Erläuterungen

Allgemeiner Teil

Das Übereinkommen zur Änderung des Übereinkommens über die Übertragung von Beiträgen auf den einheitlichen Abwicklungsfonds und über die gemeinsame Nutzung dieser Beiträge haben gesetzändernden bzw. gesetzesergänzenden Inhalt und bedürfen daher der Genehmigung des Nationalrats gemäß Art. 50 Abs. 1 Z 1 B-VG. Das Übereinkommen hat keinen politischen Charakter. Es ist nicht erforderlich, eine allfällige unmittelbare Anwendung des Vertrags im innerstaatlichen Rechtsbereich durch einen Beschluss gemäß Art. 50 Abs. 2 Z 4 B-VG, dass dieser Staatsvertrag durch Erlassung von Gesetzen zu erfüllen ist, auszuschließen. Da durch die Änderung der beiden Abkommen keine Angelegenheiten des selbständigen Wirkungsbereiches der Länder geregelt werden, bedarf es keiner Zustimmung des Bundesrates gemäß Art. 50 Abs. 2 Z 2 B-VG.

Am 18. Dezember 2013 verständigten sich die Finanzministerinnen und Finanzminister der Euro-Gruppe und des ECOFIN-Rates im Zusammenhang mit den Verhandlungen zur Bankenunion darauf, dass für den Einheitlichen Abwicklungsfonds (Single Resolution Fund - SRF) bis Ende 2023 eine gemeinsame Letztsicherung („Common Backstop“) entwickelt werden soll. Diese soll dazu dienen, der Einheitlichen Abwicklungsbehörde (Single Resolution Board - SRB) in jenen Fällen Finanzierungen zur Verfügung zu stellen, in denen der SRF nicht mit ausreichenden Mitteln ausgestattet ist.

Der Euro-Gipfel vereinbarte bei seiner Tagung am 29. Juni 2018, dass die gemeinsame Letztsicherung für den SRF durch den Europäischen Stabilitätsmechanismus (ESM) bereitgestellt und dieser durch eine Reform gestärkt werden soll.

Am 4. Dezember 2018 hielt die Euro-Gruppe unter Einbindung der Mitgliedstaaten der Europäischen Union, deren Währung nicht der Euro ist die wesentlichen Eckpunkte der gemeinsamen Letztsicherung sowie einer Reform des ESM in einem Bericht an die Staats- und Regierungschefs fest. Alle Elemente des Berichts wurden bei der Tagung des Euro-Gipfels am 14. Dezember 2018 gebilligt, darunter auch die Vorgaben für die gemeinsame Letztsicherung für den SRF, in denen dargelegt ist, wie die Letztsicherung einsatzfähig und vorzeitig (d.h. vor Ende 2023) nutzbar gemacht werden soll, sofern ausreichende Fortschritte bei der Risikominderung erzielt wurden. Dies soll durch begrenzte Änderungen des Übereinkommens über die Übertragung von Beiträgen auf den einheitlichen Abwicklungsfonds und über die gemeinsame Nutzung dieser Beiträge geschehen.

Österreich ist Vertragspartei des Übereinkommens über die Übertragung von Beiträgen auf den einheitlichen Abwicklungsfonds und über die gemeinsame Nutzung dieser Beiträge. Für die Umsetzung der oben genannten Vorhaben ist eine Änderung des 2016 in Kraft getretenen Übereinkommens über die Übertragung von Beiträgen auf den einheitlichen Abwicklungsfonds und über die gemeinsame Nutzung dieser Beiträge (BGBl. III Nr. 6/2016 idF. BGBl. III Nr. 140/2019) erforderlich. Die Euro-Gruppe wurde vom Euro-Gipfel am 14. Dezember 2018 ersucht, bis Juni 2019 die erforderlichen Änderungen des ESM-Vertrags vorzulegen.

Gemäß den Beschlüssen der Bundesregierung vom 13. März 2019 (sh. Pkt. 6, Beschl.Prot. Nr. 49) und vom 12. Juni 2019 (sh. Punkt 10, Beschl.Prot. Nr. 2) und der entsprechenden Ermächtigungen durch den Bundespräsidenten wurden Verhandlungen über die Änderung des Übereinkommens über die Übertragung von Beiträgen auf den Einheitlichen Abwicklungsfonds und über die gemeinsame Nutzung dieser Beiträge aufgenommen.

