13564/J XXVII. GP

Eingelangt am 19.01.2023
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Anfrage

 

der Abgeordneten Ing. Reinhold Einwallner,

Genossinnen und Genossen

an den Bundesminister für Inneres

 

betreffend Personalsituation im Büro Sittlichkeit und Kinderpornografie im Bundeskriminalamt

 

Nach dem Bekanntwerden des Skandals rund um den Fall Teichtmeister, bei dem der Besitz von Material bekannt wurde, der den sexuellen Missbrauch von Kindern zeigen soll, ist in Österreich eine neue Debatte darüber losgebrochen, wie derartige Fälle zu verhindern sind, bzw. auch entsprechend ausgeforscht und geahndet werden können.

Neben einer intensiven Debatte im Bereich der Kunst- und Kulturszene, ist aber vor allem auch die Frage zu stellen, wie die Behörden gegen sexuelle Verbrechen an Kindern und Jugendlichen vorgehen können und entsprechend dafür sorgen, dass diese verhindert werden können, bevor sie begangen werden, oder zumindest jene Kinder und Jugendlichen zu schützen, die aktuell in derartigen Missbrauchssituationen gefangen sind. Zudem wäre die Ausforschung von Täter*innen – also aller Beteiligten an diesen Verbrechen – ein zentraler Punkt in der Bekämpfung des Online-Kindesmissbrauchs.

Im Rahmen der Berichterstattung wurde im Ö1 Morgenjournal vom 17.1.2023 bekannt, dass im Jahr 2022 fast doppelt so viele Verdachtsmeldungen vom National Center for Missing and Exploited Children (NCMEC) nach Österreich geschickt wurde – es waren allein im vergangenen Jahr über zehntausend Verdachtsfälle, aus denen schließlich 781 österreichische Täter ausgeforscht werden konnten. Diese Zahlen nennt Chefinspektor Jürgen Ungerböck, der das Büro für Sittlichkeit und Kinderpornografie des Bundeskriminalamts leitet und spricht von einem negativen Spitzenwert. 5900 Verdachtsmeldungen waren es noch 2021, wobei auf Grund der gesteigerten Verdachtsmeldungen auch mit einer erhöhten Anzahl an Anzeigen zu rechnen sei, so der Ermittler.[1]

Gerade einmal sechs Polizist*innen im BKA arbeiten in diesem Büro, die alleine 781 Verdächtige identifizieren konnten – ein Bruchteil der 10.000 Verdachtsfälle. Es fehle nicht nur an Personal, sondern auch an Knowhow, Hardware und Software – die die Notwendigkeit aufzeigt, dass der Dienstgeber tätig werde.

Dass nun die Forderung nach höheren Strafen gerade von der Familienministerin kommt, kann nur als politisches Kalkül bezeichnet werden, um den Ball in Richtung der Justizministerin zu spielen und vom fachzuständigen Innenminister abzulenken. Hier wird Parteipolitik vor den Schutz und das Wohl von Kindern gestellt, was einer massiven Themenverfehlung gleichkommt. Dass vom Innenminister zudem auch nur der Verweis kommt, dass im Rahmen einer Kriminaldienstreform derzeit die Bekämpfung derartiger schwerwiegender Delikte intensiviert werde und dabei vor allem der Ausbau der Cyber-Ermittlungen in den Landeskriminalämtern und in Schwerpunktdienststellen in den Regionen im Zentrum stehe, ist schlichtweg zu wenig, ebenso wie die Ankündigung, dass eine entsprechende Software zum Bildabgleich implementiert werden soll[2].

Vielmehr scheint es so zu sein, dass besonders im Bereich der Bekämpfung von Online-Kindermissbrauch eine massive Personalnot sowie Ausrüstungsmängel bestehen. In Anbetracht der Delikte, die dort verfolgt werden, ist es nachvollziehbar, dass Personal nur schwer rekrutiert werden kann. Gerade deswegen darf es aber nicht auch noch zu Mängeln in der Ausrüstung kommen. Insbesondere mit Blick auf die Belastung der Beschäftigten scheint es dringend angebracht, hier nicht nur personell aufzustocken, sondern zudem dafür zu sorgen, dass diese ihren Beruf trotz des extrem belastenden Materials, mit dem sie konfrontiert werden, längerfristig nachgehen können.

