806 der Beilagen zu den Stenographischen Protokollen des Nationalrates XXVII. GP

 

Bericht

des Gesundheitsausschusses

über den Antrag 1487/A(E) der Abgeordneten Peter Wurm, Kolleginnen und Kollegen betreffend gesundheitsgefährdendes Ethylenoxid in Corona-Teststäbchen, Mund-Nasenschutz-Masken und Desinfektionsmitteln

Die Abgeordneten Peter Wurm, Kolleginnen und Kollegen haben den gegenständlichen Entschließungsantrag am 9. April 2021 im Nationalrat eingebracht und wie folgt begründet:

„Aus der Fachwelt ist folgendes zum gesundheitsgefährdenden Etyhylenoxid bekannt:

Behandlung mittels Ethylenoxid

Die Behandlung mittels Ethylenoxid (Abkürzung: EO oder EtO) ist eine der häufigsten Methoden für die Sterilisation von medizinischen Geräten/Vorrichtungen und Instrumenten. Bei diesem Verfahren werden die Produkte in einer abgedichteten Vakuumkammer dem Ethylenoxid ausgesetzt. Die EO-Sterilisation ist eine sichere und zuverlässige Methode, mit der sichergestellt wird, dass die auf dem Markt erhältlichen Produkte jederzeit den geforderten Sterilitätsgrad aufweisen.

Was passiert bei einer Behandlung mittels Ethylenoxid?

Bei der Ethylenoxidsterilisation handelt es sich um ein chemisches Verfahren mit vier Hauptvariablen: Gaskonzentration, Feuchtigkeit, Temperatur und Zeit. EO ist ein Alkylierungsmittel, das die DNS von Mikroorganismen inaktiviert, sodass diese sich nicht mehr reproduzieren können. Das EO durchdringt luftdurchlässige Verpackungen und sterilisiert alle zugänglichen Oberflächen des Produkts, indem es die für die Zellreproduktion verantwortlichen Proteine alkyliert.

Wofür wird Ethylenoxid eingesetzt?

Ethylenoxid kann zahlreiche Schichten einer luftdurchlässigen Verpackung durchdringen und eignet sich daher optimal für die Sterilisation von einer Vielzahl von Materialien, die nicht mit anderen Sterilisationsmethoden kompatibel sind:

-       Komplexe, fertig montierte Instrumente

-       Katheter

-       Individuelle Instrumentensets

-       Geräte mit integrierter Elektronik

-       Mehrlumige Schläuche

-       Stents

-       Wundverbände

Wenn es darum geht, einen Partner für die Produktsterilisation auszuwählen, stehen Hersteller häufig vor der Herausforderung, einen Vertragspartner zu finden, der sowohl über die Flexibilität als auch über die technische Kapazität verfügt, um die Anforderungen des entsprechenden Produkts zu erfüllen.

Das Ethylenoxidsterilisationsverfahren

Die Ethylenoxidsterilisation kann entweder in einem standardmäßigen Ethylenoxidsterilisationszyklus oder in einem exklusiven beschleunigten EOExpress®-Bestrahlungsmethode* durchgeführt werden (* an ausgewählten Standorten verfügbar). Beide Möglichkeiten bestehen aus drei Phasen.

-       Vorbehandlung: Bei diesem Schritt wird das Produkt gemäß den festgelegten Parametern vorerwärmt und befeuchtet. Dadurch wird ein reproduzierbares EO-Sterilisationsverfahren sichergestellt, das nicht durch die vorherigen Lagerungsbedingungen des Produkts beeinflusst wird.

-       Sterilisation: Die eigentliche Sterilisation umfasst unterschiedliche Phasen, die darauf ausgerichtet sind, die für die Sterilisation eines Produkts bzw. einer Produktfamilie erforderliche EO-Exposition sicherzustellen.

-       Belüftung: Dieser Schritt dient zur Beschleunigung der Entgasung der behandelten Produkte sowie zur Eindämmung und Beseitigung von EO-Rückständen, um sicherzustellen, dass die in der Norm ISO 10993-7 festgelegten Grenzwerte eingehalten werden.