Am 4. Dezember 2019 erzielte die Euro-Gruppe im inklusiven Format Einvernehmen über die technischen Modalitäten für die gemeinsame Nutzung außerordentlicher Ex-post-Beiträge zum SRF. Aufgrund der Covid-19-Pandemie wurden die Entscheidungen zur Reform des ESM und zur vorzeitigen Einführung der gemeinsamen Letztsicherung für den SRF vom Frühjahr 2020 auf einen geeigneteren Zeitpunkt verschoben. Am 30. November 2020 verständigte sich die Euro-Gruppe sodann auf den Zeitplan für die Ratifikation des Übereinkommens zur Änderung des Vertrages zur Errichtung des Europäischen Stabilitätsmechanismus sowie zur Ratifikation des Übereinkommens zur Änderung des Übereinkommens über die Übertragung von Beiträgen auf den einheitlichen Abwicklungsfonds und über die gemeinsame Nutzung dieser Beiträge.

Gemäß Beschluss der Bundesregierung vom 13. Jänner 2021 (siehe Pkt. 19 des Beschl.Prot. Nr. 44) und der entsprechenden Bevollmächtigung durch den Herrn Bundespräsidenten wurde das Übereinkommen zur Änderung des Übereinkommens über die Über­tragung von Beiträgen auf den einheitlichen Abwicklungsfonds und über die gemeinsame Nutzung dieser Beiträge (IGA-Änderungsübereinkommen) am 27. Jänner 2021 von Österreich gemeinsam mit den anderen Vertragsparteien des Übereinkommens unter­zeichnet. Gemäß der Erklärung der Euro-Gruppe vom 30. November 2020 ist es das gemeinsame Ziel, dass das IGA-Änderungsübereinkommen mit Beginn 2022 in Kraft tritt.

Besonderer Teil

Zu Art. 1:

Art. 1 enthält die Änderungen an den Artikeln des Übereinkommens über die Übertragung von Beiträgen auf den einheitlichen Abwicklungsfonds und über die gemeinsame Nutzung dieser Beiträge.

Zu Art. 1 Z 1 (Art. 5 Abs. 1):

In Art. 5 wird im Detail die Funktionsweise der Kammern geregelt.

In Abs. 1 wird die Vorgangsweise erläutert, wenn der SRB gemäß SRM-VO einen Rückgriff auf Mittel des SRF beschließt. So werden zunächst die Kosten von den Kammern getragen, die den Vertragspartnern entsprechen, die in der Abwicklung eines Instituts bzw. einer Gruppe involviert sind. Im Falle einer Abwicklung einer Gruppe werden die Kosten proportional zu den relativen Beitragsleistungen auf die betroffenen Kammern aufgeteilt.

Falls mit den gemäß lit. a, b und c vorhandenen Finanzmitteln der Finanzierungsbedarf nicht gedeckt werden kann, haben gemäß lit. d die Institute, die in dem Hoheitsgebiet der betroffenen Vertragsparteien zugelassen sind, ex-post-Beiträge gemäß SRM-VO zu leisten.

Durch die Änderungen am Übereinkommen sollen die Modalitäten der Übertragung der außerordentlichen ex post-Beiträge spezifiziert werden. Demnach sollen in einem ersten Schritt die betroffenen Vertragsparteien außerordentliche ex-post-Beiträge bis zu dem Betrag, der sich aus dem jeweiligen Höchstbetrag multipliziert mit dem entsprechenden Prozentsatz ergibt, leisten. Der Prozentsatz beträgt anfangs 30 % und verringert sich vierteljährlich bis zum Ende des Übergangszeitraums. Sollten die im ersten Schritt eingehobenen Mittel nicht ausreichen, sollen in einem zweiten Schritt alle Vertragsparteien ex-post-Beiträge bis zu dem Beitrag, der sich aus dem jeweiligen Höchstbeitrag multipliziert mit einem Prozentsatz von 100 % abzüglich des im ersten Schritt angewandten Prozentsatzes ergibt, übertragen.

