Übereinkommen zur Änderung des Vertrags zur Einrichtung des Europäischen Stabilitätsmechanismus

 

Vereinfachte wirkungsorientierte Folgenabschätzung

 

Einbringende Stelle:

Bundesministerium für europäische und internationale Angelegenheiten

Vorhabensart:

Über- oder zwischenstaatliche Vereinbarung

Laufendes Finanzjahr:

2021

 

Inkrafttreten/

Wirksamwerden:

2022

 

Vorblatt

 

Problemanalyse

Mit 19. August 2014 ist die Verordnung zur Festlegung einheitlicher Vorschriften und eines einheitlichen Verfahrens für die Abwicklung von Kreditinstituten und bestimmten Wertpapierfirmen im Rahmen eines Einheitlichen Abwicklungsmechanismus und eines Einheitlichen Abwicklungsfonds (Verordnung (EU) Nr. 806/2014 des Europäischen Parlaments und des Rates) in Kraft getreten (SRM-VO). Die Finanzierung von Abwicklungen soll damit primär über eine Beteiligung der Eigentümer und Gläubiger eines Kreditinstituts erfolgen ("bail-in"). Falls die Kosten einer Abwicklung dadurch nicht gedeckt werden können, steht ein aus Beiträgen von Banken dotierter Einheitlicher Abwicklungsfonds (Single Resolution Fund – SRF) zur Verfügung.

Bereits am 18. Dezember 2013 verständigten sich die Finanzministerinnen und Finanzminister der Euro-Gruppe und des ECOFIN-Rates im Zusammenhang mit den Verhandlungen zur Bankenunion darauf, dass für den SRF bis Ende 2023 eine gemeinsame Letztsicherung ("Common Backstop") entwickelt werden soll. Diese soll dazu dienen, der Einheitlichen Abwicklungsbehörde (Single Resolution Board- SRB) in jenen Fällen Finanzierungen zur Verfügung zu stellen, in denen der SRF nicht mit ausreichenden Mitteln ausgestattet ist.

Der Euro-Gipfel vereinbarte bei seiner Tagung am 29. Juni 2018, dass die gemeinsame Letztsicherung für den SRF durch den Europäischen Stabilitätsmechanismus (ESM) bereitgestellt werden soll.

In einer zuvor erstellten Evaluierung der Tätigkeiten des Europäischen Stabilitätsmechanismus (ESM) während der ersten fünf Jahre seines Bestehens wurde u.a. festgestellt, dass die Zugangsbedingungen zu den vorsorglichen Stabilitätshilfen zu unklar formuliert seien. Durch die Reform des ESM sollen nun Mitgliedstaaten mit soliden öffentlichen Haushalten anhand klar nachvollziehbarer Kriterien Zugang zu einer ESM-Kreditlinie bekommen, um Krisen bereits im Vorfeld wirkungsvoll verhindern zu können. Darüber hinaus verständigten sich die Finanzminister der Euro-Gruppe unter Einbindung der Mitgliedstaaten der Europäischen Union, deren Währung nicht der Euro ist, am 4. Dezember 2018 auf eine Reihe weiterer ESM-Reformmaßnahmen, auch um die Rolle des ESM im institutionellen Gefüge der Wirtschafts- und Währungsunion klarer zu regeln. Schließlich soll durch den Übergang von den (bestehenden) mehrstufigen zu einstufigen Umschuldungsklauseln in den Staatsanleihen der ESM-Mitgliedsländer die Möglichkeit geschaffen werden, in Ausnahmefällen die Umschuldung einzelner Mitgliedstaaten der Europäischen Union, deren Währung der Euro ist, zu vereinfachen.

Österreich ist Mitglied des Europäischen Stabilitätsmechanismus. Für die Umsetzung der oben genannten Vorhaben ist eine Änderung des 2012 in Kraft getretenen Vertrags zur Einrichtung des Europäischen Stabilitätsmechanismus (BGBl. III Nr. 138/2012 idF. BGBl. III Nr. 27/2015, kurz: ESM-Vertrag) erforderlich.

Am 27. Januar 2021 unterzeichneten die Mitgliedstaaten des ESM das Übereinkommen zur Änderung des Vertrags zur Einrichtung des Europäischen Stabilitätsmechanismus (ESMV-Änderungsübereinkommen). Gemäß der Erklärung der Staats- und Regierungschefs des Euro-Währungsgebietes vom 11. Dezember 2020 ist es das gemeinsame Ziel, dass das ESMV-Änderungsübereinkommen mit 1. Jänner 2022 in Kraft tritt.