Ethylenoxid-(EtO-)Sterilisationsverfahren & -Dienstleistungen | STERIS AST (steris-ast.com)

Das Deutsche Institut für Produktqualität GmbH hat dazu am 17. November 2020 folgende Mitteilung veröffentlicht:

ifp Institut für Produktqualität GmbH

17.11.2020

Ethylenoxid

Ethylenoxid ist ein in der EU nicht zulässiger Pflanzenschutzmittelwirkstoff, der unter Anderem zur Entkeimung von Gewürzen verwendet wurde. In Deutschland ist der Einsatz im Lebensmittelbereich seit 1981 verboten, da sowohl Ethylenoxid als auch sein Abbauprodukt 2-Chlorethanol als giftig und mutagen einzustufen sind. Lebensmittel mit Rückständen von Ethylenoxid sind demnach als gesundheitlich unsicher einzustufen.

Im Europäischen Schnellwarnsystem sind seit dem 09.09.2020 zahlreiche Warnmeldungen mit Positivbefunden in Sesamsamen zu finden. Hintergrund ist, dass sich Ethylenoxid zur antimikrobiellen Behandlung sehr gut eignet und beispielsweise auch für den US-amerikanischen Markt zugelassen ist. Da Ethylenoxid bisher nicht in den Routineuntersuchungen enthalten ist, besteht das Problem womöglich auch schon länger.

Aufgrund der Toxizität und der Mutagenität des Stoffes hat die EU-Kommission in einer Sitzung am 09.10.2020 beschlossen, dass Sesamsamen und daraus hergestellte Waren im Falle einer Überschreitung des Rückstandshöchstgehalts von 0,05 mg/kg für Ethylenoxid in Sesamsamen (Summe aus Ethylenoxid und 2-Chlorethanol, ausgedrückt als Ethylenoxid) auch direkt vom Markt zu nehmen bzw. zurückzurufen sind.

Seit Ende Januar treten auch die ersten Warnmeldungen für andere Produkte aus Indien im Schnellwarnsystem auf. Es finden sich vereinzelte Meldungen für Schalotten, Flohsamenpulver, Okra, Ingwer und Kurkuma.

Das Deutsche Bundesinstitut für Risikobewertung (BfR) stuft Ethylenoxid ebenfalls als toxisch und damit gesundheitsgefährdend ein:

Gesundheitliche Bewertung von Ethylenoxid-Rückständen in Sesamsamen Stellungnahme Nr. 056/2020 des BfR vom 23. Dezember 2020

Gesundheitliche Bewertung von Ethylenoxid-Rückständen in Sesamsamen - Stellungnahme Nr. 056/2020 des BfR vom 23. Dezember 2020 (bund.de)

Ein wissenschaftliches Gutachten für den Deutschen Bundestag aus dem September 2020 bewertet Ethylenoxid folgendermaßen:

Zum Gefahrenpotential von Ethylenoxid

(…) 2. Ethylenoxid Ethylenoxid (kurz EO) ist ein farbloses, hochentzündliches Gas mit süßlichem Geruch. Bei der Herstellung verschiedener Chemikalien, unter anderem von Ethylenglykol, entsteht Etyhlenoxid als Zwischenprodukt. Ethylenoxid findet Anwendung als Desinfektionsmittel2 für Nahrungsmittel, organische Dämmstoffe (Wolle, Pflanzenfasern), Textilfasern und medizinische Geräte. 3 Die Benennung der International Union of Pure and Applied Chemistry (IUPAC) von Ethylenoxid lautet 1,2-Epoxyethan. Des Weiteren wird es als auch Oxiran oder Dimethylenoxid bezeichnet. Historisch gesehen erlangte Ethylenoxid erstmals im Ersten Weltkrieg als Vorläufersubstanz für das Kühlmittel Ethylenglykol sowie als chemische Waffe Bedeutung. Industriell wird Ethylenoxid durch die Umsetzung von Ethen und Sauerstoff bei 200 bis 300 °C an einem Silberkatalysator hergestellt.4 In Europa werden (Stand 2011) jährlich 3,8 Mio. Tonnen Ethylenoxid produziert.5 Laut Angaben der GESTIS-Stoffdatenbank6 ist Ethylenoxid giftig und krebserregend. Hauptaufnahmeweg sind die Atemwege und die Haut.

