13.20

Abgeordnete Dr. Susanne Fürst (FPÖ): Frau Präsidentin! Sehr geehrter Herr Bun­deskanzler! Sehr geehrte Minister! Sehr geehrte Damen und Herren! Mir obliegt es jetzt, ein Resümee über die Vorstellung der neuen Bundesregierung zu ziehen. Ich muss sagen, ich bin sehr zuversichtlich und guten Mutes, dass wir jetzt eine verlässliche und stabile Regierungskoalition haben – mit Mitgliedern, die wirklich alle von Staatsräson erfüllt sind und die wirklich alle ihr Land über die eigene Person und natürlich auch über die eigene Funktion stellen.

Wir haben einen neuen Bundeskanzler, der bei jeder Gelegenheit, die sich bisher ge­boten hat, betont hat, dass er selbstverständlich ganz eng mit seinem Vorgänger Se­bastian Kurz zusammenarbeiten wird. – Irgendwann erzählen Sie (in Richtung Bundes­kanzler Schallenberg) uns einmal, was er gegen Sie in der Hand hat, dass Sie das immer sagen!

Dass man aber dann auch noch immer betont: Er hat ja schließlich zwei Wahlen erfolgreich geschlagen! – Ja natürlich, das ist parteiintern für die ÖVP äußerst wichtig, das ist ja völlig klar, aber dass man das nach außen kommuniziert, ist doch etwas ver­wunderlich, weil dieser Umstand ihn ja nicht dazu legitimiert, sich über das Gesetz zu stellen, einen Meinungskauf zu betreiben oder den Staat einfach als formbare Masse zu behandeln, die sich rund um das Epizentrum Sebastian Kurz zu schlingen hat. Dazu hat er nicht das Recht. (Beifall bei der FPÖ.)

Ganz nebenbei: Sie haben übersehen, dass Epizentren zwar interessant und faszinie­rend sind, aber irgendwann einmal in die Luft gehen und dann Wüste zurücklassen. Dann muss man halt rennen, so schnell es geht.

Sie meinen auch, dass die Vorwürfe gegen Sebastian Kurz falsch sind. – Mit Verlaub, Sie sind zum Bundeskanzler von Österreich bestellt worden, nicht zum Kaiser. Was da strafrechtlich dran ist, ob die Vorwürfe falsch oder richtig sind, haben die Gerichte zu bestimmen. Sie können sagen, was Sie davon halten, aber dass sie falsch sind, ist doch sehr weit vorgewagt.

Dass Sie Misstrauensanträge und dieses parlamentarische Getöse hier lästig finden, kann ich verstehen – in Brüssel ist es bei den Sektempfängen natürlich lustiger –, aber dem werden Sie sich jetzt zunehmend stellen müssen.

Was ich besonders bemerkenswert finde: Die Unschuldsvermutung gilt, das betrifft die Strafrechtsdelikte, die im Raum stehen – Untreue, Bestechung, Bestechlichkeit –, dazu haben wir uns nicht zu äußern. Übrigens finde ich auch skandalös, dass die Akten hier herumfliegen, aber fragen Sie die Justizministerin, die dafür verantwortlich ist, die kommt gar nicht mehr. Es geht da aber um die politische Verantwortung, die längst gegriffen haben muss, die politische Verantwortung nicht für den Umgangston in Ihrer Partei – das ist vollkommen egal –, sondern für den ungenierten, offenen Dialog über Umfrage- und Studienkauf zwecks Wähler- und Wahlbeeinflussung zum ausschließlichen Vorteil von Sebastian Kurz und der türkisen Truppe. Darum geht es: um Manipulation der öffent­lichen Meinung, und dazu haben Sie und auch all die Abgeordneten der ÖVP kein Wort verloren – ein trauriger Umstand! (Beifall bei der FPÖ.)

