4428/J XXVII. GP

Eingelangt am 09.12.2020
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Anfrage

der Abgeordneten Dr. Stephanie Krisper, Kolleginnen und Kollegen

an die Bundesministerin für Justiz

betreffend Einflussnahme auf Ermittlungen der WKStA

Die Veröffentlichung des Ibiza-Videos erschütterte die heimische Politik und führte letztlich zu Neuwahlen und zu einem Regierungswechsel. Wie sich nunmehr im Zuge der Affäre rund um Postenbesetzungen bei der Casino Austria AG zeigt, handelte es sich bei den im Video getätigten Äußerungen keineswegs um Machtfantasien in alkoholisiertem Zustand, sondern offenbar vielmehr um die Beschreibung dessen, was unter der türkis-blauen Regierung geplant und in weiterer Folge tatsächlich umgesetzt wurde. 

In einem Artikel des "Kurier" vom 23. August 2019 (https://kurier.at/politik/inland/vpnaehe-bei-soko-ibiza-jabloner-liess-korruptionsjaeger-abblitzen/400584899) wurde von einem Schriftverkehr zwischen WKStA und der "SOKO Ibiza"-Leitung berichtet, ausgehend von einem anonymen Schreiben an die ermittelnde Staatsanwaltschaft, wonach die Mitglieder der SOKO zu einem großen Teil befangen seien. Grund dafür sei ihre Mitgliedschaft bei der ÖVP bzw. ihrer Nähe zu den "schwarzen Netzwerken" im Bundesministerium für Inneres.

Seitens der WKStA sei dabei nach Befangenheitsgründen der SOKO-Mitglieder gefragt worden, unter anderem auch, ob eine Nähe zu politischen Parteien bestehe. Laut "Kurier" habe die SOKO-Leitung die inhaltliche Beantwortung der Fragen abgelehnt. Laut Bericht des "Kurier" sei mittlerweile auch ein weiteres Schreiben der WKStA an das BM.I/die SOKO in diesem Zusammenhang gerichtet worden.

Aus politischer Sicht ist es wichtig sicherzustellen, dass unsachgemäße Einflussnahmen auf die in diesem Zusammenhang durchgeführten Ermittlungen unterbleiben, sowie die Effizenz und Zielstrebigkeit der Ermittlungen nachzuverfolgen.

Die unterfertigten Abgeordneten stellen daher folgende

Anfrage:

1.    Gab es im "Ibiza"-Verfahren bzw. in anderen den Ibiza-Komplex betreffenden sowie von den dazu ermittelnden Sachbearbeiter_innen der WKStA geführten Verfahren Weisungen der OStA, 

a.    zur Sachbehandlung nach § 29 StAG?

                                      i.Wenn ja: wann, durch wen, an welchen Adressaten, in welchem Verfahren, in welchem Zusammenhang und wie lautete deren Inhalt?

b.    nach dem BDG?

                                      i.Wenn ja: wann, durch wen, an welchen Adressaten, in welchem Verfahren, in welchem Zusammenhang und wie lautete deren Inhalt?

c.    nach alle sonstigen Bestimmungen?

                                      i.Wenn ja: auf Basis welcher Rechtsgrundlage, wann, durch wen, an welchen Adressaten, in welchem Verfahren, in welchem Zusammenhang und wie lautete deren Inhalt?

2.    Gab es in diesen Verfahren Weisungen von Ihnen, sehr geehrte Frau Bundesministerin, oder sonstigen befugten Organen?

a.    Wenn ja: wann, durch wen, an welchen Adressaten, in welchem Verfahren, in welchem Zusammenhang und wie lautete deren Inhalt?

3.    Gab es Weisungen in mit den in Frage 1 im Zusammenhang stehenden sonstigen Justizverwaltungsvorgängen wie beispielsweise Dienstaufsichtsprüfungen oder anderen sonstigen mit diesen genannten Verfahren in Zusammenhang stehenden Vorgängen, in denen der WKStA Handlungen untersagt wurden?

a.    Wenn ja: wann, durch wen, an welchen Adressaten, in welchem Verfahren, in welchem Zusammenhang und wie lautete deren Inhalt?