 

Ziel(e)

Ratifikation des ESMV-Änderungsübereinkommens zur Umsetzung der auf politischer Ebene beschlossenen Vorhaben. Der ESM-Vertrag verfolgt das Ziel der Wahrung der Finanzstabilität des Euro-Währungsgebiets insgesamt. Mit den vorgeschlagenen Änderungen sollen Ansteckungseffekte zwischen den ESM-Mitgliedstaaten sowie die wechselseitige Abhängigkeit von öffentlichen Haushalten und Banken weiter reduziert werden. Durch die Einführung einer Letztsicherung für den Einheitlichen Abwicklungsfonds soll der Einheitliche Abwicklungsmechanismus gestärkt und größere Bankenabwicklungen leichter dargestellt werden.

 

Inhalt

Das Vorhaben umfasst hauptsächlich folgende Maßnahme(n):

Die ESM-Reform umfasst vier Kernmaßnahmen:

1) Der ESM soll vorzeitig mit 2022 als gemeinsame Letztsicherung (Common Backstop) für den SRF fungieren.

2) Die Rolle des ESM in und außerhalb von Finanzhilfeprogrammen sowie die Arbeitsteilung mit der Europäischen Kommission soll neu geregelt werden. Der ESM soll die Europäische Kommission bei der Vorbereitung, Durchführung und Überwachung von Stabilitätshilfe-Programmen an Mitgliedstaaten der Europäischen Union, deren Währung der Euro ist, unterstützen.

3) Zur Verbesserung der Schuldentragfähigkeit der Mitgliedstaaten der Europäischen Union, deren Währung der Euro ist, soll der ESM in Zukunft auf freiwilliger Basis und auf Antrag eines Mitgliedstaates als Mittler und Berater zwischen dem betroffenen Mitgliedstaat und dessen Gläubigern auftreten können. Ferner sollen alle Mitgliedstaaten der Europäischen Union, deren Währung nicht der Euro ist, ab 1. Januar 2022 Umschuldungsklauseln mit einstufiger Aggregation, sogenannte „Single-Limb Collective Action Clauses“, in ihre Staatsanleihen aufnehmen, mittels derer in Ausnahmefällen Umschuldungen einfacher umsetzbar sein werden.

4) Die Bedingungen für die Gewährung vorsorglicher Finanzhilfen durch den ESM werden näher spezifiziert. Solche Kreditlinien sollen als Absicherung für Mitgliedstaaten der Europäischen Union, deren Währung nicht der Euro ist, mit grundsätzlich stabilen Staatsfinanzen zur Verfügung stehen, die einem wirtschaftlichen Schock ausgesetzt sind.

 

Beitrag zu Wirkungsziel oder Maßnahme im Bundesvoranschlag

 

Das Vorhaben trägt dem Wirkungsziel „Sicherung der Stabilität der Euro-Zone.“ der Untergliederung 45 Bundesvermögen im Bundesvoranschlag des Jahres 2021 bei.

 

Aus der gegenständlichen Maßnahme ergeben sich keine finanziellen Auswirkungen auf den Bund, die Länder, die Gemeinden oder auf die Sozialversicherungsträger

 

Anmerkungen zu sonstigen, nicht wesentlichen Auswirkungen:

Österreich hat sich 2012 durch die Ausführung des ESM-Vertrags unwiderruflich und uneingeschränkt zur Leistung seines Anteils am genehmigten Stammkapital gemäß Anhang II ESM-Vertrag in Höhe von 19 Milliarden 438 Millionen 800 Tausend Euro verpflichtet. Hiervon wurden gemäß Art. 8 Abs. 2 ESM-Vertrag 2 Milliarden 221 Millionen 580 Tausend Euro eingezahlt. Darüber hinaus handelt es sich um genehmigtes jedoch nicht eingezahltes Rufkapital.

Die Haftung Österreichs bleibt gemäß Art. 8 Abs. 5 ESM-Vertrag erster Satz 'unter allen Umständen' auf seinen Anteil am genehmigten Stammkapital begrenzt. Allfällige Kapitalabrufe wären daher jedenfalls durch den in Anhang II ausgewiesenen Betrag (abzüglich des eingezahlten Kapitals) begrenzt. Diese Haftungsgrenze wurde auch durch die Erkenntnis des VfGH SV 2/12 bestätigt.

Die Höhe des genehmigten Stammkapitals und somit die Haftungsgrenzen werden durch das ESMV-Änderungsübereinkommen nicht geändert.

 

Verhältnis zu den Rechtsvorschriften der Europäischen Union

Die Vereinbarkeit mit dem Unionsrecht ist gegeben.

 

Besonderheiten des Normerzeugungsverfahrens

Keine.

 

Diese Folgenabschätzung wurde mit der Version 5.9 des WFA – Tools erstellt (Hash-ID: 1430464672).