721 der Beilagen zu den Stenographischen Protokollen des Nationalrates XXVII. GP

 

Bericht

des Verfassungsausschusses

über den Antrag 1257/A(E) der Abgeordneten Dr. Susanne Fürst, Kolleginnen und Kollegen betreffend Schutz der Meinungsvielfalt auf Plattformen mit Monopolstellung

Die Abgeordneten Dr. Susanne Fürst, Kolleginnen und Kollegen haben den gegenständlichen Entschließungsantrag am 20. Jänner 2021 im Nationalrat eingebracht und wie folgt begründet:

„Im 21. Jahrhundert entscheiden Onlineplattformen mit Monopolstellung, insbesondere soziale Netzwerke wie Facebook, YouTube, Instagram oder Twitter, nach eigenem Gutdünken über die Löschung von Beiträgen oder das Sperren von Benutzerkonten. Wirksame Möglichkeiten gegen eine solche Entscheidung Einspruch zu erheben gibt es jedoch nicht. Selbst wenn der Benutzer nachweisen kann, dass er gegen kein Gesetz verstoßen hat und die Plattform ihre Monopolstellung, die Meinungsfreiheit einschränkend, missbraucht, kann er sich nicht wehren.

Für eine funktionierende Demokratie ist die Meinungsäußerungsfreiheit jedoch ein essentielles Gut. Besonders im Internet, wo die meisten politischen Diskussionen und Auseinandersetzungen über Weltanschauungen stattfinden, muss die Meinungsvielfalt der Menschen geschätzt und geschützt werden. Wenn jedoch, vorgeblich zum Schutz der Nutzer vor sich selbst, diese Freiheit eingeschränkt wird, handelt es sich um mittelbare Zensurmaßnahmen als Teil einer Beschwichtigungspolitik der Monopolisten gegenüber jenen Institutionen, die ihrer Marktmacht gefährlich werden könnten.

Betreffend Österreich werden inzwischen rechtschaffende Bürger[1], aber auch politische Parteien und Reden von demokratisch gewählten Parlamentariern in immer kürzeren Zeitabständen von Plattformen verbannt[2], die Sichtbarkeit und Reichweite ihrer Beiträge bewusst eingeschränkt sowie Meinungsäußerungen mit Warnhinweisen[3] versehen.

Polens Regierung hat nunmehr eine Gesetzesinitiative präsentiert, durch welche sich Betroffene direkt an die Plattformen wenden können sollen um die Löschung einer Meinungsäußerung oder eines Benutzerkontos anzufechten. Wird ein Benutzerkonto gesperrt oder einen Beitrag entfernt, obwohl dessen Inhalt nicht gegen das nationale Recht verstößt, kann der Benutzer eine Beschwerde einreichen, welche innerhalb von 48 Stunden geprüft werden muss.

Wenn die Plattform den Beitrag nicht wiederherstellt oder das Benutzerkonto weiterhin blockiert, kann der Benutzer eine Beschwerde bei einer staatliche Stelle einreichen, welche diese innerhalb von sieben Tagen prüft. Wird dort entschieden, dass die Beschwerde gerechtfertigt ist, wird die unverzügliche Wiederherstellung des zensierten Beitrags oder Benutzerkontos angeordnet. Das Verfahren wird elektronisch durchgeführt, um geringe Kosten und rasche Entscheidungen zu gewährleisten.

Gegen die staatliche Entscheidung kann weiter gerichtlich vorgegangen werden, jedoch drohen den Plattformen bei Nichtumsetzung der Entscheidungen Verwaltungsstrafen in Höhe von bis zu 50 Millionen Złoty, umgerechnet über 11 Mio. Euro.“

 

Der Verfassungsausschuss hat den gegenständlichen Entschließungsantrag in seiner Sitzung am 15. März 2021 in Verhandlung genommen. An der Debatte beteiligten sich außer der Berichterstatterin Abgeordnete Dr. Susanne Fürst die Abgeordneten Mag. Martin Engelberg, Mag. Christian Drobits, Mag. Agnes Sirkka Prammer und Dr. Nikolaus Scherak, MA sowie die Bundesministerin für EU und Verfassung Mag. Karoline Edtstadler.

 

Bei der Abstimmung fand der gegenständliche Entschließungsantrag der Abgeordneten
Dr. Susanne Fürst, Kolleginnen und Kollegen nicht die Zustimmung der Ausschussmehrheit (für den Antrag: S, F, dagegen: V, G, N).

 

Zur Berichterstatterin für den Nationalrat wurde Abgeordnete Mag. Agnes Sirkka Prammer gewählt.

Als Ergebnis seiner Beratungen stellt der Verfassungsausschuss somit den Antrag, der Nationalrat wolle diesen Bericht zur Kenntnis nehmen.

Wien, 2021 03 15

                    Mag. Agnes Sirkka Prammer                                             Mag. Jörg Leichtfried

                                  Berichterstatterin                                                                          Obmann



[1] https://www.unzensuriert.at/content/99244-parlament-beschaeftigt-sich-mit-facebook-sperre-von-bezirksvorsteher-paul-stadler/ und https://www.unzensuriert.at/content/99373-druck-im-parlament-facebook-gab-seite-von-bezirkschef-stadler-wieder-frei/

[2] https://freilich-magazin.at/youtube-loescht-herbert-kickl/  und https://www.vienna.at/fpoe-empoert-schnedlitz-rede-von-facebook-gesperrt/6759315

[3] https://zurzeit.at/index.php/facebook-zensur-gegen-fpoe-politikern-belakowitsch/