13076/J XXVII. GP

Eingelangt am 17.11.2022
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Anfrage

 

Der Abgeordneten Julia Herr,

Genossinnen und Genossen

 

an den Bundesminister für Finanzen

 

betreffend „Transformationsfonds“: Zweites COFAG-Fiasko oder wichtiger Schritt in die klimaneutrale Zukunft?

Am 28. Jänner 2022 berichtete die Kleine Zeitung über ein besonderes Regierungsvorhaben, die Einrichtung eines „Transformationsfonds“: „An einem Strang ziehen Schramböck und Klimaministerin Leonore Gewessler bei einem neu aufgelegten Transformationsfonds für Unternehmen. Konkrete erste Projekte sind für 2023 geplant. Basis für den Fonds wird das Klimaschutzgesetz sein, bei dem man sehr konstruktiv in finalen Verhandlungen sei, wie Gewessler preisgab.“[1]

Nun, Mitte November 2022 gibt es weder ein Klimaschutzgesetz, noch ein Transformationsfondsgesetz, über das dem Vernehmen nach regierungsintern gerungen wurde. Als Lösung wurde gegenüber den Medien einfach behauptet, dass es den Transformationsfonds jetzt doch gäbe. Und tatsächlich sieht das Budget ab 2023 175 Millionen Euro für die Transformation der Industrie im Budget der UG 43 vor (ab 2024 dann 400 Mio. Euro pro Jahr). Und es gibt weitere Mittel in der UG 41 (BMK), der UG 33 (BMAW) und der UG 40 (BMAW), aber keine inhaltliche, gesetzliche Klammer. Wie eine Abstimmung zwischen den unterschiedlichen Budgets und Ministerien erfolgen soll, bleibt unklar.

Zusätzliche finanzielle Mittel, um Österreichs Industrie in eine klimaneutrale Zukunft zu bringen, sind dringend erforderlich. Doch mehr Geld allein garantiert noch lange keinen Erfolg. Dafür braucht es Strategie, klare gesetzliche Vorgaben und Regeln für die Förderung, deren Vergabe und förderberechtigte Unternehmen. Diese sind aktuell noch nicht bekannt. Die vagen Andeutungen in der Novelle des Umweltförderungsgesetzes bringen nicht die nötige Klarheit.

Die Geschichte der Corona-Hilfsgelder zeigt, wozu die Vergabe von Geldern führen kann, wenn diese nicht ordentlich und durchdacht aufgesetzt werden und die parlamentarische Kontrolle fehlt. Gerade beim Klimaschutz muss jedoch jeder Cent bestmöglich eingesetzt werden. Fälle von Überförderung oder Mitnahmeeffekte sind daher zu vermeiden.

Außerdem können die Erfolge im Kampf für den Klimaschutz deutlich größer ausfallen, wenn die Vergabe der Förderung in eine übergeordnete Strategie eingebettet ist. Dabei müssen zentrale Fragen beantwortet werden: Wie soll Österreichs Industrie klimaneutral werden? Wo können neue Zweige entstehen? Und welche Branchen werden möglicherweise verschwinden? Was bedeutet dies für Arbeitsplätze? An welchen Punkten kann bereits heute angesetzt werden und wo braucht es noch mehr Forschung? Nur wenn diese Fragen beantwortet sind, kann verhindert werden, dass zwischen all den vielen unkoordinierten Einzelprojekten das gemeinsame Ziel der Klimaneutralität 2040 nicht aus den Augen gerät.

So begrüßenswert die finanziellen Mittel für die Transformation der Industrie sind, um so drängender ist es nun auch die offenen Punkte zu beantwortet, damit der Weg in die klimaneutrale Zukunft auch erfolgreich beschritten werden kann!

Die Abgeordneten stellen daher folgende

 

Anfrage

 

1.    Gibt es eine Transformationsstrategie, die der Vergabe der Förderung einen übergeordneten Rahmen gibt?

a.    Wenn ja, wie lautet diese?

b.    Wenn ja, wer hat diese erstellt?

c.     Wenn nein, warum nicht?

d.    Wenn nein, wird dies noch nachgeholt und wenn ja, bis wann und von wem?

2.    Was sind die genauen Ziele des Förderschiene „Transformation der Industrie“?

a.    Wenn diese noch nicht festgelegt sind, wer legt diese fest?

b.    Und bis wann?

c.     Sind der Erhalt von Arbeitsplätzen und die Schaffung neuer Jobs Ziele?

d.    Wenn nein, warum nicht?

3.    Welche Arten von Investitionen können gefördert werden?

a.    Wenn diese noch nicht festgelegt sind, wer legt diese fest?

b.    Und bis wann?

4.    Können nur Anschaffungskosten einer Investition (beispielsweise in neue Maschinen oder Anlagen zur Gewinnung erneuerbarer Energie) gefördert werden?

a.    Wenn ja, weshalb?

b.    Wenn nein, können auch laufende Kosten gefördert werden?

c.     Wenn dies der Fall ist, welche laufenden Kosten?

d.    Und wie wird das umgesetzt?

