95 der Beilagen zu den Stenographischen Protokollen des Nationalrates XXVII. GP

 

Bericht

des Justizausschusses

über den Antrag 166/A(E) der Abgeordneten Mag. Selma Yildirim, Kolleginnen und Kollegen betreffend Schaffung einer neuen Strafbestimmung zu „Upskirting“ und dem Verbot Nacktfotos ohne das Wissen oder die Einwilligung der Betroffenen anzufertigen 

 

Die Abgeordneten Mag. Selma Yildirim, Kolleginnen und Kollegen haben den gegenständlichen Entschließungsantrag am 11. Dezember 2019 im Nationalrat eingebracht und wie folgt begründet:

„„Upskirting“ bezeichnet das ungefragte, voyeuristische Fotografieren oder Filmen unter den Rock einer Frau. Solche Fotos finden häufig den Weg auf Porno-Seiten oder sonstige Online-Plattformen. In zahlreichen Staaten tritt „Upskirting“ zuletzt verstärkt gehäuft auf und ist so zum Thema geworden. Ausschlaggebend war, dass betroffene Frauen mit der Problematik an die Öffentlichkeit gegangen sind und aktiv gegen das „Upskirting“ aufgetreten sind. In manchen Staaten wurde es verboten, in anderen wird darüber diskutiert. In Österreich ist das Anfertigen solcher Fotos aktuell nicht strafbar.

Darüber hinaus ist jedes Anfertigen von Nacktfotos ohne das Wissen oder die Einwilligung der Betroffenen zu verbieten. Der Fall eines Fußballtrainers einer niederösterreichischen Frauenmannschaft, der seine Spielerinnen ohne deren Einwilligung nackt in der Umkleidekabine gefilmt hatte und dem mangels gesetzlicher Bestimmung keine Anklage drohte, hat damals zurecht Empörung und Unverständnis hervorgerufen. Abgeordneter Dr. Hannes Jarolim und die SPÖ-Fraktion haben diesbezüglich bereits im März 2019 einen Entschließungsantrag eingebracht, welcher allerdings im zuständigen Justizausschuss vertagt wurde.

In Großbritannien hat die Kampagne einer Betroffenen im Jahr 2019 dazu geführt, dass „Upskirting“ mit bis zu zwei Jahren Freiheitsstrafe geahndet werden kann.

Strafbestimmungen bestehen zum Beispiel auch in Finnland, Schottland, Australien, Neuseeland und Indien. In der Bundesrepublik Deutschland gibt es diesbezüglich aktuell eine heftige öffentliche Diskussion und Bundesjustizministerin Christine Lamprecht (SPD) bezeichnete „Upskirting“ als „demütigend und verletzend“.

Das Zivilrecht hält für diese Fälle nicht in ausreichendem Maß geeignete Instrumente parat. So bildet das Recht am eigenen Bild (§78 Urheberrechtsgesetz) keine Grundlage, um gegen die Anfertigung der Fotos als solche vorzugehen. Dieses Recht verbietet nur die Veröffentlichung von Abbildungen von Personen. Identifizierbarkeit ist eine Voraussetzung für die Anwendung von §78 Urheberrechtsgesetz.

Auch das Schadenersatzrecht ist im gegebenen Zusammenhang ein unzureichendes Instrumentarium. Generell setzt ein zivilrechtliches Vorgehen voraus, dass der Täter bekannt ist.

Das Datenschutzgesetz enthält einen Verwaltungsstraftatbestand, der eine Bildaufnahme - ohne ausdrückliche Einwilligung der abgebildeten Person - in deren höchstpersönlichem Lebensbereich (worunter eine „Upskirting“-Aufnahme ohne Zweifel fällt) mit Geldstrafen bis zu 50.000,- Euro bedroht. Die hohe Maximalstrafe täuscht insofern, als bei einem Ersttäter und keinem Vorliegen von Erschwernisgründen, andererseits von Milderungsgründen, die Geldstrafe wohl eine geringe sein dürfte.