Akut wirkt EO reizend (Reizwirkung auf Augen, Atemwege und Haut, Beeinträchtigungen des zentralen Nervensystems). Es wird angenommen, dass eine menschliche Exposition gegenüber EO zu Schäden führen kann, die vererbt werden können.7 In vitro-Experimente8 haben gezeigt, dass EO mit der Erbsubstanz (DNA) reagiert: ‚Ethylenoxid ist beim Menschen in somatischen Zellen eindeutig gentoxisch. Bei Menschen, die am Arbeitsplatz gegen EO exponiert waren, wurde ab einer Konzentration von 5 ppm (etwa 9,2 mg/m³) eine Erhöhung von Chromosomenaberrationsraten in peripheren Lymphozyten beobachtet. Erhöhte Raten von Mikronuklei waren in allen Studien bei Expositionskonzentrationen über 0,4 ppm (etwa 0,7 mg/m³) zu finden. Über 1 ppm (etwa 1,8 mg/m³) wurde in Studien nahezu durchweg erhöhte Raten an Schwesterchromatidaustauschen beobachtet. Insgesamt waren die Befunde für alle genannten Veränderungen dosisabhängig. Genetische Schäden in Keimzellen wurden im Tierversuch an Ratten und Mäusen nach inhalativer Exposition nachgewiesen.

Beschrieben wurden die Induktion von dominanten Letalmutationen und anderen vererbten Mutationen bei den Nachkommen der mit EO behandelten Elterntiere.‘9 Die Internationale Agentur für Krebsforschung, kurz IARC, 10 stufte Ethylenoxid mit Verweis auf nur begrenzte epidemiologische Daten beim Menschen als Karzinogen ein:11 Es gibt beim Menschen bislang nur wenige Hinweise auf eine ursächliche Assoziation von Ethylenoxid und lymphatischen und hämatopoetische Krebsarten dings liegen ausreichend experimentelle Nachweise in Tieren für die Kanzerogenität von Ethylenoxid vor. Starke Hinweise existieren, dass die Ethylenoxid gentoxisch wirkt.12 Diese Angaben werden abgeleitet aus Primärpublikationen wissenschaftlicher Studien, auf die in der zitierten Arbeit des IARCs zu jedem einzelnen Befund verwiesen wird.13 Ethylenoxid wurde 2012 von der EU gemäß der Verordnung (EG) Nr. 1907/2006 (REACH) im Rahmen der Stoffbewertung in den fortlaufenden Aktionsplan der Gemeinschaft (CoRAP) aufgenommen.14 Im Zuge dieser Bewertung wurden die Auswirkungen des Stoffes auf die menschliche Gesundheit bzw. die Umwelt analysiert und beurteilt. Die Bewertung fand ab 2012 statt und wurde von Österreich (Umweltbundesamt GmbH) durchgeführt. Im anschließend veröffentlichten Abschlussbericht15 wird festgestellt, dass es auf Basis dieser Stoffbewertung notwendig sei, dass eine Diskussion über akzeptable Risikostufen für Arbeitnehmer und die allgemeine Bevölkerung im Hinblick auf das krebserzeugende Potenzial von Substanzen geführt werde. Dies betreffe nicht allein Ethylenoxid.

Aus diesem Grunde könne im Rahmen der Arbeit nicht abschließend eine Risikostufenbewertung für Etyhlenoxid vorgenommen werden.16 In einem Zwischenbericht des britischen ‚Institute of Occupational Medicine‘ aus dem Jahr 2011 werden gesundheitsrelevante Aspekte des Arbeitsschutzes im Umgang mit unterschiedlichen kanzerogenen Substanzen beleuchtet. Hier kommen die Autoren zum Schluss, dass es in der EU schätzungsweise etwa fünf Leukämie-Todesfälle jährlich gab (Zeitraum um das Jahr 2000 herum) und etwa acht Krebsregistrierungen, die möglicherweise auf die Exposition gegenüber Ethylenoxid am Arbeitsplatz in den frühen 1980er Jahren zurückzuführen sind. Dies entspricht etwa 0,012% aller Todesfälle durch Leukämie. Die Autoren schätzen, dass bereits seit ca. 20 Jahren ein Grenzwert (occupational exposure limit, OEL) von 1,8 mg/m3 eingehalten werde. Daher gebe es ab 2010 keine zurechenbaren Registrierungen oder Todesfälle mehr.17 Im Jahr 2017 erschien ein Artikel im British Journal of Cancer, in dem auf arbeitsplatzbedingte Krebserkrankungen aufgrund der Exposition gegenüber verschiedener Chemikalien eingegangen wird. 18 Während für verschiedene Chemikalien Indizien für die Einführung von Grenzwerten abgeleitet werden, stellen die Autoren in Hinblick auf Ethylenoxid fest, dass hierfür keine Todesfälle aufgrund früherer (speziell lymphoide Tumoren, d. h. Non-Hodgkin Lymphom, multiple Myelom und chronische lymphatische Leukämie) und Brustkrebs.

