14.15

Abgeordnete Sigrid Maurer, BA (Grüne): Sehr geehrter Herr Präsident! Werte Mitglie­der der Bundesregierung! Werte Kolleginnen und Kollegen! Liebe ZuseherInnen! Ich habe es heute früh schon gesagt: In den letzten sechs Tagen wurde diese Republik durchgebeutelt, um nicht zu sagen erschüttert, und zwar aufgrund der Haus­durch­suchungen, die stattgefunden haben, und auch aufgrund dieser 104 Seiten, die ein Sit­tenbild dokumentieren, wie da gearbeitet wurde.

Wir hatten eine veritable Regierungskrise, die wir mit dem heutigen Tag oder eigentlich mit gestern, mit der Angelobung des neuen Bundeskanzlers Schallenberg, beendet haben. Ursprünglich war ein Teil dieser ganzen Debatte auch die für heute anberaumte Sondersitzung. Diese Sondersitzung hatte genau diese Hausdurchsuchungen, genau diese Chats und einen Misstrauensantrag gegen Sebastian Kurz, unseren ehemaligen Bundeskanzler, zum Inhalt.

Wir Grüne haben am Donnerstag, nachdem wir die Protokolle gelesen hatten, sehr klar gesagt, dass sich das nicht ausgehen kann, dass jemand, der mit solchen Vorwürfen konfrontiert ist, amtsfähig ist. Wir reden da von nichts Geringerem als Korruption. Die Vorwürfe, die im Raum stehen, sind sehr schwerwiegend. Es geht um den potenziellen Missbrauch von 1,3 Millionen Euro Steuergeld. Es geht darum, dass manipulierte Um­fragen an eine Zeitung, an „Österreich“, an Wolfgang Fellner vermittelt wurden und dafür aus dem Finanzministerium Geld geflossen sein soll. Diese Vorwürfe wiegen extrem schwer und sie haben uns dazu bewogen, zu sagen, jemand, der mit solchen Vorwürfen konfrontiert ist, ist nicht mehr handlungs- und auch nicht mehr amtsfähig.

Sebastian Kurz hat die Konsequenzen gezogen und ist zurückgetreten, und damit hat sich diese Sondersitzung beziehungsweise der ursprüngliche Grund für diese Sonder­sitzung heute gewissermaßen erledigt. Ich verstehe natürlich: Sie ist anberaumt, jetzt muss man sie abhalten. Ich teile sehr vieles von dem, was gesagt wurde, was die Inhalte betrifft, zum Beispiel darüber, den eigenen Machtanspruch über eine sachliche Einigung zu stellen, beispielsweise bei der Kinderbetreuung. Es ist ein, wie Vizekanzler Kogler gesagt hat, schauderliches Sittenbild, das sich da gezeigt hat.

Ich muss aber auch sagen, Finanzminister Blümel kommt in diesen Akten nur ein einziges Mal vor. Er wird in diesem Fall nicht als Beschuldigter geführt und dement­sprechend kann ich nicht ganz erkennen, warum sich der Misstrauensantrag jetzt gegen ihn richtet. Wir haben schon sehr viele Misstrauensanträge gehabt und wir haben zu diesen Misstrauensanträgen auch ausführlich Stellung genommen.

Ich glaube, ich habe auch sehr deutliche Worte gefunden, was beispielsweise die Frage der Aktenlieferungen an das Parlament betrifft, und habe auch klar gesagt, dass, sollte es in einem anderen Verfahren, in dem Minister Blümel sehr wohl als Beschuldigter geführt wird, zu einer Anklage kommen, dann der Rücktritt fällig wäre.

Für heute kann ich aber sagen: Das, was wir hier vorliegen haben, das, was wir als Parlament insgesamt zu bearbeiten haben, ist die Frage der Aufklärung. Wir haben in den letzten Tagen sehr klar gesagt, es geht um zwei Punkte: Es geht um Aufklärung und es geht um Stabilität. Stabilität konnte dadurch gesichert werden, dass Sebastian Kurz den Rücktritt gesetzt hat und wir heute hier einen neuen Bundeskanzler empfangen konnten; und das Thema der Aufklärung wird einerseits von einer unabhängigen Justiz zu lösen sein, die unbeeinflusst von politischen Zurufen und von Diffamierungen ihre Arbeit tun wird, konsequent und so, wie es sich in einem Rechtsstaat gehört, auch mit allen Möglichkeiten, sich dagegen zu wehren, mit rechtsstaatlichen Mitteln – man kann Rechtsmittel einlegen. All das ist in unserem Rechtsstaat möglich und selbstverständlich gilt für alle Beteiligten die Unschuldsvermutung.

Für den zweiten Teil der Aufklärung werden die Oppositionsparteien, wie ich höre, sor­gen. Es wird einen Untersuchungsausschuss geben, der sich mit dieser Causa, mög­licherweise auch noch mit anderen Causen, beschäftigen wird. Wir als Grüne werden uns selbstverständlich auch an diesem Untersuchungsausschuss mit der gewohnten Seriosität und der gewohnten Qualität und Professionalität der parlamentarischen Arbeit beteiligen. (Zwischenruf des Abg. Gerstl.)

Das sind die Schritte, die wir zu setzen haben: Stabilität und Aufklärung. Unsere Wäh­lerinnen und Wähler und die Republik haben ein Interesse daran, dass diese Regierung stabil weiterregiert. Es gibt morgen eine Budgetrede, es gibt eine Steuerreform, die wir gemeinsam verhandelt haben und die wir beschließen werden. Wir sind seit eineinhalb Jahren in dieser Regierung. Wir haben eine Pandemie, eine Wirtschaftskrise bewältigt. Wir werden auch diese Regierungskrise gut bewältigen. Die Menschen erwarten sich zu Recht von uns, dass wir weiterarbeiten, das Budget und die Steuerreform beschließen und diese Regierung weiterführen.

Ich habe volles Vertrauen in die Arbeit der Justiz. Ich habe auch volles Vertrauen in die Arbeit dieses Parlaments und denke, wir sollten nun zur Ruhe kommen, die Justiz und das Parlament und auch diese Bundesregierung arbeiten lassen. – Vielen Dank. (Beifall bei den Grünen.)

14.20

Präsident Ing. Norbert Hofer: Zu Wort gelangt nun Herr Abgeordneter Hoyos-Trauttmansdorff. – Bitte schön, Herr Abgeordneter.