Falls diese Mittel nicht unmittelbar zugänglich sind, ist der SRB gemäß lit. e berechtigt, Darlehen aufzunehmen oder andere Formen der Unterstützung einzugehen. Die ex-Post-Beiträge sind dann für die entsprechende Rückzahlung zu verwenden. Durch die Änderung soll klargestellt werden, dass auch hierbei der in lit. d anzuwendende Prozentsatz gilt. Zudem soll festgehalten werden, dass die Summe der außerordentlichen ex-post-Beiträge der betroffenen Vertragsparteien das Dreifache des Höchstbetrages nicht überschreiten darf. Ebenso darf die Summe der Beiträge, die von allen Vertragsparteien getragen werden, die Summe aller zum Zeitpunkt des Inkrafttretens dieses bestimmten Abwicklungskonzepts gezahlten ex‑ante‑Beiträge nicht überschreiten.

Sollten die unter lit. e genannten Finanzmittel nicht ausreichen, soll durch lit. f ermöglicht werden, außerordentliche ex-post-Beiträge von den betroffenen Vertragsparteien einzuheben, welche gemäß SRM-VO noch erhoben werden können.

Zu Art. 1 Z 2 (Art. 7 Abs. 1):

Gemäß Art. 7 besteht die Möglichkeit, dass im Übergangszeitraum die betroffenen Vertragsparteien den Ausschuss um eine vorübergehende Nutzung der nicht verwendeten Finanzmittel der anderen Kammern ersuchen. Durch die Änderung soll nun geregelt werden, dass unter diesen Umständen Art. 5 Abs. 1 lit. e Anwendung findet.

Zu Art. 2:

Art. 2 des Änderungsübereinkommens regelt die Hinterlegung des Änderungsübereinkommens und hält fest, dass dieses beim Generalsekretariat des Rates der Europäischen Union („Verwahrer“) hinterlegt wird und dieser allen Unterzeichnern beglaubigte Abschriften übermittelt.

Zu Art. 3:

Der Verwahrer hat demnach eine konsolidierte Fassung des Vertrags zur Einrichtung des Europäischen Stabilitätsmechanismus zu erstellen und an alle Unterzeichner zu übermitteln.

Zu Art. 4:

Art. 4 des Änderungsübereinkommens umfasst die Ratifikation, Genehmigung und Annahme des Änderungsübereinkommens. Demnach muss das Änderungsübereinkommen von den Unterzeichnern ratifiziert, genehmigt und angenommen werden. Die Ratifikations-, Genehmigungs- oder Annahmeurkunden werden beim Verwahrer hinterlegt. Zudem setzt der Verwahrer die Unterzeichner von jeder Hinterlegung und deren Zeitpunkt in Kenntnis.

Zu Art. 5:

Laut Art. 5 Abs. 1 tritt das Änderungsübereinkommen in Kraft, sobald alle Unterzeichner die Ratifikations-, Genehmigungs- oder Annahmeurkunden beim Verwahrer hinterlegt haben.

Laut Abs. 2 findet das Änderungsübereinkommen jedoch erst Anwendung, wenn a) ausreichend Fortschritte bei der Risikominderung im Sinne der Vorgaben für die gemeinsame Letztsicherung erzielt wurden und b) eine Entschließung des Gouverneursrats des ESM die Gewährung der Letztsicherungsmaßnahme gemäß Art. 18a Abs. 1 des Vertrags zur Einrichtung des Europäischen Stabilitätsmechanismus in Kraft getreten ist.

Abs. 3 regelt, dass vor seinem Inkrafttreten dieses Änderungsübereinkommen den Mitgliedstaaten der Europäischen Union, die dem Übereinkommen über die Übertragung von Beiträgen auf den einheitlichen Abwicklungsfonds und über die gemeinsame Nutzung dieser Beiträge gemäß dessen Art. 13 beitreten, zum Beitritt offensteht. Dies gilt auch für dieses Änderungsübereinkommen.