Allerdings liegen ausreichend experimentelle Nachweise in Tieren für die Kanzerogenität von Ethylenoxid vor. Starke Hinweise existieren, dass die Ethylenoxid gentoxisch wirkt.12 Diese Angaben werden abgeleitet aus Primärpublikationen wissenschaftlicher Studien, auf die in der zitierten Arbeit des IARCs zu jedem einzelnen Befund verwiesen wird.13 Ethylenoxid wurde 2012 von der EU gemäß der Verordnung (EG) Nr. 1907/2006 (REACH) im Rahmen der Stoffbewertung in den fortlaufenden Aktionsplan der Gemeinschaft (CoRAP) aufgenommen.14 Im Zuge dieser Bewertung wurden die Auswirkungen des Stoffes auf die menschliche Gesundheit bzw. die Umwelt analysiert und beurteilt. Die Bewertung fand ab 2012 statt und wurde von Österreich (Umweltbundesamt GmbH) durchgeführt. Im anschließend veröffentlichten Abschlussbericht15 wird festgestellt, dass es auf Basis dieser Stoffbewertung notwendig sei, dass eine Diskussion über akzeptable Risikostufen für Arbeitnehmer und die allgemeine Bevölkerung im Hinblick auf das krebserzeugende Potenzial von Substanzen geführt werde. Dies betreffe nicht allein Ethylenoxid. Aus diesem Grunde könne im Rahmen der Arbeit nicht abschließend eine Risikostufenbewertung für Etyhlenoxid vorgenommen werden.16 In einem Zwischenbericht des britischen ‚Institute of Occupational Medicine‘ aus dem Jahr 2011 werden gesundheitsrelevante Aspekte des Arbeitsschutzes im Umgang mit unterschiedlichen kanzerogenen Substanzen beleuchtet. Hier kommen die Autoren zum Schluss, dass es in der EU schätzungsweise etwa fünf Leukämie-Todesfälle jährlich gab (Zeitraum um das Jahr 2000 herum) und etwa acht Krebsregistrierungen, die möglicherweise auf die Exposition gegenüber Ethylenoxid am Arbeitsplatz in den frühen 1980er Jahren zurückzuführen sind. Dies entspricht etwa 0,012% aller Todesfälle durch Leukämie. Die Autoren schätzen, dass bereits seit ca. 20 Jahren ein Grenzwert (occupational exposure limit, OEL) von 1,8 mg/m3 eingehalten werde. Daher gebe es ab 2010 keine zurechenbaren Registrierungen oder Todesfälle mehr.17 Im Jahr 2017 erschien ein Artikel im British Journal of Cancer, in dem auf arbeitsplatzbedingte Krebserkrankungen aufgrund der Exposition gegenüber verschiedener Chemikalien eingegangen wird. 18 Während für verschiedene Chemikalien Indizien für die Einführung von Grenzwerten abgeleitet werden, stellen die Autoren in Hinblick auf Ethylenoxid fest, dass hierfür keine Todesfälle aufgrund früherer oder zukünftiger Expositionen abgeleitet werden könnten.

Unter Berücksichtigung gesundheitlicher, sozioökonomischer und ökologischer Auswirkungen wird für die Einführung eines occupational exposure limit (OEL) von 1 ppm (1,8 mg/m3) plädiert. Die Autoren weisen darauf hin, dass es keine zusätzlichen Kosten verursachen würde, diesen Wert festzulegen. Es führe allerdings auf der anderen Seite auch nicht zu Gesundheitsvorteilen, da der Wert bereits eingehalten werde.19 Über die Expositionsgrenzwerte für Anwohner wurden hierin keine Angaben gefunden.

Bei der Betrachtung der Grenzwerte für Anwohner ist zu beachten, dass es sich hierbei um eine Dauerbelastung (24 Stunden) handelt und Grenzwerte, anders als beim Schutz von Arbeitern, auch den Schutz von Personengruppen wie Älteren, Kranken, Schwangeren und Kindern mit einbeziehen müssen. (…)

WD-8-045-20-pdf-data.pdf (bundestag.de)

Ein Medienbericht aus Deutschland vom Dezember 2020 berichtet über Gesundheitsgefährdung durch Ethylenoxid:

Werte ums Tausendfache überschritten

Rückrufe: Massenhaft giftiger, mutagener Stoff in Lebensmitteln gefunden – EU reagiert

21.12.2020

RUHR24 berichtete zuletzt immer wieder von Rückrufen wegen Gift in Lebensmitteln. Tatsächlich steigt die Fallzahl dramatisch – jetzt reagiert die EU.