Sexuelle Belästigung (§218 StGB) greift im Fall von „Upskirting“ nicht, da zu diesem Tatbestand Berührungen von zur unmittelbaren Geschlechtssphäre gehörigen Körperpartien erforderlich sind.

Unbestritten ist, dass es derzeit in Österreich keine strafrechtliche Handhabe gegen Upskirting gibt. Dies ist ein Missstand, der behoben werden sollte.

Es soll nicht straflos sein, wenn eine Person heimlich eine Frau nackt oder im intimen Körperbereich ohne deren Einwilligung fotografiert. Dies ist klar eine Grenzüberschreitung, die die Menschenwürde beeinträchtigt und sexueller Gewalt bzw. Machtmissbrauch zuzurechnen ist. “

 

Der Justizausschuss hat den gegenständlichen Entschließungsantrag in seiner Sitzung am 11. März 2020 in Verhandlung genommen. An der Debatte beteiligten sich außer der Berichterstatterin Abgeordneten Mag. Selma Yildirim die Abgeordneten Katharina Kucharowits, Mag. Philipp Schrangl, Mag. Agnes Sirkka Prammer, Mag. Johanna Jachs, Dr. Johannes Margreiter, Petra Bayr, MA MLS, Mag. Ulrike Fischer und Mag. Harald Stefan sowie die Bundesministerin für Justiz Dr. Alma Zadić, LL.M. und die Ausschussobfrau Abgeordnete Mag. Michaela Steinacker.

Bei der Abstimmung fand der gegenständliche Entschließungsantrag der Abgeordneten Mag. Selma Yildirim, Kolleginnen und Kollegen nicht die Zustimmung der Ausschussmehrheit (für den Antrag: S, F, N, dagegen: V, G).

 

Im Zuge der Debatte haben die Abgeordneten Mag. Michaela Steinacker, Mag. Selma Yildirim, Mag. Harald Stefan, Mag. Agnes Sirkka Prammer und Dr. Nikolaus Scherak, MA einen selbständigen Entschließungsantrag gem. § 27 Abs. 3 GOG-NR betreffend Up-Skirting-Verbot eingebracht, der einstimmig beschlossen wurde.

 

Dieser selbständige Entschließungsantrag war wie folgt begründet:

Das „Up-Skirting“, also das unbefugte Herstellen und/oder Veröffentlichen von Bildaufnahmen des Intimbereichs einer anderen Person, indem unter deren Bekleidung fotografiert oder gefilmt wird, ist derzeit nur in Zusammenhang mit weiteren Tatbestandselementen (verwaltungs-)strafrechtlich erfasst. Zu nennen sind etwa § 107 StGB Gefährliche Drohung, § 107a StGB - Beharrliche Verfolgung, § 107c StGB - Fortgesetzte Belästigung im Wege einer Telekommunikation oder eines Computersystems oder der Verwaltungsstraftatbestand nach § 62 Abs 1 Z 4 DSG (Betreiben einer Bildverarbeitung entgegen den Bestimmungen des 3. Abschnitts des 1. Hauptstück). Im Regierungsprogramm (2020-2024) wurde nun ein ausdrückliches Up-Skirting-Verbot mit dem Ziel vereinbart, schon das alleinige Herstellen entsprechender Bildaufnahmen unter Strafe zu stellen.“

 

Zur Berichterstatterin für den Nationalrat wurde Abgeordnete Mag. Agnes Sirkka Prammer gewählt.

Als Ergebnis seiner Beratungen stellt der Justizausschuss somit den Antrag, der Nationalrat wolle

1.      diesen Bericht hinsichtlich des Entschließungsantrags 166/A(E) zur Kenntnis nehmen und

2.      die angeschlossene Entschließung annehmen.

Wien, 2020 03 11

                    Mag. Agnes Sirkka Prammer                                           Mag. Michaela Steinacker

                                 Berichterstatterin                                                                           Obfrau