4.    Gab es Dienstbesprechungen mit Ihnen, Ihrem Kabinett, der OStA oder anderen befugten Organen- sei es zu den in Frage 1 genannten Verfahren selbst oder zu mit diesen im Zusammenhang stehenden Justizverwaltungsvorgängen wie beispielsweise Dienstaufsichtsprüfungen oder anderen sonstigen mit diesen genannten Verfahren in Zusammenhang stehenden Vorgängen, in denen der WKStA Handlungen untersagt wurden?

a.    Wenn ja: wann fanden diese jeweils zu welchem Verfahren statt, wer nahm daran teil, und was war Anlass bzw. Inhalt der Besprechungen?

b.    Wenn ja, um welche Handlungen ging es jeweils?

c.    Wurden dabei Weisungen erteilt?

                                      i.Wenn ja: wann, durch wen an welchen Adressaten, in welchem Zusammenhang und wie lautete deren Inhalt?

                                    ii.Wenn ja: auf welcher Rechtsgrundlage wurden diese Weisungen erteilt?

                                   iii.Wenn ja: wurde oder wird die Weisung nach § 29a Abs 3 StAG an das Parlament berichtet?

1.    Wenn nein: warum besteht aus Ihrer Sicht für die genannten Weisungen keine Berichtspflicht?

5.    Gab es Dienstbesprechungen mit Ihnen, Ihrem Kabinett, der OStA oder anderen befugten Organen- sei es zu den in Frage 1 genannten Verfahren selbst oder zu mit diesen im Zusammenhang stehenden Justizverwaltungsvorgängen wie beispielsweise Dienstaufsichtsprüfungen oder anderen sonstigen mit diesen genannten Verfahren in Zusammenhang stehenden Vorgängen, in Folge deren als Ergebnis das ursprüngliche Ansinnen der WKStA abgeändert wurde?

a.    Wenn ja: wann fanden diese jeweils zu welchem Verfahren statt, wer nahm daran teil, und was war Anlass bzw. Inhalt der Besprechungen?

b.    Wenn ja: was war das ursprüngliche Ansinnen der WKStA und was die abgeänderte Vorgehensweise?

6.    Gab es sonstige Interventionsversuche, welcher Art auch immer, in dieser Causa?

a.    Wenn ja: durch wen, bei wem, auf welche Art und Weise und mit welchem Inhalt?

7.    Wie viele Berichte wurden seitens der WKStA bis dato wann erstattet?

8.    Wie viele davon fertigte die WKStA von sich aus wann an und wie viele wurden wann angefordert?

9.    Wie viele der angeforderten Berichte wurden von der OStA aus eigenem wann angefordert und wie viele wurden basierend auf § 8a Abs 3 StAG wann erstellt?

10. Wie oft, von wem und mit welchem Inhalt wurden bei der WKStA Anfragen im Sinne des § 8a Abs 4 StAG gestellt?

11. Ist der ermittelnden WKStA mittlerweile bekannt, welche Personen Teil der SOKO sind?

a.    Wenn ja, seit wann?

12. In der Anfragebeantwortung 4136/AB (XXVI. GP) wurde ausgeführt, dass eine Person innerhalb der SOKO auf Grund des Anscheins der Befangenheit von den Ermittlungen ausgeschlossen wurde. Womit wurde dieser Ausschluss gegenüber dem BMJ/der WKStA wann begründet?

13. Gab bzw. gibt es Grund zur Annahme, dass die WKStA ihrer Leitungsfunktion im Ermittlungsverfahren aufgrund fehlender Kooperation seitens der Kriminalpolizei nicht vollumfänglich nachkommen kann bzw. konnte (um detaillierte Erläuterung wird ersucht)?

a.    Wenn ja, inwiefern wurde die WKStA in ihrer Leitungsfunktion wann wodurch beeinträchtigt?

14. Kam es in der Causa Ibiza schon zu Entscheidungsdifferenzen zwischen der WKStA und der SOKO (um detaillierte Erläuterung wird ersucht)?

a.    Wenn ja, wann, welche genau und welchen Ausgang nahmen diese?