Deutschland – Bereits seit Herbst kommt es vermehrt zu Rückrufen von verunreinigten Lebensmitteln. Immer häufiger lautet der Grund dabei: ‚Gefährliches Pflanzengift gefunden‘. Für Verbraucher besteht bei Verzehr der Produkte Gesundheitsgefahr. Ungewöhnlich schnell hat die EU-Kommission daher jetzt die Einfuhrbeschränkungen verschärft.

Ethylenoxid

farbloses, hochentzündliches Gas

Klassifikation

Ether, Organische Verbindungen

Dichte

882 kg/m³

Molmasse

44,05 g/mol

Lebensmittel-Rückrufe wegen Rückständen von giftigem Gas – Gefahr durch Ethylenoxid

Von den Rückrufen betroffenen sind in zunehmendem Maße sesamhaltige Lebensmittel, die mit Ethylenoxid verunreinigt sind. Ethylenoxid tötet Schimmel, Bakterien und Pilze ab und wird es zum Beispiel als Desinfektionsmittel in der Gesundheitsbranche eingesetzt. Als Gas ist Ethylenoxid giftig und krebserregend. Beim Einatmen des kann es zu schweren gesundheitlichen Folgen kommen.

Auch der Verzehr von mit Ethylenoxid belasteten Lebensmitteln, die den zugelassenen Höchstwert überschreiten, ist gesundheitsgefährdend. Daher ist Ethylenoxid in der Landwirtschaft und in der Lebensmittelindustrie in Deutschland seit Langem verboten. Das Verbot ist durch die Verordnung für Pflanzenschutzmittel geregelt.

Rückrufe immer häufiger – Ethylenoxid in unzähligen EU-Einfuhren entdeckt

Das Problem: In vielen Ländern, insbesondere Indien, ist Ethylenoxid als Pflanzenschutzmittel noch zugelassen. Bei Sesam wird es eingesetzt, um eventuelle Bakterien abzutöten. Durch Importe in die EU kann es deshalb vorkommen, dass mit dem Gift belastete Sesam-Produkte in den Handel kommen (mehr Nachrichten über Rückrufe auf RUHR24.de).

Diese Fälle haben aber nun ungeahnte Ausmaße angenommen. In zahlreichen Kontrollen wurden verunreinigte Sesamsamen gefunden und an das Europäische Schnellwarnsystem (RASFF) gemeldet. Dazu heißt es in einem Amtsblatt der EU:

Im September 2020 wurden über das RASFF sehr große Mengen an Ethylenoxid in bestimmten Chargen mit Sesamsamen gemeldet, die in Indien ihren Ursprung haben oder von dort versandt wurden und in die Union verbracht worden sind. Diese Mengen überschreiten den gemäß der Verordnung (EG) Nr. 396/2005 des Europäischen Parlaments und des Rates (4) geltenden Rückstandshöchstgehalt von 0,05 mg/kg für Ethylenoxid um mehr als das Tausendfache

Rückruf: Ethylenoxid in Sesamsamen aus Indien – ‚ernstes Risiko für die Gesundheit der Bevölkerung‘

Die Experten gehen davon aus, dass diese Menge an Ethylenoxid bzw. dessen Abbauprodukt 2‑Chlorethanol ein ‚ernstes Risiko für die Gesundheit‘ der Verbraucher darstellen. Daher fordern sie sofortige Konsequenzen.

So heißt es im Amtsblatt: ‚Zum Schutz der Gesundheit der Bevölkerung in der Union müssen daher besondere Bedingungen bezüglich Pestizidrückständen bei Sesamsamen aus Indien festgelegt werden.‘ Grund für die akute Gesundheitsgefahr und das schnelle Eingreifen der EU ist die toxische Wirkung von Ethylenoxid.

Rückrufe: Krebserregend, Erbgut schädigend und mutagen – so gefährlich ist Ethylenoxid

Denn Ethylenoxid wird als mutagener Stoff der Kategorie 1B, als karzinogener Stoff der Kategorie 1B und als reproduktionstoxischer Stoff der Kategorie 1B eingestuft. Mit anderen Worten: Es gilt als krebserregend, Erbgut schädigend und Mutationen auslösend zugleich.

