12994/J XXVII. GP
Eingelangt am 15.11.2022
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Anfrage
der Abgeordneten Mag. Gerald Loacker, Kolleginnen und Kollegen
an den Bundesminister für Arbeit und Wirtschaft
betreffend Wirtschaftskammer Steiermark: Untragbare Verstöße gegen das Wirtschaftskammergesetz
Am 3.11.2022 wurden durch Medienberichte
fragwürdige Zustände in
der Wirtschaftskammer Steiermark bekannt, z.B. Sonderdotierungen für
Wirtschaftskammer- und Wirtschaftsbundchef Josef Herk, präsidiale, teure
Essensrunden, schöne Aufsichtsratsposten für die Gattin des
Präsidenten, Dienstkarossen plus Chauffeure und intern kritisierte
überdimensionierte "Protzbauten", die geplant seien. (1)
Josef Herk bezieht monatlich brutto 4.000,-
Euro (12 x im Jahr) aus den Töpfen
des Wirtschaftsbundes zusätzlich zu seiner
Funktionärsentschädigung als Wirtschaftskammer-Präsident in der
Höhe von 6.625,- Euro (brutto, 12 x im Jahr).
Als Vize-Chef des Wirtschaftsbund auf Bundesebene erhält er weitere
2.000,- Euro brutto monatlich. Damit erhält er aus Aufwands- und
Funktionärsentschädigungen insgesamt rund 12.625,- Euro
brutto im Monat.
Auf Nachfrage enthüllte Herk auch noch den Bezug als
Geschäftsführer seiner eigenen Spenglerei: "Da beziehe ich 3.700
brutto." (2)
Am 4.11.2022 nahm Josef Herk in einer Pressekonferenz zu den Enthüllungen Stellung und entschuldigte sich bei allen Mitgliedern und "bei seinem nächsten Umfeld" für die "Optik". (2)
Am 5.11.2022 hat sich der ÖVP-Wirtschaftsbund voll hinter Wirtschaftskammerpräsident Josef Herk gestellt. In der Landes-Gruppenleitungs-Sitzung haben die Funktionäre dem wegen seines Gehalts in die Kritik Geratenen einstimmig das Vertrauen ausgesprochen. (3)
Bei all der berechtigten Aufregung rund um die Enthüllungen muss jedoch festgehalten werden, dass die Wirtschaftskammer Steiermark gegen das Wirtschaftskammergesetz 1998 (WKG) auf mehrfache Weise verstoßen hat:
§ 23 Wirtschaftskammergesetz sieht vor,
dass das Präsidium der Kammer aus einem Präsidenten und zwei
Vizepräsidenten besteht. Die Wirtschaftskammer Steiermark leistet
sich jedoch drei Vizepräsidenten:
www.wko.at/service/stmk/Kammerfuehrung_Steiermark.html
Somit gibt die WKSt mehr Zwangsbeiträge
für Funktionäre aus, als das Gesetz vorsieht.
2.
Beschlüsse des Präsidiums der WK Steiermark in gesetzwidriger Zusammensetzung
Auf Grund einer gesetzwidrigen Zusammensetzung
des Präsidiums der Wirtschaftskammer Steiermark mit drei
Vizepräsidenten anstatt den gesetzlichen vorgesehenen zwei
Vizepräsidenten ist auch zu überprüfen, ob die vom
Präsidium gefassten Beschlüsse überhaupt rechtswirksam sind oder
nicht vielmehr der Nichtigkeit zum Opfer fallen.
3. Der Beschluss
über Aufwandsentschädigungen
Laut "Standard" (1) hat das
Präsidium der Wirtschaftskammer Steiermark eine Erhöhung der
Aufwandsentschädigung für den Präsidenten und die drei
Vizepräsidenten beschlossen.
Nach § 23 Abs. 2 Wirtschaftskammergesetz hat das Präsidium
"Angelegenheiten
von besonderer Bedeutung zu entscheiden." Der Beschluss einer
Aufwands-entschädigung zählt ja wohl kaum zu den Fragen von "besonderer
Bedeutung". Darüber hinaus ist es mehr als eigentümlich, wenn
ein Gremium Vergütungen für sich selbst beschließt.