5.    Über welchen Zeitraum hinweg können Investitionen gefördert werden?

a.    Wenn dieser Zeitraum noch nicht festgelegt ist, wer legt ihn fest?

b.    Und bis wann?

6.    Welche Voraussetzungen müssen Unternehmen erfüllen, um eine Förderung zu erhalten?

a.    Wenn diese Voraussetzungen noch nicht festgelegt sind, wer legt diese fest?

b.    Und bis wann?

7.    Werden Unternehmen nur gefördert, wenn sie betriebliche Mitbestimmung (Betriebsräte) haben?

a.    Wenn nein, warum nicht?

8.    Werden Unternehmen nur gefördert, wenn sie eine hohe Qualität der Arbeitsplätze (Löhne, Arbeitsbedingungen) vorweisen können?

a.    Wenn nein, warum nicht?

9.    Werden Unternehmen nur gefördert, wenn sie einen betrieblichen Dekarbonisierungsplan vorweisen können?

a.    Wenn nein, warum nicht?

10.  An welche Bestimmungen wird eine Förderung geknüpft?

a.    Wenn diese Bestimmungen noch nicht festgelegt sind, wer legt diese fest?

b.    Und bis wann?

11.  Wird eine Kostenbeteiligung der Unternehmen eine dieser Bestimmungen sein?

a.    Wenn nein, warum nicht?

12.  Wird eine Unternehmens- und Branchenübergreifende Zusammenarbeit im Sinne des Klimaschutzes (beispielsweise Veröffentlichung von im Zuge der Förderung entstandenen Forschungsergebnissen oder technologischen Neuerungen) eine dieser Bestimmungen sein?

a.    Wenn nein, warum nicht?

13.  Wird die Beteiligung des Staates an Gewinnen, die aus der Förderung heraus entstehen, eine dieser Bestimmungen sein?

a.    Wenn nein, warum nicht?

14.  Wird der Erhalt oder Ausbau von Arbeitsplätzen sowie, gegebenenfalls das Angebot von Weiter- und Umschulungsangeboten, eine dieser Bestimmungen sein?

a.    Wenn nein, warum nicht?

15.  Wie erfolgt die Zusammenarbeit mit dem BMK und dem BMAW für die Förderschiene „Transformation der Industrie“?

a.    Sind noch weitere Ministerien eingebunden?

b.    Wenn ja, welche und warum?

16.  Wurde die SozialpartnerInnenschaft in die bisherige Konzeption der Förderschiene „Transformation der Industrie“eingebunden?

a.    Wenn ja, wie und mit wem?

b.    Wenn nein, warum nicht und soll dies noch nachgeholt werden?

17.  Die Transformation der Industrie sollte im Sinne von Just Transition unter Berücksichtigung und Einbindung der ArbeitnehmerInnen erfolgen. Inwieweit fließt dies in die Konzeption der Förderschiene „Transformation der Industrie“ ein?

a.    Sind Beteiligungsprozesse für ArbeitnehmerInnen im Zuge der Förderung vorgesehen?

18.  Sind Weiter- und Umschulungsangebote für ArbeitnehmerInnen Teil der Förderschiene „Transformation der Industrie“?

a.    Wenn ja, in welchem Ausmaß?

b.    Wenn nein, warum nicht?

19.  Ab wann soll die Förderschiene „Transformation der Industrie“ seine Arbeit aufnehmen?

20.  Wann werden die Voraussetzungen und Bestimmungen der Förderschiene „Transformation der Industrie“ veröffentlicht?

21.  Ab wann werden Unternehmen eine Förderung beantragen können?

22.  Wie werden Unternehmen um eine Förderung beantragen können?

23.  Die Auswahl der geförderten Projekte soll durch einen sechsköpfigen ExpertInnenrat erfolgen. Weshalb wurde nicht auf ein bewährtes Gremium, beispielsweise die breit aufgestellte und erfahrene Kommission für die Umweltförderung im Inland, gesetzt?

a.    Welche Vorteile liegen im sechsköpfigen ExpertInnenrat?

b.    Wer soll in diesem ExpertInnenrat vertreten sein?

c.     Wer entscheidet dies?

d.    Wird die SozialpartnerInnenschaft in die Vergabe eingebunden?

24.  Ab wann soll der ExpertInnenrat bestellt und konstituiert sein?

25.  Ist die Bestellung von ExpertInnen in den Rat zeitlich befristet?

a.    Wenn ja, für wie lange?

b.    Wenn nein, warum nicht?

c.     Im Fall einer Befristiung, wie wird die Rotation aussehen?

26.  Auf welcher Basis soll der ExpertInnenrat seine Entscheidung treffen?

a.    Wer legt die Kriterien fest?

b.    Wann werden diese veröffentlicht?

c.     Wem ist der ExpertInnenrat berichtspflichtig?

d.    Gibt es eine Kontrollinstanz bzw. Unvereinbarkeitsbestimmungen?

e.    Wenn ja, wie sieht diese aus?

f.      Wird es jährliche, öffentlich einsehbare Berichte geben?

g.    Wenn nein, warum nicht?

