppenübungen.‘

Dies belegt der Bericht ‚Unser Heer 2030‘ des Bundesministeriums für Landesverteidigung:

Die Sicherheitspolitische Jahresvorschau 2021 (2022 existiert anscheinend noch nicht) besagt: ‚Zu Beginn des Jahres 2021 ist eine qualitative Veränderung in der Beurteilung der Risikolage Österreichs festzustellen. Die Sicherheitslage Österreichs ist nicht mehr bloß von einer allgemeinen und eher abstrakten Verschlechterung der Lage gekennzeichnet, vielmehr sind mehrere der bislang nur prognostizierten Szenarien nunmehr auch tatsächlich eingetreten. (…)

Hoffnungen, dass Österreich eine abgekoppelte »Insel der Seligen« ist, haben sich schon in der Vergangenheit nicht bewahrheitet. Im Gegenteil: Österreich ist von vielen Entwicklungen der letzten Jahre sogar stärker betroffen als andere Staaten in Europa. Sowohl die Migrationskrise als auch die Corona-Krise haben Österreich zeitweise massiver getroffen als andere EU-Staaten. Und viele weitere international diskutierte Bedrohungsszenarien wie hybride Bedrohungen, Cyber-Angriffe oder Desinformationskampagnen finden auch in Österreich statt. Zudem liegt Österreich regionalen Konflikten geographisch oftmals näher als andere EU-Staaten.‘

Die Sicherheitspolitische Jahresvorschau 2021 beinhaltet weiters eine Grafik mit Bedrohungen für Österreich und deren Eintrittswahrscheinlichkeit. Die Eskalation des Ukrainekonflikts war damals noch unter ‚möglich‘ angesiedelt.

Neben der unbedingt notwendigen Erhöhung des jährlichen Regelbudgets ‚UG-14 Militärische Angelegenheiten‘ auf ein Prozent des BIP und einem Sonderinvestitions-paket von einer Milliarde Euro noch im Jahr 2022, der Wiederbelebung bzw. Aufrechterhaltung der ‚Umfassenden Landesverteidigung‘ (beschlossen im Nationalen Sicherheitsrat) sowie der Wiedereinführung von acht Monaten Grundwehrdienst in der bewährten Form 6+2, ist die Überarbeitung der Sicherheitsstrategie unbedingt notwendig.“

Der Landesverteidigungsausschuss hat den gegenständlichen Entschließungsantrag in seiner Sitzung am 9. Juni 2022 erstmals in Verhandlung genommen. An der Debatte beteiligten sich außer dem Berichterstatter Abgeordneten Ing. Mag. Volker Reifenberger die Abgeordneten Robert Laimer, Douglas Hoyos-Trauttmansdorff, Mag. Friedrich Ofenauer, David Stögmüller,
Dr. Helmut Brandstätter sowie die Bundesministerin für Landesverteidigung Mag. Klaudia Tanner. Anschließend wurden die Verhandlungen vertagt

Der Landesverteidigungsausschuss hat den gegenständlichen Entschließungsantrag in seiner Sitzung am 17. April 2023 erneut in Verhandlung genommen. An der Debatte beteiligten sich die Abgeordneten
Mag. Friedrich Ofenauer, Douglas Hoyos-Trauttmansdorff, Robert Laimer, David Stögmüller sowie die Bundesministerin für Landesverteidigung Mag. Klaudia Tanner und der Ausschussobmann Abgeordneter Ing. Mag. Volker Reifenberger.

 

Im Zuge der Debatte haben die Abgeordneten Mag. Friedrich Ofenauer, Robert Laimer,
David Stögmüller einen Abänderungsantrag eingebracht, der wie folgt begründet war:

„Der Antrag 2414/A(E) datiert vom 24. März 2022. Am 25. März 2022 wurde der ‚strategische Kompass‘, als Aktionsplan für die Stärkung der Verteidigungspolitik der EU, von den Staats- und Regierungschefs beschlossen.

Im Hinblick auf diese Beschlussfassung wären bei der Erarbeitung der Österreichischen Sicherheitsstrategie auch die Leitlinien des ‚strategischen Kompass‘ zur berücksichtigen.“

 

Bei der Abstimmung wurde der gegenständliche Entschließungsantrag unter Berücksichtigung des oben erwähnten Abänderungsantrages der Abgeordneten Mag. Friedrich Ofenauer, Robert Laimer,
David Stögmüller einstimmig beschlossen.

 

Zum Berichterstatter für den Nationalrat wurde Abgeordneter Süleyman Zorba gewählt.

Als Ergebnis seiner Beratungen stellt der Landesverteidigungsausschuss somit den Antrag, der Nationalrat wolle die angeschlossene Entschließung annehmen.

Wien, 2023 04 17

                                Süleyman Zorba                                                 Ing. Mag. Volker Reifenberger

                                  Berichterstattung                                                                          Obmann