8688/J XXVII. GP

Eingelangt am 19.11.2021
Dieser Text ist elektronisch textinterpretiert. Abweichungen vom Original sind möglich.

Anfrage

der Abgeordneten Josef Muchitsch, Rudolf Silvan

und GenossInnen

an den Bundesminister für Arbeit

betreffend Hitzebelastung am Arbeitsplatz Führerstand

Die Klimakrise und ihre Auswirkungen werden in Österreich immer spürbarer - auch am Arbeitsplatz. Vor allem der Temperaturanstieg wird immer stärker zu einer gesundheitlichen Belastung der arbeitenden Menschen. Die Rekordsommer der letzten Jahre haben gezeigt, dass es an hitzeexponierten Arbeitsplätzen zu dramatischen negativen Auswirkungen kommt. Gerade ArbeitnehmerInnen sind massiv der Hitze ausgesetzt.

ArbeitgeberInnen müssen aufgrund des ArbeitnehmerInnenschutzgesetzes (ASchG) für den Schutz vor erheblicher Beeinträchtigung durch Hitze sorgen, klare Grenzwerte gibt es dafür aber nicht. Aufgrund fehlender gesetzlicher Regelungen werden in den Betrieben und bei Arbeiten im Freien kaum Hitzeschutzmaßnahmen getroffen, selbst dann, wenn regelmäßig Temperaturen am Arbeitsplatz von 40°Celsius und mehr vorherrschen. Als unmittelbare Folge gelangen die dort arbeitenden Menschen immer öfter in einen eindeutig gesundheitsgefährdenden Bereich in dem Hitzeerkrankungen, wie Kreislaufkollaps, Sonnenstich bis zum tödlichen Hitzeschlag drohen und vermehrt auftreten.

Zu Hitze-Hotspots zählen aufgrund ihrer Bauart, unklimatisierte Führerhaus bzw. Fahrerkabinen von Kranen und Lokomotiven. Die Problematik der raschen Erhitzung kleiner, geschlossener Bereiche oder in der Sonne stehender Fahrzeuge ist hinlänglich bekannt. Messungen aus dem Sommer 2019, durchgeführt von derAUVA, belegen massiv bedenkliche Werte in Krankabinen. So zeigte sich, dass bei Schattentemperaturen im Freien von zirka 28°C in den unklimatisierten Krankabinen bereits Temperaturen bis 37°C erreicht wurden. Bei Schattentemperaturen von 30°C wurden bis 46°C im Inneren der Krankabine gemessen. Die Messergebnisse liegen in einem gesundheitlich massiv bedenklichen Bereich und können bis zum Hitzetod führen.

Die dokumentierten Temperaturen liegen zudem eindeutig über den Angaben in der ÖNORM EN 13557 zur Gestaltung von Kranen. Diese harmonisierte Norm sieht für das Führerhaus eine maximale Temperatur von 30°C vor. In der Praxis werden jedoch weiterhin unklimatisierte Krankabinen angekauft und die Nachrüstung bestehender Krane mit Klimageräten läuft nur schleppend oder findet gar nicht statt. Die Eisenbahn- ArbeitnehmerInnenschutzverordnung (EisbAV) sieht ihrerseits vor, dass Führerstände von Triebfahrzeugen und Steuerwagen mit technischen Einrichtungen ausgestattet sein müssen, die eine Regelung der Raumtemperatur, insbesondere eine Senkung der Raumtemperatur, ermöglichen (§ 47 EisbAV). Dies gilt allerdings nicht für Fahrzeuge, die vordem 1. Juli 2005 eine eisenbahnrechtliche Baugenehmigung erhalten haben. Viele Fahrzeuge, etwa die älteren Fahrzeuge der „Schnellbahn“, sind daher unklimatisiert und es werden weit über 40°Celsius an den Arbeitsplätzen erreicht.

Klar ist: Bei Hitzebelastung kommt es zu einer massiven Reduktion der Arbeitsproduktivität, einer Verringerung der Leistungsgenauigkeit und es besteht ein deutlicher Zusammenhang zwischen Arbeitsunfällen und Hitzestress. Triebfahrzeuge und

Krane sind besonders sicherheitskritische Tätigkeiten. Fehler können schwere Folgen für weitere Personen haben. Aus arbeitsmedizinischen und arbeitswissenschaftlichen Überlegungen heraus wäre, bei den im Regelfall baulich geschlossenen Führerständen, eine möglichst geringe Hitzebelastung bis hin zur Normaltemperatur von maximal 25°C bei geringer körperlicher Belastung anzustreben. An diesen Vorgaben orientiert sich etwa die Arbeitsstättenverordnung (AStV).

Weitere arbeitswissenschaftliche Erkenntnisse bilden sich im Nachtschwerarbeitsgesetz (NSchG) ab, wo die gesundheitliche Belastung durch Temperaturen von 30°C die Einstufung als Schwerarbeit begründen. An dieser Temperaturgrenze orientiert sich übrigens die Norm zur Gestaltung von Krankabinen. Bei der Arbeit an Führerständen handelt es sich in der Regel um Arbeiten mit geringer körperlicher Belastung, jedoch um hoch konzentrierte Tätigkeiten mit hoher Verantwortung (psychische Belastungen). Die mittlerweile aufgrund der Klimakrise zur Regel gewordenen Temperaturen von über 40°Celsius im Innenraum von Krankabinen oder Lokomotiven stellen nicht nur eine Gefahr für die exponierten ArbeitnehmerInnen, sondern auch für deren Umfeld wie BauarbeiterInnen und Fahrgästen dar.

Die unterzeichneten Abgeordneten stellen daher nachstehende Anfrage:

1.         Müssen unklimatisierte Krane außer Betrieb genommen werden, solange in der Krankabine Innentemperaturen von 30°C (siehe harmonisierte ÖNORM EN 13557 für Krankabinen) überschritten werden?

2.         Ist in Schienenfahrzeugen, die vor dem 1. Juli 2005 eine eisenbahnrechtliche Baugenehmigung erhalten haben, auszuschließen, dass sicherheits- und gesundheitsgefährdende Temperaturen im Normalbetrieb erreicht werden?

a)  Wenn ja, warum?

b)  Welche zusätzlichen Schutzmaßnahmen sind jedenfalls vorzuschreiben?

3.         Bis zu welcher Temperatur ist aus ihrer Sicht das Arbeiten, unabhängig von der persönlichen Konstitution von ArbeitnehmerInnen, unter Berücksichtigung von geringer körperlicher und hoher psychischer Beanspruchung (Konzentration) wie etwa der Arbeit an Leitständen, möglich?

4.         Ab welchen Temperaturen ist sie in unklimatisierten Krankabinen oder unklimatisierten Triebfahrzeugführerständen unverantwortlich hoch und die Arbeit ist aus arbeitsmedizinischen Gründen einzustellen bzw. zu unterbrechen?