3680/J XXVII. GP

Eingelangt am 07.10.2020
Dieser Text wurde elektronisch übermittelt. Abweichungen vom Original sind möglich.

ANFRAGE

 

der Abgeordneten Sonja Hammerschmid, 

Genossinnen und Genossen

 

an den Bundesminister für Bildung, Wissenschaft und Forschung

 

betreffend Corona-Cluster in Schrems: unterscheidet das Coronavirus neuerdings an Hand nationaler und kultureller Herkunft, wer sich damit ansteckt?

Mitte September entstand in Folge einer Hochzeit in Schrems ein Corona-Cluster. Die Medien berichteten ausführlich dazu und ließen dabei nicht unerwähnt, dass es sich dabei um ein türkisch-stämmiges Paar aus Niederösterreich handelte. Welchen Unterschied dies nun für die Verbreitung des Virus macht, welcher Nationalität Betroffene angehören, ist eigentlich per se schon zu hinterfragen. Außerdem geisterten teils falsche Zahlen durch die Medien: es war von 700 Gästen die Rede, real waren es 207 Besucher.

Im Rahmen der ORF Sendung „Thema“ vom 28.09.2020 wurde nun auch über den Umgang mit dem entstandenen Corona-Cluster gegen die Verbreitung vor Ort berichtet. Darin kontert der Organisator der Hochzeit der Kritik, es hätte keine Schutzmaßnahmen gegeben. Thematisiert wurde ebenfalls der Rassismus, mit dem nun türkische MitbürgerInnen als Reaktion auf den entstandenen Cluster zu kämpfen haben. Das betrifft auch die SchülerInnen vor Ort. Eine Mutter, die anonym bleiben will, schrieb der Redaktion von Thema dazu Folgendes:

„Wir türkischen Migranten werden nun in der Öffentlichkeit, in sozialen Netzen und in der Schule als Verbreiter des Coronavirus beschimpft. Noch mehr verärgert sind wir über die Volksschule in Schrems, wo die Frau Direktorin alle türkischen Kinder nach Hause schickte.“

Tatsächlich wurden auch jene Kinder, deren Eltern gar nicht auf der Hochzeit waren, gebeten, nicht mehr in die Schule zu kommen. Der der zuständige Abteilungsleiter in der Bildungsdirektion (Bildungsregion 1, Zwettl), Alfred Grünstäudl, versteht zwar, dass die Trennung der Schüler zu mehr Misstrauen gegenüber MigrantInnen geführt hat, begründet aber die Maßnahme damit, dass zu dem Zeitpunkt nicht genau möglich war zu verifizieren, wer jetzt dabei war, und wer nicht und: „…daher hat man sich eben zu dieser Maßnahme entschlossen und das ist halt jetzt auch die Gratwanderung. Zum einen ein gewisses Maß an Normalität an der Schule zu bieten, zum anderen aber natürlich mit maximaler Sicherheit diese Dinge zu bewerkstelligen und das ist zweifelsohne eine Gratwanderung.“ (Thema, 28.09.2020)

Laut Hygienehandbuch Ihres Ministeriums gilt an den Schulen folgende Vorgangsweise:

Ein Bild, das Text enthält.

Automatisch generierte Beschreibung

Bezüglich des Vorgehens an den Schulen im Zusammenhang mit dem Corona-Cluster in Schrems stellen sich nun einige Fragen.