§ 24 Wirtschaftskammergesetz regelt die Aufgaben des erweiterten Präsidiums, in dem neben dem Präsidenten und seinen Vizepräsidenten zumindest auch die Spartenobleute vertreten sind. Demnach entscheidet das erweiterte Präsidium "in allen Angelegenheiten, die keinem anderen Organ der Landeskammer zugewiesen sind."
Es könnte also sein, dass das Erweiterte
Präsidium eine solche Aufwands-entschädigung für die Mitglieder
des Präsidiums beschließen hätte müssen.
Gemäß § 50 Abs 3 und 4 Wirtschaftskammergesetz
werden allerdings die Aufwandsentschädigungen für die
Kammerfunktionäre vom erweiterten Präsidium der
Bundeswirtschaftskammer festgesetzt. Demnach hätte das erweiterte
Präsidium der WKO über die erhöhten
Aufwandsentschädigungen für Josef Herk, Andreas Herc, Herbert Ritter
und Gabi Lechner entscheiden müssen.
Den Medienberichten zufolge hat also ein nicht zuständiges Gremium
Aufwands-entschädigungen zu Lasten des Kammervermögens und damit zu
Lasten der Zwangsmitglieder beschlossen.
Josef Herk ist selbst Mitglied des erweiterten
Präsidiums der Wirtschaftskammer Österreich. Es ist davon auszugehen,
dass er über die Rechte und Pflichten sowie über die Aufgaben des
Gremiums Bescheid weiß, dem er da angehört. (4)
4. Sich selbst einen Vermögensvorteil zuwenden
Das Kammerpräsidium der WKSt hat die Befugnis, über fremdes
Vermögen zu verfügen, nämlich über jenes der
Wirtschaftskammer Steiermark. Es ist davon auszugehen, dass ein Präsident
der Wirtschaftskammer und die Vizepräsidenten der Wirtschaftskammer das
Wirtschaftskammergesetz kennen und es zumindest bis zu § 23
"Präsidium" gelesen haben. Die vier Personen wussten also, dass
sie diesen Beschluss über die eigene Aufwandsentschädigung nicht
fassen durfen. Dennoch fassten sie wissentlich diesen Beschluss, mit dem
sie sich selbst Geld der Kammer zugeschoben haben. Den Medienberichten zufolge
haben sie die ihnen zukommende Befugnis missbraucht, um sich selbst einen
Vermögensvorteil zuzuwenden. Diese Vorgangsweise könnte mit einem
Blick auf § 153 StGB sogar strafrechtlich relevant sein.Natürlich
gelten für alle Beteiligten die Unschulds-vermutung und die
Unmutsverschuldung.
Der Minister als Aufsichtsbehörde
Nach § 53 Abs 1 Z 3 WKG sind Funktionäre abzuberufen, wenn "sie sich eine gröbliche Verletzung oder Vernachlässigung ihrer Pflichten zuschulden kommen lassen." In solchen Fälle ist laut § 53 Abs 2 die Aufsichtsbehörde für die Abberufung der Funktionäre zuständig. Hier besteht kein Ermessensspielraum. Die Funktionäre "sind abzuberufen", nicht "können abberufen werden". Der Minister steht hier also unter Handlungszwang.
Der Minister muss die genannte Personen daher gemäß § 53 WKG abberufen.
Quellen:
(1) www.derstandard.at/story/2000140519024/ein-sittenbild-in-der-steiermark-die-goldgrube-wirtschaftskammer?ref=article
(2) www.kleinezeitung.at/steiermark/graz/6210387/Herk-stellt-Vertrauensfrage_Der-WKPraesident-und-das-liebe-Geld_
(3) steiermark.orf.at/stories/3180924/
(4) https://www.wko.at/service/funktionaere.html?orgid=15276
Die unterfertigten Abgeordneten stellen daher folgende