Wir haben nicht nur einen neuen Bundeskanzler, wir haben eine türkise Ministerriege, auf die vollkommen Verlass ist, deren Wort also wirklich steht und hält. Zuerst betonen und gleich in die sozialen Medien mit Unterschrift hinausschießen: Eine ÖVP-Beteiligung in dieser Bundesregierung wird es ausschließlich mit Sebastian Kurz an der Spitze geben. – Stunden später – genauso geschlossen, genauso zu 100 Prozent –: Wir danken ihm alle für seinen Rücktritt, er hat dem Land wirklich einen Dienst getan! – Was hat sich genau geändert? Was weiß man? – Das sind also wirklich Leute, auf die Verlass ist. Die werden auch sicher in Brüssel immer ihren Mann stehen, immer das, was sie in Österreich sagen, auch in Brüssel machen – also da ist wirklich Verlass. Sie sind zwar nicht von unserer Partei, aber auf das Wort kann man wirklich vertrauen.

Das Gleiche gilt für die Landeshauptmänner, die sich ja auch alle geschlossen hinter Sebastian Kurz gestellt haben, bei denen es jetzt schon schön bröckelt, aber, wie gesagt, es ist eben ein Epizentrum in die Luft gegangen. Da muss man schauen, dass man wegkommt.

Der Bundespräsident hat die Staatskrise abgesagt. – Leider nein: Die drei Staats­gewal­ten Legislative – also Gesetzgebung, Parlament –, Regierung und Justiz sind nach diesen eineinhalb Jahren völlig durcheinandergebracht. Es sind viel zu viele Kompe­tenzen vom Parlament zur Regierung gewandert. Die Justiz ist eine Baustelle – sie wäre ein kontrollierendes Organ –, und die Medien – der Witz des Tages kam heute vom Herrn Vizekanzler, der gemeint hat, die Medien funktionieren (Beifall bei der FPÖ) –, die ja eigentlich in Äquidistanz zu allen Parteien kontrollierend agieren sollen, sind ange­schüttet, sicher auch zum Teil zu Unrecht, aber seit das alles aufgetaucht ist, frage ich mich: War das im Mai dieses Jahres wirklich ein Satireprojekt, als unsere deutschen Brüder Sebastian Kurz in Anerkennung seines Charakters und seines Leaderships in Österreich den Freiheitspreis der Medien verliehen haben?

Dieser Preis ist etwas wirklich Elitäres, den kriegen nur Personen, die sich in besonderer Weise für die Pressefreiheit, für die Meinungsfreiheit, für das gesellschaftliche Miteinan­der und für die Demokratie einsetzen. Das alles, diese Komponenten, ist zerrüttet. Meinungsfreiheit gibt es nicht mehr. Andere Meinungen werden diskreditiert, lächerlich gemacht – Verschwörungstheoretiker! Die Pressefreiheit: Medien werden mit ungeheu­er­lichen Geldflüssen – wie sie noch nie da waren; es hat sie immer schon gegeben, aber so noch nie – auf Linie gebracht. Die Anrufe aus dem Bundeskanzleramt sind, glaube ich, legendär. Herausgeber werden entfernt, wenn sie nicht die Regierungslinie vertre­ten.

Ohne Meinungs- und Pressefreiheit, das muss ich schon feststellen, gibt es auch die Komponente Demokratie nicht mehr, und zum gesellschaftlichen Miteinander kann ich nur sagen: 3G ist gesellschaftliches Gegeneinander.

Weil Klubobmann Wöginger auch immer betont, dass das alles – diese Chats – fünf Jahre her ist, ist hier auch anzuführen: Diese Umfragen, die alle der Coronapolitik dieser Regierung huldigen, sind auch noch zu betrachten, denn die eine oder andere – sehr viele – haben die Quelle Karmasin. (Beifall bei der FPÖ.)

Hochmut kommt vor dem Fall. – Das werden Sie jetzt, die letzten Wochen und dieses Wochenende, schon öfter gehört haben. Dass man aber auch im Fall noch so viel Hochmut beweist, ist eine neue Facette. – Danke. (Beifall bei der FPÖ.)

13.27

Präsidentin Doris Bures: Ein zweites Mal zu Wort gemeldet hat sich Herr Abgeordneter Jörg Leichtfried. – Bitte, Herr Abgeordneter.