 

Die unterzeichnenden Abgeordneten stellen daher folgende

Anfrage:

 

1)    Bitte beschreiben Sie nun das konkrete Vorgehen an den Schremser Schulen bzw. andere durch den entstandenen Corona-Cluster betroffenen Schulen. Wann wurden welche Maßnahmen und Entscheidungen von wem getroffen?  

a.    Von wem wurden die Schulleitungen über den entstandenen Corona-Cluster informiert? Haben betroffene Eltern an den Schulen angerufen oder wurde diese Informationen durch die Gesundheitsbehörden weitergegeben?

b.    Wurde erhoben, welche Kinder nun mit infizierten anderen Kindern Kontakt hatten?

c.     Wie viele K1 Personen konnten so zu diesem Zeitpunkt herausgefiltert werden?

d.    Warum wurden auch Kinder nach Hause geschickt, die nicht K1 Person waren?

e.    Auf welcher rechtlichen Basis wurden Kinder nach Hause geschickt, die keine K1 Person waren?

f.      Von wem wurde diese Entscheidung getroffen? Wurde diese Entscheidung von der Gesundheitsbehörde, der Schulbehörde oder beiden Behörden gemeinsam getroffen?

g.    Wie viele Kinder wurden von der Schule unmittelbar nach Hause geschickt? Wie viele davon waren türkisch-stämmig?

h.    Wie viele Krankheitsfälle an Schulen wurden bisher durch den Corona-Cluster in Schrems bestätigt? (Stand: 07.10.2020)

 

2)    Aus dem von Ihnen herausgegebenen Hygienehandbuch wird nicht ganz klar, welche Behörde nun zuständig ist.

a.    Warum war im konkreten Fall offenbar die Schulbehörde und nicht die Gesundheitsbehörde zuständig?

b.    Das zitierte Hygienehandbuch gibt eigentlich keine konkrete Anweisung, welche Personen (SchülerInnen sowie LehrerInnen) im Verdachtsfalle zu Hause bleiben müssen und welche nicht. Auf welcher Basis wird nun konkret entschieden, welche SchülerInnen und LehrerInnen nun konkret zu Hause bleiben müssen?

 

3)    Offenbar berücksichtigte die Schulbehörde bei dieser Entscheidung nationale und/oder kulturelle Herkunft. Welche epidemiologischen Kriterien sprechen konkret für dieses Vorgehen?

a.    Haben Sie hierzu konkrete Empfehlungen an die Behörden gegeben?

                                  i.    Wenn ja, warum?

                                 ii.    Wenn nein, warum wird offenbar dennoch diese Vorgangsweise der Schulbehörde gewählt?

 

4)    Müssen SchülerInnen auf Grund ihrer nationalen/kulturellen/religiösen Herkunft nun in Zukunft gehäuft damit rechnen, dass Sie von den Schulen verwiesen werden?

a.    In der Vergangenheit sind beispielsweise vermehrt Corona-Cluster im Rahmen der Ausübung religiöser Bräuche und Feierlichkeiten entstanden. Heißt das, dass in Zukunft präventiv beispielsweise alle KatholikInnen, alle JüdInnen, alle ProtestantInnen, alle Angehörige der islamischen Religionsgemeinschaft usw. von den Schulen zu Hause bleiben müssen, sollte ein Cluster im Rahmen ihrer Ausübung ihrer Religion entstehen?

 

5)    Sobald ein Krankheitsfall bestätigt wird, geht die Zuständigkeit offenbar an die Gesundheitsbehörde über. Warum passiert dies nicht schon vor dem bestätigten Fall? Was wissen SchulleiterInnen in der Situation besser als die EpidemiologInnen der Gesundheitsbehörde?

a.    Welche Unterstützung bekommen SchulleiterInnen konkret, um diese Einschätzung zu treffen? (Anmerkung: Sie sind immerhin keine ausgebildeten VirologInnen). Bitte um Auflistung aller hierfür getroffenen Maßnahmen.

 

6)    Wurden Sie im Umgang mit dem Corona-Cluster an den Schremser Schulen durch die Schulbehörden informiert?

a.    Waren Sie beim Vorgehen durch die Schulbehörde miteingebunden?

 

7)    Unterstützten Sie dieses beschriebene Vorgehen?

 

8)    Der beschriebene Fall ereignete sich in Niederösterreich. Hatten Sie oder ihre MitarbeiterInnen Kontakt mit Landeshauptfrau Mikl-Leitner?