27.  Wann soll geplantermaßen die erste Förderung ausbezahlt werden?

28.  Wie wurde die Finanzierung mit 400 Millionen Euro pro Jahr ab 2024 ermittelt?

a.    Liegen dieser Summe Studien zugrunde?

b.    Wenn ja, welche?

c.     Wurde vorab ein Bedarf ermittelt?

d.    Wenn ja, wie?

e.    Wenn nein, warum nicht?

29.  Wie soll die Überförderung von Unternehmen verhindert werden?

30.  Wie sollen sogenannte Mitnahmeeffekte verhindert werden, also dass sich Unternehmen Investitionen fördern lassen, die sie auch ohne Förderung – rein aus betriebswirtschaftlichen überlegungen heraus – getätigt hätten?

31.  Wie sollen die Voraussetzungen eines Unternehmens für die Förderbarkeit geprüft werden?

a.    Und von wem?

32.  Welche Zeitspanne von Beantragung der Förderung durch ein Unternehmen bis zur ersten Auszahlung an dieses Unternehmen wird angestrebt?

a.    Welche Maßnahmen setzen Sie, damit diese möglichst kurz ist und zugleich alle notwendigen Überprüfungen durchgeführt werden können?

33.  Wie soll das Einhalten der Förderbedingungen geprüft werden?

a.    Und von wem?

34.  Wie wird die Förderung ausbezahlt werden?

a.    Erfolgt die Auszahlung in Teilbeträgen?

b.    Von der Beantragung der Förderung bis zum Abschluss der Investition: Wann wird die Förderung oder deren Teilbeträge ausbezahlt?

c.     Wie wird mit Investitionen umgegangen, die über 2026 hinaus andauern?

35.  Wie wird die Förderung organisatorisch abgewickelt werden?

a.    Wer ist als Abwicklungsstelle vorgesehen?

b.    Wird die Abwicklungsstelle ausgeschrieben?

c.     Sind für die Abwicklung zusätzliche Planstellen in Ihrem Ministerium notwendig (wie viele)?

36.  Wie wird die mit der Förderung zu erwartende Reduktion an Tonnen CO2-Äquivalent pro Jahr ermittelt?

a.    Und von wem?

37.  Wie hoch werden die Kosten pro eingesparter Tonne CO2-Äquivalent aus der Förderschiene „Transformation der Industrie“ sein?

38.  Wie wird überprüft, ob die Förderung zur erwartenden Reduktion an Tonnen CO2-Äquivalent pro Jahr geführt hat?

a.    Und durch wen?

39.  Wenn die erwartete Reduktion an Tonnen CO2-Äquivalent nicht eingetreten ist, welche Konsequenzen wird dies haben?

a.    Auf die betroffene Förderung?

b.    Für das betroffene Unternehmen?

c.     Für künftige Fördervergaben?

40.  Wie wird evaluiert, ob – abseits der einzelnen Unternehmens-Förderung – die Mittel des Transformationsfonds bestmöglich im Sinne des Klimaschutzes und der Klimaneutralität bis 2040 genutzt werden?

a.    Wer wird dies evaluieren?

b.    Wenn diese Evaluierung ergibt, dass die Mittel nicht bestmöglich eingesetzt werden – was sind die Konsequenzen?

c.     Dient dabei die Transformationsstrategie, sollte es eine solche geben, als Referenz?

d.    Wenn es keine Transformationsstrategie gibt, anhand welcher Parameter soll evaluiert werden, ob die finanziellen Mittel des Transformationsfonds bestmöglich genutzt werden?

e.    Wird diese Evaluierung veröffentlicht?

f.      Wenn eine solche Evaluierung nicht geplant ist, warum nicht?

g.    Werden die Förderungen aus der Förderschiene „Transformation der Industrie“ im Umweltförderungsbericht dargestellt?

41.  Wie hoch war bisher die höchste Einzelförderung für ein Unternehmen bzw. Projekt im Rahmen der Umweltförderung im Inland?

42.  Ist eine jährliche/generelle Kostenobergrenze für Förderungen aus der Förderschiene „Transformation der Industrie“ pro Projekt/Unternehmen geplant?

43.  Werden die Förderrichtlinien für die Förderschiene „Transformation der Industrie“ Vorgaben für den Umgang mit durch die Förderung reduzierten Emissionszertifikaten enthalten?

a.    Werden diese „gelöscht“ werden?

44.  Welchen Effekt auf die Reduktion von Treibhausgasen hat diese Förderschiene, wenn die eingesparten CO2-Zertifikate nicht gelöscht werden, sondern anderweitig für zusätzliche Emissionen verwendet werden?



[1] https://www.kleinezeitung.at/wirtschaft/6091566/Fuer-fast-alle-Haushalte_MilliardenPaket-gegen-EnergiekostenSchock