Dementsprechend hat die EU-Kommission nun ungewohnt zügig gehandelt: Im Amtsblatt heißt es, da von den Sesamsamen ‚ein ernstes Risiko für die menschliche Gesundheit ausgeht und demzufolge schnell reagiert werden muss‘, solle die neue Verordnung bereits am dritten Tag nach ihrer Veröffentlichung in Kraft treten.

Einfuhrkontrollen nach Rückrufen verschärft – EU-Maßnahmen gegen verunreinigte Sesamsamen

Konkret hat die EU mit der Durchführungsverordnung von Oktober Pestizidrückstände als Gefahr bei Sesamsamen aus Indien aufgenommen. Seit dem 26. Oktober 2020 muss nun bei allen Sendungen mit Sesamsamen aus Indien eine Bescheinigung beiliegen, dass die Erzeugnisse im Hinblick auf Pestizidrückstände analysiert wurden und sie den Vorschriften über Höchstgehalte entsprechen. 

Zusätzlich müssen mindestens 50 Prozent der Sendungen bei der Einfuhr in die EU auf Rückstände von Ethylenoxid untersucht werden. 

Das Chemische- und Veterinär-Untersuchuchungsamt in Stuttgart hat indes gesondert auf die Vorfälle reagiert. In den letzten Wochen wurde hier ein spezielles Analyseverfahren entwickelt. Dadurch soll es in Zukunft möglich sein, Lebensmittel routinemäßig auf Ethylenoxid und sein Abbauprodukt zu untersuchen.

Rückrufe: Massenhaft giftige Substanz in Lebensmitteln – EU reagiert | Service (ruhr24.de)

Jüngst ist im Bundesland Tirol bei der ärztlichen Untersuchung eines achtjährigen Schulkindes eine ‚massive allergische Reaktion‘ auf Ethylenoxid festgestellt. Diese Substanz befindet sich allerdings in Hygiene-Mitteln aus China, wie Test-Entnahmestäbchen bzw. in Mund-Nasenschutz-Masken und Handdesinfektionsmitteln. Im ärztlichen Gutachten betreffend desGesundheitszustandes wurde festgehalten, dass weder das Tragen einer Mund-Nasenschutz-Masken, der Anwendung eines Test-Entnahmestäbchens bzw. die Verwendung von Handdesinfektionsmittel aus China gesundheitlich zumutbar ist.

Durch das Inverkehrbringen bzw. die behördliche Anordnung des Tragens einer Mund-Nasenschutz-Masken, der Anwendung eines Test-Entnahmestäbchens bzw. die Verwendung von Handdesinfektionsmittel, in denen Ethylenoxid enthalten ist, stellt sich der begründete Verdacht einer massiven Gefährdung der Gesundheit der österreichischen Bevölkerung.

Damit im Zusammenhang stehen auch mutmaßliche zivil- und strafrechtliche Haftungen und Verantwortlichkeiten von der österreichischen Bundesregierung und ihren Mitgliedern über Organwalter im Gesundheitsministerium, den Gesundheits- und Schulbehörden und der gesamten Vertriebskette international und in Österreich, die diese Medizin- und Hygieneprodukte inklusive der gesundheitsgefährdenden Substanzen, die dort enthalten sind.“

 

Der Gesundheitsausschuss hat den gegenständlichen Entschließungsantrag in seiner Sitzung am 15. April 2021 in Verhandlung genommen. An der Debatte beteiligten sich außer dem Berichterstatter Abgeordneten Peter Wurm die Abgeordneten Dr. Werner Saxinger, MSc, Mag. Gerald Loacker, Ralph Schallmeiner, Bedrana Ribo, MA, Angela Baumgartner, Dr. Josef Smolle, Rebecca Kirchbaumer, Philip Kucher und Rosa Ecker, MBA sowie der Vizekanzler und Bundesminister für Kunst, Kultur, öffentlichen Dienst und Sport Mag. Werner Kogler und der Ausschussobmann Abgeordneter Mag. Gerhard Kaniak.

Bei der Abstimmung fand der gegenständliche Entschließungsantrag nicht die Zustimmung der Ausschussmehrheit (für den Antrag: S, F dagegen: V, G, N).

Zur Berichterstatterin für den Nationalrat wurde Abgeordnete Rebecca Kirchbaumer gewählt.

Als Ergebnis seiner Beratungen stellt der Gesundheitsausschuss somit den Antrag, der Nationalrat wolle diesen Bericht zur Kenntnis nehmen.

Wien, 2021 04 15

                          Rebecca Kirchbaumer                                                   Mag. Gerhard Kaniak

                                  Berichterstatterin                                                                          Obmann