Aus diesem Grund stellen die unterfertigten Abgeordneten folgende

 

Anfrage

 

  1. Wie hoch ist die Aufklärungsquote des Büros für Sittlichkeit und Kinderpornografie in den letzten Jahren? Nennen Sie bitte die Zahl der gemeldeten Verdachtsfälle von NCMEC, ab dem Jahr 2017, sowie die geklärten und die verfolgten Fälle in absoluten Zahlen und prozentuell.
  2. Lässt sich darüber eine Aussage treffen, wie viele Kinder und Jugendliche auf Grund der Arbeit von NCMEC in den Jahren seit 2017 aus ihrer Zwangslage geholt bzw. vor weiteren Übergriffen geschützt werden konnten? Wenn ja: Nennen Sie diese bitte gelistet nach Jahren.
  3. Liegen Ihnen Zahlen vor, wie viele der Straftäter, die auf Grund der Verdachtsmeldungen von NCMEC tatsächlich gefasst und entsprechend verurteilt werden konnten? Falls ja: Geben Sie diese bitte nach Jahren sortiert an.
  4. Seit wann existiert das Büro für Sittlichkeit und Kinderpornografie im BKA?
  5. Seit wann bekommen die österreichischen Behörden Verdachtsmeldungen von NCMEC?
  6. Ist dieses die einzige Stelle, die sich gezielt mit der Verfolgung von Online-Kindesmissbrauch beschäftigt?
  7. Wie haben sich die Personalzahlen (in Vollzeitäquivalenten und tatsächlich bediensteten Personen) seit der Gründung des Büros entwickelt?
  8. Wie lange sind die Personen in diesem Büro üblicherweise dort beschäftigt?
  9. Lässt sich dadurch eine erhöhte Fluktuation im Bereich des Personals des Büros für Sittlichkeit und Kinderpornografie feststellen?
  10. Welche Maßnahmen werden gesetzt, um die Bediensteten gezielt bei ihrer belastenden Arbeit zu unterstützen?
  11. Wie gedenken Sie, den Personalstand in diesem wichtigen Büro entsprechend dem Bedarf zu erhöhen?
  12. Ist Ihnen der Bedarf, um alle Verdachtsfälle zu untersuchen, bekannt?
    1. Wenn ja: Wie hoch ist dieser?
    2. Wenn nein: Wieso nicht?
    3. Wenn nein: Werden Sie diesen erheben lassen?
  13. Welche Maßnahmen werden Sie darüber hinaus setzen, um gegen Online-Kindesmissbrauch vorzugehen?
    1. Bis wann werden diese abgeschlossen oder wirksam?

 

  1. Ist NCMEC die einzige Organisation, die Hinweise auf Online-Kindesmissbrauch gibt?
    1. Falls nein: Welche Quellen nutzen Sie darüber hinaus?
  2. Ist eine Umbenennung des Büros für Sittlichkeit und Kinderpornografie entsprechend dem aktuellen Stand des Diskurses geplant?
    1. Wenn ja: Bis wann und wie wird das Büro umbenannt?
  3. Gibt es über das BKA hinausgehend in den Bundesländern eingesetzte Bedienstete, die einen besonderen Fokus auf das Thema Online-Kindesmissbrauch haben bzw. in diesem Bereich eingesetzt werden?
  4. Lässt sich durch die massive Digitalisierung im Bereich des Kindesmissbrauchs zum Ziel der Verbreitung und des Verkaufs des Video- und Bildmaterials eine Veränderung des Marktes hinsichtlich der Verfügbarkeit und des aufgefundenen Materials ergeben?
    1. Wie wurde das Büro für Sittlichkeit und Kinderpornografie auf die veränderten Umstände angepasst?
  5. Wie viele Kinder wurden seit 2017 Opfer von Online-Kindesmissbrauch?
  6. Gibt es Zahlen oder Schätzungen darüber, wie viele Fälle aktuell nicht aufgeklärt werden können? Wenn ja: Nennen Sie bitte die Quelle und wie hoch die Zahlen seit 2017 sind.


[1] https://oe1.orf.at/player/20230117/705940/1673935348709

[2] APA: APA0335 5 CI 0359 II